Zwei Porträts der Anna Louisa Karsch - 1763 und 1791 (Banner)

Anna Louisa Karsch

Anna Louisa Karsch

Dichterin
Geboren am 1. Dezember 1722 bei Schwiebus
Gestorben am 12. Oktober 1791 in Berlin


Bei einem Besuch des Sophienfriedhofs an der Sophienkirche in Berlin-Mitte findet man an der Kirchenmauer eine Grabtafel für eine heute weitgehend unbekannte Dichterin, auf der man lesen kann:

Hier ruht
ANNA LOUISA KARSCHIN
gebohrne Dürbach
Kennst Du Wandrer sie nicht,
so lerne sie kennen.

Grabtafel der Anna Louisa Karsch an der Berliner Sophienkirche
Die Grabtafel der Anna Louisa Karsch in der Kirchenwand der Berliner Sophienkirche. Sie befindet sich an deren nördlicher Längsseite, in einer Nische zwischen zweien der großen Bogenfenster.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020).
Creative Commons Lizenzvertrag

Im „Berliner Biographischen Lexikon“ findet sich immerhin ihr Name, was dafür spricht, daß sie für unsere Stadt doch eine Bedeutung hat. Hier heißt es allerdings nur lapidar, daß sie eine Lyrikerin war, die am 1. Dezember 1722 bei Schwiebus geboren wird und am 12. Oktober 1791 in Berlin stirbt. Es folgen dann ein paar Zeilen zu ihrem Leben, ganz einem Lexikon gemäß[1]Berliner Biographisches Lexikon, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin, 1993, ISBN 3-7759-0369-0, Seiten 213 f..

Porträt der Anna Louisa Karsch von Georg Friedrich Schmidt, 1763.
Porträt der Anna Louisa Karsch, geborene Dürbach, von Georg Friedrich Schmidt aus dem Jahre 1763.
Quelle: Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt via museum-digital.de.
© Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt.
Creative Commons Lizenzvertrag

Das ist natürlich zu wenig, um die Dichterin kennen zu lernen. Daher soll im folgenden Beitrag etwas ausführlicher von ihr erzählt werden. Aber warum nun über eine Persönlichkeit aus dem 18. Jahrhundert, die heute weitestgehend vergessen ist, außer natürlich von den entsprechenden Fachleuten? Vielleicht gerade eben darum? Angeregt dazu wurde ich bei unseren Stadtspaziergängen, bei denen oft auch Friedhöfen unsere besondere Aufmerksamkeit gilt. Friedhöfe in Berlin bergen nicht wenige Begräbnisstätten von kunsthistorischer Bedeutung. Wichtige, ja Meisterwerke der Bildhauerei und Friedhofsarchitektur sind hier zu finden, geschaffen von ebenso bedeutenden Künstlern. Man denke dabei nur an Karl Friedrich Schinkel. Zugleich sind sie ein beredtes Zeugnis Berliner und nicht zuletzt deutscher Geschichte. Oder wie Friedrich Brunold schon 1875 schrieb:

Und wenn wir nun nach Orten gehen, wo Männer oder Frauen gelebt, geliebt oder gelitten haben, die eingetragen sind in die Bücher der Geschichte, die Werke geschaffen haben, die noch im Herzen der Mit- und Nachwelt fortwirken und fortleben: legen wir dann nicht den Grund zu schönen Erinnerungen in unser Herz? pflücken wir nicht Immortellen, die nie verwelken?[2]Zitiert aus F. Brunold: Literarische Erinnerungen, Erster Band, Verlag von C. Schauenberg-Ott, Zofingen & Leipzig, 1875, Seite 1.

Anreiz genug also, um bei unseren Stadtspaziergängen solche Orte, die voller Geschichte sind, aufzusuchen, um auf Anderes.Berlin über die eine oder andere wichtige Persönlichkeit in der Geschichte unserer Stadt, deren Grabstätte wir dabei finden, einen Beitrag zu schreiben. Nicht selten ist es dabei sehr nützlich, bereits vorher einiges zu wissen, so wie es der von mir verehrte Stadtwanderer Heinz Knobloch in seinem Buch „Alte und neue Berliner Grabsteine“ ausdrückt:

Wer in Berlin Grabsteine sucht und sehen will, wird sich wundern und braucht Zeit.
Außer einer Blume, einer Kerze, einem Steinchen, je nachdem, muß man Kenntnis mitbringen. Fontane wußte: Man sieht nur, was man weiß.
Der Friedhof als Geschichtsbuch: aufgeschlagen, stumm, vielsagend. Der Friedhof als Museum. Er hat sogar günstigere Öffnungszeiten. Und: Eintritt frei![3]Zitiert aus Heinz Knobloch: Alte und neue Berliner Grabsteine, Jaron Verlag GmbH, Berlin, 2000, ISBN 3-89773-022-7, Seite 9.

Bei Heinz Knobloch finde ich viele Hinweise auf solche Grabsteine auf den verschiedenen Berliner Friedhöfen, die aufzusuchen sich lohnt. So auch die Beschreibung des alten Kirchhofes an der eingangs erwähnten Sophienkirche in der Großen Hamburger Straße in Berlin-Mitte. Hier liegen beispielsweise der Historiker Leopold von Ranke, der Schiffbaumeister Friedrich Johann Koepjohann, der Musiker, Komponist, Leiter der Singakademie und Maurermeister Carl Friedrich Zelter, Goethes bester Freund. Auch Grabtafeln an der Wand der Kirche erinnern an Berliner Persönlichkeiten, wie zum Beispiel an den Dichter Carl Wilhelm Ramler und eben auch an unsere Dichterin Anna Louisa Karsch, über die ich erzählen will und zu der es bei Heinz Knobloch heißt:

Um die Ecke, frisch vergoldet, die Tafel für Anna Louisa Karsch, die nicht vergessen sein darf, denn sie hat ihr Feld im Berliner Dichtergarten mit Fleiß bearbeitet.[4]Zitiert aus Knobloch, Alte und neue Berliner Grabsteine, 2000, Seiten 20 f.

Auf dieser ihrer Tafel ist der eingangs zitierte Text zu lesen.

Grabtafel der Anna Louisa Karsch an der Berliner Sophienkirche
Die Grabtafel der Anna Louisa Karsch in der Kirchenwand der Berliner Sophienkirche.
Fotograf: Alexander Glintschert (2021).
Creative Commons Lizenzvertrag

Im folgenden will ich der Aufforderung Knoblochs nachkommen und versuchen, über diese Dichterin ein wenig mehr zu berichten. In Gesprächen mit Freunden und Bekannten konnte ich immer wieder feststellen, daß kaum jemand diese Dichterin kennt. Auf den Hinweis, daß es doch in Berlin-Mitte eine Anna-Louisa-Karsch-Straße gibt, erhielt ich keine nähere Auskunft auf die sich anschließende Frage, wer die damit Geehrte sein könnte. Das dürfte jedoch auch für eine ganze Reihe weiterer Persönlichkeiten, die in Berlin lebten und wirkten, zutreffen, was aber heute kein neues Phänomen ist. In der vorgenannten Monografie Literarische Erinnerungen von Friedrich Brunold findet sich schon eine ähnliche Beschreibung. Es heißt hier:

[…] Wie viele Tausende wird man dort [in Berlin – Anmerkung des Autors] vergebens fragen können nach dem Grabe Fichte’s, Schleiermacher’s, Chamisso’s, Hoffmann’s oder Gaudy’s, ehe Einer derselben Bescheid zu sagen weiß. Und was die Wohnungen betrifft, die dieser oder jener berühmte oder bekannte Mann während seines Aufenthalts in Berlin inne hatte, so wird man finden, daß selbst die nähern Freunde der Betreffenden sich des Hauses oder der Straße nicht mehr zu entsinnen wissen.[5]Zitiert aus Brunold, Literarische Erinnerungen, 1875, Seiten 2 f.

Im folgenden nun zu unserer Karschin. Warum jetzt plötzlich Karschin? So hat sie sich immer selbst genannt, auch so ihre Briefe unterschrieben, weil es zu ihrer Zeit durchaus üblich war, daß die Frauen dieses „in“ ihrem Nachnamen anhingen. Daher ist ihr Name auch auf oben erwähnter Grabtafel so geschrieben worden.

Bevor ich aber auf ihre Berliner Zeit eingehe, soll ein kurzer Überblick auf ihr Leben bis zu diesem Zeitpunkt erfolgen. Die wesentlichen diesbezüglichen Ereignisse erfährt der Interessierte von ihr selbst aus ihren drei Briefen an Professor Johann Georg Sulzer[6]Diese sind zu finden in: Gerhard Wolf: Anna Louisa Karschin – Gedichte und Briefe, Stimmen von Zeitgenossen, herausgegeben und mit einem Nachwort von Gerhard Wolf in der Reihe „Märkischer Dichtergarten“, Buchverlag Der Morgen, Berlin, 1981., sowie von ihrer Tochter Caroline von Klenke[7]Verbreitet findet man in Veröffentlichungen den Namen mit -ck- geschrieben. Ich verwende die Form, die sie selbst wählt, wie in der Zueignung an die Herzogin von York und der Vorrede zur Ausgabe der Gedichte ihrer Mutter, die sie mit C. L. von Klenke unterschreibt. Möglicherweise resultiert die andere Schreibweise aus dem Adreßbuch von 1799, wo der Name auch mit -ck- geschrieben wird., die nach dem Tod der Mutter eine Auswahl von deren Gedichten herausgibt, der sie eine ausführliche Biographie voranstellt[8]Siehe in Gedichte von Anna Louisa Karschin, geb. Dürbach – Nach der Dichterin Tode nebst ihrem Lebenslauff herausgegeben von Ihrer Tochter C. L. v. Kl., geb. Karschin, Berlin, 1792, Seiten 1 ff.. Sicher ist dabei davon auszugehen, daß letztere sehr persönlich gefärbt und dem Zeitgeschmack entsprechend formuliert ist. Die meisten der in nachfolgenden Jahren erschienenen Veröffentlichungen gehen wohl aber auf diese Angaben zurück. Und auch für meinen Beitrag sind sie wesentlich. Eine nennenswerte Veröffentlichung ist die von Gerhard Wolf herausgegebene Anthologie „Anna Louisa Karschin – Gedichte und Briefe, Stimmen von Zeitgenossen“[9]Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981., die für diesen Beitrag eine wichtige Quelle darstellt.

Titelblatt des Buches "Gedichte von Anna Louisa Karschin geb. Dürbach..." von Caroline Luise von Klencke, aus dem Jahr 1792.
Titelblatt des Buches „Gedichte von Anna Louisa Karschin geb. Dürbach…“, herausgegeben von Caroline Louise von Klenke im Jahr 1792.
Quelle: Gedichte von Anna Louisa Karschin, 1792, Titelblatt.
© Deutsches Textarchiv.
Creative Commons Lizenzvertrag

Schließlich sei auch noch darauf verwiesen, daß sich am 12. Oktober dieses Jahres der Todestag der Karschin zum 230. Male jährt und im nächsten Jahr, am 1. Dezember, ihr 300. Geburtstag begangen werden kann. Man darf gespannt sein, ob sich die Stadt Berlin aus diesen Anlässen ihrer Dichterin erinnert. Hiermit will ich schon einmal auf diese Gedenktage hinweisen.

Ein Leben in der Provinz

Geboren wird die Karschin am 1. Dezember 1722 als Anna Louisa Dürbach auf dem Hammer, einer kleinen Meierei, gelegen zwischen Züllichau und Krossen in Niederschlesien. Der Flecken besteht nur aus wenigen Häusern und einer Gastwirtschaft mit Brauerei, die ihre Eltern als Pächter bewirtschaften. Nach dem Tod des Vaters kommt das Mädchen im Alter von sechs Jahren zu ihrem Großonkel – dem Bruder der Großmutter mütterlicherseits -, einem pensionierten Amtmann in dem Städtchen Tirschtiegel, der sie lesen, schreiben und rechnen lehrt. Als er sie, auch auf ihren eigenen Wunsch hin, in Latein unterrichten will, muß sie auf Veranlassung von Großmutter und Mutter zurück ins Elternhaus. Beide sind der Meinung, daß Lesen, Schreiben und nun gar noch Latein zu lernen, unweibliche Tugenden und Tätigkeiten sind, die sie verhindern wollen. Damit ist ihr Bildungsweg, trotz ihrer sichtbaren Begabung, abrupt abgebrochen, und für sie beginnt eine schwere, mit vielen Widrigkeiten gespickte Entwicklung. Die Mutter ist bald wieder verheiratet mit einem Mann namens Hempel – ein brutaler Trunkenbold. Durch dessen Verhalten sind die Vermögensverhältnisse der Familie so herabgesunken, daß sie die Pacht des Gasthofes aufgeben muß. Die Familie übersiedelt nach Tirschtiegel, wo sie wieder eine kleine Gastwirtschaft pachten. Hier muß das Mädchen, inzwischen zehn Jahre alt, seine Halbgeschwister betreuen, zwei Brüder und eine Schwester, die nacheinander geboren werden. Als später die Großmutter diese Aufgabe übernimmt, muß die kleine Anna Louisa dafür die drei Rinder hüten, die in der kleinen Wirtschaft eingestallt sind. Inzwischen ist sie dreizehn Jahre alt. Sie lernt auf der Weide einen Hirtenjungen kennen, mit dem sie sich befreundet, der ebenso wie sie gern liest und der sie mit verschiedenen Büchern, die zu dieser Zeit üblich sind, vorwiegend Volksbücher und Erbauungsliteratur, versorgt. In dieser Zeit macht sie selbst ihre ersten Reimversuche, unter anderem auch ein Gedicht für ihren Hirtenfreund.

Ihr Hirtenleben dauert etwa drei Jahre. Hierbei lernt sie die Natur zu schätzen und zu lieben. Diese Zeit gehört zu ihren schönsten Erinnerungen. Später beschreibt sie diese Zeit unter anderem in ihrem Gedicht „Belloisens Lebenslauf“, auf das ich später noch zurückkomme.

Sie ist kaum sechzehn Jahre alt, als ihre Mutter an ihre Verheiratung denkt. Zuvor muß sie zu einer Müllerin in Dienst, wo sie nähen und Haushaltsführung lernen soll, dort aber vor allem Frondienst zu leisten hat.

Dann wird sie nach dem Willen der Eltern mit dem Tuchweber und -händler Hirsekorn aus Schwiebus verheiratet, der sie irrtümlich für eine gute Partie hält, da er die Vermögensverhältnisse ihrer Familie falsch einschätzt – sie erhält nur einhundert Taler Mitgift, er hatte sich eintausend Taler erhofft. Er ist geizig, auch jähzornig, und wird oft handgreiflich. Er verbietet ihr zu lesen, dennoch verschafft sie sich heimlich Bücher, die er ihr, wenn er sie dabei ertappt, wegnimmt und manchmal sogar ins Feuer wirft. Sie verfaßt dennoch trotz aller Mühen weiter Gedichte, was sich mit der Zeit in der Nachbarschaft und im ganzen Ort herumspricht und sie nach und nach bekannt macht. Sie wird von Honoratioren der Stadt und auch ortsansässigen Adligen eingeladen, die gleichermaßen neugierig sind und sie kennenlernen wollen. Es bringt ihr jedoch materiell nicht viel ein. Ihre Ehe gestaltet sich für sie immer schwieriger.

Ihr Mann reicht nach elfjähriger Ehe die Scheidung ein. Sie wird verstoßen, er behält die Kinder (zwei Söhne), sie aber ist wieder schwanger, was weder diesen Mann noch das Gericht interessiert. Gerhard Wolf schreibt darüber:

Der brave Mann läßt sich von ihr scheiden, sobald das Gesetz es erlaubt. Es ist die erste Ehescheidung in Preußen überhaupt, 1745, ein Datum für die Kulturgeschichte; für die Frau damals in den Augen der Mitwelt nur eine Schande.[10]Zitiert aus Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 273.

Auf Grund ihrer fast ausweglos erscheinenden Lage stimmt sie im Jahre 1749, auch auf Anraten und sogar Drängen ihrer Mutter, einer Neuverheiratung mit dem Schneider Karsch zu. Ihre Situation ändert sich jedoch nicht grundlegend. Gerhard Wolf bringt die schwere Lage der Karschin, in die sie zunächst als geschiedene und mittellose Frau sowie nach ihrer Wiederverheiratung in dieser Zeit gerät, wunderbar auf den Punkt. Er sei dazu ausführlich zitiert:

Um Unterstützung betrogen, ein drittes Kind im Leib – nein, wir lesen keinen billigen Trivialroman, sondern ihre Alltagsgeschichte – kann sie von ihrer Unabhängigkeit keinen Gebrauch machen, gerät, völlig mittellos, an einen mitleidigen, aber haltlosen Mann, den Schneider Karsch, einen Trinker, der die Familie nicht ernähren kann, sondern alles verjubelt. Die Karschin geht in Lumpen und weiß oft nicht, wovon sie die Kinder ernähren soll, schließlich haßt sie den Mann. Sie besinnt sich auf die einzige Fähigkeit, die ihr zur Verfügung steht und aus dieser trostlosen Umgebung heraushebt: sie schreibt. Strophen für ein Leichencarmen, Sprüche für eine Taufe, eine Hochzeit, Schnellreime aus dem Stegreif zur Unterhaltung einer verblüfften, amüsierten Gesellschaft; wie und wann sie verlangt werden, denn sie erhält dafür Geld und Almosen. Ihr erstes Honorar ist ein geschenkter Rock.

Not lehrt dichten. „Ich ergriff jede Gelegenheit, Verse zu machen.“ Man sollte sich den Satz merken. Kaum je ist der Terminus Gelegenheitsdichtung, wie sie an Ort und Stelle entsteht und gebraucht wird, so passend wie in ihrem Fall, da sie einfach jede Gelegenheit wahrnehmen muß, um sich zu behaupten.[11]Zitiert aus Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seiten 273 f.

Die Ehe mit dem Schneider Karsch bringt also die Dichterin vom Regen in die Traufe. Sie wohnen zunächst in Fraustadt, ziehen dann nach Großglogau. Neben dem Sohn aus der ersten Ehe kommen jetzt noch drei weitere Kinder hinzu, von denen aber nur die 1750 geborene Tochter Caroline überlebt.

Porträt der Caroline Louise von Klenke, geborene Karsch, von Johann Christoph Frisch, 1786.
Porträt der Caroline Louise von Klenke, geborene Karsch, von Johann Christoph Frisch, 1786.
Quelle: Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt via museum-digital.de.
© Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt.
Creative Commons Lizenzvertrag

Durch ihr dichterisches Talent verschafft sie sich neben den geringen Einkünften auch hier zunehmend Gönner und Freunde in bürgerlichen und adligen Häusern, da sie dichtet, was den Leuten gefällt. Sie liest weiterhin viel, nutzt häufig dafür die Buchhandlung in Großglogau. Ihre Bekanntheit nimmt zu, sie hört Kriegsnachrichten aus den schlesischen Kriegen und sie besingt die Siege Friedrichs des Großen. Vor allem damit wird sie über ihren Wohnort hinaus bekannt. Reisende besuchen sie, einige schreiben auch an sie, Gedichte von ihr werden gedruckt und verbreitet, und so wird sie auch in der preußischen Hauptstadt bekannt. Die Generalin von Wrech schreibt ihr, nimmt an ihrem Schicksal Anteil, die Karschin antwortet in Versform. Die Generalin wendet sich an den Baron Rudolf Gotthard von Kottwitz, der zu der Dichterin Kontakt aufnehmen soll. Letzterer nimmt sie dann schließlich auf ihre Bitte mit nach Berlin. Zuvor war ihr Mann zu den preußischen Truppen eingezogen worden. Dazu hält die Tochter in oben genannter Biographie fest:

Da kam eine unerwartete Erlösung.

Ein bedeutender Herr, welcher von der Tirannei ihres Ehejochs gehört hatte, vermittelte durch sein Ansehn [sic!], daß sie frei davon ward, ohne daß es die Weitläuftigkeit [sic!] der Klage kostete. Die Vermittelung ging freilich nicht den Weg Rechtens, allein die Dichterin ward dadurch frei, und ihrer schwersten Sorgenbürde entladen.[12]Zitiert aus Gedichte von Anna Louisa Karschin, 1792, Seite 80.

Gerhard Wolf schreibt in diesem Zusammenhang, daß die Tochter ihrer Mutter diese Tat nie verziehen habe, und zitiert selbige wie folgt:

Mein armer Vater folgete natürlich der Macht, die ihn zog; denn er war ja überfallen mit List, und selbst Wehr und Waffen hätten hier nichts geändert, denn es ging in des Königs Gewalt.[13]Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 275.

Zu diesem Lebensabschnitt der Karschin sei ihr oben erwähntes Gedicht „Belloisens Lebenslauf“ zitiert, in dem sie die Zeit auf ihre Weise bedichtet:

Belloisens Lebenslauf

Ich ward geboren ohne feierliche Bitte
Des Kirchspiels ohne Priesterflehn
Hab ich in strohbedeckter Hütte
Das erste Tageslicht gesehn,
Wuchs unter Lämmerchen und Tauben
Und Ziegen bis ins fünfte Jahr,
und lernt‘ an einen Schöpfer glauben,
Weil’s Morgenrot so lieblich war,
So grün der Wald, so bunt die Wiesen,
So klar und silberschön der Bach.
Die Lerche sang für Belloisen,
Und Belloise sang ihr nach.
Die Nachtigall in Elsensträuchen
Erhub ihr süßes Lied, und ich
Wünscht‘ ihr im Tone schon zu gleichen.
Hier fand ein alter Vetter mich
Und sagte: du sollst mit mir gehen.
Ich ging und lernte bald bei ihn
Die Bücher lesen und verstehen,
Die unsern Sinn zum Himmel ziehn.
Vier Sommer und vier Winter flogen
Zu sehr beflügelt uns vorbei;
Des Vetters Arm ward ich entzogen
Zu einer Bruderwiege neu.
Als ich den Bruder groß getragen,
Trieb ich drei Rinder auf die Flur,
Und pries in meinen Hirtentagen
Vergnügt die Schönheit der Natur,
Ward früh ins Ehejoch gespannet;
Trugs zweimal nach einander schwer,
Und hätte mich wol nichts ermannet,
Wenn’s nicht den Musen eigen wär,
Im Unglück und in bittern Stunden
Dem beizustehn, der ihre Huld
Vor der Geburt schon hat empfunden.
Sie gaben mir Muth und Geduld,
Und lehreten mich Lieder dichten,
Mit kleinen Kindern auf dem Schooß.
Bei Weib- und Magd- und Mutterpflichten,
Bei manchem Kummer, schwer und groß,
Sang ich den König und die Schlachten,
Die Ihm und seiner Heldenschaar
Unsterblichgrüne Kränze brachten,
Und hatte noch manch saures Jahr,
Eh frei von andrer Pflichten Drang
Mir Tage wurden zu Gesang![14]Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seiten 9 f.

Die Karschin reist also mit von Kottwitz nach Berlin, ihre Tochter Caroline nimmt sie mit, und der Sohn Christian aus erster Ehe wird mit von Kottwitz‘ Hilfe auf dessen Familiengut in Boyadel untergebracht, um ihn dort zum Inspektionsgehilfen ausbilden zu lassen.

Widmung für den Baron von Kottwitz in Anna Louisa Karschs Buch "Auserlesene Gedichte" von 1764.
Widmung für Baron Rudolf Gotthard von Kottwitz mit der ersten Strophe des Widmungsgedichts von Anna Louisa Karsch in ihrem Gedichtband „Auserlesene Gedichte“, den Johann Wilhelm Ludwig Gleim 1764 herausgibt.
Quelle: Anna Louisa Karsch: Auserlesene Gedichte, herausgegeben von Johann Wilhelm Ludwig Gleim, George Ludewig Winter, Berlin, 1764, Seite III.
© Bayerische Staatsbibliothek & Münchener Digitalisierungszentrum.
Lizenz: NoC-NC 1.0.

Zwischen Armut und Ruhm – Berliner Jahre

Am 25. Januar 1761 kommt sie mit ihrer Tochter Caroline in Berlin an. Zunächst wohnt sie wohl im Haus des Grafen Gustav Adolph von Gotter (1692-1762), wo auch Baron von Kottwitz logiert, wie die Tochter Caroline von Klenke in der Biographie ihrer Mutter schreibt. Auch habe sie viele Einladungen in die „vorzüglichsten Gesellschaften“ erhalten[15]Gedichte von Anna Louisa Karschin, 1792, Seiten 87 f..

Und dann wörtlich:

Es gereicht wirklich den Herzen, wie dem Verstande der edlen Berliner zur Ehre, daß sie nicht zu stolz waren, weder der Dichterin ihren gemeinen Stand noch Anzug entgelten zu lassen, sondern ihr mit aller Aufmerksamkeit und Feinheit begegneten, welche ihrem Talente zukamen. Vorzüglich bemühete sich der für die schönen Wissenschaften so warme Freund, der damalige noch junge Herr Doktor Krünitz (jetzt berühmter Verfasser der Encyklopädie), der erste zu seyn, der es sich zum Vergnügen machte, ihr Freunde anzuwerben.[16]Zitiert aus Gedichte von Anna Louisa Karschin, 1792, Seite 88.

Auch seien beide – Mutter und Tochter -, wie es weiter heißt, auf Veranlassung eines unbekannten Wohltäters (sie vermutet den Baron von Kottwitz) in die Breite Straße in den Haischekornschen Galanterieladen gebracht und dort vornehm eingekleidet worden. Nunmehr habe sie mit Anstand in allen Gesellschaften, in die sie viele Einladungen erhielt, verkehren können[17]Gedichte von Anna Louisa Karschin, 1792, Seiten 89 f.. Wie lange sie im Hause Graf von Gotters und danach bei Baron von Kottwitz, der in der Friedrichstraße ein Haus gekauft haben soll, wohnt, geht aus den Quellen nicht eindeutig hervor. Letzterer wird schließlich krank und geht auf seine schlesischen Besitzungen zurück, wo er 1764 stirbt. Damit hört auch dessen Unterstützung für die Karschin auf. Und auch der Sohn Christian muß das von Kottwitzsche Gut verlassen und kommt zu seiner Mutter nach Berlin.

Man mag nun diese Ausführungen der Tochter für etwas übertrieben halten und anzweifeln, richtig ist aber, daß die Karschin, deren dichterischer Ruhm bis Berlin gedrungen war, hier schnell Kontakte knüpfen kann und in Gesellschaften eingeladen wird. Dabei dürfte es sich in vielen Fällen einfach um Neugier auf dieses dichterische Naturtalent gehandelt haben. Für sie ist es dennoch wichtig, kann sie dabei durch ihre Stegreifdichtungen ihren und ihrer Tochter Lebensunterhalt bestreiten, wenn auch nicht gerade in üppiger Form. Von Bedeutung sind für sie aber vor allem jene Persönlichkeiten, die ihr wirklich wohlmeinend gesinnt sind, sie unterstützen und die sie zu ihren Freunden zählt.

Zu diesem Kreis gehören vor allem der Dichter und Professor für Logik an der Kadettenanstalt Karl Wilhelm Ramler (1725-1798), der Professor der Philosophie und Ästhetik Johann Georg Sulzer (1720-1779) und der Philosoph Moses Mendelssohn (1729-1786). Desweiteren gehören auch der Schriftsteller und Verleger Christoph Friedrich Nicolai (1733-1811) sowie der Grafiker, Kupferstecher und Illustrator Daniel Nikolaus Chodowiecki (1726-1801) dazu. Vor allem aber Ramler und Sulzer nehmen sich ihrer an, geben ihr auch Unterricht, da sie kaum über Kenntnisse der Verslehre und metrischen Gesetze verfügt, was aber, wie sich später zeigt, keine sichtbaren Erfolge zeitigt.

Aber auch ein Kreis von dem Hof nahestehenden Personen ist für sie wichtig. Dazu gehören unter anderem der Oberkonsistorialrat Köppen, Geheimrat Buchholz, Hofrat Stahl und Oberhofprediger Sack. Auch in diesen adligen und Hofkreisen ist sie vor allem schon durch ihre dem König Friedrich II. und dessen um Schlesien geführten Kriegen gewidmeten Verse bekannt. Sie besang dessen Siege, was genau den Nerv der preußischen Hofgesellschaft, aber auch darüber hinaus vieler Berliner Bürger trifft. Das wird beispielsweise an dem Gedicht auf den Sieg des Königs bei Torgau vom 3. November 1760 deutlich, das sie noch in Großglogau verfaßt hatte. Selbiges bespricht sogar Moses Mendelssohn in den „Briefen, die Neueste Literatur betreffend“, druckt einige Verse ab und hebt sie lobend hervor. Im 143. Brief vom 12. Februar 1761 kommentiert er das Gedicht wie folgt:

Welches Gemälde! Sagen Sie mir doch, ob es wahr ist, daß die Reuter die Stirnen falten, wenn sie einhauen! Der Zug ist erhaben, und soviel ich weiß, noch ungebraucht. Ich begreife nicht, wie ein unkriegerisches Frauenzimmer auf diese Bemerkung hat zuerst kommen können.[18]Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seiten 269 f. Das Gedicht enthält neunzehn achtzeilige Strophen. Es ist nachlesbar in der Bibliotheka Augustana, abgerufen 23. Mai 2021.

Nunmehr also ist die Karschin in der preußischen Hauptstadt, wird in viele Häuser zu Gesellschaften eingeladen, wo sie ob ihrer Stegreifdichtungen bewundert wird, vielleicht das eine oder andere Honorar erhält und sich wohl auch geachtet fühlt. Eine eigene Wohnung hat sie allerdings noch nicht und ihre Zukunft in der Stadt dürfte für sie noch sehr ungewiß gewesen sein. Aus den Quellen ist zu entnehmen, daß es Hofrat Stahl ist, der dafür sorgt, daß die Tochter Caroline in ein Berliner Pensionat aufgenommen wird, womit der Karschin ihre schwierige materielle Situation wesentlich erleichtert wird.

Bei einem Berlin-Besuch des Dichters Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803), der auch Domsekretär in Halberstadt ist, lernt dieser die Karschin kennen. Er ist der Verfasser der damals bekannten und beliebten „Preußischen Grenadierlieder“, die auch der Karschin nicht unbekannt gewesen sein dürften. Gerhard Wolf nennt ihn:

[…] den Anakreon[19]Anakreon war ein griechischer Lyriker des 6. Jahrhunderts vor Christi. Als Anakreontiker bezeichnet man Nachahmer Anakreons. Im 18. Jahrhundert zählten beispielsweise Johann Wilhelm Ludwig Gleim und auch dessen Freund, der Dichter Johann Peter Uz (1720-1796), zu den Anakreontikern. aus Halberstadt, Spiritus rector der preußischen patriotischen und anakreontischen Lyrik des friderizianischen Rokokos.[20]Zitiert aus Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 279.

Porträt des Johann Wilhelm Ludwig Gleim in einem Kupferstich von Johann Heinrich Tischbein (dem Älteren) und Gotthelf Wilhelm Weise, nach 1771.
Porträt des Johann Wilhelm Ludwig Gleim in einem Kupferstich von Johann Heinrich Tischbein (dem Älteren) und Gotthelf Wilhelm Weise, nach 1771.
Quelle: Stiftung Händel-Haus Halle via museum-digital.de.
© Stiftung Händel-Haus Halle.
Creative Commons Lizenzvertrag

Gleim schätzt ihr Talent hoch ein, nennt sie sogar eine deutsche Sappho[21]Sappho war eine griechische Dichterin, um 600 vor Christi. Gerhard Wolf schreibt erläuternd dazu: „Nach der Sage kommt Aphrodite in Gestalt einer hilfsbedürftigen Alten zu Phaon, dem Fährmann, belohnt ihn, als er sie über den Fluß setzt, indem sie ihn zum schönsten der Männer macht. Nach der Legende hat Sappho, Stimme der Aphrodite auf Erden, Phaon geliebt, und sich, als er sie verschmähte, vom leukadischen Felsen ins Meer gestürzt.“ Siehe Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 283.. Er lädt sie in sein Haus nach Halberstadt ein. Sie reist für ein Jahr – von Herbst 1761 bis Herbst 1762 – dorthin. Die Karschin sieht in diesem Mann nicht nur einen Freund, sie liebt ihn und ist enttäuscht, daß er ihre Liebe nicht erwidert, lediglich Freundschaft zu ihr empfindet. Sie führen einen regen Briefwechsel. Über 1.500 Briefe der Karschin an Gleim sind erhalten und befinden sich im Gleimhaus in Halberstadt. Ihrer Liebe zu ihm widmet sie eine Reihe von Liebesgedichten, die jedoch erst lange nach ihrem Tod veröffentlicht werden. Gerhard Wolf findet dafür in seiner Anthologie sehr berührende Worte. Er schreibt:

Da geschieht nun etwas Merkwürdiges. Die Enttäuschung gibt ihr die innigsten Strophen, daß sie, über sich hinauswachsend, ausdrücken kann, was ihr sonst versagt war: was sie träumte und was wirklich ist – den Traum im Leben und die Wirklichkeit im Traum:

„Sing ich Lieder für der Liebe Kenner:
Dann denk ich den zärtlichsten der Männer,
Den ich immer wünschte, nie erhielt;
Keine Gattin küßte je getreuer,
Als ich in der
Sappho sanftem Feuer
Lippen küßte, die ich nie gefühlt.“
[22]Zitiert aus Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 284.

Unterschrift: Brief Anna Louisa Karschs vom 11. Juni 1761 an Johann Wilhelm Ludwig Gleim (erste Seite)
Erste Seite eines Briefes der Anna Louisa Karsch vom 11. Juni 1761, gerichtet an Johann Wilhelm Ludwig Gleim.
Quelle: Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt via museum-digital.de.
© Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt.
Creative Commons Lizenzvertrag

Gleim verspricht ihr, eine Sammlung ihrer Gedichte auf Subskription herauszugeben. Er erfüllt sein Versprechen. Auf seine Vermittlung kommt sie auch in Kontakt mit den Grafen zu Stolberg-Wernigerode und den Herzögen Friedrich und Ferdinand von Braunschweig. Beide unterstützen sie lebenslang mit einem jährlichen Taschengeld, womit sie jedoch ihren Lebensunterhalt nicht finanzieren kann.

Zwischenzeitlich reist sie auch mehrmals von Halberstadt nach Magdeburg, wo sich der preußische Hof befindet, da Berlin gerade in dieser Zeit des Dritten Schlesischen Krieges, auch der Siebenjährige genannt, von feindlichen russischen und österreichischen Truppen bedroht ist. Hier kann sie ihre Kontakte zum Königshaus erweitern, wird auch von Königin Elisabeth Christine empfangen. Für Anna Amalie, des Königs Schwester, schreibt sie das Libretto zu einer Passionskantate.

Im Herbst 1762 kehrt sie nach Berlin zurück. Sie lebt weiterhin in schwierigen wirtschaftlichen Verhältnissen. Aus den Quellen erfahre ich, daß sie zunächst bei einer Bekannten unterkommt und dann eine Dachstube bezieht, die sie wie eine „Kammer in der Bastille“ empfindet und beschreibt. Leider gibt es in den Quellen kaum genaue Angaben zu diesen Unterkünften. Auch die Tochter schreibt nur, es habe sich bei letzterem Quartier um ein großes Eckhaus gehandelt. Einzig bei Waltraud Naumann-Beyer finde ich eine genauere Angabe dazu. Sie schreibt in einem Artikel über die Karschin in den „Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins“:

[…] dann bezog sie eine […] Dachstube im sogenannten alten Konsistorium in der Brüderstraße Ecke Spreegasse.[23]Zitiert aus Waltraud Naumann-Beyer: Anna Louise Karsch in Berlin, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 2019, Heft 2, Seite 423.

Dazu soll nicht unerwähnt bleiben, daß der Autor Hermann Klencke in seinem Roman über die Karschin behauptet, daß selbige, nachdem sie aus dem Hause des Barons von Kottwitz ausziehen mußte, im Hause des Mechanikus Holefeld ein kleines „Mansardenstübchen mit gemietheten Möbeln“ beziehen kann, welches Holefeld ihr sogar ohne Miete überlassen habe[24]Hermann Klencke: Anna Louise Karschin – Geschichtlicher Roman in drei Büchern, Drittes Buch, Paul Schettler, Cöthen, 1853, Seite 233..

Man mag die Darstellung im Roman eher anzweifeln. Allerdings findet sich bei Friedrich Nicolai eine Angabe, daß es zu dieser Zeit einen Mechanikus Holefeld in der Straße Unter den Linden gibt. Es heißt dort:

Allerhand Maschinen und andere künstliche mechanische Werke macht der Mechanicus Holefeld (Unter den Linden im Gräflich Podewilschen Hause), dessen sehr künstlicher Bogenflügel und Maschine, die dasjenige was man auf einen [sic!] Claviere spilet, von selbst nachschreibt, den Kennern der Musik bekant sind.[25]Zitiert aus Friedrich Nicolai: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam und aller daselbst befindlicher MerkwürdigkeitenFriedrich Nicolai, Berlin, 1769, Seite 318.

Aber ob jener Holefeld der Besitzer des vorgenannten Eckhauses war? Dazu fand ich bislang keine Bestätigung.

Unabhängig von ihrer materiellen Not besteht die Verehrung der Karschin für Friedrich II. weiter fort, davon zeugen vor allem ihre Gedichte, die sie auf den König anläßlich seiner Rückkehr aus dem Kriege verfaßt. Doch dies kann nicht als wesentlicher Grund für ihre Audienz bei ihm gelten. Bekanntermaßen galten dem König die deutschen Poeten nicht viel, er las und schrieb ohnehin nur französisch. Heinrich Heine bemerkte dazu treffend in seiner Arbeit „Zur Geschichte der Religion und Philosophie in Deutschland“:

Ihr wißt, daß er französische Verse machte, sehr gut die Flöte blies, die Schlacht bei Roßbach gewann, viel Tabak schnupfte und nur an Kanonen glaubte.[26]Zitiert aus Heinrich Heine: Werke und Briefe, Band 5, Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar, 1972, Seite 244.

Und weiter unten:

Die Verachtung, die Friedrich der Große unserer Literatur angedeihen ließ, muß sogar uns Enkel noch verdrießen. Außer dem alten Gellert hatte keiner derselben sich seiner allergnädigsten Huld zu erfreuen. Die Unterredung, die er mit demselben führte, ist merkwürdig.[27]Zitiert aus Heine, Werke und Briefe, Band 5, 1972, Seite 244.

Audienz der Anna Louisa Karsch bei Friedrich II. 1763.
Audienz der Anna Louisa Karsch bei Friedrich II. 1763. Von Daniel Nikolaus Chodowiecki.
Die Bildunterschrift „Ha! Die Mutter war doch wohl einmal schön!“, in deutscher und französischer Sprache, ist ein Ausspruch Friedrichs II., mit dem ihn Anna Louisa Karsch in der Beschreibung ihrer Audienz zitiert, die sie danach an Johann Wilhelm Ludwig Gleim schickt.
Quelle: Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt via museum-digital.de.
© Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt.
Creative Commons Lizenzvertrag

Heine erwähnt hier nur die Audienz Gellerts bei Friedrich II., die der Karschin erwähnt er nicht. Gewußt hat er es sicherlich, vielleicht meint er, daß selbige sich nicht der Huld des Königs erfreute? Merkwürdig ist diese Audienz schon, wenn der König doch die deutschen Dichter nicht schätzt. Auch ihre Lobeshymnen auf ihn und seine Siege in den schlesischen Kriegen wird er kaum gekannt, schon gar nicht gelesen haben. Es ist eher zu vermuten, daß sie durch Vermittlung des Generals von Seydlitz, der sie schätzt und mit dem sie schon in Briefwechsel stand, zustande kommt. Sie wird von Friedrich II. am 11. August 1763 in Sanssouci empfangen. Dazu werden extra einige ihrer Gedichte ins Französische übertragen. Sie hat über den Empfang sowohl in Versform als auch in Briefen berichtet. In einem Schreiben an Gleim vom 15. August 1763, in dem sie das Gespräch wiedergibt, schreibt sie, daß sie sich von dieser Begegnung ein Haus und eine kleine Pension erhoffe, da der König ihr versprochen habe, für sie zu sorgen. In den nachfolgenden Jahren versucht sie mehrfach, den König an sein Versprechen zu erinnern. Allerdings immer erfolglos. Gerhard Wolf hat in seinem Nachwort zu ihren Gedichten und Briefen dazu treffend geschrieben:

Das Haus, das sie sich vom König versprochen hatte, bekam sie nicht. Die Versbriefe, die sie in den folgenden Jahrzehnten im Kampf um eine königliche Schenkung, Pension oder Domizil ist ihr gleich, nach allen Seiten hin ausschickt, ist ein Stück Literaturhistorie für sich, es sagt mehr als Angaben und Berichte über die Situation der Dichter und Künstler in Preußen, soweit sie nicht im Dunstkreis der königlichen Akademie ihre Altersversorgung hatten.[28]Zitiert aus Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 294.

Und Roswitha Schieb zitiert in ihrem Buch „Berliner Literatur-Geschichte“ die Karschin selbst, die über Friedrich II. und seine Prioritäten sagt:

Er verschönert gegenwärtig die Lindenstraße nach dem Tiergarten zu durch Aufbau größerer Häuser und wendet viel Geld auf steinerne Wasserübergänge und da bleibt ihm für die deutschen Dichter wenig übrig.[29]Zitiert nach Roswitha Schieb: Berliner Literatur-Geschichte – Epochen, Werke, Autoren, Schauplätze, Elsengold Verlag GmbH, Berlin, 2019, Seite 24.

An diese Stelle paßt, wie ich finde, noch einmal ein, wenn auch etwas längeres, Zitat von Heinrich Heine, der in seiner unnachahmlich satirischen Art die „Großzügigkeit“ Friedrichs II. auf’s Korn nimmt. In einem Brief an August Lewald schreibt er über seinen Spaziergang unter Orangenbäumen im Park Sanssouci:

[…] Es wollte mich immer bedünken, als schnupften sie Tabak, diese Orangenbäume, wie ihr seliger Herr, der Alte Fritz, welcher, wie Sie wissen, ein großer Heros gewesen, zur Zeit, als Ramler ein großer Dichter war. Glauben Sie beileibe nicht, daß ich den Ruhm Friedrichs des Großen zu schmälern suche! Ich erkenne sogar seine Verdienste um die deutsche Poesie. Hat er nicht dem Gellert einen Schimmel und der Madame Karschin fünf Taler geschenkt? Hat er nicht, um die deutsche Literatur zu fördern, seine eignen schlechten Gedichte in französischer Sprache geschrieben? Hätte er sie in deutscher Sprache herausgegeben, so konnte sein hohes Beispiel einen unberechenbaren Schaden stiften! Die deutsche Muse wird ihm diesen Dienst nie vergessen.[30]Zitiert aus Heinrich Heine: Werke und Briefe, Band 6, Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar, 1972, Seite 11.

Für die „königliche Reaktion“ auf ihre wiederholten Bitten noch zwei Beispiele, die auch zeigen, daß die Karschin sowohl sarkastisch als auch humorvoll dem König ihre Meinung kundtut. Als sie zehn Jahre nach ihrer Audienz wieder vorstellig geworden war, läßt ihr Friedrich ganze zwei Taler übersenden. Selbige schickt sie ihm zurück und schreibt dazu:

Zwey Thaler gibt kein großer König,
Ein solch Geschenk vergrößert nicht mein Glück,
Nein, es erniedrigt mich ein wenig,
Drum geb ich es zurück.[31]Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 294.

Weitere zehn Jahre später, 1783, wendet sie sich erneut an den König, worauf sie diesmal drei Taler bekommt. Diese gibt sie zwar nicht zurück, quittiert sie jedoch mit folgendem Gedicht:

Seine Majestät befahlen
Mir, anstatt ein Haus zu baun,
Doch drey Thaler auszuzahlen.
Der Monarchsbefehl ward traun
Prompt und freundlich ausgerichtet
Und zum Dank bin ich verpflichtet.
Aber für drey Thaler kann
Zu Berlin kein Hobelmann
Mir mein letztes Haus erbauen.
Sonst bestellt ich ohne Grauen
Heute mir ein solches Haus,
Wo einst Würmer Tafel halten
Und sich ärgern übern Schmaus,
Bey des abgehärmten alten
Magern Weibes Überrest,
Die der König darben läßt.[32]Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 295.

Gedicht der Anna Louisa Karsch an Friedrich II. - "An Quitungsstatt geschrieben. Im Jänner 1783"
„An Quitungsstatt geschrieben. Im Jänner 1783“ – Gedicht der Anna Louisa Karsch an Friedrich II.
Quelle: Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt via museum-digital.de
Aus: Gedichte von Anna Louisa Karschin, 1792, Seiten 324 f.
© Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt
Creative Commons Lizenzvertrag

Ob sie diese „Quittung“ dem König wirklich übermittelt, bezweifelt zumindest Waltraud Naumann-Beyer in ihrem Artikel in den „Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins“, wo es heißt:

Als eine Art von Quittung verfertigte sie ein Gedicht, so frech, dass sie es wohlweislich nicht abschickte.[33]Zitiert aus Naumann-Beyer, Anna Louise Karsch in Berlin, 2019, Seite 424.

Eine direkte Bestätigung dieser Aussage aus älteren Quellen konnte ich nicht finden. Allerdings meint Hermann Klencke in seinem bereits erwähnten Roman, der auch dieses „Quittungsgedicht“ enthält, daß selbiges später im Nachlaß eines der Kammerdiener Friedrichs II. gefunden worden sei[34]Klencke, Anna Louise Karschin, 1853, Seiten 318 f.. Das würde möglicherweise bedeuten, daß es abgeschickt worden sein könnte. Als Beweis will ich das aber nicht verstanden wissen, da mir hierzu keine weiteren Fakten bekannt sind.

Aber noch einmal zurück in die Zeit um 1763/1764. Das Jahr 1763 ist für die Karschin wegen der Audienz bei Friedrich II. von Bedeutung, und im Jahre 1764 erscheinen auch ihre „Auserlesenen Gedichte“, herausgegeben von Gleim und mit einer Vorrede von Sulzer. Allerdings fallen die Meinungen dazu nicht nur positiv aus, es erscheinen auch kritische Anmerkungen. So beispielsweise auch von Moses Mendelssohn in den „Briefen, die Neueste Literatur betreffend“. Im 272. Brief verweist er eingangs auf seine lobenden Worte im 143. Brief zum Gedicht auf den Sieg Friedrich II. bei Torgau. Nunmehr schreibt er etwas kritischer. Es heißt hier unter anderem:

Ein guter Boden kan zwar den ersten Wuchs einer zarten Pflanze begünstigen, aber eine sorgfältige Wartung muß sie vor wilden Auswüchsen und anderen Gefahren, die ihr zustossen können, bewahren. Daß das Genie der Fr. Kr. noch mehrerer Cultivirung benöthiget sey, werden Sie vielleicht mit mir, wenn wir ihre Gedichte etwas genauer betrachten solten, finden, es sind darin, nebst vielen schönen Stücken, auch viele mittelmäßige, matte und schlechte. Man siehet also, daß es der Dichterin entweder an Beurtheilungskraft oder an Geduld, um ihre Stücke auszufeilen, oder an beiden annoch mangeln muß.[35]Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seiten 240 f.

Und im 273. Brief fügt er weiter dazu an:

Mein voriges Schreiben enthält zugleich mein Urtheil über die Gedichte der Fr. Karschin. Ich finde bey ihr glückliche Wendungen, eine blühende Einbildungskraft, gute moralische Gesinnungen und eine ungemeine Fertigkeit zu reimen. Wenn sie auf diese Talente nur nicht zu stolz ist, und nicht versäumt, sich des guten Raths kritischer Freunde zu bedienen; so kan sie mit der Zeit eine überaus angenehme Dichterin werden. Ich sage, mit der Zeit: denn ich bin von dem Enthusiasmus weit entfernt, mit welchem ihre Freunde Anfangs ihr Genie der Welt angepriesen haben […][36]Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seiten 240 f.

Soweit zur kritischen Einschätzung Mendelssohns. Dazu empfehle ich, beide erwähnten „Briefe, die Neueste Literatur betreffend“ in ihrer Gänze zu lesen, um ein vollständiges Bild dieser kritischen Bemerkungen zu erhalten.

Titelblatt des Buches "Auserlesene Gedichte" von Anna Louisa Karsch, 1764.
Titelblatt des Buches „Auserlesene Gedichte“ von Anna Louisa Karsch, das Johann Wilhelm Ludwig Gleim 1764 herausgibt.
Quelle: Anna Louisa Karsch: Auserlesene Gedichte, herausgegeben von Johann Wilhelm Ludwig Gleim, George Ludewig Winter, Berlin, 1764, Titelblatt.
© Bayerische Staatsbibliothek & Münchener Digitalisierungszentrum.
Lizenz: NoC-NC 1.0.

Insgesamt ist die Ausgabe der „Auserlesenen Gedichte“ erfolgreich. Die Dichterin wird durch das Buch nicht nur weiter bekannt, es bringt ihr auch nach Abzug aller Kosten 2.000 Taler Gewinn ein. Nunmehr wäre sie eigentlich ihrer materiellen Nöte enthoben. Ist sie jedoch nicht. Über das Geld kann sie gar nicht verfügen. Gern hätte sie es für den Kauf eines kleinen Hauses verwendet. Darf sie aber nicht. Waltraut Naumann-Beyer geht in ihrem Artikel darauf näher ein und schreibt:

Bei der Frage nach dem Grund ist zu bedenken, dass sie, obwohl schon lange getrennt von ihrem Ehemann Karsch lebend, noch immer eine verheiratete Frau war. Als solche hatte sie, anders als Witwen oder ledige Frauen, kein Recht, über ihr Einkommen eigenhändig zu verfügen. Diese tradierte [überlieferte, bislang schon praktizierte – Anmerkung des Autors] Entmündigung wurde 1794 im Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten kodifiziert. Bündig hieß es dort in Paragraph 211 des Zweiten Teils: „Was die Frau in stehender Ehe erwirbt, erwirbt sie, der Regel nach, dem Manne.“ Also benötigte sie einen männlichen Vormund. Nach damaligem Sprachgebrauch war sie eine Pupille; ihr rechtlicher Status war der einer unmündigen Person. […] Sie nahm es hin: „Man rechnet mich unter die Pupillen“, stellte sie resigniert fest.[37]Zitiert aus Naumann-Beyer, Anna Louise Karsch in Berlin, 2019, Seite 424.

Und weiter heißt es dann:

Im Einvernehmen mit Sulzer stimmte Gleim zu, dass der literaturbeflissene Magdeburger Kaufmann Heinrich Wilhelm Bachmann Karschs Geld bei der Berliner Seidenfabrik Favreau und Stumpf anlegte, woraus ihr vierteljährlich 25 Taler Revenuen zuflossen. Als Bachmann nach Petersburg umgesiedelt war, übernahm Sulzer die Verantwortung für das Geld. Auch für ihn stand ein Hauskauf offenbar nicht zur Debatte. Die 2.000 Taler waren bei ihrem Tod noch unangetastet vorhanden.[38]Zitiert aus Naumann-Beyer, Anna Louise Karsch in Berlin, 2019, Seite 424.

Daraus wird verständlich, warum die Karschin in den folgenden Jahren immer wieder auf eine „Versorgung“ durch Friedrich II. hofft und selbigen mehrmals an sein Versprechen erinnert. Indes ändert sich ihre Notlage kaum. Mit ihren Zinseinkünften und auch mit der erwähnten Unterstützung seitens der Herzöge zu Stolberg-Wernigerode und von Braunschweig kommt sie jährlich nicht über Einkünfte von zweihundert Talern hinaus, was für sie, die auch noch für ihre Kinder und ihren Halbbruder, der inzwischen auch nach Berlin gekommen ist, sorgt, nicht zu einer bescheidenen Haushaltsführung reicht, sie nicht ihrer ständigen Sorgen enthebt.

Ungeachtet dessen schreibt sie ständig weiter, es ist ihr gar nicht anders möglich. Auch geht sie in Gesellschaften und verfaßt dort weiterhin Steggreifgedichte, die ihr die eine oder andere Zuwendung einbringen, womit sie ihren Haushaltsetat etwas aufbessern kann. Auch kann sie, wie aus verschiedenen Quellen hervorgeht, ihre „Bastillenkammer“ verlassen und findet eine bessere Wohnung. Waltraud Naumann-Beyer schreibt in ihrer Romanbiografie darüber, daß die Karschin im März 1764 in eine ihr zusagende Wohnung am Hackeschen Markt gezogen sei.[39]Waltraud Naumann-Beyer: Ein Thier, was Verse macht… – Das Leben der Dichterin Anna Louisa Karsch, genannt ‚Die Karschin‘, NORA Verlagsgemeinschaft, Berlin, 2019, ISBN 978-3-86557-477-0, Seite 299. Allerdings finden sich dazu keine genaueren Ortsangaben, auch nicht in anderen Quellen.

Wichtig für sie sind aber auch ihre umfangreichen Korrespondenzen mit literarischen Zeitgenossen und adligen Vertretern, nicht nur in Berlin. Zu bedeutsamen Briefpartnern der Karschin zählen neben Gleim, Sulzer und Ramler unter anderem auch Johann Jakob Bodmer, Johann Christoph Gottsched, Johann Peter Uz, Christoph Martin Wieland, Friedrich Gottlieb Klopstock, Friedrich Schiller und vor allem auch Johann Wolfgang Goethe. Letzterer ist von ihr ganz angetan, schätzt wohl auch ihre Verse. In einem Brief vom 28. August 1775 schreibt Goethe:

Neulich lief ich einmal in die Stadt, und Griesbach brachte mir ihren Brief. Es machte mir herzliche Freude, daß sie ihre Feder so an mich laufen ließen, und nun für ihre Grüße und Freundlichkeit meinen Dank […][40]Zitiert aus Alles um Liebe – Goethes Briefe in Auswahl in zwei Bänden, Band 1, Deutsche Buch-Gemeinschaft, Berlin, ohne Jahr, Seite 159.

Und weiter unten heißt es dann:

Schicken Sie mir doch auch manchmal was aus dem Stegreife; mir ist alles lieb und wert, was treu und stark aus dem Herzen kommt, mag’s übrigens aussehen wie ein Igel oder wie ein Amor. Geschrieben habe ich allerlei, gewissermaßen wenig und im Grunde nichts. Wir schöpfen den Schaum von dem großen Strome der Menschheit mit unseren Kielen und bilden uns ein, wenigstens schwimmende Inseln gefangen zu haben […][41]Zitiert aus Alles um Liebe, Band 1, ohne Jahr, Seite 159.

Zeugen diese Zeilen nicht auch davon, daß Goethe die Karschin als eine gleichberechtigte Dichterin behandelt? Erwähnenswert auch, daß Goethe im Jahr darauf die Dichterin bittet, zu Chodowiecki, den er sehr schätzt, zu gehen. Der Grund ist immerhin zum Schmunzeln. Es heißt dort:

Gehen Sie doch einmal zu Chodowiecki und räumen Sie bei ihm auf, was so von alten Abdrücken seiner Sachen herumfährt. Schicken Sie mir’s und stehlen ihm etwa eine Zeichnung.[42]Zitiert nach Heinz Knobloch: Berliner Fenster – Feuilletons, Mitteldeutscher Verlag, Halle-Leipzig, 1981, Seite 202.

Ob die Karschin damit „erfolgreich“ war? Dazu konnte ich in den Quellen keine Angaben finden.

Interessant für mich ist jedoch, daß Goethe sich an die Karschin wendet und sie bittet, zu Chodowiecki zu gehen. Offenbar hat er Kenntnis von deren freundschaftlichen Kontakten zu dem Künstler. Diese Beziehungen führen beispielsweise 1780 auch dazu, daß Chodowiecki, der den Lauenburger Genealogischen Kalender für 1781 mit zwölf Kupferstichen unter dem Titel „12 Steckenpferdreitereien“ illustriert, die Karschin dazu die Unterschriften in Versform anfertigen läßt. Davon zwei Beispiele:

Der Bücher-Liebhaber

Warum soll er nun tieffer reiten?
Als mancher von den höchsten Leuten,
Der sich mit tausend Büchern bläht,
Und nur den Deckel dran versteht.

Der Kupferstich-Liebhaber

Sein Pferd hat viel Bescheidenheit
Er pralt mit keinem Raub der farbigen Natur
Und führet doch so leicht und weit
Wie jede Kunst, zu jeder Schönheit Spur.[43]Zitiert nach den zwölf Blättern „Steckenpferdreitereien“, online verfügbar beim Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt via museum-digital.de, abgerufen am 14. Juni 2021.

Sechs der zwölf Blätter "Steckenpferdreitereien" von Daniel Nikolaus Chodowiecki mit Texten von Anna Louisa Karsch.

Sechs der zwölf Blätter "Steckenpferdreitereien" von Daniel Nikolaus Chodowiecki mit Texten von Anna Louisa Karsch.
Die zwölf Blätter der „Steckenpferdreitereien“ von Daniel Nikolaus Chodowiecki mit Texten von Anna Louisa Karsch.
Quelle: Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt via museum-digital.de.
Bearbeitung: Alexander Glintschert (2021).
© Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt.
Creative Commons Lizenzvertrag

Chodowiecki illustriert den genannten Kalender der Jahrgänge 1779 bis 1783 auch mit Modekupfern. Hierbei verwendet er meist Figuren in Kostümen, die in seiner Zeit Mode sind. Aber auch die Figuren selbst findet er meist in seinem Bekanntenkreis. So ist für das Jahr 1781 die Karschin auf einem Bild im Profil zu erkennen, das die Überschrift „Poétique“ trägt. Hierbei geht es im Titel des Bildes wohl nicht allein um den abgebildeten Modestil, sondern auch darum, daß der Künstler der Dichterin seine Reverenz erweist.

Ein Blatt der "Berliner Kopfputz- und Kleidermoden" von Daniel Chodowiecki.
Eines der Blätter „Berliner Kopfputz- und Kleidermoden“ von Daniel Nikolaus Chodowiecki. Die mit 4. Poétique gekennzeichnete Person trägt unverkennbar die Gesichtszüge der Anna Louisa Karsch. Vermutlich soll die Bezeichnung ihres Kostüms als „Poétique“ weniger den Stil charakterisieren als eine Reverenz an die Trägerin sein.
Quelle: Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt via museum-digital.de.
© Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt.
Creative Commons Lizenzvertrag

Zu Chodowiecki sei in diesem Zusammenhang noch vermerkt, daß er durch sein Werk für uns Heutige viel vom Leben seiner Zeit vermittelt. Heinz Knobloch schrieb ein Feuilleton „Daniel Chodowiecki: Lebhaftes Dasein“, das zu lesen sich lohnt. Dort heißt es unter anderem:

Durch seine Kupferstiche, Zeichnungen und Radierungen wissen wir viel vom einfachen Leben seiner Tage. Mode, Manieren und Laster, viele Tugenden. Er zeigte auch weibliche Beschäftigungen, zeichnete den blinden Bettler und den Tischler bei der Arbeit. Die Straßenhändlerin hat an einem Laternenpfahl ein Gestell, an dem gedruckte Neujahrswünsche mit Klammern befestigt sind. Für jeden etwas. Der Wechsel von 1799 zu 1800 will gefeiert sein.[44]Zitiert aus Knobloch, Berliner Fenster, 1981.

Und weiter unten:

Er hat den Alltag, den er auf der Straße und – nach eigenen Worten – durch Schlüssellöcher sah, gründlich und ehrlich wiedergegeben. Immerhin lebte er in Preußen, wo zwar jeder nach seiner Fasson selig werden, aber nicht die Herrschenden beim Regieren stören durfte. Dennoch gibt es von Chodowiecki kritisch-satirische Blätter. Seine kleine Serie „Berlinische Folgsamkeit“ beweist manches.[45]Zitiert aus Knobloch, Berliner Fenster, 1981.

Nun zurück zu Goethe. Bekannt ist, daß er im Mai 1778 in Berlin ist – im Gefolge seines Herzogs Karl August – und Chodowiecki besucht. Dieser hatte Goethes „Die Leiden des jungen Werther“ illustriert. Vielleicht hat Goethe ein Werk des Künstlers zum Geschenk erhalten? Ob er die Karschin besucht hat, dazu gibt es unterschiedliche Aussagen. Heinz Knobloch verweist in seinem Buch über Moses Mendelssohn auf Walter Victor, den er wie folgt zitiert:

Die einzig authentische Quelle für den Verlauf des Besuches in Berlin ist Goethes Tagebuch. Es gibt keine andere.[46]Zitiert nach Heinz Knobloch: Herr Moses in Berlin, Buchverlag Der Morgen, Berlin, 1979, Seite 278. Enthalten auch in Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seiten 222 ff. einschließlich des Gedichtes „An Goethe“.

Dann heißt es in Bezug auf eine Visite Goethes bei der Karschin an gleicher Stelle weiter:

Die Dichterin Karsch, deren Name nach dem Wort „Visiten“ [in Goethes Tagebuch – Anmerkung des Autors] steht, weiß anderes. Sie schreibt an Gleim: „Er machte keinem Dichter die Cour, ging nur bei Moses Mendelssohn, bei Chodowiecki, bei Maler Frisch, bei seinen Landsmann, den Tonkünstler Andrä, und bei mich.[47]Zitiert nach Knobloch, Herr Moses, 1979, Seite 278.

Interessant ist hier jedoch vor allem, daß Goethe offensichtlich der Karschin die „Cour“ machte. Am 27. Mai 1778 schreiben sowohl die Karschin selbst als auch ihre Tochter Caroline an Gleim über diesen Besuch. Bei der Tochter heißt es unter anderem:

[…] Wenn Sie ihn hätten kommen sehen, unerwartet in unsere Tür treten, mit den Augen meine Mutter suchen, mit seinen Augen – ach! unaussprechlich reizend war die Szene.[48]Zitiert aus Alles um Liebe, Band 1, ohne Jahr, Seite 231.

Das soll immerhin als Nachweis genügen, daß Goethe wirklich die Karschin aufgesucht hat. Was aber weiterhin vage bleibt, ist, wo genau zu dieser Zeit ihre Wohnung ist, in der er sie besucht. Wenn die Aussage von Waltraud Naumann-Beyer in ihrem biographischen Roman über die Karschin richtig ist, dann besucht Goethe sie am Hackeschen Markt, wohin sie im März 1764 gezogen sein soll.

Porträt der Anna Louisa Karsch von Karl Christian Kehrer, 1791.
Porträt der Anna Louisa Karsch von Karl Christian Kehrer, 1791.
Quelle: Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt via museum-digital.de
© Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt
Creative Commons Lizenzvertrag

Wie bereits weiter oben schon festgestellt, schreibt die Karschin viele Lobesgedichte auf Friedrich II. Aber vor allem ihre Natur- und Liebesgedichte gehören zum Bewahrenswerten ihrer Werke. Gerhard Wolf zitiert in seinem Nachwort dazu Johann Gottfried Herders Prophezeiung:

Es wird vielleicht eine Zeit kommen, da man die erlesensten Stücke […], die das reine Volksgefühl der Dichterin über Gegenstände der Religion, der Natur und des menschlichen Lebens mit starken Herzenstönen besungen, wert halten wird […]“[49]Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 303.

Des weiteren nimmt die Dichterin immer Anteil am Leben der Menschen in ihrer Zeit und schildert auch die Schattenseiten und das Elend in Berlin, eben die weniger angenehmen Seiten des Lebens in Preußen, besonders nach dem Ende des letzten Krieges, der sieben Jahre gedauert hatte. Ein Beispiel sei dafür hier eingefügt. Die Karschin schildert in einem Brief an Gleim im Dezember 1768 durchaus sehr realistisch die Notlage der armen Berliner Bevölkerung. In Reimen berichtet sie dies wie folgt:

Ach, liebster Gleim, die Väter eilen
umsonst nach Arbeit um die Kost,
indessen plagt der Hunger und der Frost
die Kinder, dass sie kläglich heulen
wie Hunde, wenn die Hündin fehlt.
Viel Mütter laufen durch die Straßen,
und ihre Kleinen sind verlassen
wie junge Raben, sind gequält
und hoffen Brot vom Morgen bis zum Abend.
Viel arme Kranke liegen matt
auf altem Stroh, kaum Wasser hebend,
wenn sich die Reichsten dieser Stadt
an Leckerbissen ekel essen.
Mein Geist blickt traurig auf sie hin
und ruft mir zu, nicht zu vergessen,
dass ich auch arm gewesen bin.[50]Zitiert nach Naumann-Beyer: Ein Thier, was Verse macht…, 2019, Seiten 335 f.

Die Karschin kommt, wie schon erwähnt, auf ihren Wunsch hin, in die preußische Hauptstadt. Hier will sie leben, und es ist als sicher anzunehmen, daß sie die Stadt auch auf vielen Spaziergängen kennenlernt. Unter „Die Spaziergänge von Berlin“ gibt es drei Berlin-Gedichte von ihr. Selbige sind vollständig enthalten in der von Gerhard Wolf herausgegebenen Anthologie, und zwar „Der Weidendamm“, „Die Kastanien-Bäume“ und „Die Linden“, so ihre Titel[51]Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seiten 63 ff.. Bei Roswitha Schieb heißt es zu diesen Gedichten:

Darin [wird] immer wieder die Spree besungen – „die majestätische Spree!“, die wie mit „flüß’gem Golde“ in der Abendsonne leuchtet, aber es gibt noch kein Lokalkolorit, hier kommt Berlin nur als Name, aber nicht als realer Ort mit eigenem Aussehen und eigener Atmosphäre vor.[52]Zitiert aus Schieb, Berliner Literatur-Geschichte, 2019, Seite 23.

Gerade dieses Lokalkolorit finden wir dann erst etwas später bei E. T. A. Hoffmann in seinen Berlin-Erzählungen.

Nicht unerwähnt soll bleiben, daß die Karschin auch außerhalb Berlins eingetretene dramatische Ereignisse aufgreift und ihr Mitgefühl in Gedichten ausdrückt. Dafür steht unter anderem ein so markantes Beispiel wie der Stadtbrand in Neuruppin 1787. Das dazu von ihr verfaßte Gedicht „Trost-Gesang für Neu-Ruppin bey den Ruinen am 31. August 1787“ kann in oben genannter Anthologie von Gerhard Wolf nachgelesen werden. Auch in der „Illustrirten Berliner Wochenschrift Der Bär“ ist es zu finden, in der rückblickend über die vor einhundert Jahren wütende Feuersbrunst berichtet wird[53]C. Lücke: Die Feuersbrunst von Neu-Ruppin am 26. August 1787 (Schluß), In: Illustrirte Berliner Wochenschrift Der Bär – Eine Chronik für’s Haus, Jahrgang 13, Ausgabe 50 vom 10. September 1887, Seite 616.. Die Karschin fühlt sich durch das Unglück der Ruppiner offenbar so betroffen, daß sie sich veranlaßt sieht, selbst tätige Hilfe zu leisten. Und sie findet trotz ihrer bescheidenen Verhältnisse dafür Möglichkeiten, wie der Autor beweist, indem er einen entsprechenden Artikel in der Haude- und Spenerschen Zeitung wie folgt zitiert:

Unsere berühmte Dichterin Karschin hat einen Trostgesang an die Ruppiner drucken lassen, der zu dem wohltätigen Endzweck, einigen verunglückten Familien dadurch einige Unterstützung zu verschaffen, in den hiesigen Buchhandlungen für 2 Gr. [Groschen – Anmerkung des Autors] verkauft wird.[54]Zitiert nach Lücke, Die Feuersbrunst, 1887, Seite 616. Der zitierte Artikel ist Lücke zufolge in der Haude- und Spenerschen Zeitung Nr. 108 vom Sonnabend, dem 8. September 1787, erschienen.

Dann heißt es in „Der Bär“ noch abschließend, daß das Gedicht der „Odendichterin Anna Louisa Karschin, geb. Dürbach († 12. Oktober 1791 in Berlin)“ auf einem halben Bogen gedruckt ist, und danach folgt dessen Wortlaut[55]Lücke, Die Feuersbrunst, 1887, Seite 616..

Allegorisches Bild auf den Stadtbrand in Neuruppin von Daniel Nikolaus Chodowiecki aus dem Jahre 1787.
„Berlins Menschenliebe kommt Ruppin in der Asche liegend zu Hülfe, die Hoffnung zeigt ihr den – der es wieder erheben wird. Engel des Himmels freuen sich dieser Wohlthaten. Den abgebrannten Ruppinern gewidmet von D. Chodowiecki.“
Allegorisches Bild auf den Stadtbrand in Neuruppin von Daniel Nikolaus Chodowiecki aus dem Jahre 1787.
Quelle: Lücke, Die Feuersbrunst, 1887, Seite 617.
Bearbeitung: Alexander Glintschert (2021)
Creative Commons Lizenzvertrag

Die Karschin kann ihre Wohnverhältnisse, wie oben beschrieben, wesentlich verbessern, als sie die Wohnung am Hackeschen Markt mietet. Dennoch gibt sie die Hoffnung auf ein eigenes Häuschen nicht auf, obwohl sie damit, nachdem auch ihr Versuch von 1783 fehlgeschlagen war, nicht mehr rechnet. Friedrich II. stirbt 1786, und sein Neffe, Friedrich Wilhelm II., gelangt auf den Thron. Waltraud Naumann-Beyer beschreibt in ihrem bereits erwähnten Artikel sehr anschaulich, auf welchem Weg die Karschin nun doch noch zu ihrem eigenen Häuschen kommt. Daraus sei das etwas längere Zitat gestattet:

Der Anlass aber war wie folgt: In einem Brief an Prinzessin Friederike von Preußen hatte Karsch die Tochter des neuen Königs darum gebeten, ihren Vater zum Ankauf des Naturalienkabinetts einer in Not geratenen Freundin zu bewegen. Der Brief wurde dem König vorgelesen, der jedoch eine abschlägige Antwort erteilte. Er ließ ausrichten, er habe schon zu viele Ausgaben, da er die von seinem Vorgänger hinterlassenen Schulden bezahlen müsse. Das brachte Karsch auf eine Idee. Kurzerhand setzte sie ein Gedicht auf, worin sie Friedrich Wilhelm II. daran erinnerte, dass sein verstorbener Onkel auch bei ihr noch Rückstände habe. Sie schilderte ihre Audienz bei Friedrich dem Großen vor nunmehr dreiundzwanzig Jahren:

„Alles ist mir noch bewusst, was er frug und was ich sagte, eine Viertelstunde lang. Und obgleich ich nichts zu bitten wagte, gab er mir doch ohne Bittendrang sein freiwillig Wort, er wollte für mich sorgen, wollte sehn. Aber das ist nicht geschehn. Und ganz Potsdam schwatzte laut, ich sollte jährlich von Monarchenhuld zweimal hundert Taler haben. Nun beliefe sich die Schuld der zurückgebliebnen Gaben auf zweihundert [?] Taler bar, denn es sind ja dreiundzwanzig Jahr. Doch sein Wort ist mit begraben, und ich darf mich nicht getraun, meine Rechnung darzulegen. Möcht‘ ein Engel sie beschaun und dann seine Majestät bewegen, mir aus Gnaden aufzubaun nur ein Häuschen in der Straße, die man Bärenstraße nennt.“[56]Zitiert aus Naumann-Beyer, Anna Louise Karsch in Berlin, 2019, Seite 425.

Der König, dem dies vorgetragen wird, verfügt dann, daß der Karschin ein Haus gebaut wird, allerdings nicht in der Bärenstraße, sondern am Hackeschen Markt. Dazu beauftragt er den Minister Johann Christoph Wöllner, der am 24. Dezember 1786 die Karschin in die Brüderstraße zum Hofbuchdrucker Decker rufen läßt, wo er ihr dies mitteilt. Darüber schreibt ihre Tochter Caroline im Lebenslauf ihrer Mutter, daß Minister Wöllner ihrer Mutter feierlich entgegentrat und gedichtet habe:

Freu‘ Dich, Deutschlands Dichterin!
Freu‘ Dich hoch in deinem Sinn;
Der König hat befohlen mir,
Ein neues Haus zu bauen Dir.[57]Gedichte von Anna Louisa Karschin, 1792, Seite 117.

In der in der Einführung dieses Beitrages erwähnten Monografie „Literarische Erinnerungen“ von Friedrich Brunold fand ich auch eine kurze Beschreibung des Hauses. Brunold schreibt:

König Friedrich Wilhelm II. ließ derselben auf dem Haak’schen Markt, angesichts eines Baumganges, dort das Häuschen Nr. 1 bauen. An der Front desselben befinden sich einige Genius-Köpfchen mit Flügelchen. Das Haus bildet einen Triangel, und der Hof, der eng aber luftig ist, hat dieselbe Gestalt. Einst standen einige Akazien auf dem Hofe, Weinlaub rankte an einer Laube sich auf, in der die Dichterin eine kurze Zeit ruhig, glücklich und zufrieden saß, bis ihr nie ruhender Geist sie wieder von hinnen trieb. Sie starb 1791 […][58]Zitiert aus Brunold, Literarische Erinnerungen, 1875, Seiten 14 f.

Auch bei Waltraud Naumann-Beyer lese ich in oben genanntem Artikel die folgende Beschreibung des Hauses:

[…] KarschsHäuschen, sieben Fenster breit“, lag am Hackeschen Markt, in der alten Kommandantenstraße, die sich am Ufer des inzwischen für die S-Bahntrasse zugeschütteten Festungsgrabens, zwischen Spandauer- und Neuer Friedrichsbrücke, hinzog. […] Im Dezember 1787 war Richtfest, und im Frühjahr 1789 konnte sie einziehen. Ihrer Stiefschwester Johanna Eleonore Borngräber beschrieb [sie] das Haus näher: Es habe drei Stockwerke, „nur dreißig Fuß Tiefe“, einen kleinen dreieckigen Hof mit Brunnen „und schöne gewölbte Keller“.[59]Zitiert aus Naumann-Beyer, Anna Louise Karsch in Berlin, 2019, Seiten 425 f.

Das Haus Neue Promenade Nr. 5 in Berlin-Mitte
Das Haus Neue Promenade 5 am Hackeschen Markt in Berlin. Hier soll dereinst die Dichterin Anna Louisa Karsch gewohnt haben.
Fotograf: Alexander Glintschert (2021).
Creative Commons Lizenzvertrag

Leider ist der Zeitraum, in dem die Karschin sich ihres endlich eigenen Hauses erfreuen kann, nur kurz. Sie bewohnt es nur reichlich zwei Jahre bis zu ihrem Tod am 12. Oktober 1791. Auch diese ihre letzte Lebenszeit ist weiterhin geprägt von Sorgen und Nöten, an ihren insgesamt doch ärmlicheren Lebensverhältnissen hat sich auch in dem eigenen Haus grundsätzlich nicht viel geändert. Zumal sie auch ihre Kinder, Sohn und Tochter, und zwei Enkelkinder unterstützen muß.

Was nun das Haus betrifft, so waren bisher den Quellen keine Angaben zu entnehmen, daß es heute noch, nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg, existieren könnte. Erst bei Waltraud Naumann-Beyer finden sich nähere Angaben dazu. Sie schreibt abschließend in ihrem Artikel:

Ein Biograph der Dichterin schreibt Ende der dreißiger Jahre des vorigen Jahrhunderts über das Haus: „Es ist heute noch erhalten und steht in der Neuen Promenade, mit der Hausnummer 5.“ Wer sich dieser Tage auf die Suche nach diesem Ort begibt, wird dort ein Haus vorfinden, mit schönen gewölbten Kellern, sieben Fenster breit, drei Stockwerke hoch und von geringer Tiefe. Ohne Zweifel, es ist das Haus der Karsch. Darin befindet sich eine Gaststätte und ein bayrischer Bierausschank – keine ganz unpassende Verwendung für das ehemalige Haus einer Bierbrauer-Tochter. Die Betreiber bewerben die Stätte im Internet als das „älteste Haus“ von Berlin Mitte.[60]Naumann-Beyer, Anna Louise Karsch in Berlin, 2019, Seite 426.

Diese Aussage der Betreiber muß bezweifelt werden, wurde das Haus doch erst zwischen 1787 und 1789 erbaut und, abgesehen von der Nikolaikirche, gilt wohl die Heilig-Geist-Kapelle aus dem 14. Jahrhundert in der Spandauer Straße als wirklich ältestes Gebäude in Berlin-Mitte. Dennoch, es wäre ein berlingeschichtliches Kleinod, wenn es sich am Hackeschen Markt wirklich noch um das Haus der Karschin handeln würde.

Erinnerungen an eine vergessene Dichterin

In Berlin finden wir außer der Anna-Louisa-Karsch-Straße und der Erinnerungstafel an der Sophienkirche kaum weitere Hinweise auf die Dichterin, wenn man davon absieht, daß einiges aus ihrem Nachlaß in der Staatsbibliothek Berlin Unter den Linden aufbewahrt wird.

Das Straßenschild der Anna-Louisa-Karsch-Straße
Das Straßenschild der Anna-Louisa-Karsch-Straße an der Ecke zur Spandauer Straße in Berlin-Mitte.
Fotograf: Alexander Glintschert (2021).
Creative Commons Lizenzvertrag

Nach ihrem Tod 1791 war das zum Teil noch anders. Die Tochter Caroline gibt 1792 eine Auswahl der Gedichte ihrer Mutter, nebst deren Lebenslauf heraus, die eine ziemliche Resonanz findet. Auch bekannte Zeitgenossen der Karschin finden ausgewogene Worte der Würdigung nach ihrem Tod. So beispielsweise Achim von Arnim, der in einem Nachruf schreibt:

Es läßt sich leicht voraussagen: daß das Leben der bekannten Dichterin, zu welchem hier ein Beitrag geliefert wird, ihre Gedichte künftig erhalten muß, nachdem sie selbst ihr Leben mit ihren Gedichten zu erhalten gezwungen war. Es ist, ungeachtet der Unvollständigkeit und Rückhaltung, wie es von ihrer Tochter […] aufgeschrieben worden, eine der reizendsten Dichter-Biographien unserer Nation.[61]Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 260.

Achim von Arnim hat damit schon seinerzeit deutlich gemacht, daß die Karschin gezwungen ist, ihren Lebensunterhalt mit dem Schreiben, wenn auch kärglich genug, zu bestreiten. Damit ist sie die erste Frau in Preußen und vielleicht sogar über Preußen hinaus, der das gelingt. Sie kann damit heutigen Generationen durchaus ein leuchtendes Beispiel sein. Denn für Autorinnen und Autoren ist es auch in diesen Tagen durchaus nicht selbstverständlich, daß sie allein mit ihrer Kunst ihr Leben bestreiten können.

Heinrich Heine, über dessen Berliner Zeit wir auf Anderes.Berlin auch einen Beitrag veröffentlicht haben, war ganz sicher mit Leben und Werk der Karschin vertraut. Weiter oben hatte ich schon auf den Brief Heines an August Lewald verwiesen. Doch auch in seinem heute vielleicht bekanntesten Werk „Deutschland ein Wintermärchen“ hat er ihr ein Denkmal gesetzt, indem er sie in seinem Gespräch mit Kaiser Barbarossa, den er im Traum im Kyffhäuser besucht, erwähnt. Es heißt hier:

Er frug nach Moses Mendelssohn,
Nach der Karschin, mit Interesse
Frug er nach der Gräfin Dubarry,
Des fünfzehnten Ludwigs Mätresse.
„Oh Kaiser“, rief ich, „wie bist du zurück!
Der Moses ist längst gestorben,
Nebst seiner Rebekka, auch Abraham,
Der Sohn, ist gestorben, verdorben.

[…]

Die alte Karschin ist gleichfalls tot,
Auch die Tochter ist tot, die Klenke;
Helmine Chézy, die Enkelin,
Ist noch am Leben, ich denke.“[62]Zitiert aus Heinrich Heine: Deutschland ein Wintermärchen, In: Heinrich Heine: Werke und Briefe, Band 1, Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar, 1972, Seite 474.

Sowohl die Tochter Caroline von Klenke als auch die Enkeltochter Helmina von Chézy, werden ebenfalls Schriftstellerinnen. Letztere schreibt zum Beispiel das Libretto zu Carl Maria von Webers Oper „Euryanthe“. Auch ihre Memoiren schreibt sie unter dem Titel „Unvergessenes. Denkwürdigkeiten aus dem Leben von Helmina von Chézy. Von ihr selbst erzählt.“ Ihre Enkeltochter als Schriftstellerin erlebt die Karschin nicht mehr. Auch das Leben dieser beiden Frauen ist sehr interessant, hier aber nicht der Platz, noch näher darauf einzugehen. Nur darauf will ich verweisen, daß wir bei unserem Beitrag zu E. T. A. Hoffmann schon auf Helmina von Chézy zu sprechen kamen. Sie war in einem Prozeß zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden, hatte Berufung eingelegt und der Richter Hoffmann hatte dafür gesorgt, daß sie von der Haft verschont blieb, weil er ihren Freispruch erreichte. Genauer in unserem vorgenannten Beitrag zu lesen.

Zurück zur Karschin. In Fachkreisen ist sie glücklicherweise nicht in Vergessenheit geraten. 1981 hatte Gerhard Wolf eine Anthologie herausgegeben, die ihre dichterische Vielfalt zeigt und in die er auch Meinungen einiger ihrer berühmten Zeitgenossen über die Karschin aufnahm. Auch hat Gerhard Wolf eine sehr ausgewogene literarische Wertung ihres Wirkens und ihrer Gedichte in seinem Nachwort vorgenommen, das zur Lektüre sehr zu empfehlen ist. In diesem Beitrag hatte ich schon mehrfach daraus zitiert. Heute ist es für Interessierte leichter, sich über die Dichterin auch im Internet ausführlicher zu informieren. Hier finden sich neben vielen biographischen Angaben in alten Zeitungen und Zeitschriften unterschiedlichste Informationen zu Leben und Werk unserer Dichterin. Als Beispiel sei die „Illustrierte Berliner Wochenschrift Der Bär“ genannt, in der Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in verschiedenen Nummern Beiträge über die Karschin zu finden sind. So beispielsweise in der Ausgabe 19 vom 7. Februar 1891, in der ein längerer Beitrag über die Dichterin, die einhundert Jahre zuvor gestorben war, erschien[63]F. Bornhak: Anna Luise Karsch, In: Der Bär – Illustrirte Wochenschrift für die Geschichte Berlin’s und der Mark, Jahrgang 17, Ausgabe 19 vom 7. Februar 189, Seiten 236 ff.. Auch der Verein für die Geschichte Berlins, gegründet 1865, hat verdientermaßen in seinen Mitteilungen zu verschiedenen Zeiten an die Dichterin erinnert, zuletzt, wie bereits weiter oben ausgeführt, im April 2019 im Heft 2. Sehr zu empfehlen ist auch die Romanbiografie von Frau Dr. sc. phil. Waltraud Naumann-Beyer, die 2019 erschien und in der die Autorin ausführlich Leben und Wirken der Karschin beschreibt, wenngleich zu beachten ist, daß in Teilen Realität und Erfindung ineinander übergehen, wie die Autorin in ihrer Nachbemerkung selbst feststellt. Schließlich sei auch noch darauf verwiesen, daß Regina Nörtemann und Ute Pott 1996 den Briefwechsel zwischen Anna Louisa Karsch und Johann Wilhelm Ludwig Gleim in zwei Bänden herausgegeben haben. Damit sind die circa 1.500 Briefe der Karschin an Gleim, die im Gleimhaus in Halberstadt aufbewahrt sind, erstmalig veröffentlicht worden.

Standbild der Anna Louisa Karsch von J. C. Stubinitzki, 1873/84.
Standbild der Anna Louisa Karsch von J. C. Stubinitzki, geschaffen 1873/84, später überarbeitet und erneuert von Karl Kößler und Daniel Priese.
Quelle: Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt via museum-digital.de.
© Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt.
Creative Commons Lizenzvertrag

Abschließend sei noch vermerkt, daß im Gleimhaus auch ein Denkmal unserer Dichterin steht. Es ist das erste Dichterstandbild Deutschlands überhaupt, geschaffen 1784 von dem Halberstädter Bildhauer J. C. Stubinitzky. Auf der Website des Gleimhauses Halberstadt wird über die Geschichte des Denkmals näher informiert. Es wird dort ausgeführt, daß es im Verlaufe des 19. Jahrhunderts durch Vandalismus beschädigt wird und der Kopf erneuert werden muß, was um 1900 durch den Halberstädter Bildhauer Karl Kößler erfolgt. Als Vorlage dient ein Altersbildnis der Karschin von Karl Christian Kehrer, das dort im Freundschaftstempel Gleims zu finden ist. Weiter heißt es dann, daß im Jahre 2005 das Standbild notwendigerweise zu restaurieren ist. Dazu wird es vom Hof ins Foyer des Gleimhauses umgesetzt und auf einen modernen Sockel mit historisch belegten Inschriften gehoben. Da der 1900 erneuerte Kopf nicht mehr konservierbar sei, wird der Halberstädter Bildhauer Daniel Priese mit dessen Neuschaffung betraut. Dabei stützt er sich nicht nur auf das genannte Altersporträt, sondern auf weitere Porträtdarstellungen der Dichterin, insbesondere auf eine Bildnisradierung von Georg Friedrich Schmidt und auf Studien von Daniel Nikolaus Chodowiecki. Der Bildhauer schafft auf der Grundlage des Modells des neuen Kopfes auch eine Büste der Karschin und hiervon Abgüsse in Gips sowie in wetterfestem weißem Zement.

Ein Denkmal für die Karschin haben wir in Berlin nicht, aber immerhin die Anna-Louisa-Karsch-Straße. Sie erhält den Namen der Dichterin im Jahre 2001 und verläuft zwischen Friedrichsbrücke und der Straße An der Spandauer Brücke in Berlin-Mitte[64]Die Anna-Louisa-Karsch-Straße ist ein Teil der früheren Neuen Friedrichstraße, die diesen Namen 1746 erhält und nach Friedrich II. benannt wird. 1951 umbenannt in Littenstraße, wird sie infolge der Neugestaltung des Stadtzentrums geteilt. Den hiesigen Abschnitt ordnet man bis 2001 der Burgstraße zu.. Wäre es nicht die Überlegung wert, daß Berlin prüft, eine solche Büste anzukaufen – zum Beispiel die wetterfeste aus Zement – und in der Anna-Louisa-Karsch-Straße aufzustellen mit einer entsprechenden Gedenktafel? Der 230. Todestag der Dichterin am 12. Oktober 2021 oder ihr 300. Geburtstag am 1. Dezember 2022 wären doch dafür würdige Anlässe! Ich meine, sie hätte es durchaus verdient, und wiederhole in diesem Zusammenhang zum Schluß gern noch einmal die Worte von Heinz Knobloch zur Grabtafel der Karschin an der Sophienkirche:

[…] frisch vergoldet, die Tafel für Anna Louisa Karsch, die nicht vergessen sein darf, denn sie hat ihr Feld im Berliner Dichtergarten mit Fleiß bearbeitet. „Kennst Du, Wanderer sie nicht, / So gehe und lerne sie kennen.“[65]Zitiert aus Knobloch, Alte und neue Berliner Grabsteine, 2000, Seiten 20 f.

Mit diesem Beitrag hoffen wir, ein wenig zum Erinnern an die Karschin beigetragen zu haben oder daß wir interessierte Leser dieser Website anregen konnten, die Dichterin aus dem 18. Jahrhundert kennenzulernen.


Das Banner auf dieser Seite zeigt zwei Porträts der Anna Louisa Karsch.

Bearbeitet: Alexander Glintschert (2021)
Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt
Creative Commons Lizenzvertrag

Unter Verwendung von:

Links: Porträt der Anna Louisa Karsch, geborene Dürbach, von Georg Friedrich Schmidt aus dem Jahre 1763.
Quelle: Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt via museum-digital.de
Urheber: Georg Friedrich Schmidt
Technik: Radierung
Maße: 15,7 x 9,3 cm
© Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt
Creative Commons Lizenzvertrag

Rechts: Porträt der Anna Louisa Karsch von Karl Christian Kehrer, 1791.
Quelle: Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt via museum-digital.de
Technik: Öl auf Leinwand
Bildmaße: 69 x 54 cm
Rahmenmaße: 72,5 x 54,3 cm
© Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt
Creative Commons Lizenzvertrag

Karsch, Anna Louisa

Creative Commons LizenzvertragDieser Text von Anderes.Berlin ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung - Nicht kommerziell - Keine Bearbeitungen 4.0 International Lizenz. Unter Einhaltung der Lizenzbedingungen dürfen Sie ihn verbreiten und vervielfältigen.

Anmerkungen:

Anmerkungen:
1. Berliner Biographisches Lexikon, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin, 1993, ISBN 3-7759-0369-0, Seiten 213 f.
2. Zitiert aus F. Brunold: Literarische Erinnerungen, Erster Band, Verlag von C. Schauenberg-Ott, Zofingen & Leipzig, 1875, Seite 1.
3. Zitiert aus Heinz Knobloch: Alte und neue Berliner Grabsteine, Jaron Verlag GmbH, Berlin, 2000, ISBN 3-89773-022-7, Seite 9.
4, 65. Zitiert aus Knobloch, Alte und neue Berliner Grabsteine, 2000, Seiten 20 f.
5. Zitiert aus Brunold, Literarische Erinnerungen, 1875, Seiten 2 f.
6. Diese sind zu finden in: Gerhard Wolf: Anna Louisa Karschin – Gedichte und Briefe, Stimmen von Zeitgenossen, herausgegeben und mit einem Nachwort von Gerhard Wolf in der Reihe „Märkischer Dichtergarten“, Buchverlag Der Morgen, Berlin, 1981.
7. Verbreitet findet man in Veröffentlichungen den Namen mit -ck- geschrieben. Ich verwende die Form, die sie selbst wählt, wie in der Zueignung an die Herzogin von York und der Vorrede zur Ausgabe der Gedichte ihrer Mutter, die sie mit C. L. von Klenke unterschreibt. Möglicherweise resultiert die andere Schreibweise aus dem Adreßbuch von 1799, wo der Name auch mit -ck- geschrieben wird.
8. Siehe in Gedichte von Anna Louisa Karschin, geb. Dürbach – Nach der Dichterin Tode nebst ihrem Lebenslauff herausgegeben von Ihrer Tochter C. L. v. Kl., geb. Karschin, Berlin, 1792, Seiten 1 ff.
9. Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981.
10. Zitiert aus Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 273.
11. Zitiert aus Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seiten 273 f.
12. Zitiert aus Gedichte von Anna Louisa Karschin, 1792, Seite 80.
13. Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 275.
14. Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seiten 9 f.
15. Gedichte von Anna Louisa Karschin, 1792, Seiten 87 f.
16. Zitiert aus Gedichte von Anna Louisa Karschin, 1792, Seite 88.
17. Gedichte von Anna Louisa Karschin, 1792, Seiten 89 f.
18. Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seiten 269 f. Das Gedicht enthält neunzehn achtzeilige Strophen. Es ist nachlesbar in der Bibliotheka Augustana, abgerufen 23. Mai 2021.
19. Anakreon war ein griechischer Lyriker des 6. Jahrhunderts vor Christi. Als Anakreontiker bezeichnet man Nachahmer Anakreons. Im 18. Jahrhundert zählten beispielsweise Johann Wilhelm Ludwig Gleim und auch dessen Freund, der Dichter Johann Peter Uz (1720-1796), zu den Anakreontikern.
20. Zitiert aus Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 279.
21. Sappho war eine griechische Dichterin, um 600 vor Christi. Gerhard Wolf schreibt erläuternd dazu: „Nach der Sage kommt Aphrodite in Gestalt einer hilfsbedürftigen Alten zu Phaon, dem Fährmann, belohnt ihn, als er sie über den Fluß setzt, indem sie ihn zum schönsten der Männer macht. Nach der Legende hat Sappho, Stimme der Aphrodite auf Erden, Phaon geliebt, und sich, als er sie verschmähte, vom leukadischen Felsen ins Meer gestürzt.“ Siehe Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 283.
22. Zitiert aus Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 284.
23. Zitiert aus Waltraud Naumann-Beyer: Anna Louise Karsch in Berlin, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 2019, Heft 2, Seite 423.
24. Hermann Klencke: Anna Louise Karschin – Geschichtlicher Roman in drei Büchern, Drittes Buch, Paul Schettler, Cöthen, 1853, Seite 233.
25. Zitiert aus Friedrich Nicolai: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam und aller daselbst befindlicher MerkwürdigkeitenFriedrich Nicolai, Berlin, 1769, Seite 318.
26. Zitiert aus Heinrich Heine: Werke und Briefe, Band 5, Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar, 1972, Seite 244.
27. Zitiert aus Heine, Werke und Briefe, Band 5, 1972, Seite 244.
28. Zitiert aus Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 294.
29. Zitiert nach Roswitha Schieb: Berliner Literatur-Geschichte – Epochen, Werke, Autoren, Schauplätze, Elsengold Verlag GmbH, Berlin, 2019, Seite 24.
30. Zitiert aus Heinrich Heine: Werke und Briefe, Band 6, Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar, 1972, Seite 11.
31. Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 294.
32. Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 295.
33, 37, 38. Zitiert aus Naumann-Beyer, Anna Louise Karsch in Berlin, 2019, Seite 424.
34. Klencke, Anna Louise Karschin, 1853, Seiten 318 f.
35, 36. Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seiten 240 f.
39. Waltraud Naumann-Beyer: Ein Thier, was Verse macht… – Das Leben der Dichterin Anna Louisa Karsch, genannt ‚Die Karschin‘, NORA Verlagsgemeinschaft, Berlin, 2019, ISBN 978-3-86557-477-0, Seite 299.
40. Zitiert aus Alles um Liebe – Goethes Briefe in Auswahl in zwei Bänden, Band 1, Deutsche Buch-Gemeinschaft, Berlin, ohne Jahr, Seite 159.
41. Zitiert aus Alles um Liebe, Band 1, ohne Jahr, Seite 159.
42. Zitiert nach Heinz Knobloch: Berliner Fenster – Feuilletons, Mitteldeutscher Verlag, Halle-Leipzig, 1981, Seite 202.
43. Zitiert nach den zwölf Blättern „Steckenpferdreitereien“, online verfügbar beim Gleimhaus – Museum der deutschen Aufklärung, Halberstadt via museum-digital.de, abgerufen am 14. Juni 2021.
44. Zitiert aus Knobloch, Berliner Fenster, 1981.
45. Zitiert aus Knobloch, Berliner Fenster, 1981.
46. Zitiert nach Heinz Knobloch: Herr Moses in Berlin, Buchverlag Der Morgen, Berlin, 1979, Seite 278. Enthalten auch in Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seiten 222 ff. einschließlich des Gedichtes „An Goethe“.
47. Zitiert nach Knobloch, Herr Moses, 1979, Seite 278.
48. Zitiert aus Alles um Liebe, Band 1, ohne Jahr, Seite 231.
49. Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 303.
50. Zitiert nach Naumann-Beyer: Ein Thier, was Verse macht…, 2019, Seiten 335 f.
51. Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seiten 63 ff.
52. Zitiert aus Schieb, Berliner Literatur-Geschichte, 2019, Seite 23.
53. C. Lücke: Die Feuersbrunst von Neu-Ruppin am 26. August 1787 (Schluß), In: Illustrirte Berliner Wochenschrift Der Bär – Eine Chronik für’s Haus, Jahrgang 13, Ausgabe 50 vom 10. September 1887, Seite 616.
54. Zitiert nach Lücke, Die Feuersbrunst, 1887, Seite 616. Der zitierte Artikel ist Lücke zufolge in der Haude- und Spenerschen Zeitung Nr. 108 vom Sonnabend, dem 8. September 1787, erschienen.
55. Lücke, Die Feuersbrunst, 1887, Seite 616.
56. Zitiert aus Naumann-Beyer, Anna Louise Karsch in Berlin, 2019, Seite 425.
57. Gedichte von Anna Louisa Karschin, 1792, Seite 117.
58. Zitiert aus Brunold, Literarische Erinnerungen, 1875, Seiten 14 f.
59. Zitiert aus Naumann-Beyer, Anna Louise Karsch in Berlin, 2019, Seiten 425 f.
60. Naumann-Beyer, Anna Louise Karsch in Berlin, 2019, Seite 426.
61. Zitiert nach Wolf, Anna Louisa Karschin, 1981, Seite 260.
62. Zitiert aus Heinrich Heine: Deutschland ein Wintermärchen, In: Heinrich Heine: Werke und Briefe, Band 1, Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar, 1972, Seite 474.
63. F. Bornhak: Anna Luise Karsch, In: Der Bär – Illustrirte Wochenschrift für die Geschichte Berlin’s und der Mark, Jahrgang 17, Ausgabe 19 vom 7. Februar 189, Seiten 236 ff.
64. Die Anna-Louisa-Karsch-Straße ist ein Teil der früheren Neuen Friedrichstraße, die diesen Namen 1746 erhält und nach Friedrich II. benannt wird. 1951 umbenannt in Littenstraße, wird sie infolge der Neugestaltung des Stadtzentrums geteilt. Den hiesigen Abschnitt ordnet man bis 2001 der Burgstraße zu.