Blick in die Carl-Schurz-Straße zur Nikolaikirche in Spandau 2010 (Banner)

Spandauer Altstadt-Bummel

Dieser Beitrag ist Teil 1 von 3 der Beitragsserie "Altstadt Spandau"

Viele erkennbare historische Spuren lohnen einen Besuch der Altstadt Spandau. Hier befindet man sich an der Wiege der Stadt, die noch einen authentischen Eindruck einer märkischen Kleinstadt vermittelt. Sie gilt uns insgesamt als eine Sehenswürdigkeit, die eine Betrachtung lohnt und auf die wir Besucher, ob Einwohner aus den anderen Stadtbezirken Berlins oder Touristen von außerhalb, gern aufmerksam machen wollen. Hierbei soll es sich lediglich um einige Hinweise und Anregungen aus unserer Sicht handeln, auf die wir bei unserem Erkundungsgang durch die Stadt und beim Studium einschlägiger Quellen gestoßen sind. Jeder Besucher beziehungsweise Betrachter wird dabei sicherlich seine eigenen Ansichten entwickeln.

Die Wegstrecke
(ca. 5 Kilometer)

Unser Weg beginnt an der U-Bahnstation Zitadelle und führt uns auf der Straße Am Juliusturm zunächst zur Spandauer Zitadelle, zu der wir einen kleinen Abstecher machen können, und dann zur Brücke über die Havel in Richtung Altstadt. Blicken wir von der Brücke nach rechts, so sehen wir rechts die Zitadelle und daneben die Spandauer Schleuse, die schon im 18. Jahrhundert an diesem Standort existierte und den Wasserstand zwischen Ober- und Unterhavel regulierte. Steigender Schiffsverkehr, der auch zum Bau des Berlin-Spandauer-Schiffahrtskanals führte, machte bereits im Jahre 1910 eine Erneuerung der Schleuse notwendig. Die Einweihung der Anlage in ihrer heutigen Form erfolgte im Jahre 2002.

Die Zitadelle in Spandau
Ein Blick von der Juliusturmbrücke auf die Spandauer Zitadelle. 
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Die Schleuse Spandau
Die Schleuse Spandau an der Havel.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Kommt man von dieser Seite, so empfiehlt es sich, gleich den Teil der Altstadt nördlich der Straße Am Juliusturm, den Behnitz, zu durchstreifen. Zunächst gehen wir ein Stück hinter der Brücke rechts eine kleine Treppe mit zwölf Stufen hinab zu einem kleinen Platz. An dieser Stelle führte früher die „Steinerne Brücke“ über einen Havelarm, den sogenannten „Alten Rhein“ oder „Deutschen Rhein“, und verband so die Straße Behnitz mit der Breiten Straße auf der anderen Seite. 1912 wurde dieser Havelarm im Zusammenhang mit dem Bau der Straße Am Juliusturm zugeschüttet. Wir stehen auf diesem kleinen Platz und bewundern die vor uns stehende Kirche St. Marien.

Die Kirche St. Marien in Spandau
Die Frontseite der Kirche St. Marien im Behnitz in Spandau.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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In der Kirche St. Marien in Spandau
Das Hauptschiff der Kirche St. Marien in Spandau.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Die Kirche ist eine dreischiffige Backsteinkirche, 1848 von dem Architekten Johann August Karl Soller errichtet. Die Quellen berichten davon, daß es sich um einen Nachfolgebau einer katholischen Kirche handelt, die auf dem Gelände einer Gewehrfabrik an der Spreemündung stand. Jene Kirche ließ König Friedrich Wilhelm I. 1723 für belgische Arbeiter, die er für seine Rüstungsbetriebe anwarb und die katholischen Glaubens waren, auf deren Bitte in der Nähe ihrer Wohnungen bauen. Es war übrigens der erste katholische Kirchenbau in Brandenburg nach der Reformation. Wegen der Erweiterung der Rüstungsbetriebe wurde die Kirche später abgerissen und es entstand auf dem Behnitz dieser 1848 eingeweihte Neubau. Bemerkenswert ist auch der an seiner Nordwand freigelegte, aus Feldsteinen gemauerte Brunnen, der aus dem 14. Jahrhundert stammt.

An der Kirche St. Marien in Spandau
Ein freigelegter Feldsteinbrunnen an der Nordwand der Kirche St. Marien in Spandau. Er stammt aus dem 14. Jahrhundert.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Die in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts sehr marode gewordene Kirche kaufte im Jahre 2001 ein Berliner Ehepaar und ließ sie auf eigene Kosten sanieren, wie aus verschiedenen Quellen hervorgeht. Wir meinen, daß das eine bemerkenswerte kulturhistorische Leistung ist, für die man diesen Menschen dankbar sein muß. Vorher kannten wir die Kirche nur von ihrer Außenansicht. Jetzt, wo sie in neuem Glanz erstrahlt, ist sie auch im Inneren zu bewundern, und wir können jedem Besucher nur empfehlen, sich dieses repräsentative Gotteshaus, das heute auch für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird, anzusehen.

Fachwerkhaus im Behnitz
Ein Fachwerkhaus aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Behnitz genannten Straße (Nummer 4) im gleichnamigen Stadtteil in Spandau.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Von der Kirche aus unternehmen wir nun einen schönen Spaziergang durch die kleinen Gassen des Behnitz und erfreuen uns an den schönen restaurierten Häusern, die teilweise aus vergangenen Jahrhunderten stammen. Auf einige von ihnen wollen wir besonders hinweisen – so auf das Haus Behnitz Nummer 4, ein restauriertes Fachwerkhaus aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und Behnitz Nummer 5, ein Barockhaus aus dem 18. Jahrhundert. Eine Gedenktafel an letzterem informiert, daß hier der Komponist Wilhelm Heinemann wohnte. Aus anderen Quellen erfahren wir, daß hier auch ein Nagelschmied Poritz seinen Wohnsitz hatte, der im Jahre 1850 an der Befreiung Gottfried Kinkels aus dem Spandauer Zuchthaus beteiligt war (darauf kommen wir später noch zu sprechen).

Ein Bürgerhaus im Behnitz
Ein Bürgerhaus des preußischen Barocks aus der Mitte des 18. Jahrhunderts in der Behnitz genannten Straße (Nummer 5) im gleichnamigen Stadtteil in Spandau. An der abgerundeten Hausecke ist die Gedenktafel zu sehen.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Weiter gehen wir den Möllentordamm entlang bis zur Straße Hoher Steinweg. Zunächst sehen wir noch das Gebäude Möllentordamm Nummer 1 an, das aus dem Jahre 1695 stammen soll und in dem sich einst das Restaurant „Spandauer Zollhaus“ befand. Heute kann man stattdessen in einem griechischen Restaurant speisen.

Im Behnitz, Möllentordamm Nummer 1
Das Haus Möllentordamm Nummer 1 beherbergte einst das Restaurant „Spandauer Zollhaus“. Heute ist hier ein griechisches Gasthaus zu finden.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Eine weitere Gaststätte, das ”Brauhaus Spandau”, kann man heute in einem Backsteinbau an der Nordseite des kleinen Platzes Oranienburger Tor besuchen, den man von hier aus über eine Brücke über den nahen Mühlgraben erreicht. Das Gebäude wurde 1880 als Garnison-Waschanstalt gebaut.

Alte Stadtmauer in Spandau
Ein Stück der alten Stadtmauer im Hohen Steinweg im Spandauer Stadtteil Behnitz.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Wir biegen hier ab in den Hohen Steinweg. An seiner Nordseite finden wir ein 53 Meter langes Stück der alten Stadtmauer, in seiner ursprünglichen Höhe von 6 Metern. Der östliche Teil zeigt noch Mauerwerk aus dem 14. Jahrhundert. Die heute sichtbaren Teile des Wehrturmes sind jedoch nicht original erhalten, sondern wurden bei Abrißarbeiten an alten Häusern freigelegt und nach alten Darstellungen rekonstruiert. Das Bürgerhaus Nummer 5 wurde um 1850 erbaut und 1880 aufgestockt. Eigentümer war zu jener Zeit der Küster von St. Marien, der gleichzeitig ein Bildhauer war und seine Werkstatt in diesem Haus hatte. Zum Zeichen seiner Kunst brachte er drei Skulpturen am Haus an. Davon kann man heute noch zwei an der 1967 restaurierten Fassade sehen, die König Friedrich II. und Kaiser Wilhelm I. darstellen.

Bürgerhaus im Hohen Steinweg in Spandau
Das Bürgerhaus im Hohen Steinweg im Spandauer Stadtteil Behnitz mit den Skulpturen an der Fassade von König Friedrich II. (links) und Kaiser Wilhelm I. (rechts).
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Vom Hohen Steinweg gehen wir um dessen Häuserzeile herum durch eine kleine Parkanlage, die uns in die Straße Kolk bringt. Dieser Straßenname wird oft auch als Bezeichnung für das ganze Viertel benutzt. Durch diese Gasse kommen wir zurück zur Kirche St. Marien. Zuvor aber sei noch darauf verwiesen, daß sich gerade in dieser Straße eine gelungene Mischung alter und neuerer Bebauung zeigt. Kolk Nummer 1 ist ein modernerer Bau, an dem Reliefs aus der Tonwarenfabrik March eingelassen sind, die sich früher an einem von August Stüler erbauten Wohnhaus im Stadtbezirk Kreuzberg befunden haben sollen.

Im Kolk
Einige der Reliefs aus der Tonwarenfabrik March am Haus Kolk Nummer 1.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Schräg gegenüber steht das Haus Kolk Nummer 12, auf das wir hier besonders hinweisen wollen. Es ist eines der ältesten Bürgerhäuser auf dem Behnitz. Aus dem Buch „Altstadtbummel Spandau und Drumherum“ erfahren wir, daß es 1747 als Doppelportalhaus erbaut wurde, ein Bautyp, den man im Havelland noch heute finden kann. Die eine Tür führt in die untere Wohnung und in den Hof, während man durch die andere in das obere Stockwerk gelangen kann.

Im Kolk
Einige der historischen Häuser in der Kolk genannten Straße im Spandauer Stadtteil Behnitz. Sie befinden sich heute in sehr unterschiedlichem Zustand. Die „Alte Kolkschenke“ vermittelt heute den Eindruck, geschlossen zu sein.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Die Tür des Gebäudes Kolk Nummer 5, eines Neubaus aus dem Jahre 1975, soll aus dem Jagdschloß Glienicke stammen. Im Haus Kolk Nummer 3, 1750 auf einem noch älteren Keller erbaut, befindet sich schon seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Gaststätte, die nach 1945 den Namen „Alte Kolkschenke“ erhält und zu den wenigen alten Berliner Lokalen gehören soll, die heute noch über ihre ursprüngliche Einrichtung verfügen.

Vom Behnitz gelangen wir über die Straße Am Juliusturm in den anderen, den südlichen und größeren Teil der Altstadt, den wir durch die Breite Straße betreten. Wir biegen rechts in die Havelstraße ein und wenden uns kurz darauf nach links in eine kleine Gasse. Nach ein paar Schritten haben wir den Reformationsplatz erreicht.

Am Spandauer Reformationsplatz
Das Haus Reformationsplatz Nummer 8 ist das Gemeindezentrum der Kirchgemeinde St. Nikolai. Dahinter steht mit Nummer 7 das Wehmütterhaus.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Linker Hand sehen wir mit dem Haus Reformationsplatz Nummer 8 das Gemeindezentrum der Kirchgemeinde St. Nikolai vor uns. Im neugotischen Stil erbaut, wurde es 1900 eingeweiht. Erwähnenswert ist auch das sich dahinter anschließende Haus Nummer 7, das alte „Wehmütterhaus“. Hinter seiner verputzten Fassade verbirgt sich ein Fachwerkbau. In einer Chronik heißt es dazu:

Am 29. Dezember 1666 hatte eine Wehmutter nach einer schweren Geburt sich unterstanden, ohne einen Pfarrer zu rufen, das Kind selbst zu taufen. Dies wurde ihr nachdrücklich verwiesen. Am 3. Januar 1667 wurde das Kind öffentlich noch einmal getauft, weil auch die Taufzeugen über die Art der verrichteten Taufe nicht „einerley“ aussagten und der Vater um eine förmliche Taufe bat.

Von hier aus überqueren wir zunächst den nördlichen Teil des Platzes. In einer kleinen Grünanlage, die, wie aus den Quellen zu erfahren ist, die erste Grünanlage in Spandau ist, steht das älteste Denkmal Spandaus. Nach Plänen Karl Friedrich Schinkels errichtet und 1816 eingeweiht, erinnert es an die in den Befreiungskriegen von 1813 bis 1815 Gefallenen.

Das Denkmal für die Gefallenen der Befreiungskriege in Spandau
Das Denkmal für die Gefallenen der Befreiungskriege 1813–1815 auf dem Spandauer Reformationsplatz wurde von Karl Friedrich Schinkel entworfen.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Hinter dem Denkmal fällt in der Carl-Schurz-Straße, ein kleines Stück vom Reformationsplatz entfernt, das größere Gebäude des früheren Kant-Gymnasiums ins Auge, das 1915 entstand. Die Schule zog 1972 in einen Neubau in der Bismarckstraße um. In der ehemaligen Aula des Gymnasiums hat heute das Volkstheater „Varianta“ seine Spielstätte gefunden.

Das ehemalige Kant-Gymnasium in Spandau
Das frühere Gebäude des Kant-Gymnasiums in der Carl-Schurz-Straße.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Links daneben, ebenfalls in der Carl-Schurz-Straße, doch nun auch wieder am Reformationsplatz, schließt sich ein Gebäudekomplex an, der sich bis zur Ritterstraße hinzieht. In den Quellen finden sich dazu Informationen, wonach bei Bau- und Restaurierungsarbeiten in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts spätmittelalterliche Gewölbe entdeckt wurden. Sigrid Hoff schreibt, daß es sich bei der Nummer 49 um eines der wichtigsten Häuser Spandaus handelt, ein gotisches Patrizierhaus, dessen Bewohner vom 15. bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts das Amt des Bürgermeisters ausübten. Danach, in der Ära der Spandauer Garnison, residierten darin die Regimentskommandeure, so auch der Bruder Friedrichs des Großen, Prinz Heinrich, der es zum Palais umbauen ließ und nach dem es dann auch „Prinz Heinrich Palais“ genannt wurde. Auch Friedrich der Große selbst soll einige Male darin zu Besuch geweilt haben. 1854 wurde es dann Sitz des Königlichen Kreisgerichtes und später des Amtsgerichtes. Im Zweiten Weltkrieg stark zerstört, wurde es nach dem Krieg abgetragen. Die alten Gewölbe entdeckte man bei den Vorarbeiten für einen Neubau. Sie sind erhalten und können auf Antrag besichtigt werden.

Das ehemalige Hotel "Zum Stern"
Dieses Fachwerkhaus steht an der Ecke Ritterstraße / Carl-Schurz-Straße. Einst war es das Hotel „Zum Stern“.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Das daneben befindliche Haus, auch über einem Gewölbekeller aus dem 14. Jahrhundert errichtet, wurde schon 1726 als Gasthof mit Ausspann urkundlich erwähnt. Es soll sich damit um das älteste Hotel Berlins handeln. Als Hotel beziehungsweise Gasthof „Zum Stern“ fungierte es von 1726 bis 1982. Danach wurde das unter Denkmalschutz stehende Gebäude restauriert und modernisiert und von neuen Bewohnern bezogen.

Die Spandauer Nikolaikirche
Die Spandauer Nikolaikirche auf dem Reformationsplatz.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Wir wenden uns um und finden uns unmittelbar vor der Kirche St. Nikolai wiederdem Wahrzeichen der Altstadt. Die Nikolaikirche ist „eine der ältesten Stadtkirchen Berlins und die Reformationskirche der Mark Brandenburg“, so lesen wir in einem Informationsblatt der Kirche. Und weiter heißt es: „Die St. Nikolai-Kirche ist eine gotische dreischiffige Hallenkirche mit polygonalem Umgangschor, monumentalem Westturm und je einem Kapellenanbau nördlich und südlich des Choransatzes.“ Ein Vorgängerbau wurde hier bereits 1240 als Marktkirche erstmals urkundlich erwähnt. Eine neugotische Restaurierung erfolgte 1839 unter Leitung Karl Friedrich Schinkels. Während des Zweiten Weltkrieges stark beschädigt, erhielt die Kirche in den Jahren zwischen 1979 und 1996, nach umfangreicher Außen- und Innensanierung, ihr heutiges Aussehen zurück. Ein Besuch der Kirche lohnt sich sehr, birgt sie doch im Inneren eine Reihe bedeutender kunsthistorischer Werke. Interessierten sei empfohlen, anhand des oben erwähnten Informationsblattes, das in der Kirche erhältlich ist, diese Werke anzusehen. Hier sei nur auf das Taufbecken aus Bronze, das älteste Kunstwerk der Kirche aus dem Jahre 1398, sowie auf den 1582 von Rochus Guerini Graf zu Lynar (1524-1596) gestifteten Altar, der sich acht Meter hoch in der Mittelachse der Kirche erhebt, verwiesen. Nicht unerwähnt wollen wir lassen, daß auch Theodor Fontane die Kirche bei seinen Wanderungen besuchte und den Turm bestieg, was er in den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg – Dritter Teil: Havelland“ eindrucksvoll beschrieb.

In der Spandauer Nikolaikirche
Das Hauptschiff der Spandauer Nikolaikirche mit dem Altar im Hintergrund.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Direkt vor der Kirche steht das Denkmal für Kurfürst Joachim II., geschaffen von dem Bildhauer Erdmann Encke. Es wurde 1889 enthüllt und erinnert an die Einführung der Reformation in der Mark Brandenburg durch den Übertritt des Kurfürsten zum evangelischen Glauben nach der Lehre Martin Luthers im Jahre 1539.

Das Denkmal für Kurfürst Joachim II.
Das Denkmal für Kurfürst Joachim II. von 1889 steht vor der Spandauer Nikolaikirche auf dem Reformationsplatz.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Rings um die Kirche lohnt auch ein Blick auf einige der historischen Häuser, die dem Reformationsplatz sein sehenswertes Altstadtgepräge geben. Da ist beispielsweise das Haus Nummer 2, das „Heim-Haus“. Es war einst das sogenannte „Offiziantenhaus“, in dem Angestellte der Stadt mietfrei wohnten. Sein wohl bedeutendster Bewohner war der Arzt Ernst Ludwig Heim (1747-1834), der hier von 1776 bis 1783 praktizierte, bevor er nach Berlin ging, wo er, hochgeehrt, 1834 verstarb. Eine Gedenktafel am Haus Nummer 2 erinnert an ihn.

Das Heim-Haus am Spandauer Reformationsplatz
Haus Nummer 2 am Spandauer Reformationsplatz ist das sogenannte „Heim-Haus“. Benannt ist es nach dem Arzt Ernst Ludwig Heim, der es einst bewohnte.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Im Haus Nummer 3-4, einem Neubau aus den 1980er Jahren, der sich ganz passabel in das Ensemble des Platzes einfügt, wurden bei Ausschachtungsarbeiten Reste älterer, aus dem 13. Jahrhundert stammender Gebäude gefunden. Sigrid Hoff schreibt in ihrem Stadtteilführer Spandau, daß es sich um Reste einer Klosteranlage der Dominikaner handelt. Bei Grabungen der Archäologen seien außerdem christliche Gräber entdeckt worden, die von einem älteren Friedhof an dieser Stelle zeugten. Durch große Fenster kann der interessierte Besucher einen Blick auf diese Mauerreste werfen.

Am Spandauer Reformationsplatz
Das Gebäude Reformationsplatz Nummer 5 war einst eine „Höhere und Mittlere Töchterschule“. Heute beherbergt es die Volkshochschule Spandau.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Unter Denkmalschutz steht auch das Gebäude Reformationsplatz Nummer 5, das 1819 im Stil eines florentinischen Palastes errichtet wird. 1875 zieht die „Höhere und Mittlere Töchterschule“ dort ein. Heute ist es Domizil der Volkshochschule Spandau. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß bereits im Jahre 1330 ein Schulneubau an dieser Stelle urkundlich erwähnt wird, wie aus dem „Altstadt-Bummel Spandau und Drumherum“ zu erfahren ist.

Das Denkmal für Freiherr von und zum Stein
An der Treppe vom Reformationsplatz zur Mönchstraße in Spandau stand dieses Denkmal für den Freiherrn von und zum Stein.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Über eine Treppe gelangen wir in der hinteren rechten Ecke des Reformationsplatzes von diesem zur Mönchstraße. Bis 2014 war dort ein Denkmal des Freiherrn von und zum Stein zu finden. Laut Baedekers „Berlin-Spandau“ handelte es sich um eine Arbeit des Künstlers Gustav Eberlein, die ursprünglich in der Siegesallee im Tiergarten gestanden habe und dort im Jahre 1901 enthüllt worden sei. Stein sei beim Schreiben der von ihm maßgeblich ausgearbeiteten Städteordnung Preußens dargestellt. 2014 hat man die Statue entfernt und im Lapidarium in der Spandauer Zitadelle untergebracht. An ihrer Stelle ist zwischenzeitlich ein leerer Sockel verblieben, der inzwischen aber auch entfernt wurde. An seiner Statt hat man die Passage zu einer zweigeteilten Treppenanlage mit Hochbeeten umgestaltet.

Sockel des Denkmals für den Freiherrn von und zum Stein
Nur noch ein leerer Sockel war zwischenzeitlich von dem einst hier stehenden Denkmal für den Freiherrn von und zum Stein geblieben.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Am Fuß der Treppe biegen wir links in die Mönchstraße ein und gelangen so zur Breiten Straße, wo wir uns zunächst ebenfalls nach links wenden. In der Nummer 32 finden wir das älteste erhaltene Bürgerhaus Berlins, das „Gotische Haus“. Sigrid Hoff bezeichnet es in ihrem “Stadtteilführer Spandau” als eines der bedeutendsten mittelalterlichen Baudenkmale nicht nur Spandaus, sondern des gesamten Berliner Raumes. Teile stammen vom Ende des 15. Jahrhunderts. Im Verlaufe der Jahrhunderte gab es vielerlei Umbauten, nicht zuletzt auch durch einen Brand im Jahre 1788. Seit seiner 1987 erfolgten Restaurierung und der des angrenzenden Bürgerhauses Nummer 31, das aus dem Jahre 1770 stammt, steht es unter Denkmalschutz. Heute beherbergt es ein Museum und wird für kulturelle Veranstaltungen genutzt.

Das Gotische Haus in Spandau
Das Gotische Haus in der Spandauer Breiten Straße 32 ist das älteste erhaltene Bürgerhaus Berlins.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Es sei noch auf das Haus Nummer 35 verwiesen, in dessen Hof ein runder Feldsteinbrunnen aus dem 14. Jahrhundert zu finden ist.

Feldsteinbrunnen in der Spandauer Altstadt
Im Hof der Breiten Straße 35 befindet sich dieser Feldsteinbrunnen aus dem 14. Jahrhundert.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Weitergehend durch die Kammerstraße gelangen wir zur Havel. Am Eckhaus zum Lindenufer befindet sich eine Gedenktafel. Wir erfahren, daß hier seit 1895 die Synagoge der jüdischen Gemeinde Spandau stand, die in der Pogromnacht am 9. November 1938 von den Faschisten zerstört wird. Ein Denkmal am Lindenufer, das 1989 eingeweiht wird, erinnert ebenfalls daran.

Denkmal für die jüdische Synagoge in Spandau
Diese Tafel erinnert an die jüdische Synagoge Spandau, die von den Faschisten in der Reichskristallnacht niedergebrannt wurde.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Jüdisches Mahnmal in Spandau
Das Mahnmal für die jüdischen Opfer des deutschen Faschismus in Spandau in der Nähe des ehemaligen Standortes der Jüdischen Synagoge.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Blicken wir an dieser Stelle vom Lindenufer auf die gegenüberliegende Seite der Havel, so sehen wir die Einmündung der Spree. An deren nördlicher und südlicher Seite waren die preußischen Rüstungsbetriebe gebaut worden.

Die Spreemündung
In Spandau mündet die Spree in die Havel. Die Mündung ist gesäumt von Gewerbe- und Industriebauten.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Unweit vom Lindenufer gelangen wir durch die Wasserstraße hinein in die Fischerstraße, wo wir uns nach links wenden. Auch hier treffen wir auf einige alte, sehr schön restaurierte Häuser, so beispielsweise das Eckhaus Nummer 26, ein Barockbau aus dem 18. Jahrhundert, und die beiden sich anschließenden Fachwerkhäuser, ebenfalls Doppelportalhäuser wie schon das bereits erwähnte auf dem Behnitz.

In der Spandauer Fischerstraße
In der Fischerstraße 26 an der Ecke zur Wasserstraße steht dieser Barockbau aus dem 18. Jahrhundert. Links daneben schließen sich zwei Fachwerkhäuser mit Doppelportalen an.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Zurück zur Wasserstraße und durch diese hindurch, die Breite Straße überquerend, kommen wir auf den Markt, den Mittelpunkt der Altstadt. Hier findet man kaum noch Altbausubstanz, da sie beim Luftangriff am 6. Oktober 1944 fast vollständig zerstört wurde. Die heutige Gestalt des Marktes entstand also im wesentlichen erst nach dem Zweiten Weltkrieg. In den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg noch vom Straßenverkehr geprägt, wurde der Markt entsprechend einem Beschluß der Bezirksverordnetenversammlung von 1970 einschließlich der ihn umgebenden Straßen in eine Fußgängerzone umgewandelt, die Sigrid Hoff zufolge die größte in Deutschland sein soll.

Am Markt in Spandau
Der Spandauer Markt ist der zentrale Platz der Altstadt.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Auf dem Grundstück Markt 1 befand sich früher das Rathaus Spandaus. Erste Erwähnungen von Rathäusern findet man laut der Quellen schon im 13. und 14. sowie in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts. Ein Neubau von 1730 wurde 1817 wieder abgerissen und durch einen klassizistischen Neubau ersetzt, der schon 1877 wieder aufgestockt werden mußte. Da aber auch dieser Bau zu klein wurde, baute man am Südende der Altstadt auf dem nach der Entfestigung der Stadt freigewordenen Gelände in der heutigen Carl-Schurz-Straße 2 das neue Rathaus, in das die Verwaltung 1913 einzog. Das alte Haus am Markt wurde 1929 abgerissen. Diese Fakten zeigen, daß man ohne entsprechende Quellen viele Zusammenhänge nicht erfahren und die Gegebenheiten der heutigen Bebauung nur oberflächlich betrachten könnte.

Am Markt in Spandau
Am Markt in Spandau ist am Haus Nummer 23 ein Glockenspiel angebracht.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Hingewiesen sei noch auf das Gebäude Breite Straße Nummer 23, das im 18. Jahrhundert auf Fundamenten von Findlingen und Backsteinen errichtet wurde, was auf eine Bebauung im 14. oder 15. Jahrhundert schließen läßt. Die Fassade wurde 1982 neu gestaltet und ein Glockenspiel angebracht. Das danebenstehende Gebäude der Berliner Sparkasse beherbergte früher das Kaufhaus Sternberg, das von den Faschisten „arisiert“ wurde. Der Besitzer, der jüdische Kaufmann Julius Sternberg, konnte emigrieren und entging so der Deportation. Eine Gedenktafel erinnert an ihn.

Das Kaufhaus Sternberg
Das ehemalige Kaufhaus Sternberg am Spandauer Markt.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Wir verlassen den Markt in seiner Mitte und gehen nach links in die Marktstraße. Das am anderen Ende gelegene Eckhaus Marktstraße 1 gilt nach dem Haus Breite Straße 32 als das älteste erhaltene Wohnhaus in der Altstadt und auch das Haus Nummer 7, das aus dem 18. Jahrhundert stammt, zählt zu den ältesten Gebäuden der Stadt.

In der Spandauer Marktstraße
In der Marktstraße stehen noch einige historische Häuser, die zu den ältesten erhaltenen Gebäuden in der Spandauer Altstadt zählen.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Aus der Marktstraße in die Charlottenstraße rechts einbiegend gelangen wir in die Carl-Schurz-Straße. Sie ist eine der Hauptgeschäftsstraßen in der Altstadt. Zunächst fällt das links stehende Kaufhaus Karstadt ins Blickfeld. Aus den Geschichtsquellen erfahren wir, daß dieses Grundstück schon im 13. und 14. Jahrhundert bebaut war, später Bürgerhäuser verschiedener Zeitabschnitte folgten und daß auch noch einige Häuser aus dem 18. Jahrhundert hier den Bombenhagel des Zweiten Weltkriegs überstanden. Letztere mußten dann allerdings in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts dem Kaufhausbau weichen.

Auch auf der anderen Seite, auf dem Areal zwischen Carl-Schurz-Straße, Moritzstraße und Jüdenstraße, standen einst Bauten, auf die aus historischer Sicht hinzuweisen lohnt. Im 16. Jahrhundert hatte sich hier der Baumeister Rochus Guerini Graf zu Lynar einen Palast im Renaissancestil errichtet, der sich in seiner Größe erheblich von der übrigen Bebauung in dieser Gegend unterschied. Er bekam dazu vom Kurfürsten ein Grundstück geschenkt und kaufte noch einige hinzu. Lynar, der im Dienste des Kurfürsten stand und den Bau der Zitadelle vollendete, war auch ein angesehener Bürger der Stadt. Er wohnte in dem Palais bis zu seinem Tode. Sein Grab befindet sich in der Nikolaikirche unter dem Altar, den er stiftete.

Wo einst das Palais des Grafen zu Lynar stand
An der Ecke Carl-Schurz-Straße / Charlottenstraße steht dieses schön restaurierte bürgerliche Wohnhaus. An seiner Stelle stand einst der prächtige Palast des Rochus Guerini Graf zu Lynar.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Während des Dreißigjährigen Krieges soll sich unter anderem der Schwedenkönig Gustav Adolf mehrmals in diesem Palais aufgehalten haben. Nach dem Ende des Krieges kaufte es der Große Kurfürst und ließ darin ein Manufaktur- und Spinnhaus einrichten, später wurde daraus ein Zucht- und Spinnhaus. Es wurde 1872 aufgelöst und zur Kaserne umgewandelt. Nachdem es der Militärfiskus 1887 verkaufte, ließ es der neue Besitzer schließlich 1898 abreißen und das Areal neu bebauen. Davon ist heute nur noch das Haus Nummer 31 vorhanden, allerdings ohne seinen Turmaufsatz, der dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer fiel.

Kehren wir aber noch einmal kurz zu den Zeiten zurück, als sich hier das Zuchthaus befand. Als berühmtesten Insassen nennen alle Quellen übereinstimmend Johann Gottfried Kinkel, Dichter und Kunsthistoriker aus Bonn, der wegen seiner Teilnahme am pfälzisch-badischen Aufstand 1849 zu lebenslanger Haft verurteilt wurde und hier die Strafe verbüßen sollte. Carl Schurz, der in Bonn Kinkels Schüler und auch Mitkämpfer in diesem Aufstand war, befreite ihn mit Hilfe einiger Spandauer Bürger in der Nacht vom 6. zum 7. November 1850. Die Flucht gelang und beide gingen ins Exil zunächst nach England, später in die Schweiz (Kinkel) beziehungsweise die USA (Schurz).

Hierdurch erfährt nun der Stadtwanderer, warum Carl Schurz mit der nach ihm benannten Straße geehrt wird. Das geschah im Jahre 1939, als die Potsdamer Straße zur Carl-Schurz-Straße wurde. Und Kinkel? Ja, eine Straße erhielt auch seinen Namen und zwar schon 1938. Die Faschisten nahmen dazu jene, die bis dahin Jüdenstraße hieß. Sigrid Hoff bemerkt in ihrem „Stadtteilführer Spandau“ dazu berechtigterweise, daß es den Faschisten wohl weniger um eine Ehrung Kinkels ging, sondern daß sie vielmehr den Namen Jüdenstraße auslöschen wollten und damit auch die Erinnerung an den mittelalterlichen Standort der Synagoge. Seit einigen Jahren gibt es die Kinkelstraße allerdings nicht mehr, sie heißt nun wieder Jüdenstraße. Es hat lange gedauert, bis man sich dazu entschlossen hat.

Wir stehen also an der Ecke Charlottenstraße / Carl-Schurz-Straße, wo wir die vorstehenden Betrachtungen anstellen. Jetzt die Carl-Schurz-Straße in Richtung Nikolaikirche entlanggehend, gelangen wir an der nächsten Kreuzung zur Moritzstraße. Dort, an der Ecke gegenüber, befindet sich eine Apotheke, die laut „Altstadtbummel Spandau und Drumherum“ die älteste Apotheke Berlins sein soll und den Namen „Adler-Apotheke“ trägt. Aus dieser Quelle erfahren wir auch, daß ihr erster Besitzer, Christoph von Bernau, das Privileg von Kurfürst Johann Sigismund erhielt und daß sich diese Urkunde im Besitz des heutigen Apothekeninhabers befindet.

Die Adler-Apotheke in Spandau
An der Ecke Carl-Schurz-Straße / Moritzstraße ist in diesem Gebäude die Adler-Apotheke untergebracht. Sie ist die älteste Apotheke auf dem Stadtgebiet des ehemaligen Westberlins – so zumindest steht es auf der am Haus angebrachten Erinnerungstafel. Manche Quellen sagen sogar, sie sei die älteste Berlins.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Durch die Moritzstraße gelangen wir zur vorgenannten Jüdenstraße, in die wir links einbiegen. Im Mittelalter gab es in Spandau schon eine bedeutende jüdische Gemeinde, die zu großen Teilen in dieser Straße ansässig war. Hier soll sich auch ihre erste Synagoge befunden haben, und zwar am südlichen Ende der Straße an der Stelle, wo heute die Stadtbibliothek (beziehungsweise deren Rückseite) zu finden ist.

Die Spandauer Kunstremise
Ein Blick über den Platz vor der Kunstremise. Diese ist in 22 ehemaligen Pferdeboxen untergebracht, die als Teil der historischen Stadtmauer Spandaus noch erhalten sind.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Gegenüber sehen wir einen Spielplatz und dort auch die „Kunstremisen“. Im Bereich des Spielplatzes stand einst die Moritzkirche, die bereits 1766 in eine Kaserne umgewandelt wurde. Der angrenzende Kirchhof wurde Mitte des 19. Jahrhunderts zum Kasernenhof und die Kirche schließlich 1920 abgerissen.

An der Spandauer Stadtmauer
Hier am dem Behnitz gegenüberliegenden Ende der Spandauer Altstadt ist ebenfalls noch ein Stück der alten Stadtmauer erhalten geblieben. Die Straße Viktoria-Ufer, die entlang des Mühlengrabens verläuft, liegt bereits außerhalb der Altstadt.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Wir gehen von hier aus links an der Häuserzeile am Viktoria-Ufer entlang in nördlicher Richtung. Wir können hier den Verlauf der ehemaligen Stadtmauer erkennen, deren Reste am Ende der Straße noch sichtbar sind. Dort, wo wir wieder auf die Moritzstraße treffen, bildete diese einst eine Sackgasse. Erst 1893 entstand mit dem Bau der Moritzbrücke ein Durchbruch zur Neustadt. Vor der Brücke, an der Ecke zum Viktoria-Ufer, befindet sich ein roter Backsteinbau – ein ehemaliges Schulgebäude, das heute zur Spandauer Musikschule gehört.

Durch die Moritzstraße gehen wir zur Jüdenstraße zurück und biegen wiederum links in diese ein. In nördlicher Richtung endet sie hier als Sackgasse. Wer möchte, kann einen Abstecher dorthin unternehmen und auf der rechten Straßenseite einen Blick in den Hof des alten Kant-Gymnasiums werfen. Sicherlich ist das keine große Sehenswürdigkeit, aber wir wollen dennoch auf diesen Ort aufmerksam machen, denn wir wissen aus den entsprechenden Quellen, daß sich an diesem Ort einst die Sankt-Johannis-Kirche mit ihrem Kirchhof befand, das Gotteshaus der französischen reformierten Gemeinde Spandaus. Der Große Kurfürst holte eine große Anzahl französischer Hugenotten ins Land und infolgedessen wurde auch in Spandau eine solche Gemeinde ansässig. Auf dem Grundstück, das der Große Kurfürst der Gemeinde schenkte, entstand zunächst um 1670 eine Kapelle und an deren Stelle dann 1751 eine massiv gebaute Kirche. Selbige mußte aber 1903 der Erweiterung des Schulgebäudes weichen und wurde abgerissen.

Das Spandauer Wendenschloß
Das Wendenschloß genannte Fachwerkhaus befindet sich an der Ecke Jüdenstraße / Ritterstraße in Spandau.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Unser Rundgang führt uns zur Kreuzung der Jüdenstraße mit der Ritterstraße. Hier wollen wir noch auf ein sehenswertes Haus aus „alten Zeiten“ hinweisen, wobei auch das nur relativ zu verstehen ist. Es geht um das an der Ecke Jüdenstraße / Ritterstraße stehende Fachwerkhaus. Es entstand gegen Ende des 17. Jahrhunderts, ein Ackerbürgerhaus mit großem Korbbogentor in der Mitte, und gilt als Zeichen bürgerlicher Wohnkultur. Im Volksmund wird es „Wendenschloß“ genannt, wobei unklar ist, woher der Name stammt, zumal es, wie manche Quellen vermerken, keine Hinweise für eine wendische Besiedelung an dieser Stelle gibt. Das Haus wurde mangels Werterhaltung baufällig und infolgedessen 1966 abgerissen. Danach entstand ein Neubau, den die Nikolaigemeinde als neuer Eigentümer des Grundstückes errichten ließ und dem auf Forderung der Denkmalspflege die heute sichtbare Fachwerkfassade im Stil des historischen Gebäudes vorgeblendet wurde. Dazu bemerkt Sigrid Hoff, daß auch dies ein Beispiel dafür ist, wie manches Alte, das der Krieg selbst noch verschont hatte, verloren ging“.

Wir gehen rechts in die Ritterstraße hinein. Hier empfiehlt sich ein Blick auf einige Häuser aus unterschiedlichen Zeitepochen, so die Nummer 4 mit spätklassizistischer Fassade, die Nummer 14, ein Fachwerkbau aus dem 18. Jahrhundert und die Nummer 15 mit schöner Jugendstilfassade. Dies sind erfreuliche Beispiele für den Erhalt alter Bausubstanz.

In der Spandauer Ritterstraße
Das Haus Ritterstraße Nummer 4 besitzt eine spätklassizistische Fassade.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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In der Spandauer Ritterstraße
Das Haus Ritterstraße Nummer 14 ist ein Fachwerkbau aus dem 18. Jahrhundert.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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In der Spandauer Ritterstraße
Das Haus Ritterstraße Nummer 15 ist ein Gebäude mit schöner Jugendstilfassade.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Gehen wir nun durch die Ritterstraße zur Carl-Schurz-Straße zurück und durch diese hindurch in südlicher Richtung, über die Kreuzung Charlottenstraße hinweg bis zur Einmündung der Mauerstraße. Diese führt uns bis zunächst zur Breiten Straße, in die wir rechts einbiegen. Hinter einer kleinen Brücke, über die wir hier den Mühlgraben überqueren, erreichen wir auf der linken Seite den „Stabholzgarten“. Der Name bezieht sich auf einen Platz, auf dem Stabholz für Salztonnen gelagert wurde und der sich bis 1749 auf dieser heutigen Grünanlage befand (Lagerplätze werden in jener Zeit als Garten bezeichnet). Neben dem Mühlgraben sehen wir rechts das Batardeau. Es handelt sich um die einzige erhaltene Schleusenanlage der Gräben der Festung Spandau, die die Aufgabe hatte, den Wasserstand in den Festungsgräben zu regulieren. Den Verlauf des Festungsgrabens an der Stelle kann man noch an der Reihe hoher Kastanien nachvollziehen, die hier zu sehen sind.

Das Spandauer Batardeau
Das Batardeau in Spandau ist die einzige erhaltene Schleusenanlage der Festungsgräben der Festung Spandau.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Wir gehen gegenüber in die kleine Straße am Wall hinein und durch einen Durchgang am Spandauer Rathaus zurück in die Carl-Schurz-Straße. Bevor wir uns dem Rathaus zuwenden, schauen wir nach rechts. Daß die Carl-Schurz-Straße hier den Mühlgraben überquert, ist hier zunächst nur am erhöhten Straßenpflaster erkennbar, bis man ihn auf der linken Seite der Brücke hinter der Brüstung gewahrt.

Am Spandauer Mühlgraben
Nahe dem Rathaus überquert die Carl-Schurz-Straße den Mühlgraben.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Hier befand sich das erstmals 1386 erwähnte Klostertor, das ab 1747 Potsdamer Tor hieß. Die Klostermühle, die das Wasser des Mühlgrabens als Antrieb nutzte, mußte dem Bau des Kaufhauses C&A, das wir heute hier auf der rechten Straßenseite sehen, weichen und wurde 1963 abgerissen. Verwiesen sei auch noch auf das auf der anderen Straßenseite stehende ehemalige Kaiserliche Postamt, 1890 erbaut, das heute die Stadtbibliothek und Gesundheitseinrichtungen beherbergt.

Das Kaiserliche Postamt in Spandau
Eines der Gebäude des ehemaligen Kaiserlichen Postamtes in der Carl-Schurz-Straße in Spandau – heute ist darin die Stadtbibliothek untergebracht.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020),
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Wenden wir uns nun noch dem Rathaus Spandau zu, dem letzten Punkt unseres Altstadtrundganges, den wir natürlich ebenso hier hätten beginnen können, denn man gelangt sowohl mit der S- und U-Bahn als auch mit verschiedenen Buslinien dorthin. Das will heißen, daß wir hier, am Rathausvorplatz einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt vorfinden. Bemerkenswert ist der neue Fern- und Regionalbahnhof, der 1999 eröffnet wurde und an dem auch ICE-Züge halten. Hierher kann man nicht nur mit der S-, sondern auch mit der Regionalbahn schnell von Berlins Mitte gelangen. Im Zuge der Neugestaltung dieses Bereiches entstanden auch die neben dem Bahnhof in der Klosterstraße gelegenen Spandau-Arcaden, ein modernes, im November 2001 eröffnetes Einkaufszentrum, oder auch die „Ellipse“, ein seit 2005 existierendes Gebäude mit ebenfalls zum Einkauf einladenden Geschäften.

Der Bahnhof Spandau
Nahe dem Rathaus liegt der S- und Fernbahnhof Spandau. Dahinter ragen die Spandau-Arcaden auf – ein Einkaufszentrum.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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Wir jedoch wollen den Blick auf das imposante Rathaus, Carl-Schurz-Straße 2-3 richten. An dieser Stelle befand sich früher die Bastion I der Stadtbefestigungsanlagen. Das Gelände konnte neu bebaut werden, da es nach dem Abriß der Festungsanlagen 1903 frei wurde. Das Rathaus entstand zwischen 1911 bis 1913 nach Entwürfen der Architekten Reinhardt und Süßenguth, die zuvor schon das Charlottenburger Rathaus gebaut hatten. Da der Baugrund ziemlich schlecht war, konnte der Turm, der 77,5 Meter hoch ist – andere Quellen sprechen von 72 Metern oder sogar 80 Metern Höhe – wohl aus statischen Gründen nicht in die Hauptfassade integriert, sondern mußte separat auf dem Hof errichtet werden. Interessant ist auch der stark betonte Mitteltrakt mit den Eingängen des Gebäudes. Der halbrunde Segmentgiebel zeigt das Stadtwappen und die Inschrift:

Erbaut unter der Regierung Kaiser Wilhelm des Zweiten von der Bürgerschaft in den Jahren 1910 – 1913.

Das Rathaus Spandau
Das imposante Rathaus Spandau am Ende der Altstadt.
Fotograf: Alexander Glintschert (2012),
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Ebenfalls interessant ist, daß die Bildhauerarbeiten, von Heinrich Giesecke entworfen, von den Bildhauern Schilling und Höfler in Stein übertragen wurden und daß im Erdgeschoß des Rathauses die Plastik „Eselsreiter“ von August Gaul, dem zur damaligen Zeit berühmten Gestalter von Tierplastiken, aufgestellt wurde.

Das Rathaus bildet den südlichen Abschluß der Altstadt und mit seinem Turm ein gewisses Gegenstück zur Nikolaikirche am nördlichen Ende. Natürlich gab es auch schon vor seiner Errichtung ein Rathaus in Spandau. Dieses befand sich am Markt, wo wir es bereits erwähnt hatten. Da es zu klein wurde, leistete sich die Spandauer Bürgerschaft den Neubau, der immerhin so großzügig ausfiel, daß er noch heute den Ansprüchen des Spandauer Bezirksamtes genügt. Erwähnt sei noch, daß das Rathaus im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt und bis 1957 mit einem neu gestalteten Turmabschluß wieder hergestellt wurde.

Wir beenden hier nun unseren Spaziergang durch die Altstadt Spandau. Wir hoffen, daß wir dem Leser dieser Zeilen einige interessante Informationen zu den sichtbaren, aber auch zu den unsichtbaren historischen Zeugnissen in der Spandauer Altstadt geben konnten. Ohne die angegebenen Quellen hätten wir vor allem über letztere nichts in Erfahrung bringen können. Wie wir schon erwähnt hatten, sieht man nur das, was man kennt, aber wir müssen hier noch hinzufügen, daß man dazu auch über gute Quellen verfügen muß, um sich die entsprechenden Kenntnisse anzueignen. Auf die Spandauer Altstadt bezogen wollen wir daher mit Sigrid Hoff schließen, die in ihrem „Stadtteilführer Spandau“ bemerkt, daß das Stadtbild zwar nach dem Zweiten Weltkrieg repariert wurde, die Stadtgeschichte sich dem Vorübergehenden aber nicht mehr mitteilt.

Zum Nachwandern


Das Banner auf dieser Seite zeigt die Carl-Schurz-Straße mit Blick zur Spandauer Nikolaikirche, aufgenommen 2010.
Fotograf: Alexander Glintschert (2010),
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