Zeichnung "Gruft unter der Garnisonkirche" von Adolph Menzel (Ausschnitt)

Die zweite Garnisonkirche: Auf dem Weg ins Kaiserreich

Dieser Beitrag ist Teil 6 von 8 der Beitragsserie "Die Berliner Garnisonkirche"

Ein Sonntag im Juli des Jahres 1858. Obwohl es noch früher Vormittag ist, haben die Temperaturen bereits ein stattliches Maß erreicht. Die Luft in der Garnisonkirche ist stickig.
‚Man könnte sie direkt in Scheiben schneiden‘, denkt Peter, während er mit den Fingern am Kragen seines Uniformrocks herumzieht, um ihn ein wenig zu lockern.
‚Verflixt! Ausgerechnet in meiner Größe war kein passender Rock mehr vorhanden. Der Kerl war doch bloß zu faul zum Suchen!‘
Peter spürt, wie er schon wieder ungehalten wird bei dem Gedanken an seine Auseinandersetzung mit dem Zeugmeister, den er tags zuvor um einen neuen Uniformrock hatte bitten müssen, weil sein alter im letzten Manöver dermaßen zuschanden geworden war, daß er nichts mehr taugte.
‚Und anstatt mir wenigstens einen zu geben, der etwas größer ist, behauptet der einfach, er habe nur noch den einen. Nur daß der mir ein gutes Stück zu klein ist!‘
Peter zerrt weiter an dem Kragen herum, doch der gibt einfach nicht nach. Stattdessen spürt Peter, wie ihm langsam der Schweiß ausbricht. Und der Gottesdienst hat noch nicht einmal angefangen.
„Dieser Lump!“
Peter ist jetzt wirklich wütend.
„He!“, macht es da von der Seite, „gib acht, was Du sagst!“
Peter wird gewahr, daß er die letzten beiden Worte wohl nicht nur gedacht, sondern in seinem Ärger laut ausgesprochen hatte.
„Na, ist doch wahr, Georg!“, mault er in Richtung seines Sitznachbarn in der Kirchenbank.
„Was ist wahr?“, fragt der neugierig zurück.
„Na, daß er ein Lump ist!“, gibt Peter zurück.
„Wer denn bloß? Wen meinst Du?“
„Na den Zeugmeister! Behauptet, er hätte nur noch die eine Uniform. Aber die ist mir viel zu klein!“
„Ach so! Na, da bist Du nicht der Einzige hier. Mir hat er letzten Monat Stiefel ausgegeben…‘ Georg schaut vielsagend auf sein Schuhwerk hinab. „Ich sag Dir, die waren viel zu eng. Mir taten jeden Abend die Füße weh, so eingeklemmt, wie die den ganzen Tag waren.“
„Na, und? Hast Du sie ihm um die Ohren gehauen?“, fragt Peter.
„Nee, was hätte mir das denn gebracht? Dann hätte ich barfuß marschieren dürfen.“
„Und was hast Du dann gemacht?“, will Peter wissen.
„Eingelaufen hab ich sie. Und jeden Abend nach Kräften gedehnt. Inzwischen geht’s ganz gut. Du mußt Dich einfach damit abfinden.“
„Na toll!“ Peter ist nicht sehr begeistert von dieser Aussicht.
Ein kleine Pause entsteht, während Peter darüber nachdenkt.
„Ach, komm“, sagt Georg schließlich. „So schlimm ist das nun auch wieder nicht!“
„Du hast gut reden.“ Peter ist noch nicht bereit, sich in sein Schicksal zu fügen. „Du mußt ja auch nicht in dieser Hitze in diesem viel zu engen Schei…“
„Stop!“ fährt ihm Georg in die Parade. „Paß auf, was Du sagst. Wenn Dich der Spieß hört, brummt er Dir für die Flucherei gleich ’ne Strafe auf.“
Der Gedanke gefällt Peter ganz und gar nicht. So reißt er sich schließlich zusammen und versucht, sich zu beruhigen.
„Hoffentlich ist der Gottesdienst wenigstens schnell vorbei“, brummt er.
„Ach, naja“, gibt Georg zurück. „Eigentlich bin ich schon ein bißchen gespannt.“
„Hä?“ Peter ist verdutzt. „Ist Dir Dein neuer Adjutantenposten zu Kopf gestiegen? Seit wann interessierst Du Dich denn so für den Gottesdienst?“
„Heute kommt doch der neuen Garnisonpfarrer!“ Georg klingt wirklich irgendwie begeistert.
„Ach, echt?“ Peter ist nicht sehr fasziniert.
„Ja, echt!“ Georg klingt eingeschnappt, weil Peter seine Begeisterung nicht teilen will. Doch Peter ist nicht gewillt, ihm entgegenzukommen.
„Mir egal“, antwortet er deshalb. „Ich bin eh bloß hier, weil ich muß. Ist schließlich Befehl.“
„Na hör mal!“ Georg ist entrüstet. „Du solltest den Gottesdienst schon ein bißchen ernster nehmen! Wäre ganz sicher besser für Dein Seelenheil.“
„Ach so, mein Seelenheil…“ entgegnet Peter. Doch Georg ist noch nicht fertig.
„Und die Offiziere sähen es bestimmt auch nicht so gerne, wenn Du hier rumposaunst, wie egal Dir der Gottesdienst ist.“
Jetzt ist Peter entrüstet.
„Die Offiziere?“, fragt er, schon wieder leicht verärgert. „Die sind ja selber nicht da.“
Und er wirft einen vielsagenden Blick hinauf zur nahezu leeren Offiziersloge.
Georg, der seinem Blick gefolgt ist, lenkt ein: „Na gut, die sind auch nicht gerade die ganz großen Vorbilder für uns. Aber das liegt nur an dem alten Garnisonpfarrer. Glaub mir, mit dem neuen wird das bestimmt anders werden. Strauß heißt der, glaub‘ ich. Soll ein ziemlich guter Pfarrer sein, hab ich gehört. Nicht so langweilig wie der alte Ziehe.“
„Soso“, macht Peter. „Hast Du gehört. Wo denn bitte?“
„Hat mein Herr Offizier erzählt. Der ist ganz begeistert, daß der alte Pfarrer endlich abgetreten ist.“
„Und wieso?“, fragt Peter.
„Er sagt, der alte Ziehe sei irgendwie in den Befreiungskriegen hängengeblieben. Der habe gar nicht mehr in die neue Zeit gepaßt. Mit ihr geistig nicht mehr recht mithalten können. Sozusagen.“
„Das hat Deinen ‚Herrn Offizier‘ aber auch nicht dazu gebracht, heute in die Kirche zu kommen.“ Peter fühlt auf einmal die unbestimmte Verpflichtung, den alten Garnisonpfarrer verteidigen zu müssen. Und so fährt er in festem Tonfall fort:
„Ich mochte den alten Ziehe! Der hat wenigstens die Sprache von uns einfachen Soldaten gesprochen. Den hab ich immer verstanden. Und man konnte immer mit ihm reden!“
„Da hast Du nicht unrecht“, pflichtet ihm Georg bei. „Aber der neue, der Strauß, der soll viel moderner sein. Die Offiziere finden ihn jedenfalls gut, heißt es.“
„Na, wenn die Offiziere ihn gut finden, dann kann ja nichts mehr schief gehen!“ Peter wird sarkastisch. „Nach meiner Erfahrung ist allerdings das, was für die Offiziere gut ist, für uns Soldaten meistens weniger von Vorteil.“
„Bist Du verrückt? Sowas laut zu sagen, kann Dir schweren Ärger einbrocken.“ Sorgenvoll blickt sich Georg um, ob jemand der in ihrer Nähe Sitzenden auf Peters Worte reagiert. „Du hast Glück, daß nur ich es bin, der das gehört hat.“
Glücklicherweise wird Peter, der immer noch in ärgerlicher Stimmung ist, in diesem Augenblick einer Antwort, die ihn möglicherweise in ernsthafte Schwierigkeiten hätte bringen können, enthoben, denn es öffnet sich die Tür zur Sakristei. Der von Georg angekündigte neue Garnisonpfarrer Strauß betritt den Kirchenraum und schreitet zum Altar. Der kurz darauf beginnende Gottesdienst beendet das Gespräch der beiden Soldaten in der Kirchenbank.

Neuerungen und Erneuerungen

Die Suche nach einem Nachfolger für Gottlieb Friedrich Ziehe beginnt bereits in seinen letzten Amtstagen und ist auch recht schnell von Erfolg gekrönt. Mit einer Kabinettsordre vom 1. Juni 1858 beruft der König Friedrich Adolf Strauß zum neuen Garnisonpfarrer. Und dieser ist ein gelehrter Mann. Am 1. Juni 1817 in Elberfeld geboren[1]Friedrich Adolf Strauß‘ Vater Gerhard Friedrich Abraham Strauß war zunächst lutherischer Pfarrer gewesen und später Oberhof- und Domprediger in Berlin geworden, eine Position, die ihn zum Seelsorger König Friedrich Wilhelms III. machte. Darüberhinaus war er als Professor der Theologie in Berlin tätig.
Siehe Georg Goens: Geschichte der Königlichen Berlinischen Garnisonkirche, Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, Berlin, 1897, Seiten 83 ff.
, hatte Strauß zunächst das Joachimsthalsche Gymnasium in Berlin besucht, das er als bester Primaner verließ. Studien der Theologie bei Ernst Wilhelm Theodor HengstenbergAugust Johann Wilhelm Neander, August Detlev Christian Twesten und nicht zuletzt seinem Vater Gerhard Friedrich Abraham Strauß sowie der Philosophie bei Friedrich Wilhelm Joseph Schelling schlossen sich ebenso an wie solche der Geographie des heiligen Landes bei Carl Ritter. Ab 1843 war Strauß als Hilfspfarrer am Berliner Dom tätig gewesen, zwei Jahre später trat er eine Stelle als Divisionspfarrer bei der Zweiten Garde-Infanterie-Division an. Im selben Jahr berief man ihn auch zum außerordentlichen Professor der Theologie an die Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin[2]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 83 ff.[3]Beatrice Falk & Bärbel Holtz: Das Schicksal der Alten Berliner Garnisonkirche, In: Der Alte Berliner Garnisonfriedhof im Spannungsfeld zwischen Scheunenviertel und Monbijou, herausgegeben vom Förderverein Alter Berliner Garnisonfriedhof, 1. Auflage, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin, 1995, ISBN 3-7759-0399-2..

Friedrich Adolph Strauß
Porträt des Friedrich Adolph Strauß.
Quelle: Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 82a via Digitale Landesbibliothek Berlin.
Bearbeitung: Alexander Glintschert (2021)
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Die Berufung Friedrich Adolf Strauß‘ zum Pfarrer an der Berliner Garnisonkirche ist einer der letzten Regierungsakte König Friedrich Wilhelms IV. Kurz darauf erkrankt er schwer und muß wegen seiner dadurch bedingten Unfähigkeit, die Regierungsgeschäfte weiterzuführen, die Regentschaft an seinen Bruder Wilhelm übertragen[4]Kurt Borries: Friedrich Wilhelm IV., In: Neue Deutsche Biographie, Band 5, 1961, Seiten 563-566 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 17. Oktober 2021..

Strauß, der am 10. Juli 1858 seine Antrittsrede als Garnisonpfarrer vor dem Zweiten Garde-Regiment hält, muß in seinen ersten Dienstjahren auf die ihm eigentlich zustehende Dienstwohnung verzichten, da diese seinem Amtsvorgänger Ziehe weiterhin zur Verfügung gestellt worden war. Da man ihm jedoch nicht zumuten will, anderswo als im Garnisonkirchenhaus eine Unterkunft beziehen zu müssen, stellt ihm das Gouvernement gegen ein Entgelt dessen Bel-Etage zur Verfügung, die bis dahin an den Sanitätsrat Doktor Hildebrand vermietet worden war[5]Es ist nicht bekannt, ob dem Sanitätsrat dafür extra gekündigt werden muß oder ob dieser vorher aus anderen Gründen sowieso schon ausgezogen war.Ziehe bedankt sich bei seinem Nachfolger für das Entgegenkommen, indem er ihn ausführlich in alle Verwaltungsangelegenheiten und Geschäfte der Garnisonkirche und ihrer Gemeinde einweist. Die Übergabe des von Ziehe und seinen Mitstreitern im Garnisonkirchenkollegium so wohl eingerichteten Garnisonkirchenwesens an den neuen Garnisonpfarrer geht somit reibungslos vonstatten, nicht zuletzt auch deswegen, weil die anderen Mitglieder des Garnisonkirchenkollegiums – Platzmajor Mohrenberg, der mittlerweile zum Oberst befördert wurde, sowie Justizrat und Gouvernementsoberauditeur Wagner – im Amt bleiben[6]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 81 f. und Seite 85..

Eineinhalb Jahre später, am 22. Januar 1860, verstirbt der langjährige Garnisonpfarrer Gottlieb Friedrich Ziehe im Alter von 78 Jahren an den Folgen eines Lungenblutsturzes. Vier Tage später setzt man ihn auf dem alten Offiziersfriedhof des Garnisonfriedhofs neben seiner Ehefrau bei. Seine Töchter stiften ihm einen Grabstein aus weißem Marmor[7]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 81., auf dem zu lesen ist:

Hier ruhet in Gott
unser treuester und verehrtester Vater
Herr Fr. G. Ziehe
Garnisonpfarrer von Berlin
1860.
„Er hat überwunden durch des Lammes Blut“[8]Zitiert nach Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 81.
Das Grab Gottlieb Friedrich Ziehes ist heute nicht mehr vorhanden.

Fast ein Jahr später, am 2. Januar 1861, segnet dann auch der schon seit längerem schwer erkrankte König Friedrich Wilhelm IV. das Zeitliche. Seine Nachfolge auf dem Thron tritt sein Bruder Wilhelm an, der bisher schon Preußen regiert hatte. Als Wilhelm I. ist er nun auch offiziell König des Landes[9]Kurt Borries: Friedrich Wilhelm IV., 1961, Seiten 563-566..

Weil der alte Garnisonfriedhof nach all der Zeit seit seiner Gründung zu klein geworden ist und aufgrund der sich um ihn herum ausbreitenden Stadt auch nicht mehr vergrößert werden kann, legt man in diesem Jahr für die Berliner Garnison einen neuen Friedhof nahe der Hasenheide an. Als am 5. Oktober der Major Ernst Ludwig Ferdinand von Gayette, der Kommandeur des Magdeburgischen Jäger-Bataillons Nummer 4 gewesen war, als erster auf diesem „Neuen Friedhof hinter der Hasenheide“ beigesetzt wird, verknüpft man dies mit der Einweihung des Friedhofs, die im Beisein des Generalfeldmarschalls und Gouverneurs von Berlin, Friedrich Heinrich Ernst Freiherr von Wrangel, stattfindet. Neben ihm wohnen zahlreiche Generäle, Militärbeamte und Abordnungen der Berliner Regimenter der Zeremonie bei, in der Garnisonpfarrer Strauß die Weihe des neuen Friedhofs vollzieht[10]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 90.. Dieser steht der Garnisongemeinde nun als weiterer Begräbnisplatz zur Verfügung und wird durch das Garnisonkirchenkollegium verwaltet[11]Dr. Karl Plumeyer: Beiträge zur Geschichte der Berliner Garnisonfriedhöfe – II. Die Grabstätten in der Hasenheide, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1924, Heft 7-9, Seite 50..

Nach einer durch mehrjährige Pausen unterbrochenen Gesamtbauzeit von elf Jahren kann man in diesem Jahr 1861 auch endlich die Sankt-Michael-Kirche am Engelbecken fertigstellen, die von nun an als Garnisonkirche für die Katholiken im preußischen Heer dient[12]Barbara Kündiger: Umbauten, Zerstörungen und Abriß, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 111.. Damit ist die Zeit der katholischen Gottesdienste in der evangelischen Garnisonkirche endgültig vorüber.

Die Sankt-Michael-Kirche in der Luisenstadt.
Die Sankt-Michael-Kirche in der Luisenstadt. Sie ist die erste katholische Garnisonkirche Berlins.
Quelle: Kirchen, In: Berlin und seine Bauten – II. und III.: Der Hochbau, herausgegeben vom Architekten-Verein zu Berlin und der Vereinigung Berliner Architekten, Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin, 1896, Seite 162 via Digitale Landesbibliothek Berlin.
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In dieser Zeit erhält die Gemeinde für ihre Kirche ein großzügiges Geschenk. Mehrere Decken aus kostbarem rotem Stoff, verziert mit goldenen Stickereien, werden ihr von einer unbekannt gebliebenen Dame für Taufstein, Kanzel und den Altar sowie die Abendmahlsgeräte als Weihnachtsgeschenk übereignet[13]Dr. C. Brecht: Die Garnison-Kirche in Berlin. Zur Erinnerung an die 150jährige Einweihungs-Feier derselben am 2. Juni 1872, A. W. Hayn’s Erben, Berlin, 1872, Seite 16.
Brecht verrät leider nicht das genaue Jahr der Schenkung, sondern schreibt lediglich, daß dies „am Weihnachtstage“ geschehen sei. Da er dies unmittelbar nach der Einweihung des neuen Friedhofs in der Hasenheide erwähnt, kann man wohl davon ausgehen, daß das Jahr 1861 gemeint ist.
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In den letzten Jahren hatte es, wie man auch an den bei den Kollekten eingenommenen Geldern ablesen konnte, einen steten Rückgang der Zahl der Kirchgänger in der Garnisongemeinde gegeben. Das hatte nicht zuletzt auch damit zu tun, daß die Offiziersfamilien der Zeit nach 1848 dem alternden Garnisonpfarrer Ziehe, der nach wie vor den Idealen der Befreiungskriege verbunden geblieben war, immer weniger abgewinnen konnten – ein Umstand, der durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte[14]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 82.. Um dem nun entgegenzuwirken, ist es das Bestreben des neuen Garnisonpfarrers Strauß, die Gemeindemitglieder wieder näher zusammenzubringen und ihr Interesse für die Belange der Garnisonkirche und ihrer Gemeinde zu steigern. Zu diesem Zweck beginnt er im Jahr 1862, sogenannte „Kirchliche Berichte“ herauszugeben, die an alle Offiziers- und Unteroffiziersfamilien verteilt werden. Er greift damit eine Praxis auf, die an der Berliner Domkirche bereits seit einiger Zeit angewendet wird[15]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 85 f..

Das Jahr 1863 ist für die Garnisongemeinde ein Jubiläumsjahr. Einhundert Jahre zuvor war im Februar 1763 mit dem Friedensschluß in Hubertusburg der Siebenjährige Krieg zu Ende gegangen, während vor fünfzig Jahren die Befreiungskriege gegen Napoleon und seine Armee ihren Anfang genommen hatten. Beide Jubiläen werden von der Garnisongemeinde am 15. Februar festlich begangen, wobei die Gedenktafeln der Ritter des Eisernen Kreuzes und der in den Befreiungskriegen Gefallenen feierlich mit Girlanden geschmückt werden[16]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 16..

Doch auch all das bei dieser Feierlichkeit eingesetzte Schmuckwerk, mit dem die Garnisonkirche herausgeputzt wird, kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß das alte Gotteshaus in den Jahren seit seiner letzten großen Renovierung im Jahre 1833 infolge der intensiven Nutzung für Gottesdienste, Konzerte und Kongresse starke Abnutzungserscheinungen aufweist und immer unansehnlicher geworden ist. Garnisonpfarrer Strauß bemüht sich daher nach Kräften, eine gründliche Renovierung der Garnisonkirche in die Wege zu leiten. Doch das ist für einen Garnisonpfarrer, der mit seiner Gemeinde nicht über die dafür erforderlichen Mittel verfügt, nicht so einfach zu realisieren. Zu seinem Glück kommt Strauß in seinem Bestreben der Umstand zu Hilfe, daß auch die Baupolizei auf den beklagenswerten Zustand seines Gotteshauses aufmerksam geworden ist und in diesem Jahr dessen Baufälligkeit rügt. Wie sich herausstellt, gehen die Schäden weit über das hinaus, was sich im Rahmen einfacher Reparaturen beheben ließe. So stößt Strauß mit seinem Anliegen beim Berliner Gouverneur Friedrich Heinrich Ernst Freiherr von Wrangel, beim preußischen Kriegsminister Albrecht Theodor Emil von Roon und sogar beim König selbst auf offene Ohren. Das führt schließlich dazu, daß Wilhelm I. den Auftrag für eine umfassende Renovierung der Garnisonkirche erteilt[17]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 16.[18]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 86 f..

Die Arbeiten beginnen noch im selben Jahr. Am zweiten Pfingstfeiertag 1863 findet der letzte Gottesdienst in der Garnisonkirche statt, bevor sie für die Renovierung geschlossen wird[19]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 87.. Die Federführung übernimmt der Geheime Oberbaurat Friedrich August Stüler, der einige Jahre zuvor den Altar der Kirche entworfen hatte. Der Hofarchitekt kann sich jedoch nicht persönlich um die Ausführung der Arbeiten kümmern. Diese leitet daher der Baumeister und Geheime Oberbaurat August Ferdinand Fleischinger, der sich dabei streng nach den Angaben Stülers richtet und vom Regierungs- und Baurat Johann Daniel Friedrich Nietz unterstützt wird. Die tatsächliche Ausführung übernimmt Baumeister Becker[20]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 16.
Brecht erwähnt, daß die Arbeiten nach dem Tode Beckers von Bauführer Borchardt fortgesetzt werden. Dies findet sich allerdings nirgendwo sonst bestätigt. Richard Borrmann benennt lediglich Becker als Ausführenden – siehe Richard Borrmann: Garnisonkirche, In: Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Verlag von Julius Springer, Berlin, 1893, Seite 175 -, während in dem kurzen Abriß zur Garnisonkirche in „Berlin und seine Bauten“ weder Becker noch Borchardt Erwähnung finden, sondern der ausführende Baumeister mit Bernhardt bezeichnet wird – siehe Kirchen, 1896, Seite 154.
[21]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 109..

Porträt des Friedrich August Stüler von Franz Krüger
Porträt des Friedrich August Stüler in einer Zeichnung von Franz Krüger aus dem Jahr 1837.
Quelle: Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz – SMB-digital, Kupferstichkabinett
Fotograf: Jörg P. Anders
Bearbeitet: Alexander Glintschert (2021)
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Zunächst werden die Außenwände des Gotteshauses neu verputzt, wobei man für eine stärkere Gliederung der Fassade sorgt. Anstelle der bisherigen eher barocken Bänderung kommt nun gleichmäßiger Quaderputz zum Einsatz, was den Eindruck profaner Einförmigkeit mildern soll. Man bessert das Dach aus und bringt über dem südlichen, zur Neuen Friedrichstraße gewandten Giebel als zusätzlichen Schmuck ein drittes Kreuz an. Ursprünglich plante man, den Giebel zusätzlich mit einer biblischen Figurengruppe zu versehen, die aus Sandstein gemeißelt werden sollte, doch dafür reicht letztlich das zur Verfügung gestellte Geld nicht aus. Auch die großen Rundbogenfenster werden komplett erneuert. Zunächst nimmt man die alten Fenster heraus, deren kleine Scheiben durch Holzsprossen zusammengefügt waren. Man ersetzt sie mit einer Bleiverglasung, die man mit gelbgebrannten Terrakottapfosten einfaßt, die ihrerseits mit korinthisierenden Kapitellen versehen sind. Hergestellt werden diese in der in Charlottenburg ansässigen Tonwarenfabrik Ernst March und Söhne[22]Werner Schwipps: Die Garnisonkirchen von Berlin und Potsdam, Berlinische Reminiszenzen 6, 1. Auflage 1964, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin.[23]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seiten 109 f.
Kündiger weist darauf hin, daß die Charlottenburger Tonwarenfabrik Ernst March und Söhne „mit ziemlicher Sicherheit“ der Hersteller der Terrakottapfosten ist, da Friedrich August Stüler oft mit diesem Unternehmen zusammenarbeitete.
. Um im Kircheninneren für mehr Licht zu sorgen, fügt man sogar einige neue Fenster hinzu[24]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 16..

Auch das Innere der Kirche wird generalüberholt. Man malt es komplett neu aus, wobei man eine polychrome Farbfassung[25]Polychromie bedeutet Vielfarbigkeit. Man legt in der Garnisonkirche also Wert auf eine mehrfarbige Gestaltung. zugrundelegt. Wand- und Deckenflächen erhalten, um dem Innenraum einen vermehrten kirchlichen Ausdruck zu verleihen, zwar nur einen einfachen Anstrich, doch führt man als zusätzliches Gestaltungselement nun Bibelsprüche, Kreuze und kriegerische Sinnbilder ein, die die Besonderheit des Gotteshauses, eine Kirche für das Militär zu sein, unterstreichen sollen[26]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 16.[27]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 109.. Auch die Kirchenbänke, von denen einige noch nie auch nur einen Tropfen Farbe gesehen hatten, bekommen nun einen dunklen, eichenholzfarbenen Anstrich, werden jedoch in ihrer Form nicht verändert. Sie behalten „leider ihre steilen Lehnen mit überstehender Kappe, durch die sich ein wackerer Tischlermeister aus der Zeit der Befreiungskriege, vielleicht auf ein Jahrhundert, an der Gemeinde versündigt hat.“, beschreibt Georg Goens das Kirchenmöbel[28]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 87.. Auch die Kanzel, die man beim letzten Umbau aus dem alten Dom herübergeholt hatte, wird farblich neu gestaltet, um sie in ihrem Erscheinungsbild dem Marmor des großen Altars anzugleichen. Auch wird ein größerer Schalldeckel installiert. Der Boden des Kirchenraums, dessen Rotsteinfliesen durch die Schuhnägel der vielen über ihn dahinlaufenden Soldatenstiefel reichlich abgenutzt sind, wird nun mit Asphalt überzogen, unter dem die Fliesen vollständig verschwinden. Man legt die Orgel wieder frei, indem man mit den Jahren installierte Vorbauten entfernt, und vergrößert die Offiziersloge. Um dem künftigen Publikum den Aufenthalt in der Kirche besonders in der dunklen und kalten Jahreszeit angenehmer werden zu lassen, baut man eine Luftheizung ein und installiert eine gasbetriebene Beleuchtungsanlage mit fünf Kronleuchtern[29]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 87.. Schließlich entfernt man noch die zweiten Emporen, was den Raum größer wirken läßt, aber die Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze reduziert[30]Alte Garnisonkirche, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1924, Heft 10-12, Seiten 78 f..

Während die Bauarbeiten im Gange sind, will die Garnisongemeinde nach altbewährter Manier wieder auf andere Kirchen ausweichen. Und wie bisher immer trifft sie auch diesmal wieder auf massive Vorbehalte bei der Berliner Einwohnerschaft, die die Soldaten nicht in ihre eigenen Gotteshäuser lassen möchte. Schließlich muß sich Feldpropst Peter Thielen, der August Ludwig Bollert in der Zwischenzeit in diesem Amt nachgefolgt ist, höchstpersönlich einschalten. Er wendet sich an das Berliner Gouvernement, das die Angelegenheit schließlich klärt und die Garnisongemeinde für die Zeit der Renovierung ihres eigenen Gotteshauses in der Klosterkirche unterbringt. Das erweist sich allerdings schnell als unzureichende Lösung. Mittlerweile besitzt die Gemeinde rund 18.000 Mitglieder, von denen etwa zwei Drittel aktive Militärpersonen sind. Weil nun aber die Klosterkirche nur etwa 1.000 Personen faßt, kann auf diese Weise jedem Soldaten höchstens ein vierteljährlicher Kirchenbesuch garantiert werden. Das widerspricht aber der geltenden Militärkirchenordnung, die einen mindestens monatlichen Kirchenbesuch vorschreibt. Aus diesem Grund werden noch zwei weitere Kirchen hinzugezogen. Ein Teil der Gemeinde hält den Gottesdienst in der Heilig-Geist-Kapelle ab, während die beiden Divisionsgemeinden in die Sankt-Elisabeth-Kirche ausweichen[31]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 87.[32]Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995..

Das Innere der Klosterkirche im Jahre 1896.
Das Innere der Klosterkirche im Jahre 1896. Daß die mitgliederreiche Garnisongemeinde hier in Platzprobleme geraten muß, ist offensichtlich.
Quelle: Kirchen, 1896, Seite 148a via Digitale Landesbibliothek Berlin.
Bearbeitet: Alexander Glintschert (2021)
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Als der November 1863 anbricht, melden die Baumeister Vollzug. Alle Arbeiten sind abgeschlossen. Am 8. November – es ist mittlerweile der dreiundzwanzigste Sonntag nach Trinitatis – kommt die Gemeinde zum ersten Mal wieder in der nun komplett renovierten Garnisonkirche zusammen. König Wilhelm I. wohnt dem Gottesdienst ebenso bei wie alle Prinzen des Königshauses. Gemeinsam sitzen sie in der Königsloge auf der Südempore, der Kanzel genau gegenüber. Auch viele Vertreter der Generalität und zahlreiche hohe Staatsbeamte sind gekommen, um die Wiedereröffnung der Kirche zu feiern. Und natürlich sind auch die Baubeamten anwesend, die die Renovierung ausgeführt haben. Alle gemeinsam folgen sie dem Gottesdienst, dessen Liturgie der Feldpropst der Armee und Oberkonsistorialrat Peter Thielen leitet, während der Garnisonpfarrer Strauß die Predigt hält[33]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 17..

Nun kann die Gemeinde ihre Gottesdienste endlich wieder zusammen in ihrer eigenen Kirche feiern. Dennoch ist man den Bürgergemeinden dankbar für das Asyl, das sie ihr – wenn vielleicht auch nicht ganz unvoreingenommen – für die mehrmonatige Bauzeit gewährt hatten. Das Garnisonkirchenkollegium drückt diesen Dank Anfang des Jahres 1864 mit bescheidenen Geldzuwendungen aus, die es dem Organisten und den beiden Kirchendienern der Sankt-Elisabeth-Kirche zukommen läßt[34]Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995..

Die Elisabethkirche in der Rosenthaler Vorstadt.
Die Elisabethkirche in der Rosenthaler Vorstadt.
Quelle: Kirchen, 1896, Seite 159 via Digitale Landesbibliothek Berlin.
Bearbeitet: Alexander Glintschert (2021)
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Die runderneuerte Garnisonkirche scheint Gemeindemitgliedern und hochgestellten Persönlichkeiten ein Ansporn zu sein, sich wieder mehr um das Gotteshaus verdient zu machen. Noch im ausgehenden 1863er Jahr erhalten Kirche und Gemeinde eine neue Altarbibel und eine Agende[35]Der Begriff Agende bezeichnet in den evangelischen Kirchen das Buch (eventuell auch mehrere), das sowohl die feststehenden als auch die wechselnden Teile des regulären Gottesdienstes aufführt. Auch die Amtshandlungen werden darin beschrieben. geschenkt, deren edler Spender in den Annalen allerdings nicht verzeichnet ist. Und auch im darauffolgenden Jahr 1864 treffen Geschenke ein. Die Dame, der bereits drei Jahre zuvor mehrere Decken zu verdanken gewesen waren, ergänzt ihr Geschenk nun um eine weitere für das Pult, das bei den Abendgottesdiensten Verwendung findet. Überhaupt scheinen Decken für Schenkungen recht beliebt zu sein, denn selbst Königin Augusta beteiligt sich an der Ausstattung der Kirche mit diesen Gebrauchsgegenständen. Am Palmsonntag, der den Beginn der Karwoche markiert, läßt sie dem Gotteshaus mehrere schwarze, mit silbernen Fransen verzierte Decken zukommen – für Kanzel und Altar sowie für den Abendmahlskelch. Am Sonntag nach dem Reformationsfest, ein Jahr nach der Wiedereröffnung der Kirche, ist dann die Reihe an der Kronprinzessin und einigen Offiziersfrauen, der Garnisonkirche ein Geschenk zu machen. Gemeinsam überreichen sie einen kostbaren Teppich aus rotem Plüsch, der mit einer Borte umgeben ist, die von kirchlichen und kriegerischen Emblemen geschmückt wird, die die Damen selbst gestickt haben. Der Teppich hat eine beachtliche Größe, bedeckt er doch den gesamten Altarraum von der Altarwand bis zu dessen Stufen, die er noch hinabreicht, um dann jenseits des Taufsteins zu enden[36]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 17.[37]Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seite 176..

Das Jahrzehnt des Krieges beginnt

All diese Geschenke werten die Garnisonkirche noch einmal deutlich auf. Doch vielleicht ist die umfassende Renovierung, die dafür gesorgt hat, daß sich die Gemeinde in ihrem Gotteshaus wieder wohlfühlen kann, nicht der einzige Grund für den reichlichen Geschenkesegen in diesem Jahr. Es ist schon bemerkenswert, daß die Gaben ausschließlich von weiblicher Hand stammen und zum Teil von den Geberinnen höchstpersönlich angefertigt werden. Vielleicht hängt dies auch damit zusammen, daß in diesem Jahr 1864 erneut die Kriegstrommeln gerührt werden, denn im Februar beginnt der Deutsch-Dänische Krieg, in dem Preußen gemeinsam mit Österreich danach trachtet, Schleswig und Holstein von Dänemark loszulösen. Als er am 30. Oktober mit dem Sieg der beiden deutschen Großmächte endet, verzichtet Dänemark auf die beiden Herzogtümer, die nun von Preußen und Österreich gemeinsam regiert werden[38]Schleswig-Holstein (Geschichte 1863-1864), In: Meyers Konversationslexikon, 14. Band: Rüböl – Sodawasser, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version auf retrobibliothek.de, abgerufen am 18. Oktober 2021..

Dieser erste der drei Deutschen Einigungskriege wird in der Garnisonkirche als Militärkirche des preußischen Heeres natürlich gebührend begleitet. So hält die Gemeinde, während die Kampfhandlungen im fernen Norden im Gange sind, am 24. April einen Dankgottesdienst für den Sieg bei Düppel ab, der durch die Erstürmung der Düppeler Schanzen am 18. April errungen worden war. Als das Kirchenjahr am 26. November zu Ende geht – der Krieg ist bereits vorüber -, richtet man ein Totenfest aus, um der in den Kämpfen Gefallenen zu gedenken. Und am 18. Dezember – es ist der vierte Advent – feiert man erneut einen Dankgottesdienst, der diesmal dem Friedenschluß gewidmet ist. Der Predigt des Feldpropstes Thielen lauschen Abordnungen der Truppen, die am Tag zuvor in Berlin eingezogen waren. Und auch der König ist mit seinem Hofstaat anwesend. Er hatte angeordnet, daß dieses sogenannte Friedensfest in allen Kirchen des Landes zu feiern sei, und sich dann für die Garnisonkirche als den Ort entschieden, an dem er selbst es begehen wollte[39]Provinzial-Correspondenz, Jahrgang 2, Ausgabe 52 vom 21. Dezember 1864, Seite 2.[40]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 88..

Die Erstürmung der Düppeler Schanzen durch die Preußen am 18. April 1864
Die Erstürmung der Düppeler Schanzen durch die Preußen am 18. April 1864.
Quelle: The Royal Library: The National Library of Denmark and Copenhagen University Library via Europeana.
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Zu Ostern 1866 bekommt die Kirche zwei große Altarkerzen geschenkt. Und die kann sie auch gut gebrauchen, denn in diesem Jahr gibt es in der Garnisonkirche wieder einige Feierlichkeiten zu begehen, die mit der Bestimmung des Gotteshauses als Militärkirche unmittelbar zu tun haben. Der noch eineinhalb Jahre zuvor so begeistert gefeierte Frieden hält nämlich nicht lang. Bis zu diesem Jahr haben sich die Rivalitäten zwischen Österreich und Preußen so lange gesteigert, daß sie schließlich im Juni 1866 am Zankapfel Schleswig-Holstein in einem weiteren Krieg entbrennen. In diesem sogenannten Preußisch-Deutschen Krieg, der später einfach Deutscher Krieg genannt werden wird, stehen sich Preußen mit seinen Verbündeten, zu denen auch Italien gehört, und der Deutsche Bund unter der Führung Österreichs gegenüber. Es geht um nichts weniger als die Hegemonie in den deutschen Landen. Da es ein Kampf zweier Großmächte ist, muß es nicht verwundern, daß der Krieg an mehreren Schauplätzen gleichzeitig geführt wird: in Böhmen, in Deutschland und in Italien. Preußen wirft denn auch seine gesamten Streitkräfte in die Schlachten. In Berlin hat das zur Folge, daß mit Ausnahme einer kleinen Besatzung praktisch die gesamte Garnison im Felde steht. Und die Garnisongemeinde begleitet die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Garnisonkirche auf ihre Weise. Am 27. Juni begeht sie einen Bettag, den der König höchstpersönlich anberaumt hat. Das Publikum in dem vollbesetzten Gotteshaus lauscht andächtig der Predigt des Kadettenpredigers Händler. Bereits wenige Tage später, am 8. Juli, richtet man ein Dankfest aus, um den Sieg der preußischen Armee bei Königgrätz am 3. Juli zu feiern. Der Bedeutung dieses Sieges für Preußen entsprechend präsentiert man allen militärischen Glanz, den man aufbieten kann, und Garnisonpfarrer Strauß hält höchstpersönlich die Predigt. Der Krieg schreitet schnell voran, Preußen gewinnt die Oberhand und entscheidet ihn schließlich noch im selben Jahr für sich. Am 23. August schließen Österreich und Preußen in Prag Frieden, das mit Österreich verbündete Sachsen braucht noch bis zum 22. Oktober. Preußen jedoch hat mit diesem zweiten der Deutschen Einigungskriege den anderen deutschen Ländern seine staatliche und militärische Überlegenheit beeindruckend demonstriert. Nachdem die Garnison schließlich nach Berlin zurückgekehrt ist, kommt es am 11. November erneut zu einem großen Friedensfest in der Garnisonkirche, an dem der König mit seiner Familie teilnimmt. So wohnen alle in Berlin anwesenden Prinzen und Prinzessinnen der Feier bei, für die die Fahnen und Standarten der Garnison in die Kirche gebracht worden sind. Der Feldpropst der Armee läßt es sich nicht nehmen, dabei die Predigt zu halten[41]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seiten 17 f.[42]Preußisch-deutscher Krieg, In: Meyers Konversationslexikon, 13. Band: Phlegon – Rubinstein, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version auf retrobibliothek.de, abgerufen am 19. Oktober 2021.[43]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 88 f..

Die feierlichen Akte, mit denen man in der Garnisonkirche die beiden Kriege begleitet hat, sind allerdings nicht einfach nur einzelne Ereignisse, mit denen die Gemeinde die für ihre Soldaten und für Preußen insgesamt glücklich ausgegangenen Kampfhandlungen würdigen oder auch nur verarbeiten will. Eine solche Betrachtungsweise wäre viel zu kurz gegriffen und verkennte völlig, daß der Garnisongemeinde mit ihrer Kirche im preußischen Staats- und Militärwesen eine bedeutende Rolle zukommt. Nicht umsonst haben sich die meisten preußischen Könige in der Vergangenheit immer wieder intensiv um ihre Belange gekümmert. Nach wie vor ist die Garnisonkirche im Herzen der Residenzstadt Berlin ein Ort der Erinnerungskultur des preußischen Militärs und durchaus auch seiner Verherrlichung, der nicht nur auf die Soldaten, sondern auch auf die Bevölkerung wirken soll. Doch indem man nun während laufender Kämpfe dazu übergeht, Siege mit Dankgottesdiensten zu zelebrieren, Totenfeiern für die Gefallenen und Friedensfeiern nach gewonnenen Kriegen abzuhalten, kommt der Garnisonkirche eine neue Rolle zu. Man könnte auch sagen, daß sie damit eine frühere Rolle zurückgewinnt. All diese feierlichen Akte zeigen, daß das Militärkirchenwesen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Preußen einen neuen Aufschwung nimmt. Man intensiviert die Militärseelsorge, hat dabei aber nicht unbedingt das seelische Wohl der Soldaten im Auge – zumindest nicht ausschließlich -, sondern will damit auch die Akzeptanz für die zunehmende militärische Aktivität in jenen Jahren erhöhen – bei Soldaten und Bevölkerung -, indem man ihr in der Berliner Garnisonkirche stets den Segen erteilt. Und weil diese Aktivität nun mal nicht ohne Verluste auskommt, werden die im Krieg gewaltsam zu Tode Gebrachten – die man bis zum heutigen Tag stets als Gefallene bezeichnet, so als könnte niemand wirklich etwas für ihren Tod -, in dem Gotteshaus ausgiebig betrauert und posthum geehrt. Und natürlich werden Siege ebenso ausgiebig zelebriert. Dafür kommt nach wie vor jede Menge militärkirchliche Symbolik zum Einsatz, nicht nur in der Berliner Garnisonkirche: Fahnen, Standarten und andere Trophäen schmücken die Militärkirchen, Schlachtenbilder, Gefallenendenkmäler und Erinnerungstafeln haben Hochkonjunktur. Und um das noch weiter zu befördern, intensiviert man, was man mit der Sankt-Michael-Kirche begann: die Errichtung neuer Garnisonkirchen im ganzen Land. Dafür initiiert man ein aufwendiges Bauprogramm, in dessen Folge in den nächsten fünfzig Jahren zuerst in Preußen, dann in ganz Deutschland etwa zwanzig evangelische und katholische Garnisonkirchen errichtet werden. Die Kirchengebäude gehören dabei durchgängig dem Staat und werden aus dessen großzügigem Militärbudget finanziert. Schließlich sollen diese Gotteshäuser zu wichtigen Traditionsstätten der Truppen werden[44]Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995..

Atempause

Kurz nach dem Ende des Krieges erläßt König Wilhelm I. per Allerhöchster Kabinettsordre vom 30. Oktober 1866 die Anordnung, der Garnisongemeinde ein hinter der Kirche errichtetes Gebäude zuzuweisen. Die Ausdehnung der Stadt hatte im letzten Jahrhundert natürlich auch vor der Umgebung der Garnisonkirche nicht haltgemacht, und so waren um das Gotteshaus herum in der Zwischenzeit einige neue Bauten errichtet worden. In einem davon – das Grundstück hatte man damals für 30.000 Taler erworben – war seit 1828 das sogenannte Anatomische Theater der Friedrich-Wilhelms-Universität untergebracht[45]Die Anatomie ist 1829 zum ersten Mal im Berliner Adreßbuch an der Adresse Hinter der Garnisonkirche 1 verzeichnet.
Siehe J. W. Boike (Hrsg.): Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Berlin und dessen nächste Umgebungen, auf das Jahr 1829, Verlag bei J. W. Boike, Berlin, 1829.
[46]Prof. Dr. med. Albert Guttstadt: Die naturwissenschaftlichen und medicinischen Staatsanstalten Berlins – Festschrift für die 59. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, Verlag von August Hirschwald, Berlin, 1886, Seite 249.. Weil man der Anatomie-Abteilung der Hochschule nun aber ein neues Gebäude im Tierarzneischulgarten nahe der Charité errichtet hatte, wird das Haus mit der Adresse Hinter der Garnisonkirche 1 nicht mehr länger von ihr benötigt[47]Bei diesem neuen Gebäude handelt es sich um das noch heute existierende Anatomische Theater. Es war als Geschenk an die Berliner Universität anläßlich deren fünfzigjähriger Jubiläumsfeier vom König in Auftrag gegeben und 1865 fertiggestellt und bezogen worden. Das alte Gebäude hinter der Garnisonkirche hatte infolge steigender Studentenzahlen und veralteter innerer Einrichtungen nicht mehr den Anforderungen eines derartigen wissenschaftlichen Instituts entsprochen. So war beispielsweise die Abteilung für menschliche Anatomie, die man in dem alten Gebäude untergebracht hatte, weder mit ausreichend Räumen ausgestattet, noch waren Licht und Lüftung auf hinreichendem Niveau verfügbar gewesen.
Siehe Albert Cremer: Das neue Anatomiegebäude in Berlin, In: Zeitschrift für Bauwesen, Jahrgang 16, Heft IV bis VII von 1866, Seiten 161 f. und Albert Guttstadt: Naturwissenschaftliche und medicinische Staatsanstalten, 1886, Seite 249.
. Die königliche Anordnung, es nun der Garnisongemeinde zu übergeben, hat den Zweck, das Gebäude als Amtswohnung für den Feldpropst der Armee zu verwenden. Weil es dafür aber erst umgebaut und hergerichtet werden muß, ist die Schenkung mit einer Bereitstellung von 6.000 Talern verbunden, die einem unter der Verwaltung des Monarchen stehenden Fonds bei der General-Staatskasse entnommen werden sollen. Für die Gemeinde gibt es allerdings einen Haken: die Schenkung verursacht ihr nicht unbedeutende Kosten. Denn Wilhelm I. legt fest, daß die Gemeinde 5.000 Taler aus der Kasse der Garnisonkirche zuzahlen muß. Erst wenn diese restlos ausgegeben sind, dürfen die bereitgestellten 6.000 Taler angewiesen werden. Man beginnt umgehend mit dem Umbau, und im Jahr darauf ist die Feldpropst-Wohnung bezugsfertig. Zu diesem Zeitpunkt sind beide Summen aufgebraucht. Mit dem Einzug des Feldpropstes Peter Thielen ist das Feldpropst-Amt nun wieder in die Residenzstadt Berlin zurückgekehrt. Es bleibt aber eine eigenständige Position. Eine Personalunion mit dem Amt des Berliner Garnisonpfarrers wie ehedem gibt es nicht mehr. Die Garnisongemeinde wird für die Ehre, wieder mit dem Feldpropst verbunden zu sein, verpflichtet, dessen Wohnung auf eigene Kosten zu unterhalten[48]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 92..

Porträt des Feldpropstes Peter Thielen von Richard Brend’amour
Porträt des Feldpropstes Peter Thielen von Richard Brend’amour.
Quelle: Dr. Julius von Pflugk-Harttung (Hrsg.): Krieg und Sieg 1870-71, Ein Gedenkbuch, Schall & Grund, Verein der Bücherfreunde, Berlin, 1895 via Wikimedia Commons
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Die Bereitschaft einzelner Mitglieder der Garnisongemeinde, ihre Kirche mit Geschenken auszustatten, ist auch im darauffolgenden Jahr ungebrochen. Vier große Altarkerzen am Gründonnerstag und eine schwarze, mit silbernen Kreuzen bestickte Decke für den Taufstein zu Ostern künden 1867 davon[49]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 18..

Als man 1861 begonnen hatte, den neuen Garnisonfriedhof an der Hasenheide anzulegen, war in der Müllerstraße im Wedding zeitgleich mit den Arbeiten zur Schaffung eines weiteren Gottesackers für die Garnison begonnen worden. Diese hatten sich jedoch über mehrere Jahre hingezogen, so daß dieser neue Friedhof erst am 24. Mai 1867 fertiggestellt wird. Ein paar Tage darauf, am 4. Juni, wird er an das Garnisonkirchenkollegium übergeben, das wieder die Verwaltung übernimmt. Nochmals zwei Tage später weiht man ihn ein. Garnisonpfarrer Strauß hält dabei die Predigt und vollzieht in Anwesenheit von Vertretern der ganzen Garnisongemeinde die Weihe. Anschließend findet bereits die erste Beerdigung statt. Bestattet wird ein Unterarzt namens Lehmann, der zu seinen Lebzeiten am Friedrich-Wilhelm-Institut tätig gewesen war[50]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 91.[51]Karl Plumeyer, Geschichte der Berliner Garnisonfriedhöfe II, 1924, Seite 52..

Obwohl also das Garnisonkirchenkollegium nunmehr beide neuen Friedhöfe verwaltet, sind sie keineswegs Eigentum der Gemeinde. Die Grundstücke hatte der preußische Staat erworben, und er hatte auch die Einrichtung der beiden Begräbnisplätze finanziert. Der Gemeinde hatte man es lediglich übertragen, für deren Betrieb zu sorgen. Immerhin darf sie dafür aber die dabei erwirtschafteten Einkünfte behalten. Dies wird ihr als Ausgleich für die Einnahmen zugestanden, deren sie anderweitig verlustig gegangen war. Zum einen sind das die Gebühren, die sie einst für Bestattungen in der Gruft der Garnisonkirche kassiert hatte, denn diese war bereits in den 1830er Jahren geschlossen worden. Zum anderen aber verliert sie mit der Einweihung des zweiten neuen Garnisonfriedhofs den Großteil der Einkünfte, die sie mit dem alten erwirtschaften konnte[52]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 91.. Denn genau an diesem 6. Juni wird durch eine Königliche Kabinettsordre der alte Soldatenfriedhof endgültig stillgelegt[53]Dr. Karl Plumeyer: Beiträge zur Geschichte der Berliner Garnisonfriedhöfe – I. Die beiden Garnisonfriedhöfe an der Linienstraße, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1924, Heft 4-6, Seite 29.. Die Verfechter der Schließung aus gesundheitspolizeilichen Gründen hatten sich letzten Endes doch durchgesetzt. Allerdings ist ihr Sieg nur ein partieller, denn der Friedhofsteil, der den Offizieren vorbehalten war, bleibt von der Schließung ausgenommen. Hier dürfen auch in Zukunft noch Bestattungen vorgenommen werden. Den Soldatenfriedhof nutzt man hingegen wie einen Park als Naherholungsgebiet inmitten der Stadt[54]Ernst Friedel: Die alten Militär-Kirchhöfe an der Linienstraße in Berlin. Aus einem Bericht in den Akten der Städtischen Parkdeputation vom Januar 1891, In: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1891, Heft 4, Seiten 48 f..

Bestattungen von Soldaten der Berliner Garnison und ihrer Angehörigen werden also künftig – sieht man einmal von den hochgestellten Offizieren ab – auf den beiden neuen Garnisonfriedhöfen durchgeführt. Dabei gibt es eine klare Zuordnung, die anhand einer quer durch die Stadt gedachten Linie festgelegt ist. Diese führt vom Brandenburger Tor durch die Straße Unter den Linden und die Königstraße weiter zur Landsberger Straße und diese entlang. Wer nördlich dieser Linie verstirbt, wird auf dem Friedhof in der Müllerstraße beigesetzt, wer hingegen südlich davon das Zeitliche segnet, kommt auf den Friedhof an der Hasenheide. So hat alles seine preußische Ordnung[55]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 18.[56]Heinz Berg: Vom Diesseits zum Jenseits des Spandauer Tores: Zur Geschichte des Alten Berliner Garnisonfriedhofs, In: Der Alte Berliner Garnisonfriedhof im Spannungsfeld zwischen Scheunenviertel und Monbijou, herausgegeben vom Förderverein Alter Berliner Garnisonfriedhof, 1. Auflage, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin, 1995, ISBN 3-7759-0399-2.
Heinz Berg beschreibt die Linie, anhand derer die Zuordnung zu den neuen Garnisonfriedhöfen vorgenommen wurde, ebenfalls, weicht aber in einem Punkt von Brechts Darstellung ab. Bei ihm ist die Frankfurter Allee die Grenze, nicht die Landsberger Straße.
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Für das Jahr 1868 verzeichnen die Annalen der Garnisongemeinde noch einmal die Schenkung zweier Altarkerzen[57]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 18.. Während darüber hinaus aus der Berliner Garnisonkirche wenig Nennenswertes zu berichten ist, tritt in ihrem Potsdamer Pendant ein Ereignis ein, dessen Wellen bis an die Mauern des Berliner Gotteshauses schlagen, wo sie ihre Spuren hinterlassen. Ende des Jahres verstirbt der Potsdamer Garnisonpfarrer und Hofprediger Friedrich Wilhelm Krummacher. Als die Suche nach einem Nachfolger im anbrechenden Jahr 1869 anläuft, äußert sein Berliner Amtskollege Friedrich Adolf Strauß Interesse an der Stelle. Zwei Jahre zuvor sein sechzigstes Lebensjahr erreicht habend, wünscht sich Strauß eine leichtere und ruhigere Stellung. Als solche läßt sich das Amt des Berliner Garnisonpfarrers, der neben den Pflichten eines Seelsorgers für die riesige Gemeinde auch noch Aufgaben im Garnisonkirchenkollegium wahrnehmen muß, wahrlich nicht bezeichnen. Ende des Jahres gewährt ihm König Wilhelm I. seinen Wunsch und versetzt ihn nach Potsdam, wo er gleichzeitig zum Superintendenten berufen und zum Doktor der Gottesgelahrtheit erhoben wird. Am 26. Dezember 1869 hält Strauß seine Abschiedspredigt in der Berliner Garnisonkirche. Am 2. Januar 1870 tritt er seine neue Stelle an und wird als Hofprediger und Garnisonpfarrer an der Potsdamer Garnisonkirche eingeführt[58]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 93 f..

Strauß‘ auf diese Weise lang vorbereiteter Wechsel von Berlin nach Potsdam hatte für die Suche nach einem neuen Garnisonpfarrer genug Zeit gelassen. So ist dieser bereits bestimmt, als Strauß sich in der Garnisonkirche ein letztes Mal an seine Gemeinde wendet. Mittels einer königlichen Kabinettsordre vom 19. November hatte der König Emil Wilhelm Frommel als neuen Garnison- und gleichzeitigen Divisionspfarrer des Ersten Gardekorps bestimmt. Am 5. Januar 1828 in Karlsruhe geboren, studierte der Sohn des Landschaftsmalers und Kupferstechers sowie Mitbegründers und ersten großherzoglichen Direktors der dortigen Gemäldegalerie Karl Ludwig Frommel zunächst in Halle und dann in Erlangen, bevor er 1864 eine Stelle als Pfarrer in Wupperfeld – ein Ortsteil von Barmen und heute Wuppertals – antrat[59]Vor seiner Wupperfelder Pfarrerstelle war Emil Frommel 1851 im Alter von dreiundzwanzig Jahren bereits als Vikar in Altlußheim bei Schwetzingen im Nordwesten von Baden tätig gewesen, worauf 1853 eine weitere Vikarstelle in Spöck bei Karlsruhe folgte. Noch im selben Jahr wurde er als ordentlicher Pfarrer zurück nach Altlußheim berufen. Ab 1854 war er dann als Stadt- und Hofvikar an der Stadtkirche in Karlsruhe tätig, eine Stellung, die mit dem Titel „Diakonus“ bezeichnet war. Verheiratet ist Frommel mit Amalie Frommel, geborene Bähr. Das Paar hat im Laufe seines gemeinsamen Lebens fünf Kinder: Karl Frommel, der Älteste, wird Regierungsrat in Berlin. Otto Frommel, der Zweitgeborene, geht später als Botschaftsprediger nach Rom. Seine Zwillingsschwester Elisabeth heiratet am 4. Juli 1892 in Rom den Professor Johannes Hülfen. Ihre jüngere Schwester Maria ehelicht ein Jahr später, am 8. Juli 1893 den Garnisonpfarrer Johannes Keßler in Potsdam. Das fünfte Kind, ein Sohn, stirbt bereits im Kindesalter.
Siehe Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 94 und Seite 106 und Erich Beyreuther: Frommel, Emil, In: Neue Deutsche Biographie, Band 5, 1961, Seite 660 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 23. Oktober 2021, sowie Weigert, Pfarrer und Bürger, 2004, Seite 124.
. Reichlich fünf Jahre später trifft er nun, von dort kommend, am 25. Februar 1870 an seinem neuen Wirkungsort, der Garnisonkirche in der Neuen Friedrichstraße, ein. Das letzte Stück der Reise legt er mit der Droschke Nummer 2894 zurück, begleitet vom Divisionsküster Schließer, der ihn vom Bahnhof abgeholt hatte. Zwei Tage später wird er in der Garnisonkirche von Feldpropst Thielen in sein neues Amt eingeführt. Die Segnung des neuen Garnisonpfarrers übernehmen sein Amtsvorgänger Friedrich Adolf Strauß und der Divisionsprediger Theodor Jordan. In Anwesenheit des Königs und der gesamten königlichen Familie hält der zweiundvierzigjährige Frommel seine erste Predigt in Berlin[60]Emil Frommel: Erlebtes, Nachdruck des Originals von 1927, 1. Auflage, Salzwasser Verlag GmbH, Paderborn, 2014, Seite 227. – in acht Minuten, wie er sich erinnert:

Der Feldpropst sagte mir, der ich gewohnt war – erschrecken Sie nicht! – eine volle Stunde zu predigen: „Acht Minuten haben Sie!“ Da galt’s denn, die Gedanken gehörig „einkochen“, einen Extrakt zu bereiten. Lange predigen ist keine Kunst, aber kurz predigen ist eine. Der König, die Königin, der Kronprinz und die Frau Kronprinzessin, Prinz Friedrich Karl waren in der Kirche. – Sie können wohl denken, daß ich die Hand aufs Herz legen mußte. Aber der Herr half mir über die acht Minuten hinweg.[61]Zitiert aus Emil Frommel, Erlebtes, 2014, Seite 227.

Porträt des Garnisonpfarrers und Schriftstellers Emil Frommel
Porträt des Garnisonpfarrers und Schriftstellers Emil Frommel.
Quelle: Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 94a via Digitale Landesbibliothek Berlin
Bearbeitung: Alexander Glintschert (2021)
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Frommel bezieht – anders als sein Vorgänger – sofort die Wohnung im Garnisonpredigerhaus in der Neuen Friedrichstraße, mietet aber – ebenso wie dieser – vom Garnisonkirchenkollegium die Bel-Etage mit hinzu. Seine Frau und er führen ein gastliches Heim, in dem sie oft auch Gäste beherbergen, so daß Frommel selbst es ein ums andere Mal scherzend als „Hotel Frommel“ bezeichnet[62]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 106..

Das Jahrzehnt des Krieges endet

Der neue Garnisonpfarrer ist – und das unterscheidet ihn von seinen Vorgängern -, als er seine Stelle antritt, in militärischen Dingen völlig unerfahren. Selbst nie Soldat oder Militärpfarrer gewesen, kennt er die unter Soldaten und Offizieren üblichen Gepflogenheiten und Redensarten nicht, was ihm zu Beginn das Leben doch etwas schwer macht. Doch viel Zeit, sich in Ruhe einzufinden, bleibt ihm nicht, denn noch im Jahr seines Amtsantritts sprechen nach einer vierjährigen Atempause in Europa erneut die Waffen[63]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 95..

Der durch die Siege in den vorangegangenen beiden Kriegen beförderte Aufschwung Preußens ruft Frankreich auf den Plan, das mindestens seit den verlorenen napoleonischen Kriegen im preußischen Königreich einen ernsthaften Rivalen in Mitteleuropa sieht, den es zu kontrollieren gilt. Ein Kriegsgrund wird gesucht und gefunden. Als die spanische Regierung in diesem Jahr dem Erbprinzen Leopold von Hohenzollern den Königsthron anträgt – ein Hohenzoller auf dem spanischen Thron würde das Ansehen des preußischen Herrscherhauses sehr befördern -, führt das zu einem Streit zwischen Frankreich und Preußen, an dessen friedlicher Beilegung beide Seiten nicht wirklich interessiert sind. So kommt es am 19. Juli zur Kriegserklärung Frankreichs an Preußen[64]Deutsch-französischer Krieg von 1870/71, In: Meyers Konversationslexikon, 4. Band: China – Distanz, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version auf retrobibliothek.de, abgerufen am 23. Oktober 2021..

Wie schon in den ersten beiden Deutschen Einigungskriegen zuvor, nimmt die Garnisongemeinde auch diesmal wieder regen Anteil an den Kampfhandlungen und begleitet sie mit entsprechenden festlichen Akten. Es beginnt am 27. Juli 1870, als in der Garnisonkirche ein sogenannter Kriegsbettag gefeiert wird, bei dem Garnisonpfarrer Frommel vor einer außerordentlich großen Zahl von Gemeindemitgliedern die Predigt hält[65]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 96.. Tags darauf ist die Kirche erneut bestens besucht, als Frommel die beiden abmarschbereiten Garde-Divisionen mit ihren Divisionspfarrern Jordan und Osterroth ins Feld verabschiedet[66]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 97.. Und dabei spart der Garnisonpfarrer nicht mit Pathos:

So sind wir denn noch einmal hier im stillen Gotteshause, noch einmal hier im Frieden versammelt, ehe wir hinausziehen in die Ferne, und das Kriegswetter uns umtobt; noch einmal wollen wir die Hände falten, damit sie gereinigt zu den Waffen greifen; wollen durch die Schärfe des Schwertes des Geistes, welches ist das Wort Gottes, unser Kriegsschwert uns schärfen und heiligen lassen.[67]Zitiert nach Dieter Weigert: Pfarrer und Bürger, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 125.

Gottes Wort als Heiligung der Waffen – für einen Militärpfarrer im Dienste des preußischen Heeres sicher keine überraschende Aussage. Daß sie dem christlichen Wort von Liebe und Frieden sowie dem zwingenden Gebot „Du sollst nicht töten!“ diametral entgegensteht – ein Widerspruch, der einer allein dem Militär und dem Kriegswesen gewidmeten Kirche generell innewohnt -, spielt dabei keine Rolle. Der Zweck ist die Motivation der Soldaten für den Kampf, nötigenfalls bis zu deren eigenem Tod – und dabei spielen Garnisonkirche, -gemeinde und -pfarrer wichtige Rollen. Mit Erfolg, wie Georg Goens beschreibt:

Tausende von Abendmahlsgästen drängten sich in den Wochen vor dem Ausmarsch der Garde vor den Altar und sind gestärkt worden in ihrer Treue bis zum Tode; auch die durchziehenden Armeekorps, wie das pommersche, vereinigten sich zur gleichen Feier, und inzwischen gingen die Brautpaare nicht einzeln, nein in Zügen zu der heiligen Stätte, umlagerten die Eingänge der Kirche, das Pfarrhaus, das Bureau des Küsters und die Studirstube des Pfarrers – auch sie wollten sich Treue geloben bis zum Tode.[68]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 96.

Der Krieg verläuft zunächst schleppend. Die Franzosen werden, nachdem sie ihn erklärt hatten, nicht aktiv. Neben logistischen Problemen hat das auch damit zu tun, daß der französische Kaiser Napoleon III. offenbar geglaubt hatte, daß sich im Falle der Eröffnung des Krieges die Provinzen, die Preußen 1866 dazugewonnen hatte, erheben, daß die süddeutschen Staaten Neutralität wahren und daß Dänemark, Italien und Österreich ihm möglicherweise gegen Preußen beistehen würden. Doch nichts davon tritt ein. Aufstände bleiben aus, Bayern, Württemberg und Baden geben nicht nur ihre Neutralität auf, sondern unterstützen Preußen, während die anderen europäischen Staaten gar nicht daran denken, sich in den Konflikt einzumischen. So steht Frankreich allein gegen Preußen und seine Verbündeten, die schließlich in die Offensive gehen[69]Deutsch-französischer Krieg von 1870/71, 1885-1892, abgerufen am 23. Oktober 2021..

Porträt des französischen Königs Napoleon III.
Porträt des französischen Kaisers Napoleon III.
Quelle: Österreichische Nationalbibliothek – Austrian National Library
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Als am 6. August die erste größere Schlacht bei Wörth mit einem Sieg der deutschen Verbündeten endet, begeht man diesen am darauffolgenden Tag – einem Sonntag – in der Garnisonkirche mit einer Feier, der ersten von vielen im ganzen Land. Denn die Nachricht über den Sieg wird, nachdem sie der König telegraphisch an die Kommandantur übermittelt hatte, von dieser bereits kurz vor Beginn des regulären Gottesdienstes in der Kirche bekanntgegeben[70]Deutsch-französischer Krieg von 1870/71, 1885-1892, abgerufen am 23. Oktober 2021.[71]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 97..

Nun zieht es auch den Garnisonpfarrer ins Feld. Er will selbst teilhaben an dem Kampfe, den er den Soldaten so glorreich vorgestellt. Da trifft es sich gut, daß dem Feldpropst der Armee gerade ein Schreiben des Generalgouverneurs des Elsaß, des Grafen von Bismarck-Bohlen, vorliegt, der einen fähigen Geistlichen anfordert, der überdies die französische Sprache beherrscht. Umgehend erhält Frommel den Befehl, sich auf den Weg an die Front zu machen, um den Posten eines „außeretatsmäßigen Felddivisionspredigers“ bei der Garde-Landwehr-Division anzutreten, die gerade vor Straßburg im Elsaß steht. Für dieses Amt wird ihm ein Pferd gestellt und ein Pferdeführer, ein sogenannter Trainsoldat, beigegeben[72]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 97.[73]Zitiert aus Emil Frommel, Erlebtes, 1927/2014, Seite 203.. Über ihn erzählt er später in seinen Erinnerungen:

Der Trainsoldat wurde mir gestellt und meldete sich zur Stelle in der Person des Adolf Pulvermacher. Einst ist er ein schmucker Gardehusar zu Potsdam gewesen und war, wie er behauptete, durch sein „jlückliches Genie“ der dänischen Gefangenschaft anno 1864 entronnen, um dann 1866 wieder in Böhmen sich „janz vorteilhaft“ auszuzeichnen, so daß der Orden pour le mérite nur aus Versehen nicht an ihn gekommen.

Darnach nahm er seinen Abschied und schlug eine künstlerische Laufbahn ein und wurde Kunstreiter im Zirkus Renz. „Da lernte ich mang die jroße Welt kennen,“ meinte er. Von da rief ihn die Kriegstrompete zu den Waffen. Er wollte wieder „bei die Husaren“, aber die Stellen waren besetzt, und so wurde er zum Train kommandiert. Da er versicherte, „sich mit der Jeistlichkeit jut zu vertragen“ und nebenbei ein gewandter Reiter und Pferdewärter war, so wurde er mir überwiesen. So waren wir denn aneinander gebunden für die Kriegszeit und sind’s auch geblieben die ganze Zeit hindurch.[74]Zitiert aus Emil Frommel, Erlebtes, 1927/2014, Seite 203.

Frommel ist noch auf dem Weg nach Straßburg, als er von der Kapitulation der französischen Armee bei Sedan erfährt, zu der es am 2. September gekommen ist[75]Deutsch-französischer Krieg von 1870/71, 1885-1892, abgerufen am 23. Oktober 2021.[76]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 97.. In der wieder bestens besuchten Garnisonkirche hält Generalsuperintendent Dr. Brückner an seiner Statt die Predigt beim ersten Gottesdienst nach dem sogenannten Tag von Sedan, die kurz darauf auch gedruckt wird[77]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 19.. Und das ist kein Einzelfall, denn während die Militärgeistlichen mit der Armee unterwegs sind, übernehmen Vertreter der zivilen Berliner Geistlichkeit die Betreuung der Garnisongemeinde. Insgesamt werden für die Kirche vier und für die Lazarette fünf Pastoren vom Feldpropst ausgewählt und berufen[78]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 97 f..

Mit der Niederlage von Sedan gerät auch der französische Kaiser Napoleon III. in deutsche Kriegsgefangenschaft. In der Folge bricht in Frankreich das Kaiserreich zusammen. Eine provisorische Regierung übernimmt die Macht und ruft eine Republik aus. Zum Frieden kommt es dennoch nicht. Die neue Regierung unterbreitet kein Friedensangebot, die deutschen Länder unter Führung Preußens machen deutlich, daß sie Elsaß und Lothringen als Garantien für den Frieden verlangen. So kann es zu keiner Einigung kommen. Die deutschen Armeen rücken auf Paris vor und schließen die Hauptstadt am 19. September ein. Während die Belagerung anläuft, gehen die Kampfhandlungen im Osten Frankreichs weiter. So kommt es, daß Straßburg nach intensivem Beschuß am 27. September kapituliert[79]Deutsch-französischer Krieg von 1870/71, 1885-1892, abgerufen am 23. Oktober 2021.. Frommel, der noch nicht lang bei seiner Division vor Straßburg ist, erhält aus dem Hauptquartier der Armee, also vom König höchstselbst, die Aufforderung, bei dem am 30. September in der Straßburger Thomaskirche abgehaltenen Dankgottesdienst die Rede zu halten[80]Emil Frommel, Erlebtes, 1927/2014, Seite 212.. Anschließend beruft man ihn in der eroberten und arg mitgenommenen Stadt zum Garnisonpfarrer, so daß er nun für einige Zeit hierbleibt[81]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 97.[82]Dieter Weigert: Ein verschwundenes Berliner Baudenkmal: Die Alte Garnisonkirche, Website FOBI Lilienstern, abgerufen am 24. Oktober 2021.
Weigert gibt an, dies sei auf Frommels eigenen Wunsch geschehen.
. Währenddessen endet die Betreuung seiner Heimatgemeinde in Berlin durch die Zivilgeistlichkeit der Stadt bereits wieder im Dezember des Jahres 1870, als man den Pfarrer Ludwig Friedrich August Theodor Bähr, der Frommels Schwager ist, zum Garnisonpfarrverweser ernennt – eine Position, die er bis zur Rückkehr Frommels ausfüllt[83]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 97 f.
Goens nennt nur den Familiennamen Bährs. Der vollständige Name findet sich im Konsistorium der Kirchenprovinz Sachsen. Siehe Konsistorium der Kirchenprovinz Sachsen, Ältere Personalakten, Website der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Landeskirchenarchiv Magdeburg (landeskirchenarchiv-magdeburg.de), abgerufen am 24. Oktober 2021.
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Belagerungsbatterie vor Straßburg im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71.
Belagerungsbatterie vor Straßburg im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71.
Quelle: Bibliothèque nationale de France, aus dem Bestand der Bibliothèque nationale et universitaire de Strasbourg (NIM26234)
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Das anbrechende Jahr 1871 beginnt mit einem Ereignis, das die politische Landkarte Europas nachhaltig verändert: mit der Inthronisation des preußischen Königs Wilhelm I. als deutscher Kaiser am 18. Januar im Spiegelsaal des Schlosses zu Versailles und dem formalen Inkrafttreten der neuen Verfassung wird das Deutsche Reich gegründet[84]Deutschland (Geschichte 1870-1871. Wiederherstellung des Deutschen Reichs), In: Meyers Konversationslexikon, 4. Band: China – Distanz, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version auf retrobibliothek.de, abgerufen am 23. Oktober 2021.. Wie so manch großes Ereignis der Weltgeschichte, hat auch dieses viele Konsequenzen und Nachwirkungen auf den unteren Ebenen der Gesellschaft, die in den Geschichtsbüchern selten Erwähnung finden. So auch für die Garnisonkirche. Weil mit der Reichsgründung die ehemals dem königlich-preußischen Militärfiskus gehörenden Gebäude in den Besitz des neuen Staates übergehen, müssen nun auch die militärkirchlichen Besitztümer dahingehend überprüft werden, wem sie denn nun in Zukunft gehören sollen. Und das schließt die Liegenschaften der Gemeinde inklusive ihres Gotteshauses ein[85]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 92.. Doch so schnell arbeitet die deutsche Bürokratie schon zu jener Zeit nicht, daß dies zu einer zeitnahen Entscheidung führen würde. Die Angelegenheit dauert Jahre.

Als im Februar die Lage des eingeschlossenen Paris schließlich prekär wird, was die Versorgung der Bevölkerung angeht, kommt es zu Friedensverhandlungen. Nach deren vorläufigem Abschluß am 26. Februar besetzen die deutschen Truppen einen Teil der Stadt[86]Deutsch-französischer Krieg von 1870/71, 1885-1892, abgerufen am 23. Oktober 2021.. Weil die seit der napoleonischen Besetzung Berlins zu Beginn des Jahrhunderts immer noch verschwundenen Fahnen und Standarten der Garnisonkirche nach wie vor nicht wieder aufgetaucht sind, nutzt man diese Gelegenheit, auch in der französischen Hauptstadt einmal nach deren Verbleib zu forschen, doch vergebens. Sie bleiben verschollen[87]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 56.. Nachdem auch die französische Nationalversammlung dem sogenannten Präliminarfrieden von Versailles am 1. März zugestimmt hat, ist der dritte der Deutschen Einigungskriege vorerst vorbei[88]Deutsch-französischer Krieg von 1870/71, 1885-1892, abgerufen am 23. Oktober 2021..

Die Nachricht vom geschlossenen Frieden trifft um 16 Uhr am Nachmittag des 3. März 1871 in Berlin ein. Prompt findet am darauffolgenden Sonntag in der Garnisonkirche ein Dankgottesdienst statt, bei dem Garnisonpfarrverweser Bähr vor den anwesenden Abordnungen der in der Stadt zurückgebliebenen Truppen die Predigt hält[89]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 98.. Nachdem zwei Monate später mit dem sogenannten Frankfurter Frieden das Ende des Deutsch-Französischen Krieges endgültig festgeschrieben worden ist[90]Deutsch-französischer Krieg von 1870/71, 1885-1892, abgerufen am 23. Oktober 2021., kehrt der nunmehrige Deutsche Kaiser Wilhelm I. nach Berlin zurück. Am 16. Juni zieht er durch das Brandenburger Tor in die Stadt ein, gefolgt vom Gardekorps und Vertretern der übrigen seiner Truppen. Zwei Tage später sieht die Garnisonkirche viel Volk zusammenströmen. Der Kaiser mit allen Mitgliedern seines Hauses, zahlreiche Fürsten des Reiches, die Heerführer sowie die Schwert- und Bannerträger des gesamten Heeres finden sich gemeinsam mit vielen Gemeindemitgliedern zu einem großen Dank- und Friedensgottesdienst im Inneren des Gotteshauses zusammen. Feldpropst Thielen liest die Liturgie und der aus Straßburg zurückgekehrte Emil Frommel hält, mit dem Eisernen Kreuz geschmückt, die Predigt, die – natürlich – anschließend in den Druck geht. Der freudige Anlaß öffnet bei den anwesenden Gottesdienstteilnehmern nicht nur die Herzen, sondern auch die Brieftaschen: die für die „Kaiser-Wilhelm-Stiftung“ durchgeführte Kollekte bringt fast 400 Taler ein[91]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 19.[92]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 98.! Doch die Garnisonkirche ist nicht das einzige Gotteshaus, in dem ein solcher Gottesdienst stattfindet. Alle Kirchen des Landes beteiligen sich an der Danksagung für Sieg und Frieden[93]Provinzial-Correspondenz, Jahrgang 9, Ausgabe 25 vom 21. Juni 1871, Seite 4..

Titelblatt der Druckausgabe von Emil Frommels am 18. Juni 1871 gehaltenen Predigt zum Dank- und Friedensfest in der Berliner Garnisonkirche
Titelblatt der Druckausgabe von Emil Frommels am 18. Juni 1871 gehaltenen Predigt zum Dank- und Friedensfest in der Berliner Garnisonkirche.
Quelle: Emil Frommel: Predigt am Friedens- und Dankfeste, den 18. Juni 1871 gehalten in der Königl. Garnisonkirche zu Berlin, Verlag von Wiegandt und Grieben, Berlin, 1871 via Bayerische Staatsbibliothek
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Frommel sieht sich durch den überaus erfolgreichen Verlauf des Krieges in seiner Haltung, die seine Predigt beim Abmarsch der Truppen bereits zum Ausdruck brachte, bestätigt. Eine Haltung, die auch den Gefallen des Kaisers findet. Und so hält er auf der vom 10. bis zum 12. Oktober 1871 in der Garnisonkirche stattfindenden, von den Führern des Kirchentags initiierten Oktoberkonferenz[94]Julia Winnebeck: Apostolikumsstreitigkeiten: Diskussionen um Liturgie, Lehre und Kirchenverfassung in der preußischen Landeskirche 1871-1914, Evangelische Verlagsanstalt, 2016, ISBN 978-3-374-04927-1, Seite 50. auf persönlichen Wunsch des Herrschers eine Rede, in der er sich der Frage widmet: „Was haben wir zu thun, damit unserem Volke ein geistiges Erbe aus den großen Jahren 1870 und 1871 verbleibe?“ Seine Antwort auf diese Frage beginnt er damit, die Niederlage Frankreichs als Gericht, den deutschen Sieg hingegen als Gnade zu begreifen. Den „gähnenden Vulkan des Sozialismus“ und die „Entsittlichung der Massen“ malt er als große Gefahren, den Kampf gegen Rom, sprich die katholische Kirche, stellt er als bedeutende Aufgabe dar. Sittlichen Verfall, den er dem französischen Volk unterstellt, sieht er auch in deutschen Landen als Gefahr. Den Sinn für Wahrheit und Lauterkeit müsse man daher fördern, die Lüge dürfe man nicht das religiöse, politische und soziale Leben durchdringen, Recht und Ehre nicht verfallen lassen, den „Schmutz der Pariser Lüderlichkeit“ müsse man bekämpfen. Christlich-preußische Erziehung bis in die Familien hinein sei erforderlich. Treue, Aufopferung und Hingabe – „das Beste, was unsere Leute in den Krieg mitgenommen“ – gelte es zu erreichen[95]Emil Frommel: Vortrag, gehalten auf der Oktoberversammlung 1871 in der Berliner Garnisonkirche: Was haben wir zu thun, damit unserem Volke ein geistliches Erbe aus den Jahren 1870 und 1871 verbleibe?, In: Johannes Kessler (Hrsg.): Für Thron und Altar. Reden in Kriegs- und Friedenszeiten von Emil Frommel, Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, Berlin, 1901, Seiten 113 ff.. Daß dies die letzte Konsequenz – den Tod für Volk und Vaterland – ausdrücklich einschließt, ist Frommels zweifelhaftem Loblied an die deutsche Mutter zu entnehmen:

Ja, eine deutsche und vornehmlich eine preußische Mutter (die es schon von länger her wußte), die ihre Kinder mit dem Blicke erzieht, sie einst hinzugeben in den Tod, sie senkt ins junge Herz jenen edlen, idealen Trieb, dem wir mit das Aufstehen des ganzen Volkes zu danken hatten. Es ist ein wahres Wort: „Aus den Kinderstuben wird die Welt regiert“. Unter gottesfürchtigen, Freiheit und Zucht pflegenden Müttern wächst allein ein rechtes Geschlecht herauf.[96]Zitiert aus Emil Frommel: Vortrag auf der Oktoberversammlung 1871, 1901, Seiten 113 ff.

Ein Plädoyer für den preußisch-deutschen Militarismus. Einen reichlichen Monat später, am 26. November 1871, kann in der Garnisonkirche dessen unvermeidbare Folge besichtigt werden. Es ist Totensonntag, und passend zu diesem Gedenktag richtet man in dem Gotteshaus ein Totenfest aus, um die, wie es heißt, Gefallenen des letzten Krieges zu ehren – ein Anlaß, der reichlich Gelegenheit bietet, die von Frommel so hochgelobten preußischen, nun deutschen Tugenden der Treue, Aufopferung und Hingabe bis in den Tod gebührend zu beschwören. So muß auf kaiserlichen Befehl hin die gesamte Garnison an dem Festakt teilnehmen. Nachdem man die mit Trauerflor umhüllten Fahnen des Gardekorps in einer Art Prozession vom Kaiserlichen Palais zur Kirche und in diese hinein getragen hat, stellen sich die Fahnenträger am Altar in einem Halbkreis auf. Vor dieser Kulisse beginnt dann der Gottesdienst, den wiederum Feldpropst und Garnisonpfarrer gemeinsam bestreiten, wobei Thielen die Liturgie übernimmt und Frommel die Predigt. Posaunen und Orgel untermalen die Gesänge.

Die Kaiserin läßt es sich nicht nehmen, der Garnisonkirche in diesem so bedeutsamen Jahr höchsteigene Geschenke zukommen zu lassen. Weil sie findet, daß der Altar etwas kahl aussehe, stattet sie das Gotteshaus mit einem prachtvoll geschnitzten Lesepult und zwei ebenfalls geschnitzten Kandelabern aus. Für die in der Kirche tätigen Geistlichen ergänzt sie das Geschenk durch vier bequeme Armsessel. Als das Jahr zu Ende geht, verabschiedet die Gemeinde es an Silvester in der Garnisonkirche mit einem großen Schlußgottesdienst und gedenkt feierlich der „Tränen und Verluste“, aber auch der „Lorbeeren und Ehren“, die es gebracht hat[97]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 19.[98]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 98 f..

Feste und Schriften

Am zweiten Pfingsttag des Jahres 1872 – es ist der 20. Mai – erlebt die Garnisonkirche eine weitere der großen militärischen Zeremonien, die es in der jüngeren Vergangenheit immer häufiger gegeben hatte. Man trägt die Fahnen und Standarten der in der Reichshauptstadt ansässigen Truppen in das Gotteshaus, um sie neuerlich zu weihen beziehungsweise einzusegnen. Welch bedeutendes Element der Politik diese Feierlichkeiten, die dazu dienen, dem deutschen Militär seine religiöse Rechtfertigung zu verschaffen, in dem gerade gegründeten Deutschen Reich darstellen, läßt sich allein schon daran ablesen, daß dieser Feier in der maienhaft geschmückten Garnisonkirche der Kaiser und alle Prinzen sowie der preußische Kriegsminister Albrecht Theodor Emil von Roon und die Generalfeldmarschälle Friedrich Heinrich Ernst Freiherr von Wrangel und Helmuth Karl Bernhard Graf von Moltke beiwohnen. Kaiser Wilhelm I. verleiht aus diesem Anlaß sämtlichen Truppenzeichen die Auszeichnung des Eisernen Kreuzes[99]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seiten 19 ff.[100]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 99.. Natürlich läßt es sich der Garnisonpfarrer Frommel nicht nehmen, bei diesem Anlaß eine Predigt zu halten, die ihm zur Lobrede auf die deutschen Siege in den zurückliegenden Kriegen gerät. Die Not habe die deutschen Stämme zusammengetrieben, die nun ein einiges Volk geworden seien, das durch Liebe verbunden und zusammengehalten werden müsse zu einem Volk von Brüdern[101]Emil Frommel: Predigt bei der Verleihung des Eisernen Kreuzes an die Fahnen und Standarten des Gardekorps. Pfingsten 1872., In: Johannes Kessler (Hrsg.): Für Thron und Altar. Reden in Kriegs- und Friedenszeiten von Emil Frommel, Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, Berlin, 1901, Seiten 134 ff.. Und er fährt fort:

Wenn aber irgendwo sich der Geist opferfreudiger Liebe darstellen soll, so ist’s in unserem Heere. Wir sind geeint unter einem Kriegsherrn, tragen seine Farben und Wappen und sein Kleid. Von Seiner Hand gespendet, glänzt das Zeichen des Kreuzes auf der Brust und hier oben an den Fahnen. Vergessen wir es nicht, was es uns sagen will. „Liebe und Treue bis in den Tod“, so ruft es von den Fahnen herab; so ruft es von der Brust ins Herz hinein.[102]Zitiert aus Emil Frommel: Predigt Verleihung des Eisernen Kreuzes, 1901, Seiten 134 ff.

Um das zu erreichen, so Frommel, dürfe natürlich eines nicht fehlen:

Man hat den Heerdienst eine Schule der Zucht genannt, und er ist es auch. In den Tagen, da das eiserne Kreuz gestiftet ward, erstand der Gedanke, das ganze Volk auch im Frieden zu einem Volke in Waffen zu machen, es zu rufen, daß es lerne gehorchen, damit es einst befehlen könne im Hause; dienen, damit es einst herrschen könne in seinem Kreise. Ach, daß uns solches gelänge und inmitten aller Schatten und Dunkel unseres Volkslebens das Heer noch ein lichter Punkt, eine Stätte der Zucht und des Gehorsams, der Treue dem geschworenen Eid bis in den Tod wäre und unbefleckt wie die Ehre dieser Fahnen, Herz und Wandel jedes Einzelnen unter uns![103]Zitiert aus Emil Frommel: Predigt Verleihung des Eisernen Kreuzes, 1901, Seiten 134 ff.

Mit Predigten wie diesen begibt sich Frommel unter die Wegbereiter nicht nur der zunehmenden Militarisierung, die im Deutschen Kaiserreich mit seiner Gründung unverzüglich einsetzt, sondern auch der Beförderung eines deutschen Nationalismus und der Ideologie der Überlegenheit des deutschen Volkes. Wohin diese einige Jahrzehnte später führen werden, ist heute – zwei verheerende Weltkriege später – hinlänglich bekannt.

Nur wenige Tage später feiert man in der Garnisonkirche erneut – diesmal ihr 150jähriges Bestehen. Weil der 31. Mai, der Tag der Einweihung der zweiten Kirche, auf einen Freitag fällt, verlegt der Kaiser die Feierlichkeit auf den darauffolgenden Sonntag. So finden sich der Herrscher, der Feldpropst, der Gouverneur und das Garnisonkirchenkollegium gemeinsam mit vielen Gemeindemitgliedern an diesem 2. Juni in der festlich geschmückten Garnisonkirche ein, in der reichlich Laubwerk den Altar umrankt und Eichenkränze die Emporen schmücken. Wieder liest der Feldpropst die Liturgie und der Garnisonpfarrer hält die Festpredigt. Am Nachmittag richtet der Kaiser als Patron der Gemeinde für die Garnisonkirchenbeamten ein Festmahl aus. Dabei werden dem Garnisonpfarrer Titel und Rang eines Königlichen Hofpredigers verliehen. Als solcher pflegt der von Wilhelm I. hochgeschätzte Frommel von nun an engste Verbindungen zum Kaiserhaus, die sich auch darin ausdrücken, daß er den Kaiser viele Jahre bei dessen Kuren im Wildbad Gastein begleiten wird. Auch der Divisionsküster Schließer erhält eine Auszeichnung. Ihm wird das Allgemeine Ehrenzeichen verliehen. Einige Zeit später steigt er zum Garnisonküster auf.

Der Jahrestag gibt edlen Spendern wieder eine gute Gelegenheit, sich um die Garnisonkirche verdient zu machen. Und diese wird reichlich genutzt. Kaiser Wilhelm I. schenkt in seiner Rolle als Patronatsherr dem Gotteshaus ein vollumfängliches Altargerät, das aus schwerem Silber gefertigt und reichlich vergoldet ist. Während die Kelche Darstellungen der Evangelisten zieren, finden sich auf den Patenen[104]Patene sind flache, runde Schalen, die als liturgische Gefäße beim Abendmahl zum Einsatz kommen. die Bildnisse von Jesus Christus und seinen Aposteln. Diese Gefäße werden im Gottesdienst direkt im Anschluß an Frommels Predigt geweiht. Passend zu ihnen stiftet das Offizierskorps eine Hostiendose. Die Garnisonkirche verfügt damit nun über einen Silberschatz, der dem der anderen Berliner Kirchen in nichts mehr nachsteht. Und auch die Kaiserin ist in diesem Jahr wieder unter den Stiftern wertvoller Geschenke. Gemeinsam mit den Frauen der Mitglieder des Offizierskorps überreicht sie der Gemeinde eine außerordentlich prächtige Bekleidung für Kanzel, Altar und Taufstein, gefertigt aus violettem Samt[105]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seiten 21 f.[106]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 99 f..

Von Kaiser Wilhelm I. der Garnisonkirche zum Geschenk gemachte Altargeräte
Die Altargeräte, die Kaiser Wilhelm I. 1872 der Garnisongemeinde schenkte.
Quelle: Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 100 via Digitale Landesbibliothek Berlin.
Bearbeitung: Alexander Glintschert (2021)
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Anläßlich dieses Jubiläums der Garnisonkirche gibt der Garnisonpfarrer eine Schrift heraus, die den Titel „Gedenkblätter zum 150jährigen Jubiläum“ trägt. Darin veröffentlicht er zum einen seine bei der Feier gehaltene Festpredigt sowie einen kurzen Abriß der Geschichte des Gotteshauses, den der Geheime Registrator im Justizministerium, Dr. C. Brecht, verfaßt[107]Gedenkblätter zum 150jährigen Jubiläum der königlichen Garnisonkirche zu Berlin, den 2. Juni 1872, Verlag von Wiegandt und Grieben, Berlin, 1872.. Dieser hatte sein kurzes Traktat zunächst in der Zeitschrift „Soldatenfreund“ veröffentlicht, bevor Frommel es in seine Festschrift aufnimmt. Es erscheint jedoch im selben Jahr noch einmal bei einem anderen Verlag in einer etwas ausführlicheren Fassung[108]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872..

Titelblatt der Gedenkblätter zum 150jährigen Jubiläum der königlichen Garnisonkirche zu Berlin
Einband der von Emil Frommel herausgegebenen „Gedenkblätter zum 150jährigen Jubiläum der königlichen Garnisonkirche zu Berlin den 2. Juni 1872“.
Quelle: Gedenkblätter, 1872, Einband via Digitale Landesbibliothek Berlin.
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In der Zeit seit der Übernahme des Amtes des Garnisonpfarrers durch Emil Frommel und auch fürderhin nimmt die Zahl der Teilnehmer in den Gottesdiensten, die selbst unter seinem durchaus beliebten Amtsvorgänger Friedrich Adolf Strauß vergleichsweise niedrig geblieben war, wieder stetig zu. Und das liegt nicht allein daran, daß der Inhalt seiner teils pathetischen Predigten, in denen er das Militär und die Tugenden, die er ihm zuschreibt, verherrlicht, bei seinen Zuhörern ebenso auf offene Ohren stoßen wie die Befeuerung der nationalistischen Strömungen, die nach den gewonnenen Einheitskriegen und der Reichsgründung in der deutschen Gesellschaft reichlich Oberwasser haben. Die Begeisterung für seine Gottesdienste, die dazu führt, daß oft genug die Plätze in der Garnisonkirche nicht mehr ausreichen und die Zahl der Gemeindemitglieder sogar anwächst, hat auch unmittelbar mit der Persönlichkeit des Garnisonpfarrers zu tun. Zeitgenossen beschreiben den früh ergrauten Frommel als faszinierende, ja schöne Erscheinung auf der Kanzel, als wortgewaltigen Mann mit weißem Haar und lebhafter Gebärde, der die Menschen in Bann zu schlagen weiß. Und das nicht nur in der Garnisonkirche. Frommel hält seine Predigten auch in anderen Berliner Kirchen und tritt bei Festen und Vereinen in- und außerhalb der Hauptstadt auf[109]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 103 f.. Das hat zur Folge, daß zahlreiche Gläubige aus anderen Gemeinden ihren Weg in die Neue Friedrichstraße nehmen, um den Garnisonprediger sprechen zu hören, der mehr und mehr als Volksredner bekannt wird und mit seinen Gottesdiensten Militärs und Bürger gleichermaßen anzieht[110]Klaus Duntze: Ob auch Kriegsleute seligen Standes sein können (Martin Luther), In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seiten 13 f.. Auch und gerade die Offiziersfamilien sind nun häufiger wieder in der Garnisonkirche präsent, mit der Folge, daß die Offiziersloge in diesem Jahr erweitert werden muß[111]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 103 f.[112]Weigert, Pfarrer und Bürger, 2004, Seite 125.. Und auch wenn Frommel für amtliche Aufzeichnungen nicht viel übrig hat und die von Strauß eingeführten „Kirchlichen Berichte“ nach zweimaligem Erscheinen unter seiner Leitung einstellt, ist unbestreitbar, daß er und sein Amtsvorgänger in ihrem Wirken dafür verantwortlich sind, daß die Berliner Garnisongemeinde mit ihrer Kirche in der Berliner Öffentlichkeit immer mehr in den Vordergrund tritt und an Bedeutung gewinnt[113]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 101 f.[114]Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995..

Der Grund dafür, daß, wie Georg Goens schreibt „der Geistliche [gemeint ist Frommel – Anmerkung des Autors], der wohl die tiefsten Segensspuren in der Geschichte der Kirche zurückgelassen hat, […] am wenigsten für die Aufzeichnung der Geschichte gethan [hat]“[115]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 101., ist jedoch keinesfalls darin zu suchen, daß der Garnisonpfarrer generell eine Abneigung gegen Schriften als solche hegt. Ganz im Gegenteil. In fast allen christlichen Zeitschriften im Deutschland jener Zeit tritt er als Autor in Erscheinung[116]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 106.. Neben seiner Tätigkeit als Geistlicher verfaßt Frommel darüberhinaus eine große Zahl an Reisebildern, Erzählungen und Betrachtungen aller Art. In seinen Werken schreibt er über Kriegserlebnisse und das einfache, bescheidene Leben, thematisiert die Abkehr von Utopien und plädiert dafür, sich stattdessen mit den Bedingungen des Alltags abzufinden. Mit Werken wie der „Familienchronik eines geistlichen Herrn“, „Heinerle von Lindelbronn“ und „Pfarrfrau und Pfarrmagd“ etabliert er sich im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts als Volksschriftsteller[117]Peter Mugay: Licht des Lebens auf altem Friedhof – Gedanken an Gräbern des Garnisonfriedhofs, Neue Zeit, Jahrgang 39, Ausgabe 273 vom 19. November 1983, Seite 6.[118]Weigert, Pfarrer und Bürger, 2004, Seite 125..

Im Reich der Toten

Nicht ganz ein Jahr darauf, am 7. April 1873, findet sich eine Gruppe Männer an der östlichen Seite der Garnisonkirche ein. Während sie sich leise miteinander unterhalten, treten einige auf der Stelle, um nicht auszukühlen, denn sonderlich warm ist es an diesem Tag nicht. Glücklicherweise müssen sie nicht lange ausharren, denn schon biegt der von ihnen erwartete weißhaarige Garnisonpfarrer Frommel um die Ecke des Kirchengebäudes, begrüßt die Wartenden einen nach dem anderen und zieht schließlich einen Schlüssel aus der Tasche, den er in das Schloß der kleinen Pforte steckt, vor der sich die Gruppe an diesem kühlen Apriltag eingefunden hat. Knarrend springt die alte Tür schließlich auf und gibt den Blick auf eine steile Treppe frei, die in eine dunkle Tiefe hinabführt. Neugierig recken die Männer die Hälse, um einen Blick über die Schulter des Garnisonpfarrers zu werfen, doch das Ende der Treppe ist in der tiefschwarzen Dunkelheit, in der die Gruft der Garnisonkirche versunken ist, nicht zu erkennen. Bedächtig entzündet Frommel eine mitgebrachte Lampe. Dann macht er sich daran, in ihrem Schein die steile Treppe vorsichtig Stufe für Stufe hinabzusteigen.

Die kleine Pforte mit der dahinterliegenden Treppe an der nordöstlichen Ecke der Kirche bildet zu jener Zeit den einzigen Zugang zur Gruft. Nachdem der Garnisonpfarrer, unten angekommen, einige kleine Petroleumlampen, die sich in der Nähe der Stiege an den Wänden der Gruft befinden, entzündet hat, bedeutet er seinen Begleitern, nun ebenfalls zu ihm herabzusteigen. Einer nach dem anderen begeben sich die Herren zu ihm hinab, darunter neben den Mitgliedern des Garnisonkirchenkollegiums der Generallieutenant Emil von Schwarzkoppen, der zu jener Zeit die Geschäfte des Gouverneurs der Stadt versieht[119]Bernhard von Poten: Schwarzkoppen, Emil von, In: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 33, 1891, Seiten 314-315 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 31. Oktober 2021., der Divisionspfarrer Theodor Jordan und der Major Ernst Karl Ferdinand von Prittwitz und Gaffron, Adjutant des Prinzen Karl von Preußen[120]Karl Stichler erwähnt lediglich einen Oberst von Prittwitz, der zu jener Zeit Adjutant des Prinzen Karl von Preußen ist – siehe Karl Stichler: Die alte Berliner Garnisonkirche – Erinnerungen eines alten Berliners, In: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen – Vossische Zeitung, Ausgabe 203 (Morgenausgabe) vom 1. Mai 1908, Seiten 4 und 13.
Aus einer vom Verein für die Geschichte Berlins veröffentlichten Fotografie geht hervor, daß es sich dabei um Ernst Karl Ferdinand von Prittwitz und Gaffron handelt – siehe Fotografie des Ernst von Prittwitz und Gaffron, veröffentlicht auf der Website des Vereins für die Geschichte Berlins e. V., gegründet 1865, abgerufen am 31. Oktober 2021.
, sowie einige Freunde des Garnisonpfarrers Frommel, unter ihnen der Stabsoffizier von Siefart mit seinem Sohn Emil. Und auch der Maler und Zeichner Adolph Menzel, der bereits zwanzig Jahre zuvor in der Gruft der Garnisonkirche zeichnete, ist mit von der Partie. Ziel dieser Expedition in die Tiefen unter dem Gotteshaus, die die Herren auf Anregung des Kronprinzen Friedrich Wilhelm[121]Der spätere, sogenannte 99-Tage-Kaiser Friedrich III. unternehmen, ist es, den Zustand des alten, seit den 1830er Jahren geschlossenen Bestattungsgewölbes zu prüfen und die Namen der darin zur letzten Ruhe Gebetteten festzuhalten. Und wenn man schon einmal hier unten ist, will man nochmals den Versuch unternehmen, die seit der französischen Besetzung Berlins im Jahre 1806 verschwundenen Trophäen aus den Schlesischen Kriegen aufzufinden[122]Karl Stichler, Die alte Berliner Garnisonkirche, 1908, Seiten 4 und 13.[123]Emil von Siefart: Ein Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1908, Heft 5, Seiten 134 ff.[124]Barbara Kündiger: Bildwelten und Klangbilder, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 164.Emil von Siefart, inzwischen Major, beschreibt mehr als zwanzig Jahre später die Atmosphäre in der Gruft:

Nicht ohne ein gewisses Gruseln gingen wir alle die steile Kellertreppe […] hinunter. Notdürftig waren die Gänge beleuchtet, hier und da hing eine kleine Petroleumlampe oder brannte eine Stearinkerze, das Tageslicht drang nicht hinein, höchstens spärlich strichweise durch eine zerschlagene Fensterscheibe der runden Kellerfenster, die von Staub und Straßenschmutz undurchsichtbar waren. Die Luft war rein und kühl, irgend ein Modergeruch war nicht zu bemerken, höchstens der Blakgeruch einer Lampe.[125]Zitiert aus Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seite 135.

Zeichnung "Gruft unter der Garnisonkirche" von Adolph Menzel
Zeichnung „Gruft unter der Garnisonkirche von Adolph Menzel.
Quelle: Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz – SMB-digital – Kupferstichkabinett
Fotograf: Jörg P. Anders
Bearbeitet: Alexander Glintschert (2021)
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Begleitet wird die illustre Gruppe von einer Abteilung Pioniere, die zu ihrer Unterstützung abkommandiert worden sind. Da man eine intensive Suche beabsichtigt, sollen sie die lange verschlossene Gruft begehbar machen. Dabei kommen die Soldaten ordentlich ins Schwitzen. Einige Gewölbebereiche sind zunächst überhaupt nicht zugänglich, da man sie im Laufe der vielen Jahrzehnte zugemauert hat. Die die Gewölbebögen verschließenden Wände werden eingerissen, was zwar nicht sonderlich schwierig ist, da sie meist nur einen Stein dick sind, doch müssen die heruntergeschlagenen Steine anschließend beiseitegeräumt werden. Und auch die Särge erfordern umfangreiche Aufräumarbeiten. Viele stehen sehr eng bei- oder gar übereinander. Um ausreichend Platz für die Inspektion zu schaffen, müssen die Soldaten sie ordnen, was nicht geht, ohne sie hin- und herzutragen. Dabei ist äußerste Vorsicht geboten, sind doch gerade die ältesten der Behältnisse schon recht zerfallen.

Zeichnung "Gruft unter der Garnisonkirche" von Adolph Menzel
Zeichnung „Gruft unter der Garnisonkirche in Berlin, so befunden im Sommer 1873″ von Adolph Menzel.
Quelle: Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz – SMB-digital – Kupferstichkabinett
Fotograf: Jörg P. Anders
Bearbeitet: Alexander Glintschert (2021)
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Schließlich kann man darangehen, die Särge zu untersuchen. Vorsichtig werden bei einigen die sie verschließenden Schrauben gelöst und die Deckel abgehoben. Die ehrfürchtigen Blicke der Umstehenden erkennen zunächst nicht viel. Eine dicke Schicht aus Staub und Spinnweben verdeckt das Innere der hölzernen Ruhestätten. Die Pioniere machen sich vorsichtig daran, die Spinnweben zu beseitigen und den Staub wegzubürsten. Was darunter zum Vorschein kommt, läßt die Männer andächtig innehalten.

Daß einige der Särge hohe Generäle beherbergten, war allgemein bekannt. So hatte man sich den prunkvollsten Stücken zuerst zugewandt. Nachdem man darin die reich bestickten, mit Goldborten besetzten Überdecken zurückgeschlagen hat, kommen darunter mumifizierte, außerordentlich gut erhaltene Leichen zum Vorschein. Das hatte wahrlich niemand der Anwesenden erwartet[126]Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seiten 135 f.! Emil von Siefart berichtet:

Einige Leichen waren völlig erhalten und die Trachten des achtzehnten Jahrhunderts, besonders die Uniformen der Friedericianischen Zeit deutlich zu erkennen, selbst die Farben der Stoffe traten hervor. So entsinne ich mich einiger Generale, deren Namen an kleinen Schildern an den Särgen angebracht waren […] Die Generale lagen in voller Uniform mit Schärpe, Degen, Stülphandschuh und hohen Stiefeln, letztere waren der derzeitigen Mode entsprechend, an der Spitze nicht abgerundet. […] Auch Zivilbeamte in der Tracht der Zeit mit Dreimaster unter dem Arm erregten unsere besondere Aufmerksamkeit. Eine Frauenleiche, mit langen blonden Haaren, im Brautschleier und kostbarem Seidenkleid trug noch einen Schmuck, der nach Rekognoszierung der Familie zurückgegeben werden sollte. In dem Sargdeckel einer Frauenleiche stand mit Kreide geschrieben: „Nach 3 Jahren glückseligster Ehe.“[127]Zitiert aus Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seiten 135 f.

Zeichnung "Sarkophag des Generalfeldmarschalls von Kalkstein in der Gruft der Garnisonkirche in Berlin" von Adolph Menzel
Zeichnung „Sarkophag des Generalfeldmarschalls von Kalkstein in der Gruft der Garnisonkirche in Berlin“ von Adolph Menzel.
Quelle: Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz – SMB-digital – Kupferstichkabinett
Fotograf: Jörg P. Anders
Bearbeitet: Alexander Glintschert (2021)
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Auch die den Bestatteten zu ihren Lebzeiten verliehenen Orden und Ehrenabzeichen sind zum Teil noch vorhanden. Ganz offensichtlich hatten die Franzosen, als sie im Jahre 1806 Kirche und Gruft demolierten, nicht alles Wertvolle mitgehen lassen. Anhand der erwähnten Schilder an den Särgen gelingt es, unter anderen die Generäle Samuel Graf von Schmettau, Christoph Wilhelm von KalksteinFriedrich Adolf Graf von Kalckreuth und Albrecht Konrad Reinhold Reichsgraf Finck von Finckenstein zu identifizieren. Als ein weiterer der Särge geöffnet und der Deckel gehoben wird, finden die Herren darin einen fast vollständig konservierten Leichnam vor, der nur sehr geringe Spuren der Verwesung zeigt. Selbst das Haupthaar ist noch in Fülle vorhanden. Auf der Brust des Toten prangt der silbergestickte Stern des Schwarzen Adlerordens. Kaum hat der Maler Adolph Menzel einen kurzen Blick auf den Toten geworfen, da ruft er auch schon begeistert aus: „Das ist Keith, den erkenne ich an der Ähnlichkeit!“ Und tatsächlich, der Tote ist niemand anderes als der Generalfeldmarschall James Francis Edward Keith[128]Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß man in Reisehandbüchern, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, teils noch Jahre nach der Expedition in die Gruft der Garnisonkirche, erschienen sind, oftmals die Aussage findet, der General James Francis Edward Keith sei in der Gruft der Parochialkirche bestattet worden – siehe beispielsweise Karl Baedeker: Berlin und Umgebungen – Handbuch für Reisende, 5. Auflage, Verlag von Karl Baedeker, Leipzig, 1887, Seite 128.
Dies geht, wie Karl Stichler erläutert, höchstwahrscheinlich auf eine Verwechslung zurück. Diese dürfte ihre Ursache zum einen darin haben, daß Keith als Gouverneur von Berlin seit November 1749 seine Dienstwohnung in der Königstraße 19 hatte, ganz in der Nähe des später errichteten Stadtgerichts und nicht allzuweit von der Parochialkirche entfernt. Zum anderen findet sich Stichler zufolge in den Registern der Parochialkirche der Vermerk, daß gegen Ende des 18. Jahrhunderts in der dortigen Gruft eine Frau Hofmarschallin von Keith beigesetzt worden war, mit der der General und Gouverneur von oberflächlichen Rechercheuren wegen der Namensgleichheit wohl verwechselt wurde. Siehe Karl Stichler, Die alte Berliner Garnisonkirche, 1908, Seiten 4 und 13.
Spätere Auflagen insbesondere des Baedeker-Reiseführers haben diesen Fehler korrigiert – siehe beispielsweise Karl Baedeker: Berlin und Umgebungen – Handbuch für Reisende, Verlag von Karl Baedeker, 9. Auflage, Leipzig, 1896, Seite 141.
, an dessen linkem Mundwinkel noch das Loch der Kugel zu sehen ist, die ihn einst im Kampfe niederstreckte[129]Karl Stichler, Die alte Berliner Garnisonkirche, 1908, Seiten 4 und 13.[130]Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seiten 135 f.[131]Max Müller: Auf den Spuren des preußischen Militärs, Berliner Morgenpost vom 20. November 2019..

Während die Herren die Särge weiter inspizieren und ordnen und die Pioniere sie gemäß ihren Anweisungen hin- und herräumen, beginnt Adolph Menzel damit, in Zeichnungen festzuhalten, was sich seinem Auge in der Gruft darbietet. Sein Bleistift eilt über das Papier und aus den Strichen entstehen Studien, die einzelne Details der Särge sowie der Verstorbenen und ihrer Uniformen zeigen oder aber ganze Szenen, die ein Bild davon vermitteln, wie es in der Gruft Jahrzehnte nach ihrer Schließung aussieht. Willkürlich übereinandergestapelte Särge sind zu sehen, die aus tiefer Dunkelheit in das spärliche Licht, das die Lampen verbreiten, treten. Lediglich an der steilen Treppe, so zeigt es eine der Darstellungen Menzels, fällt ein hellerer Lichtschein in das Gewölbe unter der Kirche. Alles in allem wird aus den Zeichnungen deutlich, daß die Gruft in der Zeit seit ihrer Schließung sehr vernachlässigt worden ist[132]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 164.[133]Clara Wörsdörfer: Präsenz der Toten, Prozessualität der Zeichnung – Menzels Zeichnungen aus der Berliner Garnisongruft, In: all-over – Magazin für Kunst und Ästhetik, Oktober 2014..

Zeichnung "Mumifizierte Leiche des Feldmarschalls Keith in der Gruft der Garnisonkirche in Berlin" von Adolph Menzel
Zeichnung „Mumifizierte Leiche des Feldmarschalls Keith in der Gruft der Garnisonkirche in Berlin“ von Adolph Menzel.
Quelle: Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz – SMB-digital – Kupferstichkabinett
Fotograf: Jörg P. Anders
Bearbeitet: Alexander Glintschert (2021)
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Das vielleicht beeindruckendste Bild, das Menzel in der Garnisongruft zeichnet, ist eine Darstellung der Leiche des Generalfeldmarschalls James Francis Edward Keith. Doch warum ist der Maler bei dieser kleinen Expedition ins Reich der Toten unter der Garnisonkirche überhaupt dabei? Paul Meyerheim zufolge ist Menzel ein ausgewiesener Kenner der Kriege und Generäle aus der Zeit der Regierung Friedrichs II., da er sich bereits intensiv mit dieser Ära beschäftigt hatte. Als solcher soll er bei der Identifikation der Leichen helfen. Meyerheim gibt in seinem 1906 veröffentlichten Buch „Adolph von Menzel. Erinnerungen“ eine Anekdote wieder, die diese Behauptung stützen soll. Ihr zufolge habe der Maler bei einem späteren abendlichen Besuch in der Gruft „im Beisein des Kaisers […] jeden Prinzen und Heerführer mit größter Sicherheit nach den vorhandenen Uniformstücken rekognoszieren können“. Tatsächlich ist Menzel bereits bei der ersten Untersuchung der Leichname in der Lage, den Generalfeldmarschall Keith sofort zu erkennen, wie Karl Stichler berichtet[134]Karl Stichler, Die alte Berliner Garnisonkirche, 1908, Seiten 4 und 13.[135]Clara Wörsdörfer, Präsenz der Toten, 2014..

Doch so sicher, wie Meyerheim behauptet, ist das keineswegs. Schaut man sich Menzels Zeichnungen und seine darauf hinterlassenen Notizen an, die der Maler in der Gruft der Garnisonkirche anfertigt, so fällt auf, daß sie nur in Bezug auf den bereits genannten Generalfeldmarschall Keith darauf schließen lassen, daß Menzel diesen gut kennt. Für die anderen von ihm dargestellten Toten gibt er lediglich Vermutungen über zeitliche Zuordnungen an oder vermerkt die sehr spärlichen Informationen, die auf dem kleinen Schildchen am Sargdeckel zu lesen sind. So erscheint es wahrscheinlicher, daß Menzels Teilnahme lediglich seinem besonderen Interesse an dieser Expedition geschuldet ist, hatte er sich doch bereits früher mit dem Thema Tod zeichnerisch auseinandergesetzt. Und da die Gruft der Garnisonkirche seit ihrer Schließung nicht für die Öffentlichkeit zugänglich war, ist ihre Besichtigung in Begleitung des ortskundigen Garnisonpfarrers eine besondere Gelegenheit, die wahrzunehmen der Maler sicher nicht zögerte. Die Entdeckung der außerordentlich gut erhaltenen Leichen erweist sich dann für ihn als außergewöhnlicher Glücksumstand, der ihn veranlaßt, noch mehrmals wiederzukehren, um seine Studien fortzusetzen und zu vervollkommnen, um zu zeichnen, was er sieht, unabhängig von jeglicher Vereinnahmung der militärischen Helden zum Zwecke preußischer Erinnerungskultur[136]Clara Wörsdörfer, Präsenz der Toten, 2014..

Zeichnung "Leiche des Reichsgrafen Truchsess-Waldburg in der Gruft der Garnisonkirche in Berlin" von Adolph Menzel
Zeichnung „Leiche des Reichsgrafen Truchsess-Waldburg in der Gruft der Garnisonkirche in Berlin“ von Adolph Menzel.
Quelle: Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz – SMB-digital – Kupferstichkabinett
Fotograf: Jörg P. Anders
Bearbeitet: Alexander Glintschert (2021)
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Menzels zeichnerische Darstellungen seiner Eindrücke in der Gruft der Garnisonkirche sind jedoch nicht die einzige Folge dieser kleinen Expedition ins Reich der Toten. Auch der Berliner Maler Franz Skarbina nutzt das Gewölbe und die darin Bestatteten als Gegenstand für Skizzen und Studien, die er nicht nur in der am Pariser Platz 1 ansässigen Galerie Eduard Schulte ausstellt, sondern anschließend auch als Grundlage für Arbeiten in Öl verwendet[137]Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seite 136.[138]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seiten 167 f.
Barbara Kündiger weist darauf hin, daß sowohl die Skizzen als auch die nach ihnen von Skarbina geschaffenen Ölbilder heute verschollen sind.
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Ein anderes Resultat der Untersuchung der Gruft ist allerdings für die Kirche selbst von großer Bedeutung. Nun, nachdem man den Zustand der Gewölbe im Untergrund des Gotteshauses in Erfahrung gebracht hat, entschließt man sich, Maßnahmen zu ergreifen, sie wieder in die würdige Ruhestätte der Verstorbenen zu verwandeln, die sie einst gewesen war. Man beginnt damit, diejenigen der einst 815 Särge auszusondern, die in außerordentlich schlechtem Zustand sind und bei denen sich nicht mehr feststellen läßt, wer eigentlich darin bestattet ist. Letztlich verbleiben lediglich 193 dieser Behältnisse in der Gruft, die anderen schafft man alle hinaus und setzt die darin aufgefundenen Leichenreste auf dem Garnisonfriedhof in der Müllerstraße bei[139]Die Angaben in den verschiedenen Quellen bezüglich der Anzahl der Särge, die aus der Gruft entfernt werden, und derjenigen, die darin verbleiben, sind sehr verwirrend. Emil von Siefart gibt an, daß ungefähr 500 Särge ihren Weg auf den Garnisonfriedhof finden. Bei Georg Goens ist die genauere Angabe zu finden, daß es 555 Särge seien. Siehe Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seite 135 und Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 102.
Demgegenüber ist jedoch in einem dreizehn Jahre nach der Gruftöffnung erschienenen Artikel von A. Heinze über das Begräbnisgewölbe der Garnisonkirche die Angabe zu finden, daß noch 193 Särge in der Gruft vorhanden seien. Siehe A. Heinze: Die Ruhestätten der Berliner Garnisonkirche, In: Illustrirte Berliner Wochenschrift Der Bär – Eine Chronik für’s Haus, Jahrgang 12, Ausgabe 19 vom 6. Februar 1886, Seite 236. Noch spätere Beschreibungen sprechen wieder von 221 noch vorhandenen Särgen. Siehe beispielsweise Auf der Brandstätte der alten Garnisonkirche, In: Berliner Volks-Zeitung, Jahrgang 56, Ausgabe 179 (Morgenausgabe) vom 15. April 1908, Seite 3.
Wie diese Zahlen zusammenpassen sollen, ist unklar. Denn gleichgültig, wie man die verschiedenen Angaben über die Anzahlen verbliebener und entfernter Särge miteinander kombiniert – zusammen ergeben sie nie die einstige Gesamtmenge von 815 Särgen. Wir halten die Angabe von A. Heinze über die noch vorhandenen Särge für die gesichertste Angabe, da sie einem speziell der Gruft gewidmeten Artikel entstammt und den Zustand der (damaligen) Gegenwart wiedergibt. Spätere Angaben haben wir nur in Zeitungsartikeln über die Garnisonkirche gefunden, denen wir eine geringere Quellenqualität beimessen. Die Aussagen über die entfernten Särge stammen wiederum aus Quellen, die sie aus der Perspektive der Rückschau treffen und damit unserer Meinung nach eine höhere Wahrscheinlichkeit für Fehler aufweisen.
. Doch auch unter den im Gewölbe verbleibenden Särgen befinden sich mehr als sechzig, über deren Insassen man nichts mehr weiß. Ihr Zustand ist aber so gut, daß man sich entschließt, sie trotzdem unter der Kirche zu belassen[140]A. Heinze: Ruhestätten, 1886, Seite 236.. Daß die Leichen, die man in den intakten Särgen vorfindet, so außerordentlich gut erhalten sind, ist dem Umstand zu verdanken, daß die Gruft der Garnisonkirche, ähnlich wie die Ostkrypta des Sankt-Petri-Doms in Bremen – auch als Bremer Bleikeller bekannt – und das Gewölbe des Kapuziner-Klosters bei Palermo, die Eigenschaft besitzt, Leichen zu konservieren, und zwar auf eine Weise, daß nicht einmal die Spur eines Modergeruchs entsteht[141]Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seite 135..

Im Anschluß richtet man die Gruft wieder her. Die Wände werden neu gestrichen, man säubert die Fenster und stellt die Särge auf pietätvolle Art und Weise neu auf[142]Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seite 136.. Dreizehn Jahre später beschreibt A. Heinze den Zustand der wiederhergestellten Gruft:

Wir steigen hinunter. Eine eisige Luft weht uns an ohne die geringste Spur von Modergeruch; durch die kleinen ovalen Fenster fällt nur sehr wenig Licht, erst beim flackernden Schein der Lampen können wir uns orientiren. In den mit Kreuzgewölben überspannten Räumen stehen links und rechts lange Reihen von Särgen, darunter wahre Prachtexemplare der Tischlerkunst. Da ruhen sie, auf deren Kommando einst Tausende von Preußens Kriegern in den Tod gingen. Ein großes Stück Preußischer Geschichte zieht hier an unserem geistigen Auge vorüber.[143]Zitiert aus A. Heinze: Ruhestätten, 1886, Seite 234.

Um die in ihnen Bestatteten besser erhalten zu können, geht man dazu über, die Särge im Winter zu öffnen, so daß man sich die niedrigen Temperaturen der kalten Jahreszeit als Konservierungsmittel zunutzemachen kann[144]Karl Stichler, Die alte Berliner Garnisonkirche, 1908, Seiten 4 und 13.. Die Gruft wird auch wieder für Besucher geöffnet. Sie ist nun ein Teil der Traditions- und Erinnerungsstätte des preußisch-deutschen Militärs, die die Garnisonkirche sowieso schon ist. An den Gedächtnistagen der Verstorbenen können deren Nachkommen Kränze auf die Särge ihrer Vorfahren legen[145]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 38..

Aus dem Gemeindeleben – die 1870er Jahre

Die Traditions- und Erinnerungsstätte Garnisonkirche wird im Jahr darauf wieder um einige Erinnerungsstücke reicher. Am 22. November 1874 veranstaltet man eine Totenfeier, um der in den deutschen Einheitskriegen von 1864, 1866 und 1870/71 getöteten Soldaten der Garde und des Dritten Armeekorps zu gedenken. In Anwesenheit von Kaiser und Kronprinz sowie aller anderen Prinzen des Königshauses werden elf entsprechende Erinnerungstafeln kirchlich geweiht. Die hölzernen Tafeln, deren Schaffung der Kaiser mit einem Spezialerlaß im Jahr zuvor angeordnet hatte, tragen jeweils die Aufschrift „Die gefallenen Helden ehrt dankbar König und Vaterland. Es starben den Heldentod:“, gefolgt von den Namen der toten Soldaten. Darüber prangt ein Eisernes Kreuz, das von zwei Lorbeerzweigen umgeben ist. In der bis auf den letzten Platz gefüllten Garnisonkirche – auch viele Besucher aus dem Berliner Bürgertum nehmen an der Feier teil – hält Hof- und Garnisonpfarrer Frommel aus diesem Anlaß eine Predigt, die nahtlos an seine früheren Reden aus ähnlichen Anlässen anknüpft. Diesmal verklärt er das preußisch-deutsche Militär zum Pilgervolk, dessen Leichenfeld weit in alle Länder gespannt sei, von der Ostsee bis ins Böhmerland und weiter nach Frankreich. Stets seien die preußischen Soldaten, so Frommel, nur zur Verteidigung des Vaterlands ins Feld gezogen, und all die Toten mahnten ebenso wie die eroberten Trophäen an die Treue, die ein Jeder König und Vaterland schulde[146]Eine Gedächtnisfeier, In: Provinzial-Correspondenz, Jahrgang 12, Ausgabe 47 vom 25. November 1874, Seiten 1 und 4.[147]Otto Freiherr von Lüdinghausen-Wolff: Geschichte des Königlich Preußischen 2. Garde-Regiments zu Fuß 1813-1882, Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Berlin, 1882, Seite 387.. Die Gedenktafeln hängt man anschließend in der Kirche auf – eine auf der Seite der Kanzel, die anderen zehn an der gegenüberliegenden Südseite, jeweils auf den Emporen zwischen den Fenstern[148]Otto Freiherr von Lüdinghausen-Wolff, Königlich Preußisches 2. Garde-Regiment, 1882, Seite 387.[149]Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seite 176..

Als im Folgejahr 1875 die Orgel des Gotteshauses 150 Jahre alt wird, begeht man dieses Jubiläum am 14. Januar mit einem Orgelkonzert des langjährigen Garnisonorganisten Jödicke. Im selben Jahr steht ein Umbau des alten Garnisonpfarrhauses an. Das schon recht betagte Gebäude aus den Anfangstagen der Garnisonkirche – damals gehörte es noch dem Oberst Caspar Otto von Glasenapp – soll neue, modernere Anlagen zur Wasserver- und entsorgung erhalten. Die Arbeiten gestalten sich jedoch aufwendiger und erfassen auch andere Gebäudeteile. Ein herber Verlust für das Haus ist die Folge: die schöne große Wendeltreppe, die sich vom Parterre durch zwei Stockwerke hinaufzog, geht den Weg alles Irdischen und wird entfernt[150]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 102 f..

Ebenfalls 1875 findet in Deutschland eine Volkszählung statt. Im Ergebnis werden für die Garnisongemeinde 16.067 Mitglieder ausgewiesen. Diesen stehen dem Statistischen Jahrbuch für das Jahr 1876 zufolge insgesamt 3.195 Sitzplätze zur Verfügung, die sich auf zwei Kirchengebäude verteilen: die Garnisonkirche und eine Kapelle auf dem Garnisonfriedhof in der Müllerstraße. Doch auch wenn die Zahl der Sitzplätze für die große Gemeinde nicht einmal ansatzweise ausreichend ist, liegt sie doch weit über denen, die der Mariengemeinde – 2.171 Sitzplätze – oder der Gemeinde der Französischen Kirche – 2.775 Sitzplätze – zur Verfügung stehen. Die Garnisonkirche ist, was die Zahl der Plätze betrifft, die größte Kirche Berlins[151]Richard Böckh (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin, Vierter Jahrgang, Verlag von Leonhard Simion, Berlin, 1878, Seite 192..

Porträtfoto des Albrecht Theodor Emil von Roon
Albrecht Theodor Emil von Roon in einer Porträtaufnahme.
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Von Gemeinde und Kirche gibt es in den folgenden Jahren lediglich vereinzelte Nachrichten. Noch 1876 wechselt der Garnisonküster Schließer die Beschäftigung und wird nun als Totengräber angestellt. Für die Stelle des Garnisonküsters weisen die Unterlagen der Gemeinde nun einen Herrn Wendt aus[152]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 102.. 1877 wird dem Gouverneur der Reichshauptstadt, der immerhin Vizepatron der Garnisongemeinde ist, eine eigene, abgeschlossene Patronatsloge in der Garnisonkirche eingerichtet[153]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 103.. Zwei Jahre später, es ist der 26. Februar 1879, hält man in dem Gotteshaus unter der Leitung von Garnisonpfarrer Frommel die Trauerfeier für den kurz vorher verstorbenen Generalfeldmarschall und ehemaligen preußischen Kriegsminister Albrecht Theodor Emil von Roon ab[154]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 104.. Ein Jahr später kommt am 17. Februar 1880 endlich die 1871 wegen des Übergangs des preußischen Staats ins Deutsche Reich begonnene Überprüfung der militärkirchlichen Besitztümer zu einem Ende. Lange Diskussionen und Streitereien hatten den Prozeß fast zehn Jahre dauern lassen. Nun legt eine Kabinettsordre fest, daß die Garnisonkirche und die zu ihr gehörenden Liegenschaften – insbesondere das Pfarrhaus und die beiden Garnisonfriedhöfe an der Linienstraße – als Königliche Stiftung verfaßt bleiben, die den Status einer Rechtsperson erhält und nicht ins Eigentum des Deutschen Reiches übergeht, wie das für andere Militärkirchen in deutschen Landen der Fall ist. Sie bleibt damit in jeglicher vermögensrechtlicher Hinsicht vom Fiskus des Deutschen Reiches unabhängig. Die Feldpropstei mit Grundstück und sonstigem Zubehör, die die Garnisongemeinde bisher zu unterhalten hatte, ist davon allerdings nicht betroffen. Sie wird dem Militärfiskus und damit dem Deutschen Reich zugesprochen. Der Gemeinde werden später sogar die Mittel, die sie für die Herrichtung der Feldpropstwohnung 1866 hatte aufwenden müssen, erstattet. Die beiden neuen Garnisonfriedhöfe in der Hasenheide und in der Müllerstraße gehen ebenfalls an den Militärfiskus, werden jedoch weiterhin vom Garnisonkirchenkollegium verwaltet[155]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 92 f..

Die Kirche ist im Weg

1881 beginnt die Stadt Berlin eine ihrer kleinen bürokratischen Possen, von denen es in ihrer Geschichte so einige gibt; Possen der Art, bei denen große Projekte geplant und eingeleitet werden, dann jedoch meist wenig bis keine Ergebnisse zeitigen, wenn man einmal von währenddessen angerichteten Schäden im Stadtbild absieht. Oft springt man als Tiger und landet als Bettvorleger; oder, wie in diesem Fall, gar nicht.

Das Vorspiel zu dieser Geschichte findet bereits drei Jahre zuvor statt, als im Juni 1878 einem Bericht der Berliner Stadtverordnetenversammlung zufolge ein gewisser Herr Schlesing bei selbiger eine Petition einreicht, in der er einen Antrag auf Erlaubnis zur Anlage einer Passage stellt, die die Neue Promenade am Hackeschen Markt mit der Spandauer Straße verbinden soll. Dafür ist vorgesehen, in der Stadtbahn, deren Bau in jenem Jahr gerade beginnt, von vornherein entsprechende Durchlässe anzulegen. Und auch die Garnisonkirche wird in diese Idee mit einbezogen. Da die Spandauer Straße sehr genau auf deren südwestliche Ecke zuläuft, schlägt Schlesing vor, diesen neuen Verbindungsweg direkt an der westlichen Seite des Kirchenbaus vorüberzuführen. Zunächst geschieht jedoch nicht mehr, als daß die Petition dem Magistrat übergeben und ansonsten zu den Akten gelegt wird. Zu unkonkret scheinen wohl die Pläne, um in irgendeiner Weise aktiv werden zu können[156]Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung am 27. Juni 1878, No. 30, herausgegeben vom Magistrat zu Berlin, In: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten-Versammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin, Fünfter Jahrgang, Julius Sittenfeld, Berlin, 1878, Seite 351..

Nun, im Jahr 1881, ist die Stadtbahn weit gediehen. Am Berliner Stadtzentrum wurde der Königsgraben zugeschüttet und auf seinem – nun ehemaligen – Verlauf das Stadtbahnviadukt errichtet. Bald wird die Eröffnung gefeiert werden können. Grund genug für den Magistrat von Berlin, am 14. Oktober 1881 in der Stadtverordnetenversammlung eine Vorlage einzubringen, in der er für die Gegend zwischen dem Hackeschen Markt und der Spree die Festlegung neuer Baufluchtlinien anregt. Nun, wo die Brücken über den Königsgraben – wie beispielsweise die Spandauer Brücke – nicht mehr existieren und an ihrer Stelle das Stadtbahnviadukt die Straßen überquert, kann man ganz anders planen und gestalten, ist man der Meinung. Ein Detail dieser neuen Planung ist die Anlage einer neuen Straße, neunzehn Meter breit, die die Stadtbahn an ihrer Südseite zwischen Spandauer Brücke und Burgstraße begleiten soll und den Zweck hat, die Neue Friedrichstraße zu entlasten, auf der der Verkehr seit der Eröffnung der nahegelegenen Börse im Jahre 1863 immer mehr zugenommen hat. Als man dabei auf die Idee verfällt, diese neue Straße mit der Spandauer Straße zu verbinden, um eine bessere Verbindung zwischen den nordwestlichen Stadtteilen und der Altstadt zu schaffen, erinnert man sich wieder der Petition des Herrn Schlesing, die doch etwas ganz ähnliches vorgeschlagen hatte. Man sucht in den Akten, findet die Petition und greift den darin enthaltenen Vorschlag auf. Man konkretisiert ihn ein wenig und plant nun die Schaffung einer fünfzehn Meter breiten Verbindungsstraße, die die Spandauer Straße bis zur Stadtbahn fortsetzen und dabei die Garnisonkirche an ihrer Westseite passieren soll. Und weil man schon einmal dabei ist, sieht man zwischen Heidereutergasse und Neuer Friedrichstraße auch gleich noch die Verbreiterung der Spandauer Straße auf 14,50 Meter vor. Da sich die Vorlage jedoch nur mit neuen Baufluchten beschäftigt, gehen auch diese Planungen nicht über die Festlegung einer solchen hinaus. Und die soll keineswegs sofort umgesetzt werden, denn schließlich ist das Areal schon vollständig bebaut. Die neuen Richtlinien sollen erst greifen, wenn irgendwann einmal irgendetwas in den betreffenden Straßen neu gebaut werden wird[157]589. Vorlage – zur Beschlußfassung -, betreffend die Feststellung neuer Baufluchtlinien für eine zwischen der Spandauer und Herculesbrücke südlich zur Stadtbahn anzulegenden Parallelstraße und für eine Verbindungsstraße in Verlängerung der Spandauerstraße bis zu jener Parallelstraße, sowie für Theile der Spandauerstraße, der Straße an der Spandauer Brücke, der Kleinen Präsidentenstraße und der Burgstraße, In: Vorlagen für die Stadtverordneten-Versammlung zu Berlin, Nr. 70 (587-591), 17. Oktober 1881, Seite 510.. Die Stadtverordnetenversammlung setzt diese Vorlage auf die Tagesordnung ihrer Sitzung vom 3. November, wo sie angenommen wird – ohne jegliche Diskussion[158]Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung am 3. November 1881, No. 36, herausgegeben vom Magistrat zu Berlin, In: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten-Versammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin, Achter Jahrgang, Julius Sittenfeld, Berlin, 1881, Seite 469..

Hat man es schlicht nicht bedacht? Oder aber geflissentlich ignoriert? Wie dem auch sei, die Anlage einer fünfzehn Meter breiten, die Garnisonkirche westlich passierenden Straße erweist sich recht schnell als Vorhaben, das man nicht mal eben so planen kann – von einer Umsetzung dieser Planung gar nicht zu reden -, wenn an dieser Seite, von der Kirche nur durch eine schmale Gasse getrennt, mit dem Pfarrhaus der Gemeinde ein Gebäude steht, das, ebenso wie das Gotteshaus selbst, gar nicht der Stadt, sondern einer eigenständigen Königlichen Stiftung gehört. Und so kann es kaum verwundern, daß nach Bekanntwerden der Planungen des Magistrats infolge der notwendigen Verhandlungen über eine Genehmigung des Projektes durch die Ortspolizei sowohl das Königlich-preußische Kriegsministerium als auch die Garnisonkirchenverwaltung umgehend Einwände gegen die neue Straße erheben. Und das so vehement, daß sich der Magistrat der Stadt gezwungen sieht, am 1. April 1882 eine neue Vorlage in die Stadtverordnetenversammlung einzubringen, mit der beantragt wird, eben diese an der Garnisonkirche vorbeiführende Verlängerung der Spandauer Straße vorerst wieder aus dem Projekt herauszunehmen[159]189. Vorlage – zur Beschlußfassung -, betreffend das Project verschiedener Straßenanlagen zwischen der Spree und der Straße An der Spandauer Brücke, In: Vorlagen für die Stadtverordneten-Versammlung zu Berlin, Nr. 30 (188-197), 8. April 1882, Seite 237..

Das Garnisonpredigerhaus der Berliner Garnisonkirche im Jahre 1906
Wie schmal die als „Hinter der Garnisonkirche“ bezeichnete Gasse zwischen dem Garnisonpredigerhaus und der Garnisonkirche wirklich ist, kann man auf diesem Bild aus dem Jahre 1906 gut erkennen. Ganz rechts ist noch die Ecke des Gotteshauses zu sehen.
Quelle: Blätter für Architektur und Kunsthandwer, 19. Jahrgang, Ausgabe 19.1906, Verlag von Max Spielmeyer, Berlin, 1906, Tafel 84 via Digitale Landesbibliothek Berlin.
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Mit dieser neuen Vorlage beschäftigt sich die Stadtverordnetenversammlung am 13. April. Und siehe da – dieses Mal gibt es Diskussionen. Einige der Abgeordneten leiten aus dieser Vorlage die berechtigte Sorge ab, daß es nicht bei diesem einen Konflikt bleiben könnte, sondern daß mit weiteren Konsequenzen zu rechnen sein dürfte. Und tatsächlich ist ein solcher Fall auch bereits eingetreten, wie der Magistrat in seiner Vorlage selbst einräumen muß. Aufgrund des ersten Beschlusses und der damit festgelegten neuen Baufluchten hatte man in der Zwischenzeit einem Bauherrn, der an der Ecke Spandauer Straße und Heidereutergasse ein neues Gebäude plante, seinen Entwürfen jedoch die alte Bauflucht zugrundegelegt hatte, den Bauantrag abgelehnt, was einen Gerichtsprozeß nach sich zog, den die Stadt in erster Instanz bereits verloren und in dem sie Berufung eingelegt hatte. Den gesamten ersten Beschluß wieder zurückzunehmen, war daher keine wahrnehmbare Option mehr. Im Ergebnis der Diskussion lassen die Abgeordneten die Genehmigung für die Verbreiterung der Spandauer Straße bestehen, ergreifen für alle anderen Punkte des vormals beschlossenen Projektes jedoch eine Maßnahme, die sie immer wählen, wenn sie nicht weiterwissen: sie überweisen die Angelegenheit zur weiteren Begutachtung an einen Ausschuß[160]Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung am 13. April 1882, No. 15, herausgegeben vom Magistrat zu Berlin, In: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten-Versammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin, Neunter Jahrgang, Gebrüder Grunert, Berlin, 1882, Seiten 189 f..

Dieser tagt schon ein reichliches halbes Jahr später und verhandelt am 31. Oktober die ihm übertragene Angelegenheit. Nach intensiver Diskussion kommt man zu dem Ergebnis, der Stadtverordnetenversammlung den folgenden Beschluß zu empfehlen:

Die Versammlung versagt ihre Zustimmung dazu, daß die durch ihren Beschluß vom 3. November 1881 genehmigten Straßenprojecte unter Ausschluß der Verlängerung der Spandauerstraße [sic!] zur Feststellung gebracht werden.[161]Zitiert aus Protokoll des Ausschusses zur Vorberathung der Vorlage, betreffend das Project einiger Straßenanlagen zwischen der Spree und der Straße „An der Spandauer Brücke“ (Drucksache 189), In: Vorlagen für die Stadtverordneten-Versammlung zu Berlin, Nr. 69 (600-612), 4. November 1882, Seite 536.

Übersetzt heißt das nichts anderes, als daß man der Stadtverordnetenversammlung die Empfehlung ausspricht, sich bockig zu stellen. Um zu gewährleisten, daß sowohl die neue Parallelstraße zur Stadtbahn baldmöglichst angelegt wird als auch die Perspektive auf deren Verbindung zur Spandauer Straße bestehen bleibt, soll die Stadtverordnetenversammlung die vom Magistrat eingebrachte zweite Vorlage ablehnen. Man will den Beschluß der Straßenverlängerung regelrecht erzwingen, selbst wenn das bedeutet, sich mit dem Königlich-preußischen Kriegsministerium, das anderer Meinung ist, anzulegen. Meinungen, so heißt es, könnten sich ja ändern. Hinter dieser Empfehlung stehen natürlich auch handfeste finanzielle Interessen. Man fürchtet, daß eine verweigerte oder auch nur auf unbestimmte Zeit verschobene Zustimmung zur Verlängerung der Spandauer Straße dazu führen könnte, daß auch die Anlage der Straße neben der Stadtbahn auf später vertagt wird. Diese wäre jetzt noch vergleichsweise kostengünstig möglich, da die Grundstücke neben der Stadtbahn, die sich einst am Ufer des Königsgrabens befanden, gegenwärtig noch Holzplätze und somit unbebaut sind. Sollte das Straßenprojekt jedoch verschoben werden und Anlieger in der Zwischenzeit auf diesen Plätzen Häuser errichten, müßte man diese Bauten im Falle, daß die Straße später doch angelegt würde, wieder abreißen und die Eigentümer teuer entschädigen. Eine Zukunftsvision, die die Ausschußmitglieder unbedingt verhindern wollen[162]Ausschußprotokoll Drucksache 189, 1882, Seite 536.. Die Stadtverordnetenversammlung folgt in ihrer Sitzung vom 9. November der Empfehlung ihres Ausschusses und faßt einen entsprechenden Beschluß[163]Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung am 9. November 1882, No. 35, herausgegeben vom Magistrat zu Berlin, In: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten-Versammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin, Neunter Jahrgang, Gebrüder Grunert, Berlin, 1882, Seite 403..

Die sich in dieser Angelegenheit so mutig als Tiger gebärdende Stadtverordnetenversammlung wird über ihre wahre Rolle jedoch schnell eines Besseren belehrt. Wie den Protokollen des Gremiums zu entnehmen ist, vergeht nicht einmal mehr ein halbes Jahr, dann ist das gesamte Projekt endgültig vom Tisch. Das Königlich-preußische Kriegsministerium ist weiterhin nicht zu überzeugen, die Spandauer Straße über die Grundstücke der Königlichen Stiftung an der Garnisonkirche verlängern zu lassen. Als sich dann auch noch das Polizeipräsidium den Einwänden anschließt – schließlich stünde ja auch das Gotteshaus selbst der geplanten Straßenverlängerung im Weg – wird die Angelegenheit immer schwieriger. Schließlich zieht sich die Stadtverordnetenversammlung auf den Standpunkt zurück, daß ihr das gesamte Projekt zu kostspielig werde, und legt es zu den Akten. So steht man nach reichlich eineinhalb Jahren Beschäftigung mit dem Sachverhalt wieder genau da, wo man begonnen hatte[164]Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung am 24. Mai 1883, No. 22, herausgegeben vom Magistrat zu Berlin, In: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten-Versammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin, Zehnter Jahrgang, Gebrüder Grunert, Berlin, 1883, Seiten 234 f.[165]Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung am 1. November 1883, No. 37, herausgegeben vom Magistrat zu Berlin, In: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten-Versammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin, Zehnter Jahrgang, Gebrüder Grunert, Berlin, 1883, Seite 384.. Immerhin ist dieses Mal im Stadtbild nichts kaputtgegangen…

Aus dem Gemeindeleben – die 1880er Jahre

Nachdem er am 12. Januar 1885 verstorben war, finden kurz darauf die Trauerfeierlichkeiten für Friedrich August Eberhard Prinz von Württemberg in der Garnisonkirche statt, die von Garnisonpfarrer Frommel geleitet werden. Der Prinz, der ein Sohn des Prinzen Paul, eines Bruders Kaiser Wilhelms I. war, hatte als preußischer Generaloberst der Kavallerie den Rang eines Generalfeldmarschalls erreicht und über zwanzig Jahre das Gardekorps als General kommandiert[166]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 104.[167]Bernhard von Poten: August, In: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 46, 1902, Seiten 88-89 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 5. November 2021.. Im Jahr darauf tritt Friedrich Streiff das Amt des Garnisonküsters an, und am 1. Mai 1887 bekommt die Garnisonkirche mit Professor Schulz einen neuen Organisten[168]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 102 f..

Wilhelm I. - König von Preußen und Kaiser des Deutschen Reiches
Wilhelm I. – König von Preußen und Kaiser des Deutschen Reiches.
Quelle: Evert A. Duyckinck: Portrait Gallery of eminent Men and Women of Europe and America, Volume 2, Johnson, Fry & Co., New York, 1873, Seiten 213–218 via Stiftung Händel-Haus Halle
Urheber: Alonzo Chappel
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Als am 9. März 1888 Kaiser Wilhelm I. verstirbt, folgt ihm sein Sohn, Kronprinz Friedrich Wilhelm, auf dem Kaiserthron nach, der sich Friedrich III. nennt. Doch bereits von schwerer Krankheit gezeichnet, verstirbt auch er noch im selben Jahr, so daß nun Wilhelm II., Sohn Friedrichs III., den Thron besteigt. So geht das Jahr 1888 als Dreikaiserjahr in die Geschichte ein[169]Erich Marcks: Wilhelm I., In: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 42, 1897, Seiten 517-692 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 5. November 2021.[170]Heinrich Otto Meisner: Friedrich III., In: Neue Deutsche Biographie, Band 5, 1961, Seiten 487-489 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 5. November 2021.. Und auch der ehemalige Garnisonpfarrer Friedrich Adolf Strauß segnet in diesem Jahr am 16. April in Potsdam das Zeitliche[171]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 94..

Weil die Berliner Garnison stetig anwächst und damit auch die Garnisongemeinde mehr und mehr Mitglieder bekommt, die Garnisonkirche zum einen aber nicht größer und der Weg zu ihr für die weiter entfernt stationierten Truppen zum anderen immer weiter wird, pfarrt man 1889 die im Norden Berlins stationierten Regimenter in der Kirche des Invalidenhauses ein. Die große Garnison in der Reichshauptstadt ist damit nun in zwei Gemeinden unterteilt. Und auch für die im Süden der Stadt garnisonierenden Truppen zeichnet sich eine Abspaltung in nicht allzuferner Zukunft ab. Divisionspfarrer Gröbler hat mit seinem Bestreben, von der Stadtmission gegen entsprechende Mietzahlungen das Recht zur Mitnutzung des Stadtmissionssaals zu erwerben, Erfolg, so daß dort am 7. April 1889 der erste Gottesdienst für die Truppen im Süden Berlins stattfindet. Von nun an müssen die Soldaten nicht mehr den Weg in die weiter entfernte Garnisonkirche im Zentrum antreten, um ihrer Verpflichtung zum Gottesdienstbesuch nachzukommen[172]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 109.. Dafür wird Emil Frommel am 13. August zusätzlich zu seinem Amt als Hof- und Garnisonpfarrer zum Oberpfarrer des Garde- und des Dritten Armeekorps berufen[173]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 106..

1890 geht man daran, das Dach der Garnisonkirche, das doch schon einige Schäden aufweist, neu zu decken. Der finanzielle Aufwand dafür ist gewaltig. Sagenhafte 75.000 Mark kostet die komplette Erneuerung, bei der die alten Dachziegel durch Schieferschindeln ersetzt werden, was den äußeren Eindruck, den das Gotteshaus im Stadtbild hinterläßt, nachhaltig verändert. Die Gemeinde muß aus ihren eigenen Mitteln 55.163,92 Mark dazugeben[174]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 102..

Auch der neue Kaiser schätzt den Hof- und Garnisonpfarrer Frommel über alle Maßen – so sehr, daß er ihn ins Komitee der in diesem Jahr auf seine Initiative hin stattfindenden zweiten Reichsschulkonferenz beruft. Der Kaiser möchte auch in der Schule den Kampf gegen die aufkommende Sozialdemokratie und die in der Arbeiterbewegung um sich greifenden sozialistischen Ideen aufnehmen und in den Bildungseinrichtungen Religion und patriotische Geschichte stärker in den Vordergrund stellen. Die dafür von ihm favorisierten Realgymnasien sollen die der humanistischen Bildung verschriebenen Gymnasien zurückdrängen. Frommel scheint ihm genau der richtige Mann zu sein, diese Bestrebungen zu unterstützen. Und dieser enttäuscht seinen Kaiser nicht. Auf der Konferenz schreibt er sich die Beförderung des nationalen Gedankens auf die Fahne und setzt sich massiv für eine Reform des Schulsystems in des Kaisers Sinne ein[175]Dieter Weigert: Ein verschwundenes Berliner Baudenkmal: Die Alte Garnisonkirche, Website FOBI Lilienstern, abgerufen am 24. Oktober 2021.[176]Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1866-1918, Band 1: Arbeitswelt und Bürgergeist, 31. – 36. Tausend, C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung (Oscar Beck), München, 1994, ISBN 3-406-34453-4, Seite 552..

Der 28. April 1891 sieht die Garnisonkirche wieder einmal in gedrückter Atmosphäre, als Garnisonpfarrer Frommel die Trauerfeier für den Generalfeldmarschall Helmuth Graf von Moltke leitet. Dieser zählt mit Albrecht Theodor Emil von Roon und Otto von Bismarck zu den hauptsächlichen Gründern des Deutschen Kaiserreiches und wird überdies als erfolgreichster Feldherr seiner Zeit angesehen, war er doch maßgeblich für die preußischen beziehungsweise deutschen Siege über die Armeen der beiden europäischen Großmächte Österreich und Frankreich in den Deutschen Einheitskriegen verantwortlich. So ist es nicht verwunderlich, daß Feldpropst Adolf Maximilian Richter, der Peter Thielen 1887 im Amt nachgefolgt war, höchstpersönlich die Rede am Sarg des Verstorbenen hält[177]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 104.[178]Personalien, In: Chronik der Christlichen Welt, 18. Jahrgang, Nummer 43 vom 22. Oktober 1908, Seite 495.[179]Heinrich Walle: Moltke, Helmuth Graf von, In: Neue Deutsche Biographie, Band 18, 1997, Seiten 13-17 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 5. November 2021..

Porträt des Helmuth Graf von Moltke von Franz von Lenbach
Porträt des Helmuth Graf von Moltke von Franz von Lenbach, 1879.
Quelle: Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz – SMB-digital – Alte Nationalgalerie
Fotograf: Andres Kilger
Bearbeitet: Alexander Glintschert (2021)
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Die Orgel ist tot. Es lebe die Orgel!

In diesem Jahr 1891 befindet sich die Orgel das 166. Jahr in der Garnisonkirche. Doch dieses vielleicht berühmteste Inventarstück des Gotteshauses ist in keinem guten Zustand mehr. An den Metallpfeifen, einst aus allerbestem Material hergestellt, haben die vielen Jahre intensiven Bespielens ihre Spuren hinterlassen, so daß man sich eingestehen muß, daß sie nur noch einen Wert hätten, wenn man sie einschmelzen ließe. Doch nicht nur die Zeit hat dem großen Instrument zugesetzt. Auch der Holzwurm hat sein Werk gründlich verrichtet und nahezu alle hölzernen Bestandteile der Orgel zerfressen. Um eine grundlegende Erneuerung des einst von Orgelbauer Joachim Wagner geschaffenen Instruments kommt man daher nun nicht länger herum[180]Edmund Müller: Die alte und die neue Orgel der Garnisonkirche, In: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1892, Heft 9/10, Seite 86..

So beginnt am 31. August 1891 der Abbruch. Da man jedoch die Garnisonkirche keineswegs ohne Orgel lassen möchte – schließlich ist die Kirche nicht zuletzt auch als Aufführungsstätte für Konzerte in der ganzen Stadt und über deren Grenzen hinaus berühmt -, hatte man sich schon im Vorfeld um ein neues Instrument bemüht und den aus Frankfurt an der Oder stammenden Königlich-preußischen Hoforgelbaumeister Wilhelm Sauer beauftragt, ein solches zu bauen. Dieser beginnt sofort mit den Arbeiten, nachdem der Abbruch der Wagner-Orgel abgeschlossen ist. Sauer, der bis zu diesem Zeitpunkt bereits über sechshundert Orgeln gebaut hatte und somit über umfangreiche Erfahrungen verfügte, hatte als Preis für das neue Instrument 32.000 Mark angesetzt. Dies ist dem Militärfiskus allerdings zu teuer, so daß er – veranlaßt durch den königlichen Orgelrevisor Professor Carl August Haupt, der kurz darauf im selben Jahr verstirbt – die Summe kurzerhand auf 18.000 Mark kürzt. Diese wird von der General-Militärkasse an Sauer ausgezahlt. Natürlich ist es diesem nicht möglich, für diesen reduzierten Preis eine Orgel zu errichten, die auch nur annähernd mit der alten Wagner-Orgel mithalten könnte. Eine Verminderung der geplanten Registerzahl wäre mindestens die Folge. Doch mit dieser Konsequenz will sich der passionierte Orgelbaumeister nicht abfinden. Er baut das neue Instrument trotzdem in der vorgesehenen Ausstattung und bestreitet die dafür nötigen Ausgaben zum Teil auf eigene Kosten, was ihm bedeutende persönliche finanzielle Verluste einbringt[181]Edmund Müller: Professor Aug. Haupt, In: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1891, Heft 8, Seiten 114 f.[182]Edmund Müller, Alte und neue Orgel, 1892, Seite 86.[183]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 103..

Am 30. Oktober des Folgejahres ist die neue Orgel fertig. Der Organist der Garnisonkirche, Professor Schulz, prüft das Instrument genau und erteilt schließlich die Abnahme[184]Georg Goens behauptet explizit, daß die neue Orgel „am 30. Oktober desselben Jahres“ vollendet worden sei – siehe Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 103.
Das kann jedoch nicht richtig sein. Denn Edmund Müller, dessen kurzer Beitrag über die alte und die neue Orgel der Garnisonkirche im Jahre 1892 erschienen ist, spricht darin immer noch von der Fertigstellung des Instruments in der Zukunft: „In kurzer Zeit wird in dem weiten Gotteshause ein Werk der modernen Orgelbaukunst […] erstehen […]“ – siehe Edmund Müller, Alte und neue Orgel, 1892, Seite 86.
Wir gehen daher davon aus, daß sich Goens bei seiner rückblickend verfaßten Geschichte der Garnisonkirche hier im Jahr vertan hat, haben jedoch wenig Anlaß, an dem angegebenen Tag zu zweifeln.
. Dem oberflächlichen Betrachter, der nun das Gotteshaus betritt und einen Blick auf die Orgel wirft, wird allerdings kaum auffallen, daß es sich dabei nicht mehr um das Wagnersche Instrument handelt. Denn die prunkvolle Schauseite – der Prospekt – ist von dem Umbau unberührt geblieben. Insbesondere sind all die vielen beweglichen Teile nicht nur erhalten worden, sondern lassen sich auch immer noch in Betrieb nehmen[185]Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964.. Dies veranlaßt manche Zeitgenossen zur Kritik. Die Kirche, so argumentieren sie, sei in der Zeit seit ihrer Errichtung radikal neu gestaltet worden. Jetzt bestimmten Rundbogenfenster und mächtige Säulen den Raumeindruck im Inneren, zu denen die alte Schauseite der Orgel nicht mehr so recht passe. Und auch der Klang wird von einigen bemängelt, wofür sie allerdings die Schuld nicht dem Instrumentenbauer geben, sondern der Tatsache, daß man die Gelegenheit nicht genutzt habe, die Orgel tieferzusetzen. Dadurch hätte sich nach Meinung der Kritiker der Ton besser entfalten können[186]Edmund Müller, Alte und neue Orgel, 1892, Seite 86..

Doch dies sind einzelne Stimmen, die sich dennoch dem Urteil der Mehrzahl der Zeitgenossen anschließen, die das neue Instrument, das über siebzig, auf drei Manuale und ein Pedal verteilte Register beziehungsweise klingende Stimmen verfügt, als erste wirkliche Konzertorgel, die es in Berlin gibt, betrachten[187]Edmund Müller, Alte und neue Orgel, 1892, Seite 86.Georg Goens faßt das Urteil über die neue Orgel zusammen:

Die Orgel der Garnisonkirche ist wieder, wie einst, trotz der vielen anderweitig gebauten großen Kirchenorgeln eine der stärksten und wohlklingendsten der Hauptstadt.[188]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 103.

Und tatsächlich: in der ganzen Stadt gibt es zu jener Zeit kein vergleichbares Instrument. Beim Berühren einer einzigen Taste erklingen mehr als siebzig Töne, beim Anschlagen eines vierstimmigen Akkords sollen es sogar um die dreihundert sein. Während man nun rückblickend der alten Wagner-Orgel einen grellen, fast schreienden Charakter bescheinigt, lobt man an dem neuen Instrument den zarteren Klang, der an ein Streichmusikorchester erinnere, auch wenn es durchaus auch Trompeten-, Posaunen-, Kornetten- und Spitzflöten-Klänge ertönen lassen könne und auch entsprechende Mixturen davon[189]Edmund Müller, Alte und neue Orgel, 1892, Seite 86..

Neue Kirchen braucht das Land

Als man die Errichtung eines neuen Doms am Lustgarten plant, für die das alte Domgebäude zunächst abgerissen werden muß, benötigt man für die Sarkophage, die sich in dessen Gruft befinden, einen Ort, an dem man sie zeitweilig aufstellen kann, damit sie bei den Arbeiten für Abriß und Neubau des Doms keinen Schaden nehmen. Für einige dieser Paradesärge wählt man die Garnisonkirche als Domizil. So werden am 15. November 1892 die Sarkophage des Großen Kurfürsten und seiner Gemahlin, von Friedrich I. und seiner Ehefrau Sophie Charlotte sowie der eines Markgrafen aus dem Geschlecht der Hohenzollern in einem schmalen westlichen Nebenraum unter dem Orgelchor der Kirche aufgestellt. Ihnen leisten die ebenfalls herübergebrachten Bronze-Denkmäler der Kurfürsten Johann Cicero und Joachim I. Gesellschaft, die beide aus der Werkstatt des Bildhauers Peter Vischer d. Ä. in Nürnberg stammen. Um die Sicherheit der wertvollen Stücke zu garantieren, patrouilliert nun des Nachts ein militärischer Posten um die Kirche. Weil sich die Errichtung des neuen Doms über Jahre hinzieht, findet die Information über die Garnisonkirche als neue Heimstätte für die Särge und Denkmäler sogar Eingang in die einschlägigen Berlin-Reiseführer jener Jahre[190]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 103.[191]Karl Baedeker, Berlin und Umgebungen, 1896, Seite 141..

Im Jahr darauf bringt man die Kanzel des Doms, dessen Abbruch nun beginnen soll, in die Garnisonkirche. Es ist dies bereits das zweite Mal, daß das Gotteshaus die Domkanzel übernehmen muß. Im Jahre 1817 hatte man schon einmal eine solche der Garnisonkirche aufgenötigt, nachdem Karl Friedrich Schinkel für den Dom eine neue entworfen hatte. Genau diese ist es nun, die jetzt nicht nur ihren Weg in das Gotteshaus an der Neuen Friedrichstraße findet, sondern die bisherige Kanzel ersetzt. Ihr historisches Pendant, das Philipp Gerlach d. J. einst für die Garnisonkirche geschaffen hatte, hebt man jedoch weiterhin auf. Allerdings wird sie nun aus dem Kircheninnenraum entfernt und in einem Nebengelaß untergebracht[192]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110.
Die Quellenlage bezüglich der nun drei Kanzeln ist leider etwas dünn. So ist nicht ganz klar, was mit der ersten Domkanzel eigentlich geschehen ist. Ob sie in der Kirche verbleibt oder aber entfernt und möglicherweise zerstört wird, ist unbekannt. Interessant ist auch, daß Georg Goens in seiner Geschichte der Garnisonkirche die Übernahme der Schinkelschen Kanzel gar nicht erst erwähnt. Ein Bericht über einen Vortrag eines Divisionspfarrers Schildt in der Garnisonkirche, der sich in den Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins aus eben diesem Jahr 1893 findet, erzählt, daß sich „die ältere Vorgängerin [der Domkanzel], eine gut erhaltene Holzarbeit des vorigen Jahrhunderts, in einem Nebenraume befindet“. Es dürfte sich dabei wohl um die Gerlachsche Kanzel handeln. Siehe Bericht über den Vortrag von Divisionspfarrer Schildt, 1893, Seiten 47 f.
Demgegenüber ist bei Richard Borrmann im selben Jahr zu lesen, daß „die alte Barockkanzel von Eichenholz […] jetzt in Trümmern in einem Nebenraume“ liege. Ob er damit die Gerlachsche Kanzel meint, die er anschließend beschreibt, oder aber die erste Domkanzel, geht aus seinen Ausführungen nicht hervor. Siehe Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seite 176.
. Man nutzt die Gelegenheit, die sich durch die dafür notwendigen Umbauten ergibt, und versieht die Decke des Kircheninnenraums mit einem neuen Anstrich, wofür man ein großes, den Saal ausfüllendes Gerüst errichtet[193]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 103..

Von den fünf Epitaph-Bildern, die Christian Bernhard Rode in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gemalt hatte, befinden sich mittlerweile nur noch vier im Innenraum der Kirche. Das fünfte, das dem Generalleutnant Hans Carl von Winterfeld gewidmet ist, bedarf nach all der Zeit so stark einer Wiederherstellung, daß man es abgenommen und in einem Nebenraum unter der östlichen Empore abgestellt hat[194]Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seite 176..

Bis zum Jahre 1894 ist die Situation für die Regimenter im Süden der Stadt immer schwieriger geworden. In den fünf Jahren, in denen sie nicht mehr bis zur Garnisonkirche kommen müssen, sondern die Gottesdienste für sie im Saal der Stadtmission abgehalten werden, hat sich dieser – einst ein Theater – als dauerhafte Lösung für unzureichend erwiesen. So entschließt man sich, im Rahmen des Bauprogramms, das man bereits in den 1860er Jahren für die Errichtung neuer Garnisonkirchen im ganzen Land aufgelegt hatte, gleich zwei neue Gotteshäuser im Berliner Süden zu bauen[195]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 109.. Und so findet am 18. April 1894 am Kaiser-Friedrich-Platz an der Hasenheide eine feierliche Doppel-Grundsteinlegung statt. In Anwesenheit des den Kaiser vertretenden Prinzen Friedrich Leopold sowie der Prinzen Friedrich Heinrich und Joachim Albrecht von Preußen bringt man zunächst um 9.30 Uhr vormittags den Grundstein für eine neue evangelische Garnisonkirche in die Erde, um diese Zeremonie anschließend um 10.30 Uhr für ein katholisches Pendant zu wiederholen[196]Teltower Kreisblatt, Jahrgang 38, Ausgabe 60 vom 19. April 1894, Seite 1.. Der Ort ist mit Bedacht gewählt, denn der Kaiser-Friedrich-Platz, der heute Südstern heißt, liegt nicht weit vom Tempelhofer Feld entfernt, wo ein Teil der Berliner Garnison stationiert ist[197]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 112..

Im Anschluß an die Grundsteinlegung beginnt man unverzüglich mit der Errichtung der beiden neuen Kirchenbauten. Das evangelische Gotteshaus entsteht direkt auf dem Kaiser-Friedrich-Platz, wo es auf dem Schnittpunkt von Gneisenau- und Blücherstraße schnell in die Höhe wächst. Entworfen vom Garnison-Bauinspektor Arwed Roßteuscher, der auch die Bauleitung innehat, entsteht auf kreuzförmiger Grundfläche eine dreischiffige Hallenkirche mit Querschiff, die einen polygonalen Chor erhält. An der Westseite versieht man den in neugotischem Stil gehaltenen und aus Warthauer Sandstein errichteten, mit Sandsteinziegeln verblendeten Bau mit einem neunzig Meter hohen Turm. Diese größere der beiden Kirchen bietet nach ihrer Fertigstellung zweitausend Gläubigen Platz. Die Baukosten belaufen sich am Ende auf 700.000 Mark[198]Centralblatt der Bauverwaltung, Jahrgang 14, Ausgabe 16 vom 21. April 1894, Seite 167.[199]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seiten 112 f..

Fotografie der Zweiten Evangelischen Garnisonkirche in Berlin, 1897
Fotografie der Zweiten Evangelischen Garnisonkirche in Berlin aus dem Jahr 1897.
Quelle: H. Thomas & Waldemar Titzenthaler: Geschichte und Alltag des Königin Augusta Garde-Grenadier-Regiments (Mappe), Widmungsexemplar der Offiziere zur Goldenen Hochzeit Großherzog Friedrichs I. und Großherzogin Luises, 1906 via Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe
Fotograf: Waldemar Titzenthaler
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Die neue katholische Garnisonkirche – die heutige Sankt-Johannes-Basilika – entsteht zwar nicht direkt auf dem Kaiser-Friedrich-Platz, jedoch ganz in der Nähe an einem Ort, an dem sich zu jener Zeit in der Hasenheide die Schießstände der Truppen befinden. Die Entwürfe liefert der Regierungsbaumeister August Menken, die Leitung des Baus übernimmt Garnison-Bauinspektor Vetter. Die kreuzförmige Basilika im Stile der Neoromanik erhält eine runde Apsis und ein die Vierung überspannendes Sterngewölbe, das in seiner Form ein Element der Spätgotik darstellt. An der Seite des Eingangs ist der Kirche ein Querbau vorgelagert, der als Turmfront dient. Darüber erhebt sich der Hauptturm des Gotteshauses, das jedoch auch mehrere Nebentürme erhält, die von den Kreuzarmen getragen werden[200]Centralblatt der Bauverwaltung, Jahrgang 14, Ausgabe 16 vom 21. April 1894, Seite 167.[201]Die Architektur auf der Großen Berliner Kunstausstellung, In: Centralblatt der Bauverwaltung, Jahrgang 14, Ausgabe 25 vom 23. Juni 1894, Seite 258.[202]Kirchen, 1896, Seiten 194 f.[203]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 113.. Die Bauarbeiten für beide Kirchen schreiten zügig voran. Doch noch bevor sie zum Abschluß gelangen können, kommt es an der bis dahin immer noch einzigen evangelischen Garnisonkirche zu einer einschneidenden Veränderung.

Frommels Abschied

Verbunden ist diese mit dem 26. April des Jahres 1896. An diesem Tag tritt der Garnisonpfarrer Emil Frommel ein letztes Mal vor die in der Kirche versammelten Gemeindemitglieder, um seine Abschiedspredigt zu halten. Der Kaiser hatte seinen Hofprediger gebeten, nach Plön in Holstein zu gehen, um dort die beiden ältesten kaiserlichen Prinzen auf die Konfirmation vorzubereiten. Frommel folgt dieser Bitte nicht ungern, ist er doch mittlerweile in einem fortgeschrittenen Alter und überdies von einem Nierenleiden geplagt, so daß ihm die Herausforderungen, die das Amt des Hof- und Garnisonpfarrers mit sich bringen, von Jahr zu Jahr schwerer gefallen sind. So siedelt er wenige Tage nach seiner letzten Predigt in der Garnisonkirche, versehen mit dem Titel eines Oberkonsistorialrats und weiterhin als Mitglied des Stabes des Gouvernements, an seine neue Wirkungsstätte in Plön über, wo er sein Domizil in der „Hofapotheke“ aufschlägt[204]Teltower Kreisblatt, Jahrgang 40, Ausgabe 266 vom 11. November 1896, Seite 2.[205]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 107.
Goens irrt sich beim Datum der Abschiedspredigt um einen Tag, denn er gibt den 27. April an, der allerdings ein Montag war.
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Die Nachfolge Frommels, der reichlich sechsundzwanzig Jahre lang der Garnisongemeinde vorgestanden hatte, tritt der bisherige Divisionspfarrer bei der 2. Garde-Infanterie-Division, Georg Goens, an, der durch eine bereits am 18. April ergangene Königliche Kabinettsordre das Amt des Garnisonpfarrers übertragen bekommt. Das Amt des Oberpfarrers des Garde- und des Dritten Armeekorps, das Frommel ebenfalls innegehabt hatte, wird allerdings wieder von dem des Garnisonpfarrers getrennt und an Konsistorialrat Max Wölfing übertragen, der es zusammen mit dem Divisionspfarramt bei der 2. Garde-Infanterie-Division übernimmt, wo er die Nachfolge Goens‘ antritt[206]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 109..

Eine seiner ersten Amtshandlungen führt der neue Garnisonpfarrer am 11. Juni des Jahres aus. An diesem Tag begeht das Infanterie-Regiment Nummer 22, das den Ehrennamen „Keith“ trägt, den zweihundertsten Geburtstag seines Namensgebers, des einstigen Generalfeldmarschalls James Francis Edward Keith. Das in Oberschlesien stationierte Regiment hat eigens zehn seiner Offiziere zu der Feier nach Berlin geschickt, wo sie um neun Uhr vormittags am Denkmal Keiths auf dem Wilhelmplatz einen Lorbeerkranz niederlegen. Bei der anschließenden Gedenkzeremonie spricht Garnisonpfarrer Goens am geöffneten Sarg des Generalfeldmarschalls weihevolle Worte, wonach dieser wieder geschlossen und ein weiterer prachtvoller Kranz darauf plaziert wird[207]Keith-Feier, In: Der Bär – Illustrirte Wochenschrift für die Geschichte Berlins und der Mark, Jahrgang 22, Ausgabe 26 vom 27. Juni 1896, Seite 311..

Das Jahr ist noch nicht zu Ende, da trifft aus Plön in Holstein die Nachricht ein, daß der einstige Garnisonpfarrer Emil Frommel am 9. November seiner schweren Nierenkrankheit erlegen ist. Nachdem er bereits in seinem vorletzten Amtsjahr in Berlin eine entsprechende Operation hatte vornehmen lassen müssen, war nun eine zweite erforderlich geworden, in deren Folge er schließlich verstorben war. Der Leichnam Frommels wird nach Berlin überführt und in der Garnisonkirche aufgebahrt. Drei Tage später, am 12. November 1896 richtet man auf Befehl des Kaisers in dem schwarz verhängten Gotteshaus eine große Trauerfeier aus. Der Monarch und Kirchenpatron Wilhelm II. ist mit seiner Ehefrau, der Kaiserin Auguste Viktoria, erschienen, um ebenso wie viele Berliner Abschied von dem beliebten Geistlichen zu nehmen. Die Kirchenchöre der Nikolai- und der Marienkirche singen Motetten und der Potsdamer Garnisonpfarrer und Schwiegersohn Frommels, Johannes Keßler, verliest am Sarg die Stellen der Heiligen Schrift, die der Verstorbene noch zu seinen Lebzeiten eigens für diesen Anlaß bestimmt hatte. Anschließend spricht er ein freies Gebet. Ganz dem Wunsche Frommels entsprechend, ist sein Sarg mit keinem einzigen Kranz geschmückt. Der Geistliche hatte darauf gedrungen, daß die dafür aufzuwendenden Gelder lieber den Armen der Gemeinde zugutekommen sollten. Sein Nachfolger, Garnisonpfarrer Goens, der die entsprechenden Spenden entgegennimmt, sammelt in der Folge mehr als 1.200 Mark ein[208]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 107 f..

Dann ging der Zug hinaus zu dem alten Garnisonkirchhofe in der Linienstraße, wo Frommel längst unter den schattigen Bäumen sich seinen Platz ausgesucht hatte. Hier sprach sein Sohn Otto das „Vater unser“, und in endloser Reihe drängte sich Alles heran: Soldaten und Bürger, Gelehrte und Künstler, Männer und Frauen, Junge und Alte, um den Vater, den Freund, den Lehrer noch einmal zu grüßen. Tief ergreifend war das Alles, eine herrliche Erfüllung eines Menschenwortes, das auf Erden gilt: „Wer Liebe säet, der wird auch Liebe ernten,“ und eines Apostelwortes, das auch im Himmel gilt: Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibet, der bleibet in Gott und Gott in ihm.[209]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 108.

Grab Emil Frommels
Das Grab des einstigen Garnisonpfarrers und Schriftstellers Emil Frommel auf dem Alten Berliner Garnisonfriedhof heute.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020)
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Sein Grabmal bekommt, Frommels Wunsch entsprechend, als Schmuck ein Kreuz mit Christusfigur aus Carrara-Marmor, das vom Leipziger Bildhauer Friedrich Arthur Trebst geschaffen wird[210]Dieter Weigert: Ein verschwundenes Berliner Baudenkmal: Die Alte Garnisonkirche, Website FOBI Lilienstern, abgerufen am 24. Oktober 2021..

Das Kruzifix des Grabmals für Emil Frommel
Dies ist das Original des Kruzifixes, das sich auf dem Grabmal für Emil Frommel befindet. Witterungsbedingt mußte es durch eine Kopie ersetzt werden und befindet sich seitdem im Lapidarium des Alten Garnisonfriedhofs.
Für die freundliche Genehmigung zu diesem Foto danke ich Dr. Paul-Haimon Lins vom Förderverein Alter Berliner Garnisonfriedhof e. V.
Fotograf: Alexander Glintschert (2020)
Alle Rechte vorbehalten.

In seiner Geschichte der Garnisonkirche würdigt Georg Goens seinen Vorgänger im Amte und setzt ihm ein kleines Denkmal:

Der Geistliche, der wohl die tiefsten Segensspuren in der Geschichte der Kirche zurückgelassen hat, hat am wenigsten für die Aufzeichnung der Geschichte gethan. […] Er liebte das „mündliche Verfahren“ in Amtssachen und bewahrte von dem Geschriebenen nur das, was „lieblich und wohllautend“ war. Das „Uebrige“ verschlang sein großer, korbgeflochtener Papierkorb. So ist von der ganzen amtlichen Korrespondenz nur ein Konvolut Akten etwa von der Dicke eines kleinen Fingers auf mich gekommen, aber die Konzepte seiner schönen „Liturgischen Gottesdienste“ (in deren Ausgestaltung er Meister war), wie die Programme der vielen Kirchenkonzerte, die unter seiner Amtsführung gehalten, die Jahresfeste von Kirchengesangvereinen und dergleichen, das Alles hat er als „wetterbeständig“ zusammengelegt, und es würde für den Musiker von Fach [sic!] eine interessante Aufgabe sein, einmal die Beziehungen der Garnisonkirche zur Musik aufzudecken; kein anderer Raum in der ganzen Stadt Berlin hat so treu der Musica sacra gedient als sie, und keiner ist so zu geistlichen Musikaufführungen geeignet.
So hat denn der ehrwürdige Frommel auch hier „Sonnenseite“ gewohnt und hat die nüchterne und zum Theil häßliche Prosa des Lebens auf sich beruhen lassen.[211]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 101.

Und an anderer Stelle:

[…] Vielen hat er geholfen, geistlich und irdisch, Manche auch haben seine Herzensgüte mißbraucht, Manche ihm wehe gethan, jedoch auch Tausende ihn erfreut. Alle aber haben ein Stücklein seiner Lebenszeit für sich genommen, und je mehr er an Andere gab, desto weniger behielt er für seine Familie und für sich manchmal nur die Nächte. Und doch wurde es Jedem, der über Frommels Schwelle kam, wohl; bei Frommels war es „schön“, und das verdankten die Menschen dem Hausherrn wie seiner Hausfrau.[212]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 106.

Im neuen Gewand

Währenddessen sind die Bauarbeiten an den beiden neuen Garnisonkirchen derart zügig fortgeschritten, daß in der ersten Jahreshälfte 1897 bereits deren Fertigstellung vermeldet werden kann. Kurz darauf, am 8. Mai, weiht man beide Gotteshäuser in einer feierlichen militärischen Zeremonie ein. Das Kaiserpaar läßt es sich nicht nehmen, die Feier mit seiner Anwesenheit zu beehren, und auch Prinz Leopold wohnt ihr mit seiner Gemahlin bei. Das Gros der Teilnehmer stellen neben den Vertretern der Generalität die Deputationen aller Berliner Regimenter, die an ihren Fahnen deutlich zu erkennen sind. Der Donner der Kanonen, die die Einweihung mit Salutschüssen begleiten, ist weithin zu vernehmen[213]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 109.[214]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 112..

Fotografie der Zweiten Katholischen Garnisonkirche in Berlin, 1906
Fotografie der Zweiten Katholischen Garnisonkirche in Berlin aus dem Jahr 1906.
Quelle: H. Thomas & Waldemar Titzenthaler: Königin Augusta Garde-Grenadier-Regiment, 1906 via Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Generallandesarchiv Karlsruhe
Fotograf: Waldemar Titzenthaler
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Die Militärgemeinde der Berliner Garnison ist nun zweigeteilt – in einen nördlichen und einen südlichen Teil. Beide haben je eine evangelische und eine katholische Garnisonkirche, eine besondere Militärarrestanstalt und einen eigenen Garnisonfriedhof, wobei die Garnisonkirche in Berlins Mitte das Gotteshaus für den nördlichen Teil der evangelischen Militärgemeinde ist[215]Die ursprüngliche Abtrennung der im Norden Berlins stationierten Regimenter macht man damit wieder rückgängig.. Somit verliert sie nun, da es eine zweite evangelische Garnisonkirche in der Stadt gibt, keineswegs an Bedeutung. Sie bleibt weiterhin der Wirkungsort des Berliner Garnisonpfarrers Georg Goens, der sich nun mit Konsistorialrat Max Wölfing den Gottesdienst teilt. Für die neue evangelische Kirche sind hingegen die Divisionspfarrer Wiehe von der Ersten Garde-Infanterie-Division und Franke von der Zweiten Garde-Infanterie-Division zuständig. Für sie gründet man zudem ein eigenes Garnisonkirchenkollegium. Und auch für die Garnisonfriedhöfe kommt es zu einer Änderung: zur Verwaltung der beiden neuen Garnisonfriedhöfe, die sich im Eigentum des Deutschen Reiches befinden, setzt man anstelle des bisher dafür zuständigen Garnisonkirchenkollegiums nun eine eigene Garnisonkirchhofskommission ein, die aus vier Personen besteht: einem Stabsoffizier des Regiments „Kaiser Alexander“, dem evangelischen Garnisonpfarrer, dem katholischen Garnisonpfarrer und einem Beamten der Indendantur[216]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 109.[217]Karl Plumeyer, Geschichte der Berliner Garnisonfriedhöfe II, 1924, Seite 50.
Plumeyer gibt hier eine abweichende Darstellung. Er schreibt, daß die neue Garnisonkirchhofskommission lediglich drei Mitglieder hat, zu denen der für die Garnisonkirchhöfe bestellte Kirchhofsinspektor gehört. Der Zweck dieser Kommission sei die gemeinsame Verwaltung aller Garnisonfriedhöfe – sowohl des alten als auch der beiden neuen. Das ist ein Widerspruch zu Georg Goens. Da dieser seine „Geschichte der Königlichen Berlinischen Garnisonkirche“ allerdings genau zu der Zeit verfaßt hat, zu der diese Änderung eintrat, und Plumeyer zudem diesen Punkt lediglich kurz erwähnt und nicht genauer ausführt, stützen wir uns in unserer Darstellung auf Goens.
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Da es nun zwei evangelische Garnisonkirchen in der Stadt gibt, die Menschen diese jedoch im alltäglichen Sprachgebrauch einfach unterscheiden können wollen, bürgert sich für das Gotteshaus in der Neuen Friedrichstraße bald die Bezeichnung Alte Garnisonkirche ein[218]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 113.. Und dies völlig zu recht, denn bereits einen Monat später, im Juni 1897, begeht die Garnisongemeinde das 175jährige Bestehen ihres Kirchengebäudes[219]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 109.. In diesem Jahr beläuft sich ihr Vermögen, das sich seit der ungeheuer großen Ausgabe für die Dachsanierung im Jahre 1890 nicht wieder erholt hat, nur noch auf 42.250 Mark, das zu einem großen Teil aus Stiftungen besteht, für die sie entsprechende Verpflichtungen übernommen hat, wie zum Beispiel die Pflege eines Grabes[220]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 102..

In diesem Jahr legt der amtierende Garnisonpfarrer Georg Goens seine „Geschichte der Königlichen Berlinischen Garnisonkirche“ vor, die als umfangreich illustrierte Publikation im Verlag Ernst Siegfried Mittler und Sohn in Berlin erscheint[221]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897.. Es ist die umfangreichste Darstellung der Geschichte des Gotteshauses, seit Johann Friedrich Walther 1743 sein Werk „Die gute Hand Gottes über die Garnison-Kirch- und Schul-Anstallten, in der Königlichen Preußischen Residentz Berlin“ veröffentlicht hatte[222]Siehe Johann Friedrich Walther: Die gute Hand Gottes über die Garnison-Kirch- und Schul-Anstallten, in der Königlichen Preußischen Residentz Berlin, oder Historische Nachricht, Wenn und wie die Garnison-Kirche und Schule zuerst gestifftet und Deroselben Anstallten unter Göttlichem Segen bis auf gegenwärtige Zeit erhalten worden. Wobey derer Merckwürdigsten Fälle und Veränderungen so diese Anstallten von Ao. 1663 bis itzo betroffen, und insonderheit der, Ao. 1720 geschehenen Zerspringung eines alten Pulver-Thurns, umständlich gedacht wird. Als auch von denen Gebäuden, Patronen und andern Bedienten bey der Kirche und Schule, Meldung geschiehet. Endlich aber Eine genaue Verzeichniß aller, bis hieher in der Garnison-Kirche ordinirten Feld- und Garnison-Prediger bey der gantzen Königl. Armeé, auch wohin, und wozu dieselben befordert worden, mit eingeführet ist, So wol aus gewissen Uhrkunden als eigner Erfahrung aufgesetzet, auch mit Neun Kupffern erläutert von Johann Friedrich Walther, Organist und Collega Ordin. der Garnison-Kirche und Schule., Samuel König, Berlin, 1743..

Einband der "Geschichte der Königlichen Berlinischen Garnisonkirche" von Georg Goens.
Der Einband des von Garnisonpfarrer Georg Goens verfaßten Buches „Geschichte der Königlichen Berlinischen Garnisonkirche“ aus dem Jahre 1897.
Quelle: Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897 via Digitale Landesbibliothek Berlin.
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Das stattliche Alter der Garnisonkirche macht sich durchaus bemerkbar. Die letzte umfangreiche Renovierung liegt mittlerweile auch schon wieder mehr als fünfunddreißig Jahre zurück. So kommt es, daß man sich zwei Jahre später zu einer erneuten umfangreichen Instandsetzung der Kirche entschließt. Doch neben der Erhaltung des Gotteshauses besteht eine weitere maßgebliche Motivation für die Bauarbeiten in einer gewünschten Anpassung an den Geist der Zeit, so daß man auch zahlreiche Umbauten und Neugestaltungen im Innenraum der Kirche in Angriff nimmt[223]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110.. Die Leitung übernimmt der Königliche Baurat Joseph Wieczorek, der seit 1890 als Garnison-Bauinspektor amtiert. Als er am 31. Oktober 1899 im Alter von nur 48 Jahren verstirbt[224]Der Bär – Illustrierte Wochenschrift für Geschichte und modernes Leben, Jahrgang 25, Ausgabe 45 vom 11. November 1899, Seite 723., setzt der Königliche Baurat Oscar Wutsdorff seine Arbeit fort[225]Zum Brande der Garnisonkirche, In: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen – Vossische Zeitung, Ausgabe 178 (Abendausgabe) vom 14. April 1908, Seite 11..

Der bisherige, eher klassizistische Stil des Innenraums muß nun einer Ausgestaltung in der Art des Neobarock weichen. Pompös, üppig und herrschaftlich soll sich die Garnisonkirche nun präsentieren – so ganz der unter Kaiser Wilhelm II. gepflegten höfischen Architektur entsprechend. Die bisherige flache Decke beseitigt man und formt ein Gewölbe aus Rabitz[226]Rabitz besteht aus einem tragenden, metallenen Gitter (dem sogenannten Rabitzgitter), auf dem Putzmörtel aufgebracht wird und das diesem als Träger dient. Rabitz ist also eine andere Bezeichnung für Drahtputz. Benannt ist es nach seinem Erfinder, dem Berliner Maurermeister Carl Rabitz. an ihrer Stelle[227]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110., das von sechs Sandsteinpfeilern getragen wird, die die bisherigen, mit Gips in Säulen verwandelten Pfeiler ersetzen[228]Aus den ehemals zehn Pfeilern, von denen im Zuge der vorangegangenen Umgestaltung acht in Säulen verwandelt wurden, sind nun sechs Sandsteinpfeiler geworden. Doch genau wie zuvor ist in den einschlägigen Quellen keine Aussage darüber zu finden, was mit den überzähligen vier Pfeilern beziehungsweise zwei Säulen geschehen ist. Es ist unwahrscheinlich, daß man sie einfach entfernt hat, da sie mit Sicherheit eine tragende Funktion für die Decke der Garnisonkirche gehabt haben dürften.
Siehe Die Wiedereröffnung der Garnisonkirche, In: Berliner Tageblatt, Jahrgang 29, Ausgabe 652 vom 24. Dezember 1900, Seiten 2 f. und Heinrich Lange: Adolph Menzels „alte Bekannte“, In: Berlinische Monatsschrift, Heft 9/98, Edition Luisenstadt, Berlin, 1998, Seite 56.
. Die runden, ebenfalls als Säulen gestalteten Pfeiler besitzen glatte Schäfte und sind mit korinthischen Kapitellen versehen[229]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110.. Zwei große, schwere Kronleuchter hängen von diesem Gewölbe herab und erhellen den Innenraum[230]Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964..

Die erst sechs Jahre zuvor aus dem Dom herübergebrachte, von Karl Friedrich Schinkel entworfene Kanzel wird nun wieder entfernt. An ihrer Statt stellt man nun wieder die ursprüngliche, von Philipp Gerlach d. J. entworfene Kanzel auf, an der man lediglich einige Ausbesserungen vornehmen muß[231]Die Wiedereröffnung der Garnisonkirche, 1900, Seiten 2 f.[232]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110.. Es erscheint nicht völlig abwegig anzunehmen, daß der Garnisonpfarrer Goens hierbei ein Wörtchen mitspricht. Als er in seiner „Geschichte der Garnisonkirche“ den im Jahre 1817 vorgenommenen Austausch des Gerlachschen Werkes durch die Domkanzel beschreibt und von der Empörung des damaligen Garnisonpfarrers Ziehe über diese Maßnahme berichtet, ist seine Zustimmung zu dessen Protest nur schwerlich zu übersehen, gibt er seinen Ausführungen doch ein Bild der von Gerlach entworfenen Kanzel bei, das er mit den Worten begleitet:

[…] der aber dieses Buch geschrieben hat, der will seinem Amtsvorgänger [gemeint ist Garnisonpfarrer Ziehe – Anmerkung des Autors] treulich sekundiren, und das alte Wunderwerk nicht nur dem Kirchgänger, sondern auch dem Leser zeigen, damit er sich unserer Entrüstung aus vollem Herzen anschließen könne.[233]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 65.

Auch den von Friedrich August Stüler entworfenen Altar entfernt man aus dem Kirchenraum, da er mit seiner an die Antike angelehnten Formensprache nicht mehr zu dessen neobarocken Erscheinungsbild paßt, wie man meint. Er findet sich in einem Nebenraum im oberen Geschoß an der Nordwestseite der Garnisonkirche wieder, wo man ihn allerdings nicht einfach abstellt, sondern vor einem Fenster mit buntem Glas ordentlich wiederaufbaut, das gewissermaßen das Altarbild „Christus am Ölberg“ von Karl Begas d. Ä. ersetzt[234]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110.[235]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seiten 148 ff.. Dieses behält man nämlich im Innenraum der Kirche und fügt es wieder in den neuen Altar ein, dessen Tisch nun aus grauem Marmor besteht[236]Die Wiedereröffnung der Garnisonkirche, 1900, Seiten 2 f.
In dem Artikel wird das Gemälde „Christus am Ölberg“ von Karl Begas d. Ä. nicht explizit erwähnt, jedoch gesagt, „der Altar [habe] die Auferstehung Christi wieder aufgenommen“. Die Formulierung „wieder aufgenommen“ kann jedoch als Hinweis auf dieses Gemälde verstanden werden, da es im ausgemusterten Stüler-Altar als Altarbild eingesetzt war. Desweiteren ist Christus der biblischen Legende zufolge am Ölberg auferstanden, so daß wir davon ausgehen können, daß sich diese Formulierung auf eben dieses Bild bezieht.
. Die Wand hinter dem Altar wird nun mit Holz getäfelt, sein Rahmen dem Erscheinungsbild der Kanzel angepaßt. Das bisher auf der östlichen Empore hinter dem Altar hängende Meisterwerk „Christus vor Pilatus“ des Malers Wilhelm Hensel findet an der Ostwand des südlichen Seitenschiffs einen neuen Platz[237]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110..

Auch die Sitzplätze werden sämtlich erneuert. Weil die ersten acht Sitzreihen vor dem Altar von nun an den Offizieren vorbehalten sein sollen, trennt man sie durch ein kunstvoll gestaltetes, mit einer Vergoldung versehenes Gitter aus Schmiedeeisen von den übrigen Sitzen im Saal ab, auf denen die Mannschaften Platz nehmen können[238]Die Wiedereröffnung der Garnisonkirche, 1900, Seiten 2 f.[239]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110.. Dabei verändert sich die Zahl der Plätze nicht wesentlich. Nach wie vor bietet die Garnisonkirche mehr als dreitausend Personen Platz[240]Zum Brande der Garnisonkirche, 1908, Seite 11..

Die ehemals auf der Empore plazierte Königs- beziehungsweise Kaiserloge wird nun nach unten verlegt und befindet sich zu ebener Erde seitlich des Altars, direkt gegenüber der Kanzel, für jeden erkennbar an dem in Holz geschnitzten Wappen des Kaiserhauses[241]Die Wiedereröffnung der Garnisonkirche, 1900, Seiten 2 f.[242]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110.. Die Ausgestaltung der Loge ist üppig. Die Rückwand ziert eine Darstellung des ein flammendes Schwert haltenden Erzengels Michael vor einem einfachen Kreuz, während die anderen Wände mit Ledertapeten verkleidet sind, auf die in Gold die Kaiserkrone und die Initialen W. II. aufgebracht wurden. An der Logendecke ist unter anderem der fliegende Adler mit dem Wahlspruch „Non soli cedit“ – „Er weicht der Sonne nicht.“ zu sehen. Ein geschnitztes Holzgeländer trennt die Loge vom Altarraum. Hinein gelangt man über einen eigenen Eingang, dessen Tür die dem Bild „Völker Europas wahrt Eure heiligsten Güter!“ des Historienmalers Hermann Knackfuß entlehnte Engelsgestalt schmückt. Auf ausdrücklichen Befehl Wilhelms II. stellt man in der Loge wieder den königlichen Holzstuhl Friedrich Wilhelms I. auf. Auch die anderen Logen sind nun zu ebener Erde plaziert. Links neben der Kaiserloge liegt die des Gouvernements, während rechts von ihr der Feldpropst seinen besonderen Platz hat. Auf der anderen Seite des Saals, der Kaiserloge direkt gegenüber, befindet sich die große Loge der Generalität[243]Die Wiedereröffnung der Garnisonkirche, 1900, Seiten 2 f.[244]Auf der Brandstätte der alten Garnisonkirche, 1908, Seite 3..

Nicht nur in der Kaiserloge, sondern im gesamten Innenraum der Garnisonkirche ist die komplette hölzerne Ausstattung aus schwerem Eichenholz und mit meisterhaften Schnitzereien geschmückt[245]Die Wiedereröffnung der Garnisonkirche, 1900, Seiten 2 f.. Doch das sind nicht die einzigen Verzierungen. Die Brüstungen der Emporen zeigen nun in vergoldeten Buchstaben Sprüche aus der Bibel[246]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110. und die Pfeiler schmückt man wieder mit Trophäen – zu beiden Seiten des Altarraums je sechs Fahnen und sieben Standarten. An jedem Pfeiler hängt man sieben aus den Befreiungskriegen stammende Fahnen auf – französische Feldzeichen aus der Kriegsbeute von 1815. Alle Trophäen kommen als Geschenk Kaiser Wilhelms II. an die Garnisongemeinde aus dem Schloß und dem Zeughaus in die Garnisonkirche[247]Die Wiedereröffnung der Garnisonkirche, 1900, Seiten 2 f.[248]Edgar von Ubisch: Die verbrannten Fahnen der Alten Garnisonkirche, In: Paul Seidel (Hrsg.): Hohenzollern-Jahrbuch – Forschungen und Abbildungen zur Geschichte der Hohenzollern in Brandenburg-Preußen, Jahrgang 12, Verlag von Giesecke & Devrient, Berlin & Leipzig, 1908, Seite 261.
Die französischen Feldzeichen – insgesamt sind es 69 – hatte man 1815 auf Befehl General von Blüchers aus Paris mitgenommen, gewissermaßen als Revanche für die ausgedienten altpreußischen Fahnen und Standarten, die die Franzosen im Jahre 1806 aus dem Berliner Zeughaus hatten mitgehen lassen und kurz vor dem Einzug der Verbündeten in Paris vernichteten.
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Der Innenraum der Garnisonkirche nach der im Jahre 1900 abgeschlossenen Neugestaltung
Der neugestaltete Innenraum der Garnisonkirche.
Quelle: Kunstbibliothek Berlin via Bildarchiv Foto Marburg
Fotograf: unbekannt
Aufnahmedatum: zwischen 1900 und 1914
Bilddatei-Nr.: fm1251505
© Bildarchiv Foto Marburg, mit freundlicher Genehmigung.

Auch die Plazierung der Orgel wird im Zuge der Umbauten geändert. Die bei deren Neuschaffung von einigen Zeitgenossen geäußerte Kritik hinsichtlich der verbesserungswürdigen Entfaltungsmöglichkeiten für den Ton des Instruments nimmt man sich zu Herzen und entfernt dessen alte, eigene Empore. Stattdessen baut man die Orgel auf der ehemals darunterliegenden Empore wieder ein, wobei man zwangsläufig ihre Disposition verändert, um sie an die neuen örtlichen Gegebenheiten anzupassen[249]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 161.. Gemeinsam mit der Orgel erhalten auch die Epitaphgemälde des Malers Christian Bernhard Rode einen neuen Platz. Die vier älteren, 1761 beziehungsweise 1762 entstandenen Bilder hängt man paarweise links und rechts des Instruments an die Emporenwand, während die fünfte, 1786 gemalte Darstellung des Generals Hans Joachim von Ziethen nun im Vorraum der kaiserlichen Loge ihren Platz findet[250]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 141..

Darüberhinaus erhält die Garnisonkirche komplett neue Fenster, die der neuen Ausgestaltung entsprechend aus farbigem Glas gefertigt werden[251]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110.. Und auch ihr Äußeres verändert man. Die Fassade wird mit rauhgelassenem Mörtel neu verputzt[252]Die Wiedereröffnung der Garnisonkirche, 1900, Seiten 2 f., und auch das Dach wird noch einmal überholt. Die weitreichendste Neuerung in der äußeren Erscheinung des Gotteshauses ist jedoch der auf Veranlassung des Kaisers errichtete, achtzehn Meter hohe Glockenturm aus Eisen. Man setzt ihn als offenen, quadratischen Dachreiter hinter dem Südgiebel mittig auf das Dach und gestaltet ihn als mit einer Haube[253]Eine Haube ist in der Architektur die Dachform eines Turmes, die mehr oder weniger glockenförmig ist. bekrönte Laterne[254]Als Laterne bezeichnet man in der Architektur einen turmartigen Aufsatz auf einem Gebäude. Er kann rund oder quadratisch sein oder auch eine polygonale Grundfläche besitzen. Nach oben ist er in der Regel geschlossen. mit quadratischer Grundfläche[255]Berliner Chronik, In: Der Bär – Illustrierte Wochenschrift für Geschichte und modernes Leben, Jahrgang 25, Ausgabe 32 vom 12. August 1899, Seite 515.[256]Die alte Garnisonkirche niedergebrannt, In: Berliner Tageblatt, Jahrgang 37, Ausgabe 192 (Morgenausgabe) vom 14. April 1908, Seiten 5 f.[257]Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110.. In ihrem Inneren entsteht ein kleiner Raum mit 4,30 Metern langen Seiten, in dem zwei Glocken Platz finden. Die größere ist 36, die kleinere 25 Zentner schwer. Die im Bochumer Verein für Bergbau und Gußstahlfabrikation in den 1890er Jahren gegossenen Glocken aus Gußstahl schlagen mit 2.525 Mark zu Buche[258]Zusammenstellung der nach Berlin und Umgegend gelieferten Geläute, Bochumer Verein, um 1900, verfügbar im Archiv der Köpenicker Kirche St. Josef, via Garnisonkirche (Berlin), Wikipedia, Artikelversion vom 26. Mai 2020 um 11:20 Uhr.. Turm und Glocken verhelfen der Garnisonkirche in den fast zweihundert Jahren ihrer Geschichte zum ersten Mal dazu, daß sie in der sie umgebenden Stadt hörbar und über den Dächern auch sichtbar wird.

Der Turm der Berliner Garnisonkirche
Der die Dächer der umliegenden Häuser überragende Turm der Berliner Garnisonkirche in einer zwischen 1920 und 1940 entstandenen Fotografie.
Quelle: Bildarchiv Foto Marburg,
Fotograf: unbekannt
Aufnahmedatum: zwischen 1920 und 1940
Bilddatei-Nr.: fm834322
© Bildarchiv Foto Marburg, mit freundlicher Genehmigung.

Um zu vermeiden, daß sie während der Umbauarbeiten Schaden nehmen, waren vor deren Beginn die in der Garnisonkirche untergebrachten, aus dem alten Berliner Dom stammenden Sarkophage ins Zeughaus transportiert worden. Man verzichtet jedoch nach Abschluß der Renovierung darauf, sie wieder in die Kirche zurückzubringen. Sie werden noch einige Jahre im Zeughaus bleiben und im Mai 1905 schließlich in die Gruftkirche des neu gebauten Doms zurückkehren[259]Friedenauer Lokal-Anzeiger, Jahrgang 12, Ausgabe 116 vom 18. Mai 1905, Seite 2..

Damit sie die Kosten für den Umbau bestreiten kann, stellt das preußische Ministerium des königlichen Hauses der Garnisongemeinde 300.000 Mark zur Verfügung. Doch natürlich gibt es diese ungeheuer große Summe nicht einfach so her. Um sie entsprechend abzusichern, wird in das Grundbuchblatt des alten, bereits lange geschlossenen Soldatenfriedhofs in der Linienstraße eine Hypothek eingetragen[260]Karl Plumeyer, Geschichte der Berliner Garnisonfriedhöfe I, 1924, Seite 30.. Nun hatte man sich bereits einige Zeit davor, im Jahre 1891, dazu entschlossen, das sich langsam in einen Park verwandelnde Gelände, das zwar durch Pächter von kleineren Parzellen einige Einnahmen brachte, doch für die Erhaltung auch erhebliche Kosten verursachte, zu verkaufen und zur Bebauung freizugeben[261]Barbara Kündiger: Spurensuche und Fundstücke, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 20.. Da diese Verkaufsbemühungen bisher nicht so recht vorangekommen waren, führt die Eintragung der Hypothek dazu, daß der Militärfiskus den Verkauf des Geländes nun forciert, um die Kosten für den Umbau der Garnisonkirche schnellstmöglich bestreiten zu können. Die Stadt Berlin ist durchaus daran interessiert, das Parkgelände in dem ansonsten eng bebauten Stadtviertel zu erhalten, allerdings ist ihr der vom Militärfiskus für das 12.950 Quadratmeter große Gelände geforderte Preis von 1.748.250 Mark deutlich zu hoch, so daß sie Abstand von dem Verkaufsangebot nimmt[262]Berliner Chronik, In: Der Bär – Illustrierte Wochenschrift, Jahrgang 26, Ausgabe 7 vom 17. Februar 1900, Seite 119.. In der Folge wird es an einen Kaufmann namens Hugo Cohn verkauft und schließlich bebaut[263]Karl Plumeyer, Geschichte der Berliner Garnisonfriedhöfe I, 1924, Seite 30.. Heute ist von dem alten Soldatenfriedhof nichts mehr zu sehen.

Die Umbauarbeiten an der Garnisonkirche ziehen sich über das ganze Jahr 1900, doch gegen dessen Ende können sie schließlich erfolgreich abgeschlossen werden. Am 23. Dezember – es ist der vierte Advent – ist dann das Gotteshaus das erste Mal wieder voller Menschen, die die feierliche Wiedereinweihung der Kirche begehen. Alle sind sie erschienen: das Kaiserpaar in Begleitung sämtlicher Prinzen und Prinzessinnen, Vertreter des Hofstaates ebenso wie zahlreiche Minister und Staatssekretäre sowie die kirchlichen Würdenträger, unter denen sich der Präsident des Konsistoriums Albrecht Wilhelm Ernst Christian Schmidt, Generalsuperintendent Wilhelm Adolf Reinhold Faber und Generalsuperintendent Ernst Hermann Dryander sowie die beiden Präsidenten des Evangelischen Oberkirchenrates, Friedrich Wilhelm Barkhausen und Hermann Alexander Georg Maximilian Freiherr von der Goltz, welcher auch Propst von Sankt Petri ist, befinden. Desweiteren sind auch ranghohe Vertreter der Berliner Gesellschaft unter den Anwesenden, unter anderem der Rektor der Berliner Universität, Professor Adolf Harnack, der Präsident der Ministerialbaukommission, Adolf Kayser, sowie der erste und der zweite Bürgermeister von Berlin, Martin Kirschner und Karl Brinkmann. Die Generalität und die Admiralität sind vollständig präsent, und alle Regimenter haben Abordnungen entsandt. Für die Teilnahme der kompletten Mannschaften ist das Gotteshaus nicht groß genug. Gemeinsam wohnen die Anwesenden dem Gottesdienst und der Weihe der neugestalteten Garnisonkirche bei, wobei Feldpropst Adolf Maximilian Richter die Liturgie liest und das Weihegebet spricht, während Garnisonpfarrer Georg Goens die Predigt hält. Abschließend spricht der Militäroberpfarrer des Gardekorps, Max Wölfing, Gebet und Segen. Die Feierlichkeit wird zum Anlaß genommen, verdienten Persönlichkeiten Auszeichnungen zu verleihen. So wird Garnisonpfarrer Goens zusätzlich in den Rang eines Militäroberpfarrers erhoben, während der Königliche Baurat Oscar Wutsdorff, der die Umbauarbeiten bis zu ihrer Fertigstellung geleitet hatte, die Krone zum Roten Adlerorden vierter Klasse verliehen bekommt[264]Die Wiedereröffnung der Garnisonkirche, 1900, Seiten 2 f.[265]Die Wiedereinweihung der Garnisonkirche, In: Norddeutsche Allgemeine Zeitung, Jahrgang 40, Ausgabe 301 vom 25. Dezember 1900, Seite 2..

Die Neue Friedrichstraße mit Garnisonpfarrhaus und Garnisonkirche 1910
Die Neue Friedrichstraße mit Garnisonpfarrhaus und Garnisonkirche im Jahre 1910. Daß der Turm der Kirche nun eine markante Landmarke in ihrem städtischen Umfeld bildet, läßt sich hier gut erkennen.
Quelle: Königlich Preußische Meßbildanstalt via Wikimedia Commons
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Zwei Jahre später – 1902 – erläßt man wieder einmal eine neue „Evangelische militärkirchliche Dienstordnung“. Die unter dem kaiserlichen Patronat stehenden Garnisonkirchen in Berlin und Potsdam werden jedoch nur teilweise den darin festgelegten neuen Bestimmungen unterworfen. Paragraph 163 dieser Dienstordnung erklärt ausdrücklich, daß die besonderen Allerhöchsten Bestimmungen, die Verfassung dieser beiden Gotteshäuser und ihrer Gemeinden betreffend, weiterhin uneingeschränkt in Kraft bleiben. Und während die Dienstordnung dem Feldpropst der Armee zwar das Recht zubilligt, alle Garnisonpfarrer in Deutschland zu berufen, wird für das Amt des Berliner Garnisonpfarrers – als einzigem – eine Ausnahme festgeschrieben: er wird vom Kaiser persönlich eingesetzt[266]Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995..

Im selben Jahr erwirbt die Garnisongemeinde vom Königlich-preußischen Fiskus das Haus mit der Adresse Hinter der Garnisonkirche 3. Es handelt sich dabei um das Grundstück, auf dem zu Zeiten der Berliner Festung der Wallmeister gewohnt hatte[267]Reinhard Lüdicke: Geschichte der Berliner Stadtgrundstücke seit der Einführung der Grundbücher Ende des 17. Jahrhunderts – Band 1: Berlin Nr. 1-276 = Stralauer, Königs-, Neue Friedrichs- und Burgstraße, Kommissionsverlag von Gsellius, Berlin, 1933, Seite 390..

Im Jahre 1905 übernimmt Garnisonpfarrer Georg Goens, der bereits den entsprechenden Rang besitzt, zusätzlich das Amt des Militäroberpfarrers des Garde-Korps. Er tritt damit die Nachfolge des zum Feldpropst beförderten Max Wölfings an[268]Militäroberpfarrer Goens †, In: Berliner Morgenpost, Jahrgang 21, Ausgabe 207 vom 28. Juli 1918, Seiten 5 f.[269]Militäroberpfarrer D. Goens †, In: Berliner Neueste Nachrichten, Jahrgang 38, Ausgabe 380 (Morgenausgabe) vom 28. Juli 1918, Seite 6..

Der neue Organist

Auch nach ihrer umfangreichen Umgestaltung bleibt die Garnisonkirche eine feste Größe im Berliner Musikleben. So trägt der Komponist Max Reger in diesen Jahren wiederholt persönlich Kompositionen aus seiner Feder auf der Orgel des Gotteshauses vor[270]Die alte Garnisonkirche niedergebrannt, 1908, Seiten 5 f.. Doch die Kirche ist nicht einfach nur ein Veranstaltungsort für musikalische Gäste. Auch ihr eigenes Personal kann durchaus Akzente setzen – wie der aus Breslau stammende Otto Becker, der 1907 sein Amt als neuer Organist an der Berliner Garnisonkirche antritt. Der gerade 36-Jährige hatte an der Königlichen Hochschule für Musik in Berlin studiert. Einer seiner Lehrer war der Direktor des Instituts für Kirchenmusik, Professor Robert Radecke, mit dem Becker freundschaftlich verbunden bleibt. Schnell erweist sich Becker als überaus talentierter und vielseitiger Musiker. Bereits 1894 war er – noch während seines Studiums – als Organist an der Spandauer Garnisonkirche tätig gewesen. Nachdem er 1896 als Organist an die Andreaskirche am Stralauer Platz gewechselt war, hatte er bereits im Jahr darauf einen Lehrauftrag für Orgelspiel und Theorie an seiner Alma Mater, der Berliner Musikhochschule, erhalten. Als er an die Berliner Garnisonkirche kommt, ist er mit der Geigerin Bianca Samolewska – einer Meisterschülerin Josef Joachims, eines der bedeutendsten Violinisten dieser Zeit – verheiratet. In den Konzertsälen der Stadt, wo er als Pianist und auch als Geiger auftritt, hat er sich bereits einen Namen gemacht[271]Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964.. Doch die Orgel ist das Instrument, für das er sich berufen fühlt, wie er selbst sagt:

Das Orgelspiel sollte immer eine Predigt in Tönen sein. Für mich ist die Orgel ein Sprachrohr Gottes, und mein Organistenamt erachte ich als ein Amt von Gottes Gnaden.[272]Zitiert aus Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964.

Kaum an der Garnisonkirche eingetroffen, setzt Becker seine emsige Tätigkeit im Dienste der Musik fort, indem er die sogenannten „Musikalischen Feierstunden“, die er bereits an der Andreaskirche eingeführt hatte, hier fortsetzt. Bald darauf stellt man ihn dem Kaiser vor, der den Organisten offenbar sympathisch findet. So wird berichtet, daß er ihn des öfteren auf der Orgelempore besucht und dabei eigenhändig den Mechanismus hinter den beweglichen Teilen des Prospekts in Bewegung gesetzt habe[273]Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964.. Und auch mit dem Garnisonpfarrer Goens versteht sich der neue Organist ausgezeichnet, wie eine Anekdote, die er später selbst gerne zum Besten geben wird, beweist:

Es ist Sonntag. Ein heißer Tag im Sommermonat August. Wieder einmal ist die Garnisonkirche voll besetzt mit Soldaten, die gerade von einem Manöver zurückgekehrt waren. Ratlos blickt Garnisonpfarrer Goens von seiner Kanzel in die müden Gesichter der vor ihm aus purer Erschöpfung reihenweise in Schlaf sinkenden Männer. Vergeblich versucht er, in seiner Predigt ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen und sie aufzumuntern – wenigstens ein bißchen. Doch er dringt nicht durch.

Da! Was war das? Urplötzlich dröhnt ein ohrenbetäubend lauter Klang wie die Posaune des Jüngsten Gerichts durch das ganze Kirchengebäude. Die eben noch Dahindämmernden in den Kirchenbänken schrecken entsetzlich auf und sind mit einem Schlag hellwach! Goens, der keine Ahnung hat, was da gerade geschehen ist, ergreift die Gelegenheit und setzt seine Predigt fort, solange die ihm so unvermittelt verschaffte uneingeschränkte Aufmerksamkeit Aller im Saal anhält. Wenig später kann er sie zu seiner vollen Zufriedenheit beenden.

Als der Pfarrer nach dem Ende des Gottesdienstes in seiner Sakristei die letzten Nachbereitungen vollzieht, klopft es an der Tür. Herein tritt der neue Organist Becker. Mit zerknirschter Miene will er Goens den Grund für die unverhoffte Störung erklären. Ein Orgelschüler hatte sich bei ihm auf der Orgelempore aufgehalten und nach seiner Anleitung die Register bedient. Wohl in der Annahme, während der Predigt sei der Orgelmotor abgestellt, hatte der übermütige Bengel einen vollen Akkord angeschlagen. Doch weil Becker den Orgelmotor in Betrieb gelassen hatte, war die Orgel nicht, wie von dem Missetäter angenommen, stumm geblieben, sondern es war geschehen, was zu hören gewesen war: der Akkord schallte durch das ganze Kirchenschiff!

Gerade als nun der peinlich berührte Organist diese Erklärung vorbringen und damit einleiten will, daß ihm der Vorfall außerordentlich peinlich sei und er den Herrn Garnisonpfarrer recht herzlich um Entschuldigung bitte, wird er von Goens freudestrahlend unterbrochen: „Besten Dank, mein Lieber! Das war eine glänzende Idee, die Auferweckung meiner Siebenschläfer.“[274]Nacherzählt nach Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964.

Eine gute Stellung an einer der bekanntesten Kirchen der Stadt, mit dem Garnisonpfarrer und dem Kaiser auf gutem Fuße stehend – für den Organisten Otto Becker sieht die Zukunft an der Garnisonkirche im Jahre 1907 recht rosig aus. Wie soll er auch ahnen, daß sich über dem Gotteshaus, das auf sein zweihundertjähriges Jubiläum zugeht, wieder einmal die dunklen Wolken kommenden Unheils zusammenbrauen?


Das Banner auf dieser Seite zeigt einen Ausschnitt aus der Zeichnung „Gruft unter der Garnisonkirche“ von Adolph Menzel.

Quelle: Staatliche Museen zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz – SMB-digital
Sammlung: Kupferstichkabinett
Ident.Nr.: SZ Menzel N 4441
Zeichnung: Adolph Menzel
Technik: Bleistift, gewischt, auf Papier
Blattmaß: 23,8 x 33,2 cm
Foto: Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Fotograf: Jörg P. Anders
Bearbeitet: Alexander Glintschert (2021)
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Anmerkungen:

Anmerkungen:
1. Friedrich Adolf Strauß‘ Vater Gerhard Friedrich Abraham Strauß war zunächst lutherischer Pfarrer gewesen und später Oberhof- und Domprediger in Berlin geworden, eine Position, die ihn zum Seelsorger König Friedrich Wilhelms III. machte. Darüberhinaus war er als Professor der Theologie in Berlin tätig.
Siehe Georg Goens: Geschichte der Königlichen Berlinischen Garnisonkirche, Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, Berlin, 1897, Seiten 83 ff.
2. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 83 ff.
3. Beatrice Falk & Bärbel Holtz: Das Schicksal der Alten Berliner Garnisonkirche, In: Der Alte Berliner Garnisonfriedhof im Spannungsfeld zwischen Scheunenviertel und Monbijou, herausgegeben vom Förderverein Alter Berliner Garnisonfriedhof, 1. Auflage, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin, 1995, ISBN 3-7759-0399-2.
4. Kurt Borries: Friedrich Wilhelm IV., In: Neue Deutsche Biographie, Band 5, 1961, Seiten 563-566 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 17. Oktober 2021.
5. Es ist nicht bekannt, ob dem Sanitätsrat dafür extra gekündigt werden muß oder ob dieser vorher aus anderen Gründen sowieso schon ausgezogen war.
6. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 81 f. und Seite 85.
7. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 81.
8. Zitiert nach Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 81.
Das Grab Gottlieb Friedrich Ziehes ist heute nicht mehr vorhanden.
9. Kurt Borries: Friedrich Wilhelm IV., 1961, Seiten 563-566.
10. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 90.
11. Dr. Karl Plumeyer: Beiträge zur Geschichte der Berliner Garnisonfriedhöfe – II. Die Grabstätten in der Hasenheide, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1924, Heft 7-9, Seite 50.
12. Barbara Kündiger: Umbauten, Zerstörungen und Abriß, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 111.
13. Dr. C. Brecht: Die Garnison-Kirche in Berlin. Zur Erinnerung an die 150jährige Einweihungs-Feier derselben am 2. Juni 1872, A. W. Hayn’s Erben, Berlin, 1872, Seite 16.
Brecht verrät leider nicht das genaue Jahr der Schenkung, sondern schreibt lediglich, daß dies „am Weihnachtstage“ geschehen sei. Da er dies unmittelbar nach der Einweihung des neuen Friedhofs in der Hasenheide erwähnt, kann man wohl davon ausgehen, daß das Jahr 1861 gemeint ist.
14. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 82.
15. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 85 f.
16, 17, 24, 26. Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 16.
18. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 86 f.
19, 29, 31. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 87.
20. Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 16.
Brecht erwähnt, daß die Arbeiten nach dem Tode Beckers von Bauführer Borchardt fortgesetzt werden. Dies findet sich allerdings nirgendwo sonst bestätigt. Richard Borrmann benennt lediglich Becker als Ausführenden – siehe Richard Borrmann: Garnisonkirche, In: Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Verlag von Julius Springer, Berlin, 1893, Seite 175 -, während in dem kurzen Abriß zur Garnisonkirche in „Berlin und seine Bauten“ weder Becker noch Borchardt Erwähnung finden, sondern der ausführende Baumeister mit Bernhardt bezeichnet wird – siehe Kirchen, 1896, Seite 154.
21, 27. Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 109.
22. Werner Schwipps: Die Garnisonkirchen von Berlin und Potsdam, Berlinische Reminiszenzen 6, 1. Auflage 1964, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin.
23. Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seiten 109 f.
Kündiger weist darauf hin, daß die Charlottenburger Tonwarenfabrik Ernst March und Söhne „mit ziemlicher Sicherheit“ der Hersteller der Terrakottapfosten ist, da Friedrich August Stüler oft mit diesem Unternehmen zusammenarbeitete.
25. Polychromie bedeutet Vielfarbigkeit. Man legt in der Garnisonkirche also Wert auf eine mehrfarbige Gestaltung.
28. Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 87.
30. Alte Garnisonkirche, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1924, Heft 10-12, Seiten 78 f.
32, 34, 44, 114, 266. Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995.
33, 36. Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 17.
35. Der Begriff Agende bezeichnet in den evangelischen Kirchen das Buch (eventuell auch mehrere), das sowohl die feststehenden als auch die wechselnden Teile des regulären Gottesdienstes aufführt. Auch die Amtshandlungen werden darin beschrieben.
37, 149. Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seite 176.
38. Schleswig-Holstein (Geschichte 1863-1864), In: Meyers Konversationslexikon, 14. Band: Rüböl – Sodawasser, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version auf retrobibliothek.de, abgerufen am 18. Oktober 2021.
39. Provinzial-Correspondenz, Jahrgang 2, Ausgabe 52 vom 21. Dezember 1864, Seite 2.
40. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 88.
41. Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seiten 17 f.
42. Preußisch-deutscher Krieg, In: Meyers Konversationslexikon, 13. Band: Phlegon – Rubinstein, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version auf retrobibliothek.de, abgerufen am 19. Oktober 2021.
43. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 88 f.
45. Die Anatomie ist 1829 zum ersten Mal im Berliner Adreßbuch an der Adresse Hinter der Garnisonkirche 1 verzeichnet.
Siehe J. W. Boike (Hrsg.): Allgemeiner Wohnungsanzeiger für Berlin und dessen nächste Umgebungen, auf das Jahr 1829, Verlag bei J. W. Boike, Berlin, 1829.
46. Prof. Dr. med. Albert Guttstadt: Die naturwissenschaftlichen und medicinischen Staatsanstalten Berlins – Festschrift für die 59. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte, Verlag von August Hirschwald, Berlin, 1886, Seite 249.
47. Bei diesem neuen Gebäude handelt es sich um das noch heute existierende Anatomische Theater. Es war als Geschenk an die Berliner Universität anläßlich deren fünfzigjähriger Jubiläumsfeier vom König in Auftrag gegeben und 1865 fertiggestellt und bezogen worden. Das alte Gebäude hinter der Garnisonkirche hatte infolge steigender Studentenzahlen und veralteter innerer Einrichtungen nicht mehr den Anforderungen eines derartigen wissenschaftlichen Instituts entsprochen. So war beispielsweise die Abteilung für menschliche Anatomie, die man in dem alten Gebäude untergebracht hatte, weder mit ausreichend Räumen ausgestattet, noch waren Licht und Lüftung auf hinreichendem Niveau verfügbar gewesen.
Siehe Albert Cremer: Das neue Anatomiegebäude in Berlin, In: Zeitschrift für Bauwesen, Jahrgang 16, Heft IV bis VII von 1866, Seiten 161 f. und Albert Guttstadt: Naturwissenschaftliche und medicinische Staatsanstalten, 1886, Seite 249.
48, 85. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 92.
49, 55, 57. Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 18.
50, 52. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 91.
51. Karl Plumeyer, Geschichte der Berliner Garnisonfriedhöfe II, 1924, Seite 52.
53. Dr. Karl Plumeyer: Beiträge zur Geschichte der Berliner Garnisonfriedhöfe – I. Die beiden Garnisonfriedhöfe an der Linienstraße, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1924, Heft 4-6, Seite 29.
54. Ernst Friedel: Die alten Militär-Kirchhöfe an der Linienstraße in Berlin. Aus einem Bericht in den Akten der Städtischen Parkdeputation vom Januar 1891, In: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1891, Heft 4, Seiten 48 f.
56. Heinz Berg: Vom Diesseits zum Jenseits des Spandauer Tores: Zur Geschichte des Alten Berliner Garnisonfriedhofs, In: Der Alte Berliner Garnisonfriedhof im Spannungsfeld zwischen Scheunenviertel und Monbijou, herausgegeben vom Förderverein Alter Berliner Garnisonfriedhof, 1. Auflage, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin, 1995, ISBN 3-7759-0399-2.
Heinz Berg beschreibt die Linie, anhand derer die Zuordnung zu den neuen Garnisonfriedhöfen vorgenommen wurde, ebenfalls, weicht aber in einem Punkt von Brechts Darstellung ab. Bei ihm ist die Frankfurter Allee die Grenze, nicht die Landsberger Straße.
58. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 93 f.
59. Vor seiner Wupperfelder Pfarrerstelle war Emil Frommel 1851 im Alter von dreiundzwanzig Jahren bereits als Vikar in Altlußheim bei Schwetzingen im Nordwesten von Baden tätig gewesen, worauf 1853 eine weitere Vikarstelle in Spöck bei Karlsruhe folgte. Noch im selben Jahr wurde er als ordentlicher Pfarrer zurück nach Altlußheim berufen. Ab 1854 war er dann als Stadt- und Hofvikar an der Stadtkirche in Karlsruhe tätig, eine Stellung, die mit dem Titel „Diakonus“ bezeichnet war. Verheiratet ist Frommel mit Amalie Frommel, geborene Bähr. Das Paar hat im Laufe seines gemeinsamen Lebens fünf Kinder: Karl Frommel, der Älteste, wird Regierungsrat in Berlin. Otto Frommel, der Zweitgeborene, geht später als Botschaftsprediger nach Rom. Seine Zwillingsschwester Elisabeth heiratet am 4. Juli 1892 in Rom den Professor Johannes Hülfen. Ihre jüngere Schwester Maria ehelicht ein Jahr später, am 8. Juli 1893 den Garnisonpfarrer Johannes Keßler in Potsdam. Das fünfte Kind, ein Sohn, stirbt bereits im Kindesalter.
Siehe Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 94 und Seite 106 und Erich Beyreuther: Frommel, Emil, In: Neue Deutsche Biographie, Band 5, 1961, Seite 660 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 23. Oktober 2021, sowie Weigert, Pfarrer und Bürger, 2004, Seite 124.
60. Emil Frommel: Erlebtes, Nachdruck des Originals von 1927, 1. Auflage, Salzwasser Verlag GmbH, Paderborn, 2014, Seite 227.
61. Zitiert aus Emil Frommel, Erlebtes, 2014, Seite 227.
62, 116, 173. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 106.
63. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 95.
64. Deutsch-französischer Krieg von 1870/71, In: Meyers Konversationslexikon, 4. Band: China – Distanz, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version auf retrobibliothek.de, abgerufen am 23. Oktober 2021.
65. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 96.
66, 71, 72, 76, 81. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 97.
67. Zitiert nach Dieter Weigert: Pfarrer und Bürger, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 125.
68. Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 96.
69, 70, 75, 79, 86, 88, 90. Deutsch-französischer Krieg von 1870/71, 1885-1892, abgerufen am 23. Oktober 2021.
73, 74. Zitiert aus Emil Frommel, Erlebtes, 1927/2014, Seite 203.
77, 91, 97. Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 19.
78. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 97 f.
80. Emil Frommel, Erlebtes, 1927/2014, Seite 212.
82. Dieter Weigert: Ein verschwundenes Berliner Baudenkmal: Die Alte Garnisonkirche, Website FOBI Lilienstern, abgerufen am 24. Oktober 2021.
Weigert gibt an, dies sei auf Frommels eigenen Wunsch geschehen.
83. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 97 f.
Goens nennt nur den Familiennamen Bährs. Der vollständige Name findet sich im Konsistorium der Kirchenprovinz Sachsen. Siehe Konsistorium der Kirchenprovinz Sachsen, Ältere Personalakten, Website der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Landeskirchenarchiv Magdeburg (landeskirchenarchiv-magdeburg.de), abgerufen am 24. Oktober 2021.
84. Deutschland (Geschichte 1870-1871. Wiederherstellung des Deutschen Reichs), In: Meyers Konversationslexikon, 4. Band: China – Distanz, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version auf retrobibliothek.de, abgerufen am 23. Oktober 2021.
87. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 56.
89, 92. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 98.
93. Provinzial-Correspondenz, Jahrgang 9, Ausgabe 25 vom 21. Juni 1871, Seite 4.
94. Julia Winnebeck: Apostolikumsstreitigkeiten: Diskussionen um Liturgie, Lehre und Kirchenverfassung in der preußischen Landeskirche 1871-1914, Evangelische Verlagsanstalt, 2016, ISBN 978-3-374-04927-1, Seite 50.
95. Emil Frommel: Vortrag, gehalten auf der Oktoberversammlung 1871 in der Berliner Garnisonkirche: Was haben wir zu thun, damit unserem Volke ein geistliches Erbe aus den Jahren 1870 und 1871 verbleibe?, In: Johannes Kessler (Hrsg.): Für Thron und Altar. Reden in Kriegs- und Friedenszeiten von Emil Frommel, Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, Berlin, 1901, Seiten 113 ff.
96. Zitiert aus Emil Frommel: Vortrag auf der Oktoberversammlung 1871, 1901, Seiten 113 ff.
98. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 98 f.
99. Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seiten 19 ff.
100. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 99.
101. Emil Frommel: Predigt bei der Verleihung des Eisernen Kreuzes an die Fahnen und Standarten des Gardekorps. Pfingsten 1872., In: Johannes Kessler (Hrsg.): Für Thron und Altar. Reden in Kriegs- und Friedenszeiten von Emil Frommel, Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, Berlin, 1901, Seiten 134 ff.
102, 103. Zitiert aus Emil Frommel: Predigt Verleihung des Eisernen Kreuzes, 1901, Seiten 134 ff.
104. Patene sind flache, runde Schalen, die als liturgische Gefäße beim Abendmahl zum Einsatz kommen.
105. Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seiten 21 f.
106. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 99 f.
107. Gedenkblätter zum 150jährigen Jubiläum der königlichen Garnisonkirche zu Berlin, den 2. Juni 1872, Verlag von Wiegandt und Grieben, Berlin, 1872.
108. Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872.
109, 111. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 103 f.
110. Klaus Duntze: Ob auch Kriegsleute seligen Standes sein können (Martin Luther), In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seiten 13 f.
112, 118. Weigert, Pfarrer und Bürger, 2004, Seite 125.
113. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 101 f.
115, 211. Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 101.
117. Peter Mugay: Licht des Lebens auf altem Friedhof – Gedanken an Gräbern des Garnisonfriedhofs, Neue Zeit, Jahrgang 39, Ausgabe 273 vom 19. November 1983, Seite 6.
119. Bernhard von Poten: Schwarzkoppen, Emil von, In: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 33, 1891, Seiten 314-315 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 31. Oktober 2021.
120. Karl Stichler erwähnt lediglich einen Oberst von Prittwitz, der zu jener Zeit Adjutant des Prinzen Karl von Preußen ist – siehe Karl Stichler: Die alte Berliner Garnisonkirche – Erinnerungen eines alten Berliners, In: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen – Vossische Zeitung, Ausgabe 203 (Morgenausgabe) vom 1. Mai 1908, Seiten 4 und 13.
Aus einer vom Verein für die Geschichte Berlins veröffentlichten Fotografie geht hervor, daß es sich dabei um Ernst Karl Ferdinand von Prittwitz und Gaffron handelt – siehe Fotografie des Ernst von Prittwitz und Gaffron, veröffentlicht auf der Website des Vereins für die Geschichte Berlins e. V., gegründet 1865, abgerufen am 31. Oktober 2021.
121. Der spätere, sogenannte 99-Tage-Kaiser Friedrich III.
122, 129, 134, 144. Karl Stichler, Die alte Berliner Garnisonkirche, 1908, Seiten 4 und 13.
123. Emil von Siefart: Ein Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1908, Heft 5, Seiten 134 ff.
124. Barbara Kündiger: Bildwelten und Klangbilder, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 164.
125. Zitiert aus Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seite 135.
126, 130. Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seiten 135 f.
127. Zitiert aus Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seiten 135 f.
128. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß man in Reisehandbüchern, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, teils noch Jahre nach der Expedition in die Gruft der Garnisonkirche, erschienen sind, oftmals die Aussage findet, der General James Francis Edward Keith sei in der Gruft der Parochialkirche bestattet worden – siehe beispielsweise Karl Baedeker: Berlin und Umgebungen – Handbuch für Reisende, 5. Auflage, Verlag von Karl Baedeker, Leipzig, 1887, Seite 128.
Dies geht, wie Karl Stichler erläutert, höchstwahrscheinlich auf eine Verwechslung zurück. Diese dürfte ihre Ursache zum einen darin haben, daß Keith als Gouverneur von Berlin seit November 1749 seine Dienstwohnung in der Königstraße 19 hatte, ganz in der Nähe des später errichteten Stadtgerichts und nicht allzuweit von der Parochialkirche entfernt. Zum anderen findet sich Stichler zufolge in den Registern der Parochialkirche der Vermerk, daß gegen Ende des 18. Jahrhunderts in der dortigen Gruft eine Frau Hofmarschallin von Keith beigesetzt worden war, mit der der General und Gouverneur von oberflächlichen Rechercheuren wegen der Namensgleichheit wohl verwechselt wurde. Siehe Karl Stichler, Die alte Berliner Garnisonkirche, 1908, Seiten 4 und 13.
Spätere Auflagen insbesondere des Baedeker-Reiseführers haben diesen Fehler korrigiert – siehe beispielsweise Karl Baedeker: Berlin und Umgebungen – Handbuch für Reisende, Verlag von Karl Baedeker, 9. Auflage, Leipzig, 1896, Seite 141.
131. Max Müller: Auf den Spuren des preußischen Militärs, Berliner Morgenpost vom 20. November 2019.
132. Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 164.
133. Clara Wörsdörfer: Präsenz der Toten, Prozessualität der Zeichnung – Menzels Zeichnungen aus der Berliner Garnisongruft, In: all-over – Magazin für Kunst und Ästhetik, Oktober 2014.
135, 136. Clara Wörsdörfer, Präsenz der Toten, 2014.
137, 142. Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seite 136.
138. Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seiten 167 f.
Barbara Kündiger weist darauf hin, daß sowohl die Skizzen als auch die nach ihnen von Skarbina geschaffenen Ölbilder heute verschollen sind.
139. Die Angaben in den verschiedenen Quellen bezüglich der Anzahl der Särge, die aus der Gruft entfernt werden, und derjenigen, die darin verbleiben, sind sehr verwirrend. Emil von Siefart gibt an, daß ungefähr 500 Särge ihren Weg auf den Garnisonfriedhof finden. Bei Georg Goens ist die genauere Angabe zu finden, daß es 555 Särge seien. Siehe Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seite 135 und Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 102.
Demgegenüber ist jedoch in einem dreizehn Jahre nach der Gruftöffnung erschienenen Artikel von A. Heinze über das Begräbnisgewölbe der Garnisonkirche die Angabe zu finden, daß noch 193 Särge in der Gruft vorhanden seien. Siehe A. Heinze: Die Ruhestätten der Berliner Garnisonkirche, In: Illustrirte Berliner Wochenschrift Der Bär – Eine Chronik für’s Haus, Jahrgang 12, Ausgabe 19 vom 6. Februar 1886, Seite 236. Noch spätere Beschreibungen sprechen wieder von 221 noch vorhandenen Särgen. Siehe beispielsweise Auf der Brandstätte der alten Garnisonkirche, In: Berliner Volks-Zeitung, Jahrgang 56, Ausgabe 179 (Morgenausgabe) vom 15. April 1908, Seite 3.
Wie diese Zahlen zusammenpassen sollen, ist unklar. Denn gleichgültig, wie man die verschiedenen Angaben über die Anzahlen verbliebener und entfernter Särge miteinander kombiniert – zusammen ergeben sie nie die einstige Gesamtmenge von 815 Särgen. Wir halten die Angabe von A. Heinze über die noch vorhandenen Särge für die gesichertste Angabe, da sie einem speziell der Gruft gewidmeten Artikel entstammt und den Zustand der (damaligen) Gegenwart wiedergibt. Spätere Angaben haben wir nur in Zeitungsartikeln über die Garnisonkirche gefunden, denen wir eine geringere Quellenqualität beimessen. Die Aussagen über die entfernten Särge stammen wiederum aus Quellen, die sie aus der Perspektive der Rückschau treffen und damit unserer Meinung nach eine höhere Wahrscheinlichkeit für Fehler aufweisen.
140. A. Heinze: Ruhestätten, 1886, Seite 236.
141. Emil von Siefart, Erlebnis im Grabgewölbe der Garnisonkirche, 1908, Seite 135.
143. Zitiert aus A. Heinze: Ruhestätten, 1886, Seite 234.
145. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 38.
146. Eine Gedächtnisfeier, In: Provinzial-Correspondenz, Jahrgang 12, Ausgabe 47 vom 25. November 1874, Seiten 1 und 4.
147. Otto Freiherr von Lüdinghausen-Wolff: Geschichte des Königlich Preußischen 2. Garde-Regiments zu Fuß 1813-1882, Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Berlin, 1882, Seite 387.
148. Otto Freiherr von Lüdinghausen-Wolff, Königlich Preußisches 2. Garde-Regiment, 1882, Seite 387.
150, 168. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 102 f.
151. Richard Böckh (Hrsg.): Statistisches Jahrbuch der Stadt Berlin, Vierter Jahrgang, Verlag von Leonhard Simion, Berlin, 1878, Seite 192.
152, 174, 220. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 102.
153, 183, 190, 193. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 103.
154, 166, 177. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 104.
155. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 92 f.
156. Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung am 27. Juni 1878, No. 30, herausgegeben vom Magistrat zu Berlin, In: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten-Versammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin, Fünfter Jahrgang, Julius Sittenfeld, Berlin, 1878, Seite 351.
157. 589. Vorlage – zur Beschlußfassung -, betreffend die Feststellung neuer Baufluchtlinien für eine zwischen der Spandauer und Herculesbrücke südlich zur Stadtbahn anzulegenden Parallelstraße und für eine Verbindungsstraße in Verlängerung der Spandauerstraße bis zu jener Parallelstraße, sowie für Theile der Spandauerstraße, der Straße an der Spandauer Brücke, der Kleinen Präsidentenstraße und der Burgstraße, In: Vorlagen für die Stadtverordneten-Versammlung zu Berlin, Nr. 70 (587-591), 17. Oktober 1881, Seite 510.
158. Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung am 3. November 1881, No. 36, herausgegeben vom Magistrat zu Berlin, In: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten-Versammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin, Achter Jahrgang, Julius Sittenfeld, Berlin, 1881, Seite 469.
159. 189. Vorlage – zur Beschlußfassung -, betreffend das Project verschiedener Straßenanlagen zwischen der Spree und der Straße An der Spandauer Brücke, In: Vorlagen für die Stadtverordneten-Versammlung zu Berlin, Nr. 30 (188-197), 8. April 1882, Seite 237.
160. Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung am 13. April 1882, No. 15, herausgegeben vom Magistrat zu Berlin, In: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten-Versammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin, Neunter Jahrgang, Gebrüder Grunert, Berlin, 1882, Seiten 189 f.
161. Zitiert aus Protokoll des Ausschusses zur Vorberathung der Vorlage, betreffend das Project einiger Straßenanlagen zwischen der Spree und der Straße „An der Spandauer Brücke“ (Drucksache 189), In: Vorlagen für die Stadtverordneten-Versammlung zu Berlin, Nr. 69 (600-612), 4. November 1882, Seite 536.
162. Ausschußprotokoll Drucksache 189, 1882, Seite 536.
163. Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung am 9. November 1882, No. 35, herausgegeben vom Magistrat zu Berlin, In: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten-Versammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin, Neunter Jahrgang, Gebrüder Grunert, Berlin, 1882, Seite 403.
164. Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung am 24. Mai 1883, No. 22, herausgegeben vom Magistrat zu Berlin, In: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten-Versammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin, Zehnter Jahrgang, Gebrüder Grunert, Berlin, 1883, Seiten 234 f.
165. Amtlicher stenographischer Bericht über die Sitzung der Stadtverordneten-Versammlung am 1. November 1883, No. 37, herausgegeben vom Magistrat zu Berlin, In: Stenographische Berichte über die öffentlichen Sitzungen der Stadtverordneten-Versammlung der Haupt- und Residenzstadt Berlin, Zehnter Jahrgang, Gebrüder Grunert, Berlin, 1883, Seite 384.
167. Bernhard von Poten: August, In: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 46, 1902, Seiten 88-89 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 5. November 2021.
169. Erich Marcks: Wilhelm I., In: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 42, 1897, Seiten 517-692 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 5. November 2021.
170. Heinrich Otto Meisner: Friedrich III., In: Neue Deutsche Biographie, Band 5, 1961, Seiten 487-489 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 5. November 2021.
171. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 94.
172, 195, 213, 216, 219. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 109.
175, 210. Dieter Weigert: Ein verschwundenes Berliner Baudenkmal: Die Alte Garnisonkirche, Website FOBI Lilienstern, abgerufen am 24. Oktober 2021.
176. Thomas Nipperdey: Deutsche Geschichte 1866-1918, Band 1: Arbeitswelt und Bürgergeist, 31. – 36. Tausend, C. H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung (Oscar Beck), München, 1994, ISBN 3-406-34453-4, Seite 552.
178. Personalien, In: Chronik der Christlichen Welt, 18. Jahrgang, Nummer 43 vom 22. Oktober 1908, Seite 495.
179. Heinrich Walle: Moltke, Helmuth Graf von, In: Neue Deutsche Biographie, Band 18, 1997, Seiten 13-17 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 5. November 2021.
180. Edmund Müller: Die alte und die neue Orgel der Garnisonkirche, In: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1892, Heft 9/10, Seite 86.
181. Edmund Müller: Professor Aug. Haupt, In: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1891, Heft 8, Seiten 114 f.
182, 186, 187, 189. Edmund Müller, Alte und neue Orgel, 1892, Seite 86.
184. Georg Goens behauptet explizit, daß die neue Orgel „am 30. Oktober desselben Jahres“ vollendet worden sei – siehe Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 103.
Das kann jedoch nicht richtig sein. Denn Edmund Müller, dessen kurzer Beitrag über die alte und die neue Orgel der Garnisonkirche im Jahre 1892 erschienen ist, spricht darin immer noch von der Fertigstellung des Instruments in der Zukunft: „In kurzer Zeit wird in dem weiten Gotteshause ein Werk der modernen Orgelbaukunst […] erstehen […]“ – siehe Edmund Müller, Alte und neue Orgel, 1892, Seite 86.
Wir gehen daher davon aus, daß sich Goens bei seiner rückblickend verfaßten Geschichte der Garnisonkirche hier im Jahr vertan hat, haben jedoch wenig Anlaß, an dem angegebenen Tag zu zweifeln.
185, 230, 271, 273. Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964.
188. Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 103.
191. Karl Baedeker, Berlin und Umgebungen, 1896, Seite 141.
192. Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110.
Die Quellenlage bezüglich der nun drei Kanzeln ist leider etwas dünn. So ist nicht ganz klar, was mit der ersten Domkanzel eigentlich geschehen ist. Ob sie in der Kirche verbleibt oder aber entfernt und möglicherweise zerstört wird, ist unbekannt. Interessant ist auch, daß Georg Goens in seiner Geschichte der Garnisonkirche die Übernahme der Schinkelschen Kanzel gar nicht erst erwähnt. Ein Bericht über einen Vortrag eines Divisionspfarrers Schildt in der Garnisonkirche, der sich in den Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins aus eben diesem Jahr 1893 findet, erzählt, daß sich „die ältere Vorgängerin [der Domkanzel], eine gut erhaltene Holzarbeit des vorigen Jahrhunderts, in einem Nebenraume befindet“. Es dürfte sich dabei wohl um die Gerlachsche Kanzel handeln. Siehe Bericht über den Vortrag von Divisionspfarrer Schildt, 1893, Seiten 47 f.
Demgegenüber ist bei Richard Borrmann im selben Jahr zu lesen, daß „die alte Barockkanzel von Eichenholz […] jetzt in Trümmern in einem Nebenraume“ liege. Ob er damit die Gerlachsche Kanzel meint, die er anschließend beschreibt, oder aber die erste Domkanzel, geht aus seinen Ausführungen nicht hervor. Siehe Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seite 176.
194. Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seite 176.
196. Teltower Kreisblatt, Jahrgang 38, Ausgabe 60 vom 19. April 1894, Seite 1.
197, 214. Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 112.
198, 200. Centralblatt der Bauverwaltung, Jahrgang 14, Ausgabe 16 vom 21. April 1894, Seite 167.
199. Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seiten 112 f.
201. Die Architektur auf der Großen Berliner Kunstausstellung, In: Centralblatt der Bauverwaltung, Jahrgang 14, Ausgabe 25 vom 23. Juni 1894, Seite 258.
202. Kirchen, 1896, Seiten 194 f.
203, 218. Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 113.
204. Teltower Kreisblatt, Jahrgang 40, Ausgabe 266 vom 11. November 1896, Seite 2.
205. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 107.
Goens irrt sich beim Datum der Abschiedspredigt um einen Tag, denn er gibt den 27. April an, der allerdings ein Montag war.
206. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 109.
207. Keith-Feier, In: Der Bär – Illustrirte Wochenschrift für die Geschichte Berlins und der Mark, Jahrgang 22, Ausgabe 26 vom 27. Juni 1896, Seite 311.
208. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 107 f.
209. Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 108.
212. Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 106.
215. Die ursprüngliche Abtrennung der im Norden Berlins stationierten Regimenter macht man damit wieder rückgängig.
217. Karl Plumeyer, Geschichte der Berliner Garnisonfriedhöfe II, 1924, Seite 50.
Plumeyer gibt hier eine abweichende Darstellung. Er schreibt, daß die neue Garnisonkirchhofskommission lediglich drei Mitglieder hat, zu denen der für die Garnisonkirchhöfe bestellte Kirchhofsinspektor gehört. Der Zweck dieser Kommission sei die gemeinsame Verwaltung aller Garnisonfriedhöfe – sowohl des alten als auch der beiden neuen. Das ist ein Widerspruch zu Georg Goens. Da dieser seine „Geschichte der Königlichen Berlinischen Garnisonkirche“ allerdings genau zu der Zeit verfaßt hat, zu der diese Änderung eintrat, und Plumeyer zudem diesen Punkt lediglich kurz erwähnt und nicht genauer ausführt, stützen wir uns in unserer Darstellung auf Goens.
221. Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897.
222. Siehe Johann Friedrich Walther: Die gute Hand Gottes über die Garnison-Kirch- und Schul-Anstallten, in der Königlichen Preußischen Residentz Berlin, oder Historische Nachricht, Wenn und wie die Garnison-Kirche und Schule zuerst gestifftet und Deroselben Anstallten unter Göttlichem Segen bis auf gegenwärtige Zeit erhalten worden. Wobey derer Merckwürdigsten Fälle und Veränderungen so diese Anstallten von Ao. 1663 bis itzo betroffen, und insonderheit der, Ao. 1720 geschehenen Zerspringung eines alten Pulver-Thurns, umständlich gedacht wird. Als auch von denen Gebäuden, Patronen und andern Bedienten bey der Kirche und Schule, Meldung geschiehet. Endlich aber Eine genaue Verzeichniß aller, bis hieher in der Garnison-Kirche ordinirten Feld- und Garnison-Prediger bey der gantzen Königl. Armeé, auch wohin, und wozu dieselben befordert worden, mit eingeführet ist, So wol aus gewissen Uhrkunden als eigner Erfahrung aufgesetzet, auch mit Neun Kupffern erläutert von Johann Friedrich Walther, Organist und Collega Ordin. der Garnison-Kirche und Schule., Samuel König, Berlin, 1743.
223, 227, 229, 232, 234, 237, 239, 242, 246, 251, 257. Kündiger, Umbauten, Zerstörungen und Abriß, 2004, Seite 110.
224. Der Bär – Illustrierte Wochenschrift für Geschichte und modernes Leben, Jahrgang 25, Ausgabe 45 vom 11. November 1899, Seite 723.
225. Zum Brande der Garnisonkirche, In: Königlich privilegirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen – Vossische Zeitung, Ausgabe 178 (Abendausgabe) vom 14. April 1908, Seite 11.
226. Rabitz besteht aus einem tragenden, metallenen Gitter (dem sogenannten Rabitzgitter), auf dem Putzmörtel aufgebracht wird und das diesem als Träger dient. Rabitz ist also eine andere Bezeichnung für Drahtputz. Benannt ist es nach seinem Erfinder, dem Berliner Maurermeister Carl Rabitz.
228. Aus den ehemals zehn Pfeilern, von denen im Zuge der vorangegangenen Umgestaltung acht in Säulen verwandelt wurden, sind nun sechs Sandsteinpfeiler geworden. Doch genau wie zuvor ist in den einschlägigen Quellen keine Aussage darüber zu finden, was mit den überzähligen vier Pfeilern beziehungsweise zwei Säulen geschehen ist. Es ist unwahrscheinlich, daß man sie einfach entfernt hat, da sie mit Sicherheit eine tragende Funktion für die Decke der Garnisonkirche gehabt haben dürften.
Siehe Die Wiedereröffnung der Garnisonkirche, In: Berliner Tageblatt, Jahrgang 29, Ausgabe 652 vom 24. Dezember 1900, Seiten 2 f. und Heinrich Lange: Adolph Menzels „alte Bekannte“, In: Berlinische Monatsschrift, Heft 9/98, Edition Luisenstadt, Berlin, 1998, Seite 56.
231, 238, 241, 243, 245, 247, 252, 264. Die Wiedereröffnung der Garnisonkirche, 1900, Seiten 2 f.
233. Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 65.
235. Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seiten 148 ff.
236. Die Wiedereröffnung der Garnisonkirche, 1900, Seiten 2 f.
In dem Artikel wird das Gemälde „Christus am Ölberg“ von Karl Begas d. Ä. nicht explizit erwähnt, jedoch gesagt, „der Altar [habe] die Auferstehung Christi wieder aufgenommen“. Die Formulierung „wieder aufgenommen“ kann jedoch als Hinweis auf dieses Gemälde verstanden werden, da es im ausgemusterten Stüler-Altar als Altarbild eingesetzt war. Desweiteren ist Christus der biblischen Legende zufolge am Ölberg auferstanden, so daß wir davon ausgehen können, daß sich diese Formulierung auf eben dieses Bild bezieht.
240. Zum Brande der Garnisonkirche, 1908, Seite 11.
244. Auf der Brandstätte der alten Garnisonkirche, 1908, Seite 3.
248. Edgar von Ubisch: Die verbrannten Fahnen der Alten Garnisonkirche, In: Paul Seidel (Hrsg.): Hohenzollern-Jahrbuch – Forschungen und Abbildungen zur Geschichte der Hohenzollern in Brandenburg-Preußen, Jahrgang 12, Verlag von Giesecke & Devrient, Berlin & Leipzig, 1908, Seite 261.
Die französischen Feldzeichen – insgesamt sind es 69 – hatte man 1815 auf Befehl General von Blüchers aus Paris mitgenommen, gewissermaßen als Revanche für die ausgedienten altpreußischen Fahnen und Standarten, die die Franzosen im Jahre 1806 aus dem Berliner Zeughaus hatten mitgehen lassen und kurz vor dem Einzug der Verbündeten in Paris vernichteten.
249. Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 161.
250. Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 141.
253. Eine Haube ist in der Architektur die Dachform eines Turmes, die mehr oder weniger glockenförmig ist.
254. Als Laterne bezeichnet man in der Architektur einen turmartigen Aufsatz auf einem Gebäude. Er kann rund oder quadratisch sein oder auch eine polygonale Grundfläche besitzen. Nach oben ist er in der Regel geschlossen.
255. Berliner Chronik, In: Der Bär – Illustrierte Wochenschrift für Geschichte und modernes Leben, Jahrgang 25, Ausgabe 32 vom 12. August 1899, Seite 515.
256. Die alte Garnisonkirche niedergebrannt, In: Berliner Tageblatt, Jahrgang 37, Ausgabe 192 (Morgenausgabe) vom 14. April 1908, Seiten 5 f.
258. Zusammenstellung der nach Berlin und Umgegend gelieferten Geläute, Bochumer Verein, um 1900, verfügbar im Archiv der Köpenicker Kirche St. Josef, via Garnisonkirche (Berlin), Wikipedia, Artikelversion vom 26. Mai 2020 um 11:20 Uhr.
259. Friedenauer Lokal-Anzeiger, Jahrgang 12, Ausgabe 116 vom 18. Mai 1905, Seite 2.
260, 263. Karl Plumeyer, Geschichte der Berliner Garnisonfriedhöfe I, 1924, Seite 30.
261. Barbara Kündiger: Spurensuche und Fundstücke, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 20.
262. Berliner Chronik, In: Der Bär – Illustrierte Wochenschrift, Jahrgang 26, Ausgabe 7 vom 17. Februar 1900, Seite 119.
265. Die Wiedereinweihung der Garnisonkirche, In: Norddeutsche Allgemeine Zeitung, Jahrgang 40, Ausgabe 301 vom 25. Dezember 1900, Seite 2.
267. Reinhard Lüdicke: Geschichte der Berliner Stadtgrundstücke seit der Einführung der Grundbücher Ende des 17. Jahrhunderts – Band 1: Berlin Nr. 1-276 = Stralauer, Königs-, Neue Friedrichs- und Burgstraße, Kommissionsverlag von Gsellius, Berlin, 1933, Seite 390.
268. Militäroberpfarrer Goens †, In: Berliner Morgenpost, Jahrgang 21, Ausgabe 207 vom 28. Juli 1918, Seiten 5 f.
269. Militäroberpfarrer D. Goens †, In: Berliner Neueste Nachrichten, Jahrgang 38, Ausgabe 380 (Morgenausgabe) vom 28. Juli 1918, Seite 6.
270. Die alte Garnisonkirche niedergebrannt, 1908, Seiten 5 f.
272. Zitiert aus Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964.
274. Nacherzählt nach Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964.