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Admiralspalast

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Von Alexander Glintschert.

Fassade Friedrichstraße 2007Verläßt man den Bahnhof Friedrichstraße auf der linken Seite und betritt die Friedrichstraße, so sieht man sich einem älteren Gebäude gegenüber, dessen eindrucksvolle Fassade sofort auffallen dürfte. Der Admiralspalast, wie dieses Gebäude genannt wird, ist eines der wenigen Bauwerke der Friedrichstraße, das von der ursprünglichen Bebauung dieser Straße noch übriggeblieben ist.

Die Geschichte des Hauses ist wechselvoll. Sie beginnt bereits 1867, als die “Admiralsgartenbad-Gesellschaft” über zwei an dieser Stelle sprudelnden Solequellen eine Badeanstalt errichtet. In den Jahren 1873/74 öffnet dann das sogenannte Admiralsgartenbad seine Pforten. Es ist im Erdgeschoß gelegen und somit für die Kundschaft sehr bequem zu erreichen.

Den ersten Umbau erlebt das Haus im Jahre 1910. Die Architekten Heinrich Schweitzer und Alexander Diepenbrock entwerfen eines der größten Freizeitzentren am Ende der Kaiserzeit und zu Beginn der Weimarer Republik in Berlin. Unter einem Dach vereint finden vergnügungssüchtige Berliner und Berlinerinnen hier ein sogenanntes "Grand Café" zur Friedrichstraße hin, eine prächtige Eislaufarena, deren Laufoval von einem zweigeschossigen Restaurant gesäumt wird und die "Erste Berliner Lichtspielstätte", in der der Kinematograph erstmals ein breites Publikum anzieht. Im quasi wahrsten Sinne des Wortes die Krönung ist jedoch das weiterhin existierende "Admiralsbad", welches nun jedoch ins vierte Obergeschoß verlegt ist und nach wie vor von den eigenen Solquellen gespeist wird.

Unter einer Lichtkuppel aus Industrieglas, die zauberhaft Tageslicht einfallen läßt, verfügt das im russisch-römischen Stil gehaltene Bad neben dem Herren- auch über ein eigenes Damenbad. Dessen zentraler Bestandteil ist ein mit Mosaik verkleidetes, in den Boden eingelassenes Wannenbad, ein etwa sechs Meter langes ovales Becken. In der Herrenabteilung dominieren grazile Figurinen in den Wandwölbungen, schlanke Säulen mit schweren Kapitellen und schöne Rosetten an den Decken. Die Wände sind reichhaltig mit Reliefs versehen, auf denen sich Meerjungfrauen und Seepferdchen gegenseitig umschlingen. Diese prächtige Innenausstattung aus feinstem Porzellan stammt aus der Majolika-Manufaktur in Karlsruhe. Hier im Bad räkeln sich die Damen und Herren der feinen Gesellschaft und schwelgen im Luxus. Herren- und Damenbad nutzen je eine Solequelle und es gibt alles, was man damals für Körper und Geist nutzend erachtete: elektrische und orthopädische Badebecken, Saunabereiche und Massageräume. Vom Ruheraum des Herrenbades gelangt man über eine Galerie zu einer höheren Ebene, die durch Abluftlöcher den Blick ins Damenbad gewährt, was sicher keine offizielle Einrichtung ist. Noch darüber, in der fünften Etage, bleibt es für den geneigten Herren der Gesellschaft nicht beim Schauen. Hier haben Freudenmädchen kleine Zimmer gemietet, jedes mit einem Bett, einem Waschbecken mit Spiegel und einer Umkleidekabine. 24 Stunden am Tag hat das Bad geöffnet. 50 Pfennig kostet der Eintritt für die Damen, 1,50 Mark für die Herren. Reisende, die kein Hotel mehr finden, steigen hier in die Wannen. Eine Nacht hier zu verbringen, kostet 20 Mark.

Ebenfalls in der Majolika-Manufaktur geschaffen werden die porzellanenen Verzierungen an der Außenfassade des Gebäudes. Ein weiteres augenfälliges Merkmal dieser Fassade sind die dorischen Halbsäulen aus Jannowitzer Granit. Sehr eindrucksvoll, dennoch weitgehend unbekannt, ist die ziemlich exotische, 76 Meter lange Fassade an der Rückseite des Gebäudes, die auf die damalige Prinz-Louis-Ferdinand-Straße, die heutige Planckstraße, hinausgeht.

1922 folgt ein weiterer Umbau. Das Bad wird geschlossen, die Eisbahn des Admiralspalastes wird in eine Revue- und Varietébühne umgewandelt. Die Architekten Oskar Kaufmann und Richard Wolffenstein entwickeln eine Innenarchitektur im Art-déco-Stil, behalten jedoch den alten Grundriß und die Eisenkonstruktion über der Arena unverändert bei. 1923 eröffnet das Revue-Theater des Hermann Haller mit der Uraufführung der Revue “Drunter und drüber” mit der Musik von Walter Kollo. Unter dem Namen "Admiralspalast" entwickelt sich das durch den Hofeingang erreichbare Varieté-Theater schnell zu einem lebendigen Ort des Berliner Nachtlebens in der Zeit der Goldenen Zwanziger Jahre. Haller inszeniert hier jährliche eine neue Revue, deren Musik von Hauskomponist Walter Kollo geschaffen wird. Darin treten auch die vielgerühmten Haller-Girls auf - Damen von ausgesuchtem Wuchs, die in den Revuen, zur Musik die langen Beine schwenkend, das Publikum begeistern.

Die musikalische Unterhaltung hat von nun an einen festen Platz im Berliner Admiralspalast, unterliegt jedoch weiterhin ständigem Wandel. 1930 wechselt Haller zur Operette, verkauft jedoch ein Jahr später sein Theater. Bis 1933 werden weiterhin Operetten aufgeführt, dann folgt der Zusammenbruch. Zwei Jahre steht das Theater leer, bis es schließlich unter Walter Hochtritt als Operetten-Theater wiedereröffnet. Ein Umbau folgt, in den Nazi-Propagandist Goebbels höchstpersönlich eingreift und vom Architekten Paul Baumgarten d. Ä. im Jahre 1939 den gesamten Theatersaal und das Foyer neu ausstatten läßt. Goldene und rote Farbtöne herrschen nun vor, der Innenraum des Theaters wirkt auf einmal recht plüschig. Im Jahre 1941 wird eine Führerloge integriert, die bis heute nahezu im Originalzustand erhalten geblieben ist.

Sowohl das Varieté- und Revue- als auch später das Operetten-Theater erfreuen sich großer Beliebtheit bei den Berlinern. Große Künstler treten hier auf: Die Comedian Harmonists erhalten Ende der zwanziger Jahre einen Vertrag für die Revue "Casanova", Hans Albers spielt Anfang der dreißiger Jahre in mehreren Operetten (1930 "Die Cszardasfürstin", 1930 bis 1932 "Liliom" und 1934 "Rivalen") und 1935 tritt Johannes Heesters hier auf. Namen von Stars wie Gitta Alpar, Theo Lingen und Käthe Dorsch sind mit dem Theater verbunden.

Den zweiten Weltkrieg übersteht der Admiralspalast wunderbarerweise weitgehend unbeschadet, leider als einziges Gebäude der ehemaligen Pracht- und Renommiermeile Friedrichstraße und auch als eines der wenigen Bühnenhäuser Berlins. Wohl deshalb ist er direkt nach dem Krieg Schauplatz für die unterschiedlichsten Ereignisse.

Von 1945 bis 1955 dient der Admiralspalast der Deutschen Staatsoper, deren Haus Unter den Linden zerstört ist, als Ausweichquartier. Am 23. August 1945 wird die erste Spielzeit nach dem Zweiten Weltkrieg mit einem Festkonzert eröffnet, nachdem bereits am 30. Juni die erste Vorstellung über die Bühne ging. Doch auch zahlreiche andere Ereignisse nehmen ihren Lauf im Admiralspalast. Hier finden Tagungen von Magistrat und Stadtverordnetenversammlung statt, werden Kongresse abgehalten. Am 21. November 1945 veranstaltet die Singakademie ihr erstes Konzert nach dem Zweiten Weltkrieg. Aufgeführt wird die h-moll-Messe von Johann Sebastian Bach. Dirigent ist Prof. Dr. Georg Schumann.

Am 21. und 22. April des Jahres 1946 ist der Admiralspalast Schauplatz eines besonderen historischen Ereignisses. An diesen Tagen findet der heute sehr umstrittene Vereinigungsparteitag der KPD und der SPD der sowjetischen Besatzungszone in diesem Hause statt, der zur Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) führt.

1946 wird in der Deutschen Staatsoper im Admiralspalast die Universität Berlin offiziell wiedereröffnet, nachdem der Lehrbetrieb in begrenztem Umfang bereits im September 1945 begonnen hatte. Nachdem 1955 die Staatsoper wieder in ihr inzwischen wiedererrichtetes Stammhaus Unter den Linden gezogen ist, wird der Admiralspalast die Spielstätte des Berliner Metropol-Theaters, dessen Stammhaus in der Behrenstraße mittlerweile der von Walter Felsenstein gegründeten Komischen Oper gehört und das bis dahin im Kino Colosseum eine provisorische Spielstätte hatte. Das Metropol-Theater nutzt alsbald nicht nur den Theatersaal, sondern auch die Räumlichkeiten des Bades für seine Zwecke. In einem Teil des Bades wird die Decke abgehängt, so daß die Kuppel nicht mehr zu sehen ist. Das Bodenmosaik wird mit Estrich überdeckt und der Raum als Probebühne verwendet. Ein anderer Teil des Bades wird zur Bar umgestaltet. Darüber hinaus ziehen der Verband der Journalisten der DDR und der Presse-Club in den Admiralspalast ein. Auch das Kabarett "Die Distel" findet hier eine Heimstatt und ist bis heute in diesem Gebäude ansässig.

Im Jahr 1987 wird auf Veranlassung des Direktors des Grand-Hotels in der Friedrichstraße der gesamte Wandschmuck der Bäder abgenommen und in Kisten verpackt. Sie sollen im Grand-Hotel wiederverwendet werden. Doch dazu kommt es nicht. Die Stücke werden stattdessen eingelagert.

Im Jahre 1997 beginnt eine Phase des Niederganges des geschichtsträchtigen Admiralspalastes. Das Metropol-Theater wird aufgrund ausgehender finanzieller Mittel geschlossen. Es war nach der Wende das einzige Theater Berlins, das sich ausschließlich der leichten Muse Operette widmete - zuletzt mit René Kollo als Intendant. Von da an steht der Admiralspalast nahezu leer. Instandsetzungsarbeiten wären seit langem erforderlich gewesen, werden jedoch nicht durchgeführt, wiederum wegen der Kosten. So kommt es, wie es kommen muß: Das Gebäude verfällt in seinen Bestandteilen mehr und mehr und muß schließlich in Teilen baupolizeilich gesperrt werden.

Doch glücklicherweise geht auch diese Zeit schließlich vorüber. Der Kultur-Unternehmer Falk Walter übernimmt im Jahr 2005 das Haus, nachdem es zunächst die Stage-Holding in Besitz genommen hatte. Der Admiralspalast entgeht mit dieser Übernahme nur knapp dem Abriß, der ihm zugunsten eines Bürohauses gedroht hätte, wären die Pläne des damaligen Berliner Finanzsenators Sarrazin Wirklichkeit geworden, der nicht nur das Metropol-Theater, sondern gleich das ganze Grundstück verkaufen wollte. Glücklicherweise wurde nichts daraus. So wird das Gebäude stattdessen und glücklicherweise rundum erneuert. Dazu gehört auch die Rekonstruktion der Innenausstattung und der Fassade. Lange Zeit war lediglich eine letzte große Majolika-Tafel mit hellen Relief-Figurinen über einer Eingangstür im Hof des Admiralspalastes noch vorhanden. Das Bad, dessen Solequellen immer noch aktiv sind, wird wiederhergestellt. Der in den achtziger Jahren abgenommene Wandschmuck der Bäder, der mittlerweile beim Berliner Denkmalamt in einem Lichtenberger Depot lagert, wird wieder in das Gebäude eingebaut. Die Majolika-Reste, all die goldenen, blauen, roten und grünen Wandmosaike, die Fresken und Medaillons erwachen so zu neuem Leben. Die “Staatliche Majolika-Manufaktur” in Karlsruhe, die bereits 100 Jahre zuvor das Bad ausgestaltete, unterstützt die Sanierung.

Obwohl das Gebäude noch gar nicht ganz fertig ist, ist es dann am 11. August 2006 schließlich soweit: Der Admiralspalast wird feierlich wiedereröffnet - mit einer Aufführung der Dreigroschenoper unter der Regie von Klaus Maria Brandauer.

Mittlerweile wird neben dem großen Saal, in dem sowohl Groß-Produktionen als auch Konzerte international namhafter Künstler und Theateraufführungen stattfinden, seit Mai 2007 auch das Studio im fünften Stock genutzt - das Jugendtheater Strahl hat hier einen seiner Spielorte. Und auch der Berliner Radiosender radioeins betreibt im Admiralspalast ein Studio.

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© 2003-2012, Alexander Glintschert
Zuletzt geändert: 07 August, 2012