Ein Verkehrsknotenpunkt wird geboren
Ein Durchgangsort für den Verkehr war der Alexanderplatz immer. In den frühen Tagen, als er noch vor den Toren der Stadt liegt, ist er ein Treffpunkt bedeutender Handelswege, die hier, vor dem Oderberger Tor, bereits seit dem frühen Mittelalter zusammenführen. Auf einem heutigen Stadtplan Berlins sind diese Handelswege in der Umgebung des Alexanderplatzes noch ohne weiteres zu erkennen: die heutige Prenzlauer Allee, die Otto-Braun- und die Greifswalder Straße, die Landsberger Allee (die heute allerdings nicht mehr direkt mit dem Alex in Berührung kommt) und die Karl-Marx- bzw. Frankfurter Allee. Vom Punkt ihres Zusammentreffens auf dem Platz führen in jener Zeit diese Wege durch das Tor weiter über die heutige Rathausstraße in die Stadt hinein. Den Berlinern bringt das nicht unbeträchtliche Zolleinnahmen.
Später, als der Platz von der Stadt bereits vereinnahmt ist, ändert sich wenig daran. Wer aus dem Osten oder Norden in die Stadt kommt, muß über den Platz. Und so, wie sich die Stadt entwickelt, nimmt auch der Verkehr stetig zu. Hier abgehaltene Märkte – nicht zuletzt der Vieh- und Wollmarkt, tun dafür ihr übriges. Um 1825 ist der Platz, der mittlerweile den Namen Alexanderplatz trägt, für damalige Verhältnisse gewissermaßen brausendes Berlin. Erste Kultureinrichtungen wie das Königstädtische Theater siedeln sich hier an und sorgen für weitere Menschenströme. Die Straßen verdienen diesen Namen im heutigen Sinne allerdings bei weitem noch nicht, denn sie sind noch eher Knüppeldämme mit holperigen Rinnsteinen als befestigte Trassen, wie wir sie heute kennen. Allerdings verkehren auf ihnen auch nur Droschken und andere Fuhrwerke.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelt sich der Alexanderplatz auch verkehrstechnisch mehr und mehr zu einem Zentrum der Stadt. Nach wie vor führen mehrere Straßen auf ihn zu, so daß er gewissermaßen Stern in der Straßenspinne ist. Seine Ausfallstraßen führen nach Prenzlau, Schönhausen, Frankfurt und Greifswald. Die grundlegende Veränderung auch und gerade in Bezug auf den Verkehr bringen jedoch erst das Ende des 19. und die Wende zum 20. Jahrhundert. In dieser Zeit verändert sich die Rolle des Alexanderplatzes grundlegend.
Die Ursache dafür liegt zu großem Teil im Voranschreiten der Industrialisierung. In den Stadtgebieten, die sich an den Alexanderplatz anschließen, siedeln sich verschiedene Gewerbe an: Eisen-, Metall- und Maschinenproduktion, holzverarbeitende Industrie, Baustoffproduktion, Druckereien, Großbrauereien und viele mehr. Dies führt zu einem starken Anwachsen des Verkehrsaufkommens. War der Alexanderplatz vorher nur einer von vielen Plätzen der Stadt, so entwickelt er sich nun zu einem zentralen Verkehrsknotenpunkt und wird mehr und mehr zu einem wichtigen Lebensnerv der Stadt. Das erfordert natürlich den Ausbau der Straßen, aber insbesondere auch den des öffentlichen Verkehrssystems.
Und so bringt das Jahr 1873 den Baubeginn für eine Pferdebahn-Verbindung nach Weißensee. Die Bauarbeiten daran werden allerdings bald darauf wegen der wirtschaftlichen Depression erst einmal wieder eingestellt. Erst vier Jahre später kann die Fertigstellung gemeldet werden, so daß am 1. Januar 1877 die erste Pferdebahn über den Alexanderplatz nach Weißensee rollt. Sie ist das erste öffentliche Verkehrsmittel, das auf dem Platz Station macht. Die Pferdebahn besitzt Fahrzeuge, die von Pferden gezogen werden und auf einer in das Straßenpflaster eingelassenen Führungsschiene fahren. Damit bildet die Pferdebahn eine Mischung aus Omnibus und Straßenbahn.
Die Bahn kommt
Zwischendurch, im Jahre 1875, wird ein weiteres Bauwerk begonnen, das so gewaltig ist, daß es in seiner Zeit eine gewisse Einmaligkeit erreicht und auch heute noch beeindruckt. Die Rede ist vom Viadukt der Stadtbahn, die sich am Alexanderplatz vorbei durch die Stadt windet. Ihre Entstehung hat sie maßgeblich drei Personen zu verdanken: ihrem Vordenker August Orth, dessen Ideen von Emil Hartwich konkretisiert werden, und natürlich Ernst Dircksen, der den Bau realisiert.
Die Stadtbahn beginnt am Schlesischen Bahnhof (der heute den Namen Ostbahnhof trägt) und setzt sich bis nach Charlottenburg, damals noch eine selbständige Stadtgemeinde, zum dortigen Bahnhof fort. Später wird sie bis zum Westkreuz erweitert. Zwischen der Jannowitzbrücke und dem Bahnhof Börse (dem heutigen Bahnhof Hackescher Markt) folgt sie dabei dem ehemaligen Lauf der Berliner Festungsanlage im 17. Jahrhundert. Nachdem man im 18. Jahrhundert die Festungswerke schrittweise abgetragen hatte, war als einziger Rest der östliche Wassergraben – der Königsgraben – erhalten geblieben. Mit seinen zahlreichen Windungen ist er etwa zwei Kilometer lang. Um die Stadtbahn errichten zu können, ohne Häuser dafür wegreißen zu müssen, schüttet man diesen Wassergraben kurzerhand zu, wofür ungefähr 100.000 Kubikmeter altes Mauerwerk eingesetzt werden. Direkt darüber wird dann das Viadukt der Stadtbahn gebaut, woraus sich ihre geschwungene Streckenführung erklärt. Heute läßt sich damit am Verlauf der Stadtbahn der historische Stadtgrundriß sehr genau nachvollziehen.
Die durch die Beseitigung des Königsgrabens nun nicht mehr benötigte Königsbrücke am Alexanderplatz wird ebenfalls entfernt. An exakt ihrer Stelle errichtet man die Überführung der Stadtbahn über die Königstraße (die heutige Rathausstraße). Am Alexanderplatz selbst beginnt man mit dem Bau eines Stadt- und Fernbahnhofs. Den allerersten Planungen zufolge sollte dieser Bahnhof ursprünglich den Namen “Königsbrücke” tragen. Offenbar merkt man erst später, daß nach der Fertigstellung der Bahn diese Brücke nicht mehr vorhanden sein würde, und tauft ihn in Bahnhof Alexanderplatz um.
Die Stadtbahn hat insgesamt eine Länge von 12,145 Kilometern und durchgehend zwei Gleispaare. Das nördliche ist dem Stadtverkehr bzw. der S-Bahn vorbehalten, auf dem südlichen rollt der Fernverkehr. Sie bildet gewissermaßen den Durchmesser der zwischen 1851 und 1877 gebauten Ringbahn (dem heutigen S-Bahn-Ring). Knapp acht Kilometer verläuft die Stadtbahn auf einem Mauerwerksviadukt, das aus insgesamt 722 Bögen besteht, die alle aus Ziegeln bestehen. Sie überquert sieben Wasserläufe und 56 Straßen. Damit nehmen allein die Stahlbrücken eine Länge von etwa zwei Kilometern ein. Der Bau eines einzigen Kilometers Stadtbahn kostet zirka fünf Millionen Mark, die das Deutsche Reich übernimmt.
1882, nach nur sieben Jahren Bauzeit, ist der letzte Handschlag getan. Am 6. Februar wird zunächst der Bahnhof Alexanderplatz, ein Bau in nüchtern-funktionaler Bauweise, im Beisein von Kaiser Wilhelm I. und der Kaiserin Augusta eingeweiht, am 7. Februar folgt dann die offizielle Eröffnung der Stadtbahn selbst.
Zehn Bahnhöfe liegen an der Stadtbahn, doch nur der Schlesische Bahnhof und die Bahnhöfe Alexanderplatz, Friedrichstraße, Zoologischer Garten und Charlottenburg sind in jener Zeit auch Fernbahnhöfe. Die Stadtbahn wird damit insgesamt praktisch zu einem Fernbahnhof – einen Zentralbahnhof besitzt Berlin nämlich nicht. Bis dahin hatte es in der Stadt nur Kopfbahnhöfe gegeben, die vor den Grenzen der Stadt endeten. Die Stadtbahn sorgt also dafür, daß die Berliner Innenstadt direkte Verbindungen zu Orten außerhalb Berlins erhält. Doch es gibt hier nicht nur Personenverkehr. Auch Güter werden auf der Stadtbahn transportiert. Ziel dieser Transporte sind die Markthallen am Alexanderplatz, die an die Stadtbahn angeschlossen sind.
In der Zwischenzeit geht auch der Ausbau der Pferdebahn weiter, so daß ab dem Jahr 1888 der Alexanderplatz von allen auf ihn zulaufenden Straßen mit diesem Verkehrsmittel erreicht werden kann. 1895 zählt die Strecke nach Weißensee bereits 3,5 Millionen Fahrgäste.
Drei Jahre später gibt es ein weiteres Novum auf dem Alexanderplatz. Am 1. März 1898 rollt die erste Straßenbahn über den Platz. Diese erste Linie hat hier allerdings noch ihre Endstation und verbindet den Platz mit Schöneberg. Doch in den folgenden Jahren ersetzt dieses modernere Verkehrsmittel nach und nach die aus den neuen Mietshausquartieren im Norden und Südosten kommenden und sich hier bündelnden Pferdebahnlinien. Dieser Fortschritt drückt sich auch in der Gründung der Großen Berliner Straßenbahn-Gesellschaft am 1. Januar 1900 aus. Bis 1902 hat die Straßenbahn die Pferdebahn innerhalb der alten Berliner Stadtgrenzen vollständig verdrängt.
Unter Tage
Schritt der Ausbau der öffentlichen Verkehrssysteme in den zurückliegenden Jahren immer an der Erdoberfläche voran, so greift er im beginnenden zwanzigsten Jahrhundert auch unter die Erde. 1910 beginnt man am Alexanderplatz mit dem Bau des ersten U-Bahnhofs. Er ist ein Haltepunkt für die vom Potsdamer Platz nach Pankow verlängerte Linie A. Drei Jahre später, am 1. Juli 1913, kann der neue Bahnhof eröffnet werden. Er liegt unmittelbar unterhalb des Platzes. Für seine Gestaltung zeichnet Alfred Grenander verantwortlich, der für die Bahnhöfe der Linie ein eigenes Farbsystem entwickelt. In der Farbfolge der U-Bahnhöfe, die mit Grün für den Leipziger Platz (heute Potsdamer Platz) beginnt, erhält der U-Bahnhof am Alexanderplatz ein dunkles Rot. Sein Bahnsteig ist 110 Meter lang und 21 Meter breit. Heute hält an diesem Bahnsteig die Linie U2.
Zunächst enden die Fahrten der U-Bahnzüge noch am Alexanderplatz, doch schon ab dem 27. Juli 1913 können sie weiter bis zum Bahnhof Nordring (dem heutigen Bahnhof Schönhauser Allee) fahren. Man hatte während des Baus der Linie die Tunnel vom Spittelmarkt und vom Nordring aus gleichzeitig vorangetrieben. Die Strecke hatte die Ingenieure vor große Herausforderungen gestellt. Erstmals mußte eine U-Bahnstrecke in Berlin die Spree unterfahren und dabei größere Höhenunterschiede überwinden.
Die neue U-Bahnlinie verbindet nun den Westen mit dem Norden Berlins. Da der Alexanderplatz als Zentrum der Stadt gilt, wird sie auch “Centrumslinie” genannt. Schnell entwickelt sie sich zu einem der wichtigsten Verkehrswege der Stadt. Auf keiner anderen Linie fahren mehr Menschen.
Von Anfang an hatte die Hochbahngesellschaft, die die Linie betreibt, den Bau weiterer Linien geplant. Insbesondere in den Osten der Stadt soll im Zuge der Frankfurter Allee eine U-Bahnverbindung geschaffen werden. In Vorbereitung darauf baut man bei der Anlage des U-Bahnhofes am Alexanderplatz gleich ein darunter liegendes Tunnelstück mit, das später einmal die neue Linie aufnehmen soll.
Doch noch ist es nicht soweit. Zunächst werden an der Oberfläche des Platzes weitere Veränderungen vorgenommen. Die Platzfläche wird gegliedert und in betretbare und unbetretbare Flächen aufgeteilt. Man legt Grünanlagen und Springbrunnen an, um dem Platz trotz des über ihn hinwegbrausenden Verkehrs ein gefälliges Erscheinungsbild zu geben.
1926 muß der Bahnhof Alexanderplatz das erste Mal überholt werden. Da die alte Halle durch die Dampflokomotiven der Fernbahn inzwischen so stark verschmutzt ist, daß der Bahnhof als der dunkelste Berlins gilt, erhält er eine komplett neue Halle. Außerdem hatten die von den Lokomotiven ausgestoßenen Rauchgase die Stahlkonstruktion beträchtlich korrodieren lassen, so daß es ernsthafte Befürchtungen gibt, daß bei extremen Wetterlagen oder starken Schneefällen die Halle einstürzen könnte. Beim Neubau der Halle bringt man das Kunststück fertig, sie parallel zum Abriß der alten Halle zu errichten, ohne daß der Verkehr auf der Stadtbahn unterbrochen werden muß.
Ein technisches Wunderwerk entsteht
Im selben Jahr fällt auch der Startschuß für den Bau der neuen Nord-Südstrecke der U-Bahn, die von Gesundbrunnen zur Leinestraße führt. Um einen besseren Übergang zur S-Bahn zu erreichen, führt man die Strecke unter dem Alexanderplatz hindurch. Am 18. April 1930 wird diese Linie D genannte Strecke (die heutige U8) in Betrieb genommen und mit ihr der neue Bahnsteig des U-Bahnhofes Alexanderplatz eröffnet.
1927 beginnt man mit dem Bau der von Anfang an geplanten und bereits vorbereiteten Strecke Richtung Osten – nach Friedrichsfelde. Ihre Eröffnung kann am 21. Dezember 1930 gefeiert werden. Sie wird als Linie E (die heutige U5) bezeichnet. Sie erweitert den U-Bahnhof am Alexanderplatz um den dritten und größten Bahnsteig.
Für diese umfangreichen U-Bahn-Erweiterungen wird ein großer Teil des Platzes gesperrt und in eine Großbaustelle verwandelt. Den Straßenbahn-, Autobus- und Fuhrwerksverkehr leitet man über die Kloster- und die Grunerstraße um. Während man oberirdisch die Gelegenheit für eine großangelegte Umgestaltung des Platzes nutzt, entsteht unter ihm ein großer Umsteigebahnhof für die U-Bahn in der Form eines großen H. Die Linie A (die heutige U2) bildet dessen östlichen Schenkel, die Linie D den westlichen. Der Bahnsteig der Linie E formt sein Mittelstück. Die beiden neuen U-Bahn-Strecken liegen unterhalb der Linie A, wobei die Linie E die größte Tiefe hat und die beiden anderen Linien unterquert. Über den neuen Bahnsteigen wird eine unterirdische Zugangs- und Verbindungshalle angeordnet. Sie soll das Umsteigen erleichtern und erhält Zugänge an den umliegenden Bürgersteigen. Um nicht nur einen tristen Tunnel zu schaffen, kreiert man hier die erste unterirdische Ladenpassage, die darüberhinaus auch Direktzugänge zu den Warenhäusern “Hermann Tietz” und Wertheim bietet. Der heute ein wenig nutzlos wirkende lange Tunnelzugang, der von den U-Bahnsteigen noch unter der S-Bahn hindurch bis zum heutigen Kino Cubix führt, war damals der Direktzugang zum Kaufhaus Wertheim, das an dieser Stelle stand.
Die einheitlich gestalteten neuen Verkehrsbauwerke der U-Bahn erreichen eine Tiefe bis zu 14 Metern! Die Entwürfe für diese unterirdische Bahnhofsanlage erarbeitet wiederum Alfred Grenander, der auch schon den ersten U-Bahnsteig am Alexanderplatz und in Berlin rund siebzig U-Bahnhöfe entworfen hat, unter anderem auch die imposanten Bahnhöfe Wittenbergplatz und Hermannplatz. Den U-Bahnhof Alexanderplatz gestaltet er gewissermaßen als “grandioses Verkehrstheater”.
Noch während des Baus des Bahnsteigs der Linie E sieht man eine weitere Linie F von Steglitz nach Weißensee vor, die ebenfalls über den Alexanderplatz führen soll. Aus diesem Grunde ist dieser Bahnsteig mit vier Gleisen ausgestattet. Die beiden inneren Gleise werden von der Linie E benutzt, die äußeren sollen der Linie F vorbehalten bleiben. Diese Strecke, deren Tunnel bereits ein ganzes Stück unter der heutigen Otto-Braun-Straße entlangführen, ist jedoch bis heute nicht realisiert worden. Aus der Planung ist sie jedoch nie ganz verschwunden – heute wird sie unter der Bezeichnung U3 geführt.
Während die Arbeiten für den U-Bahn-Bau in vollem Gange sind, beginnt man 1929 mit der Elektrifizierung der S-Bahn, die auch den Alexanderplatz erreicht. Doch die Entwicklung des Platzes zum zentralen Verkehrszentrum Berlins ist mit diesen Entwicklungen noch lange nicht beendet. Auch auf der Erdoberfläche schreiten die Bauarbeiten bald kräftig vorwärts.
Alles wird anders
Anfang der zwanziger Jahre hatten bereits täglich 70.000 Passanten den Alexanderplatz überquert. Die historisch entstandenen verkehrstechnischen Unzulänglichkeiten sorgen allerdings dafür, daß diese Menschenströme für den Platz kaum noch zu bewältigen sind. Er ist mittlerweile zum Unfallschwerpunkt der Stadt geworden. Auch befürchten die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung, daß die Verkehrsengpässe den Platz und seine Umgebung für Gewerbetreibende zunehmend unattraktiver werden lassen. Um also eine Geschäftsabwanderung in den Westteil der Stadt zu verhindern, möchte man Ost-West-Verbindungen durch das Berliner Zentrum schaffen.
Bis 1930 werden daher die Verkehrswege auf dem Platz grundlegend verändert. So schlägt man einen neuen breiten Straßenzug vom Alexanderplatz zu den bevölkerten östlichen Stadtteilen mitten durch die den Platz umgebenden Stadtviertel. So entsteht die heutige Karl-Marx-Allee. Auf Verluste wird dabei keine Rücksicht genommen, und so werden ganze Wohnblöcke dafür abgerissen, deren Bewohner umquartiert.
Nach und nach werden weitere Straßenbahnlinien eröffnet, die in alle möglichen Richtungen vom Platz wegführen – und schließlich wird der gesamte Platz komplett umgestaltet. So entsteht ein großes Oval von 97 Metern Länge und 63 Metern Breite, das von einer Rasenfläche ausgefüllt wird. Gesäumt wird es von einer vierzehn Meter breiten Fahrbahn. Die Straßenbahngleise verlegt man komplett neu und führt sie alle ins Innere des Kreisverkehrsplatzes, von dem sie nun in alle Richtungen verlaufen. Vor jeder Zufahrt zu diesem Oval werden Haltestellen eingerichtet.
Die gesamte Mitte des Platzes ist damit dem Straßenbahnverkehr vorbehalten und bleibt sowohl für Fußgänger als auch den Auto- und Fuhrwerksverkehr gesperrt. Und auch wenn die neue Struktur des Platzes in ihren Grundzügen bis 1930 fertiggestellt wird, dauert es doch noch bis 1935, bis das Oval vollständig in Betrieb genommen werden kann. Nach diesem Umbau verkehren auf dem Alexanderplatz insgesamt siebzehn Straßenbahn- und vier Omnibuslinien. Pro Stunde queren den Platz nun 150 Straßenbahnzüge.
Auf diese Weise entstehen am Alexanderplatz neue Verkehrsbauten auf insgesamt fünf Etagen. Ganz oben verkehren Fern- und S-Bahn als Hochbahn, zu ebener Erde fließen der Auto-, Fußgänger-, Straßenbahn- und Busverkehr, und darunter erstrecken sich drei U-Bahnhöfe auf drei unterschiedlichen Niveaus – alle verbunden durch eine Fußgänger-Passage. Ein riesiger Umsteigeknoten, der gewaltige Menschenströme umwälzt.
Ende und Neuanfang
Dieses beeindruckende Verkehrssystem ist allerdings nur vergleichsweise wenige Jahre in Betrieb, als der Zweite Weltkrieg den Platz nahezu total zerstört und es zunächst völlig zusammenbrechen läßt. Die Gebäude liegen in Trümmern, die Straßenbahnen fahren nicht mehr, der U-Bahn-Verkehr ist ebenfalls zum Stillstand gekommen. Und nach den letzten Luftangriffen im April 1945 muß wegen der schweren Zerstörungen auch der Stadtbahnverkehr unterbrochen werden.
Unmittelbar nach dem Krieg beschränkt man sich zunächst auf die Beseitigung der Trümmer. Erst nach und nach nehmen die Verkehrsmittel ihren Betrieb wieder auf – je nachdem, wie schnell ihre Anlagen wiederhergestellt werden können. Dabei konzentriert man sich jedoch zunächst darauf, die Gebäude und das Stadtbahn-Viadukt wieder funktionsfähig zu machen. Am Bahnhof Alexanderplatz werden die ersten drei Hallenstützen in Richtung Königstraße abgetragen, da sie irreparabel beschädigt sind. Bis zum 4. November 1945 sind die Arbeiten soweit vorangeschritten, daß die Stadtbahn ihren Betrieb wieder aufnehmen kann. Die Reparatur und Sanierung der Hallenkonstruktion des Bahnhofs dauert allerdings noch bis 1951.
Doch schon in den fünfziger Jahren beginnt man mit Planungen für einen erneuten Umbau des Alexanderplatzes. Da sich das Verkehrsaufkommen mehr und mehr mit der zunehmenden Zahl an Autos erhöht, rechnet man bald mit etwa 10.000 Fahrzeugen, die stündlich den Alexanderplatz passieren müssen. Gleich mehrere Architekten reichen Vorschläge zur Umgestaltung ein, die besonders auch die verkehrstechnischen Aspekte berücksichtigen. Doch während die einen Umgehungsstraßen in Betracht ziehen, die den Verkehr vom Alexanderplatz fernhalten sollen, sehen andere den Platz gerade als Gelenk für den Autoverkehr. Nach ihren Vorstellungen soll er eine Art zweiter Strausberger Platz mit einem großen Kreisverkehr werden. Wieder andere sehen eine im Halbkreis geschwungene Hochstraße vor, die aus der Karl-Marx-Allee kommend in die Karl-Liebknecht-Straße einschwenken soll. Weitestgehend einig sind sich alle diese Planer nur darin, daß die Fußgänger auf der einen Seite vor den Gefahren der zunehmenden Motorisierung bewahrt werden sollen, während man auf der anderen die Kraftfahrer vor der Unberechenbarkeit der Fußgänger schützen muß. Dafür sieht einer der Entwürfe die Verlagerung des Fußgängerstromes in luftige Höhen vor. Ausgehend vom Alexanderhaus soll eine breite Lauffläche halbkreisförmig um den südlichen Teil des Alexanderplatzes führen, die Einmündung der alten Königstraße und nunmehrigen Rathausstraße überqueren, um dann nördlich vom Berolina-Hochhaus zu verlaufen. Mehrere Brücken sollen sie mit dem Bahnhof verbinden und bis hinüber über die Memhardstraße führen. Dort plant man mehrere Hochhäuser mit einem riesigen Einkaufszentrum, einem Großhotel, einem Großrestaurant mit Ballsälen und vielem anderem mehr. Realisiert wird kein einziger dieser Vorschläge. Stattdessen zieht sich die Planung immer weiter in die Länge.
Schließlich faßt am 20. April 1961 die Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin den Beschluß zum Aufbau des Zentrums der Hauptstadt der DDR. Als Verkehrslösung möchte man das Innenstadtgebiet mit einem Tangentialstraßenring umgeben, der den Durchgangsverkehr aufnimmt. Für den Alexanderplatz ist dabei die Fortführung der Frankfurter Allee über einen Kreisel in eine autobahnähnliche Schnellstraße nördlich der Spree vorgesehen – die sogenannte Nordtangente. Mit der geplanten West- und Südtangente schließt man dabei auch Westberliner Gebiet ein. Alle diese Tangenten sollen darüberhinaus Anschlüsse an die sternförmig auf die Innenstadt zulaufenden Radialstraßen haben.
Sezierung eines Verkehrssystems
Doch auch diese Pläne kommen nie zur Umsetzung, da die endgültige Teilung der Stadt infolge des Mauerbaus noch im selben Jahr die Tangenten völlig überflüssig werden läßt. Dennoch zeigt dieser von einer Planungsgruppe unter der Leitung des Stadtarchitekten Hans Gericke erarbeitete Plan schon einige Ansätze der später realisierten Lösung für den Alexanderplatz, insbesondere den stark erweiterten Raum des Platzes und die Trennung in Verkehrs- und Fußgängerflächen.
Doch zunächst reißt die Teilung Berlins tiefe Löcher in die Struktur des Platzes. In den Jahren von der Gründung der BRD und der DDR bis 1961 hatten sich die Beziehungen zwischen beiden Staaten stetig verschlechtert. Dank der vorwiegend amerikanischen Aufbauhilfe ist das Leben im Westen spürbar besser geworden. Der Ostteil Deutschlands und Berlins hält da nicht mit. So setzt eine Fluchtwelle aus dem Osten ein, die zur Folge hat, daß 1952 die innerdeutsche Demarkationslinie von ostdeutschen Grenzpolizisten und sowjetischen Soldaten abgeriegelt wird. Eine streng kontrollierte Grenze entsteht, deren einziges Schlupfloch Berlin mit seinen S- und U-Bahnen ist, die weiterhin die beiden Teile der Stadt verbinden und nur stichprobenartig vom Zoll kontrolliert werden können. Hier ist es vergleichsweise einfach, zwischen Ost und West hin- und herzuwechseln, wobei sich der Alexanderplatz zu einem wichtigen Umsteigepunkt entwickelt, denn hier kann man ungehindert in die U-Bahn nach Neukölln oder Wedding einsteigen und die S-Bahn nach Westkreuz bzw. Charlottenburg benutzen. Auch arbeiten viele der Ostberliner im Westen und können daher ihren Westlohn gewinnbringend in Ostmark umtauschen, mit Wechselkursen von stellenweise 1:10. Dies destabilisiert das Land wirtschaftlich natürlich massiv, so daß die DDR-Führung beschließt, das zu ändern.
Als am 13. August 1961 der Bau der Berliner Mauer beginnt, hält auch die U-Bahn-Linie D ab diesem Tag nicht mehr am Alexanderplatz. Da ihre Strecke auch in das Stadtgebiet der westlichen Sektoren führt, die Grenze zu Westberlin nun aber durch die Mauer hermetisch geschlossen ist, darf auch die U-Bahn keine Verbindung zwischen den beiden Teilen Berlins mehr herstellen. Es liegt jedoch nicht in der Macht der DDR, die Strecke vollständig stillzulegen. Doch zumindest kann der Halt der Züge an den Bahnhöfen, die im Ost-Berliner Stadtgebiet liegen, verhindert werden, was mit ihrer Schließung auch prompt geschieht. Auf diese Weise verschwinden ganze U-Bahnhöfe plötzlich aus dem Stadtbild: Bernauer Straße, Rosenthaler Platz, Weinmeisterstraße, der Bahnsteig D des Alexanderplatzes, Jannowitzbrücke, Heinrich-Heine-Straße – sie alle werden verriegelt. Eingänge vermauert man und auf den Bahnsteigen postiert sich die Grenzpolizei.
Aus dem Ost-Berliner Stadtplan wird die Linie D vollständig getilgt. Für den U-Bahnhof Alexanderplatz bedeutet das, daß die Zugänge zum Bahnsteig der Linie zugemauert werden. Dabei ist es erstaunlich, mit welcher Konsequenz das geschieht. Die Schließung sämtlicher Zugänge zu diesem Bahnsteig, sowohl der unterirdischen in der Passage zwischen S- und U-Bahn als auch des überirdischen im Berolinahaus wird unter Berücksichtigung der jeweiligen architektonischen Besonderheiten ihres näheren Umfeldes vorgenommen. So werden beispielsweise die neu entstehenden Wände in der Passage mit Kacheln versehen, deren Farbton so exakt mit dem der älteren Kacheln der umgebenden Wände abgestimmt ist, daß schon bald niemand mehr ahnt, daß er tagtäglich an einem zugemauerten U-Bahnsteig vorüberläuft, durch den nach wie vor Züge fahren. Für den Ortsunkundigen ist das Vorhandensein dieser Linie einfach nicht mehr zu bemerken. Und so verschwindet die Linie D nach und nach aus dem Bewußtsein der Ost-Berliner.
Natürlich hat das für das Verkehrssystem des Alexanderplatzes einschneidende Veränderungen zur Folge. Zunächst geht der Verkehr rapide zurück. Die S-Bahn endet ja nun an der Friedrichstraße und somit in einer nahegelegenen Sackgasse. Und dennoch: es dauert nicht allzu lange, da ist der Platz wieder ein zentraler Umsteigebahnhof des östlichen Stadtteils, wie er das zuvor für die ganze Stadt gewesen war. Der Grund ist wohl darin zu sehen, daß auch andere Linien wie die heutige U6 und die Nord-Süd-Strecke der S-Bahn auf die beschriebene Weise “verschwinden” und somit andere wichtige Umsteigestationen wie die Bahnhöfe Stadtmitte und Friedrichstraße entfallen.
1962 beginnt man mit einer umfassenden Rekonstruktion des Bahnhofs Alexanderplatz, die bis 1964 andauert. Er erhält eine neue zwanzig Meter hohe und 160 Meter lange Glashalle mit einer elf Meter hohen Verglasung an den Längsseiten. Allerdings wird sie gegenüber der alten Halle um zwei Hallenstützen gekürzt. Vor die alten Bögen der Stadtbahn setzt man ein 4,5 Meter hohes Verblendmauerwerk aus Granit, das mit rechteckigen Fenstern und mehreren Durchgangsöffnungen versehen wird. Als diese Veränderungen fertiggestellt sind, erinnert so kaum noch etwas an den alten Bau von 1882.
Bleibt alles anders…
1964 beginnen die Planungen für die Neugestaltung des Alexanderplatzes unter den neuen Bedingungen der geteilten Stadt. Und wieder geht man dabei von der Lösung der Verkehrsprobleme aus. In erster Linie betrifft dies das Problem, wie die auf das Zentrum zulaufende Karl-Marx-Allee hier am Alexanderplatz weitergeführt werden soll. Die Verantwortlichen halten intensive Rücksprache mit Stadt- und Verkehrsplanern aus Moskau, und im Ergebnis dieser Konsultationen wird schließlich das heutige verkehrstechnische Erscheinungsbild des Platzes in Angriff genommen: die Karl-Marx-Allee führt man bis zur Karl-Liebknecht-Straße geradlinig weiter, während man die Grunerstraße als Verlängerung von Leipziger Straße und Mühlendamm verbreitert und in die Hans-Beimler-Straße (die heutige Otto-Braun-Straße) übergehen läßt. Zwischen Karl-Liebkecht- und Grunerstraße und zwischen verlängerter Karl-Marx-Allee und Stadtbahntrasse ergibt sich so ein riesiges Rechteck: 350 mal 200 Meter groß – ganze sieben Hektar.
Ausgehend von dieser Situation kann dann in den Jahren 1966 bis 1971 der an der Oberfläche stark zerstörte Platz endlich neu bebaut werden. Er erhält dabei nicht nur ein völlig neues Gesicht, sondern auch ein völlig neues Verkehrssystem. Die Prenzlauer Allee und die Greifswalder Straße werden mit neuen Straßendurchbrüchen an das Stadtzentrum angeschlossen. Ein Autotunnel mit einer Länge von 650 Meter, den man von 1966 bis 1969 erbaut, überführt die Greifswalder Straße kreuzungsfrei in den Straßenzug der Leipziger Straße. Die U-Bahn-Gleise der Linie E (der heutigen U5) müssen dafür um dreißig Zentimeter gesenkt werden, wofür man alte Fundamente abtragen muß. Verkehrstechnisch ist dieser Tunnel eigentlich gar nicht erforderlich, wird aber auf Wunsch des SED-Politbüros dennoch angelegt, da dieser Straßenzug als sogenannte Protokollstrecke dient. Er stellt die Verbindung von Wandlitz, dem Wohngebiet der Politbüromitglieder, zum Gebäude des Zentralkomitees am Werderschen Markt her, und man wünscht hier am vielbefahrenen Alexanderplatz keinen Stau.
Der fünfarmige Kreisverkehr um das große Oval wird nun vollständig aufgelöst und durch zwei vierarmige Kreuzungen ersetzt. Die unmittelbare Einmündung der Landsberger Straße auf den Alexanderplatz gibt man endgültig auf. Sie wird über eine große Kurve in die Mollstraße überführt, der ehemalige Straßenzug zum Alexanderplatz hin mit einem neuen Wohngebiet bebaut.
Am 2. Januar 1967 fährt schließlich die letzte Straßenbahn über den Alexanderplatz. Da die Straßenbahn trotz der Ampelanlagen immer Vorfahrt hatte, empfindet man sie als Verkehrshindernis für den Autoverkehr und entschließt sich, die Straßenbahngleise auf dem Platz wegzureißen. Die Straßenbahnen erhalten neue Trassen, die weit vom Alexanderplatz entfernt verlaufen. Der ehemals so wichtige Umsteigeplatz zwischen der Straßenbahn und der U-Bahn wird zum Rosa-Luxemburg-Platz verlegt. Es ist damit nun unmöglich, mit der Straßenbahn zum Alexanderplatz zu gelangen. Stattdessen sind die Fahrgäste gezwungen, in die U- oder die S-Bahn umzusteigen, was ihnen am Rosa-Luxemburg-Platz bzw. am Hackeschen Markt möglich ist. Alternativ können sie eine der neuen Buslinien nutzen.
Den gesamten Platzbereich gestaltet man zu einer Fußgängerzone um. In den Jahren 1968/69 werden für Fußgänger weitreichende neue Tunnelsysteme mit integrierten Läden an die U-Bahnhöfe gebaut, die den Autotunnel und die Strecke der U-Bahn-Linie E in zwölf Metern Tiefe unterqueren. Der Fußgängertunnel unter dem Alexanderplatz ist nun insgesamt 550 Meter lang. Stündlich können ihn 14.000 Personen passieren. Zu diesen Tunnelanlagen kommen dann noch ein unterirdischer Mischwasserkanal und ein Regenüberlaufkanal.
Alles wird besser…
So bleibt es bis zum Jahr 1989. Als am 9. November dieses Jahres die Mauer fällt, ist dies wie ihre Errichtung wieder ein Ereignis, das bedeutenden Einfluß auf das Verkehrssystem des Alexanderplatzes nimmt. Es dauert nicht einmal ein Jahr, da wird am 1. Juli 1990 der einst verschwundene U-Bahnsteig der mittlerweile in U8 umbenannten Linie D wieder eröffnet. So manch ein Ost-Berliner ist verblüfft über das Zum-Vorschein-Kommen dieses Bahnsteigs, von dem er nie auch nur das Geringste ahnte. Die wiedererstandenen Verbindungen in den Westteil der Stadt geben dem Alexanderplatz seine ursprüngliche Rolle als bedeutender Verkehrsknotenpunkt für die ganze Stadt zurück.
1994 ist die Zeit für eine erneute umfassende Sanierung des Stadtbahnhofs gekommen, die ganze vier Jahre, bis 1998, dauert. Unter der Leitung der Architekten Rebecca Chestnutt und Robert Niess werden im Sockelgeschoß die Bau- und Verkleidungselemente der DDR-Zeit beseitigt, so daß die drei alten Viadukte des Bahnhofs wieder in ihrer alten Klinkerform zum Vorschein kommen. Dieses Mauerwerk wird saniert und nicht wieder verkleidet. Stattdessen erhält es eine Glasfassade. Nahezu jedes Geschäft in den Bögen der äußeren Viadukte erhält nun einen Zugang von außen und von innen. Dadurch wandelt sich das Gesicht des Bahnhofs bedeutend. Er wirkt nun eher wie eine Markthalle. Den Abgang innerhalb des Bahnhofsbaus zur U-Bahn gestaltet man komplett neu.
Das Jahr 1998 markiert einen weiteren bedeutenden verkehrstechnischen Einschnitt in der Verkehrsgeschichte des Alexanderplatzes, denn in diesem Jahr kehrt die Straßenbahn endlich wieder auf den Platz zurück. Für insgesamt 68,5 Millionen Mark wird die neue Straßenbahntrasse über den Alexanderplatz gebaut. Am 18. Dezember 1998 kann die Eröffnung gefeiert werden. Keine zehn Jahre später folgt im Mai 2007 dann die zweite zum Alexanderplatz führende, aus der Prenzlauer Allee kommende Straßenbahntrasse. Damit ist ein wichtiges Verkehrsmittel der Stadt auf den Platz zurückgekehrt.
Gegenwärtig wird an einem weiteren Kapitel der Verkehrsgeschichte des Alexanderplatzes geschrieben. Die U-Bahnlinie U5, die seit ihrer Inbetriebnahme als Linie E hier ihren Endpunkt besitzt, wird seit 2009 bis zum Berliner Hauptbahnhof, dem ehemaligen Lehrter Stadtbahnhof, verlängert. Die Streckenführung dieser Verlängerung verläuft über die Rathausstraße, unter der sich bereits eine Kehranlage für die Linie U5 befand, hinüber zum Schloßplatz und von dort unter der Straße Unter den Linden zum Brandenburger Tor, von wo sie zum Hauptbahnhof hinüberschwenkt. Das Teilstück zwischen dem Hauptbahnhof und dem Brandenburger Tor ist seit dem 8. August 2009 bereits in Betrieb. Mit einer Fertigstellung und Inbetriebnahme der Verlängerung der Linie U5 wird gegenwärtig nicht vor dem Jahr 2020 gerechnet.
Heute ist der Alexanderplatz wie eh und je einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte Berlins. Zwar ist er seit seiner Neugestaltung Ende der sechziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts vollständig Fußgängerzone, doch er ist gleichzeitig auch der Ausgangspunkt mehrerer wichtiger Ausfallstraßen, die hauptsächlich in den Norden und Osten Berlins und darüberhinaus führen. Hier kreuzen sich heute wieder zahlreiche S- und U-Bahn- sowie Straßenbahnlinien. Täglich passieren ihn 350.000 Nahverkehrsnutzer.
Und auch für die Zukunft gibt es immer wieder Überlegungen für die Weiterentwicklung der Verkehrsanlagen rund um den Platz. Konkret ist davon jedoch nichts. Für eine Verbindung zwischen Alexanderplatz und Potsdamer Platz im Rahmen der Linie U3 existieren an beiden Plätzen bereits Bahnhofsanlagen, auch wenn es für die Realisierung dieser Linie derzeit keine konkreten Planungen gibt. Immer wieder einmal ist auch die Rede davon, eine weitere Straßenbahnverbindung zwischen dem Alexanderplatz und dem Potsdamer Platz zu schaffen, die durch die Leipziger Straße führt. Dort liegen sogar bereits Gleise. Ob und wann jedoch genau diese Erweiterungen in Angriff genommen bzw. abgeschlossen werden und wie sie sich mit den Überlegungen zu einer weiteren U-Bahnlinie vertragen, das steht weitestgehend noch in den Sternen, insbesondere, wenn man die angespannte finanzielle Lage der Stadt und die damit einhergehende immerwährende Verschiebung solcher Projekte bedenkt…