Stille. Ringsum ist kein Laut zu hören. Die Nacht hat sich über die schlafende Stadt gelegt. Nur vereinzelt ist hier und da ein schwach schimmerndes Licht zu sehen. Je weiter die Stunde vorrückt, desto mehr dieser kleinen Leuchtpunkte verlöschen hinter den Fenstern der Häuser, als deren Bewohner sich nach und nach zur Ruhe begeben. Doch obwohl von der Stadt alsbald kaum noch ein Licht ausgeht, sind viele ihrer Einzelheiten trotz der vorgerückten nächtlichen Stunde außerordentlich gut zu erkennen.
‚Eigentlich gar nicht so übel‘, denkt Friedrich, als er vom Festungswall über die Dächer der Stadt blickt, ‚Eine Vollmondnacht wie diese wäre genau das Richtige für Grete und mich.‘
Bei dem Gedanken an seine Liebste läßt er seinen Blick in Richtung des Turms der Marienkirche schweifen, um den Standort ihres Wohnhauses auszumachen. Doch so hoch ist der Wall nun auch wieder nicht, daß er die vielen Dächer gut genug überblicken könnte, um dasjenige genau zu bestimmen, unter dem seine geliebte Grete jetzt vermutlich sanft schlummert.
‚Na, das wird eine lange Nacht‘, denkt er, als er langsamen Schrittes auf dem Festungswall auf- und abgeht. Vom Spandauer Tor zur Uffelnschen Bastion. Und wieder zurück. Hin und her. Und wieder hin. Und wieder her.
‚Ich könnte meine Schritte zählen‘, überlegt er. Doch kaum hat er begonnen, ist ihm diese Beschäftigung schon wieder langweilig, und so läßt er’s sein. Eine Frage kommt ihm in den Sinn.
‚Warum muß eigentlich ich hier oben stehen? Ich bin doch kein Soldat! Die sind doch für die Wache zuständig!‘
Eine Weile grübelt er darüber nach, was sich die Militärs wohl dabei gedacht haben mochten, heute nacht Bürger wie ihn auf die Wälle zu stellen.
‚Vielleicht ist das ja eine Übung‘, überlegt er. ‚Vielleicht sollen wir Bürger künftig selber auf unsere Stadt aufpassen, wenn die Soldaten mal wieder ins Feld müssen.‘
Der Gedanke gefällt ihm nicht. Wird etwa wieder ein Krieg vorbereitet? Gerade sinnt er darüber nach, was wohl passieren mochte, wenn dieser Krieg verloren ginge, da wird es plötzlich merklich dunkler. Als er nach oben schaut, bemerkt er, daß sich eine große Wolke vor den Mond geschoben hat und ihn vollständig verdeckt. Gebannt schaut er zu, wie sie quälend langsam weiterzieht. Als ihm plötzlich von hinten jemand auf die Schulter tippt, fährt er erschrocken herum.
„Na, du bist mir ja ein schöner Wächter!“ Die in der nun viel dunkleren Nacht nur schemenhaft erkennbare Figur, die vor ihm steht, lacht ihm ins Gesicht. „An Dich kann man sich ja anschleichen, ohne überhaupt schleichen zu müssen.“
„Ich bin ja auch kein Soldat, Ludwig!“ Friedrich hat seinen Freund an der Stimme sofort erkannt.
„Besser ist das“, antwortet dieser.
„Was machst Du denn hier?“ Friedrich ist erstaunt. „Ich denke, Du bist auf der anderen Seite der Bastion eingeteilt?“
„Ja, aber dort war’s mir zu einsam. Da dachte ich mir, ich komm Dich mal besuchen. Zu zweit ist’s doch viel lustiger. Da geht die Zeit schneller rum.“
„Aber da mußtest Du doch um die ganze Bastion herum! Was, wenn sie Dich erwischt hätten?“ Friedrich ist besorgt.
„Ach iwo!“ Ludwig lacht. „Die dort Wache schieben, sind genauso gute Soldaten wie Du! Es war einfach, an ihnen vorbeizukommen, ohne daß sie mich bemerken. Und die Wolke kam mir dafür gerade recht.“
„Und wer bewacht jetzt Deinen Abschnitt?“ fragt Friedrich.
„Na, niemand, denke ich.“
„Aber was, wenn…“ Weiter kommt Friedrich nicht.
„Ach, Du immer mit Deinem ‚Was, wenn‘. Ich geh ja bald wieder rüber. Wird schon nichts passieren.“
Friedrich ist zwar nach wie vor nicht ganz wohl bei der Sache, doch die Unbesorgtheit seines Freundes beruhigt ihn ein wenig. Und letztlich ist er doch froh, die Nacht nun nicht mehr alleine rumbringen zu müssen. Da fällt ihm etwas ein.
„Sag mal, Ludwig“, fragt er, „hast Du eine Ahnung, warum wir heute hier oben Wache halten müssen? Das machen doch sonst die Soldaten?“
„Na, das haben sie uns doch heute nachmittag erklärt, als sie uns eingewiesen haben.“ Ludwig ist erstaunt, daß Friedrich keine Ahnung zu haben scheint. „Hast Du nicht zugehört? Warst wohl wieder mit Deinen Gedanken bei Deiner Grete, was?“
„Nein“, grinst Friedrich. „Nicht nur mit meinen Gedanken.“
Ludwig stutzt kurz, dann begreift er. „Ah, und deswegen bist Du wieder mal zu spät gekommen.“
„Genau“, bestätigt Friedrich. „Also weißt Du, warum wir heute hier sein müssen?“
„Ja, klar!“
Friedrich haßt es, wenn sein Freund auf seine Fragen nur mit dem unmittelbar Nötigsten antwortet und ihn dabei frech angrinst. Und so schleicht sich ein kleiner gereizter Unterton in seine Stimme, als er nachhakt:
„Und? Warum?“
„Na, morgen ist doch die große Einweihung!“
„Einweihung?“ fragt Friedrich. „Welche Einweihung?“
„Ach, Du weißt aber auch gar nichts!“ Nun wird auch Ludwig ungeduldig. „Die von der neuen Garnisonkirche natürlich! Die gleich hier drüben.“
Er zeigt auf den Platz im Inneren der Uffelnschen Bastion, auf dem sich der große, neue Kirchenbau erhebt.
„Und was hat das damit zu tun, daß sie uns heute nacht hier oben hingestellt haben?“ fragt Friedrich.
Ludwig erklärt es ihm. „Morgen ist also die Einweihung, klar? Und da sollen alle Soldaten teilnehmen. Wahrscheinlich will der König das so haben. Na, und wenn die heute nacht auf den Wällen Wache schieben müßten, wären die ja morgen früh alle todmüde. Und weil das nicht angeht, daß die bei der großen Feier reihenweise pennen und vielleicht noch laut schnarchen, müssen halt wir Bürger einspringen und für eine Nacht die Wälle selber besetzen.“
„Und was, wenn jemand angreift?“ fragt Friedrich. „Wir sind doch gar nicht dafür ausgebildet, die Stadt zu verteidigen.“
„Ach, wer soll uns denn heute nacht angreifen.“ Ludwig gibt sich unbesorgt. „Wir sind doch nicht im Krieg.“
Friedrich ist noch nicht überzeugt. „Aber…“
„Nix aber“, unterbricht ihn Ludwig. „Meinst Du, wenn sonst die Soldaten hier oben stehen, sind das genug, um die Stadt zu verteidigen? Na siehste. Wenn wir was bemerken, schlagen wir Alarm. Mehr würden die erstmal auch nicht machen. Aber wirst sehen, da passiert nix. Das wird ’ne ganz langweilige Nacht. Nun mach Dir mal nicht so viele Sorgen.“
Die offensichtliche Unbekümmertheit seines Freundes trägt ebenso zu Friedrichs Beruhigung bei wie seine Freude darüber, daß der Grund für sein Hiersein ein so banaler ist und keine Übung im Rahmen der Vorbereitung eines neuen Krieges. Ludwigs Gesellschaft löst ihm alsbald die Zunge, und so stehen die beiden Freunde noch eine ganze Weile fröhlich schwatzend zusammen auf dem Wall an der Uffelnschen Bastion nahe der neu errichteten Garnisonkirche, während die Zeit schneller und schneller verfliegt…
Aus Trümmern neu erstanden…
Ein reichliches Jahr vor dieser Vollmondnacht, im Frühjahr 1721, beginnen die Arbeiten zum Wiederaufbau der bei der Pulverturmexplosion zerstörten ersten Garnisonkirche[1]Georg Goens: Geschichte der Königlichen Berlinischen Garnisonkirche, Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, Berlin, 1897, Seite 30., deren Abriß bereits mit dem Einbruch des Winters vollendet worden war[2]Dr. C. Brecht: Die Garnison-Kirche in Berlin. Zur Erinnerung an die 150jährige Einweihungs-Feier derselben am 2. Juni 1872, A. W. Hayn’s Erben, Berlin, 1872, Seite 8..
König Friedrich Wilhelm I. hatte den Königlichen Geheimen Rat Philipp Gerlach d. J.[3]Philipp Gerlach d. J. war 1679 in Spandau geboren worden und starb im Jahre 1748. Siehe Barbara Kündiger: Die neue Kirche, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 74. mit der Errichtung der neuen Kirche beauftragt. Dieser war im Jahre 1707 Martin Grünberg, dem Architekten des ersten Kirchenbaus, im Amt des Baudirektors nachgefolgt und seit 1720 Oberbaudirektor der königlichen Residenzen[4]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 74.. Nachdem der König, der sich die Entwürfe vorlegen ließ[5]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 29 f., diese genehmigt und gemeinsam mit seinem Sohn, dem späteren König Friedrich II., den Grundstein gelegt hatte, wobei der Kronprinz die obligatorischen Hammerschläge ausführte[6]Emil Frommel: Festpredigt des Garnisonpfarrers Frommel zum 150jährigen Jubiläum der Garnisonkirche, In: Gedenkblätter zum 150jährigen Jubiläum der königlichen Garnisonkirche zu Berlin, den 2. Juni 1872, Verlag von Wiegandt und Grieben, 1872, Seite 7., sind nun die Arbeiten in vollem Gange.
Unter der Leitung Gerlachs werden die Maurer- und Zimmererarbeiten von den besten Handwerkern ausgeführt, die in der Stadt zu finden sind. Für erstere sind, so berichtet es Johann Friedrich Walther, der Fortifikationsmaurermeister Wendlandt und der Maurermeister Berger zuständig, für zweitere zeichnen der Schloßzimmermeister Kemmetter und Zimmermeister Säuberlich verantwortlich[7]Johann Friedrich Walther: Die gute Hand Gottes über die Garnison-Kirch- und Schul-Anstallten, in der Königlichen Preußischen Residentz Berlin, oder Historische Nachricht, Wenn und wie die Garnison-Kirche und Schule zuerst gestifftet und Deroselben Anstallten unter Göttlichem Segen bis auf gegenwärtige Zeit erhalten worden. Wobey derer Merckwürdigsten Fälle und Veränderungen so diese Anstallten von Ao. 1663 bis itzo betroffen, und insonderheit der, Ao. 1720 geschehenen Zerspringung eines alten Pulver-Thurns, umständlich gedacht wird. Als auch von denen Gebäuden, Patronen und andern Bedienten bey der Kirche und Schule, Meldung geschiehet. Endlich aber Eine genaue Verzeichniß aller, bis hieher in der Garnison-Kirche ordinirten Feld- und Garnison-Prediger bey der gantzen Königl. Armeé, auch wohin, und wozu dieselben befordert worden, mit eingeführet ist, So wol aus gewissen Uhrkunden als eigner Erfahrung aufgesetzet, auch mit Neun Kupffern erläutert von Johann Friedrich Walther, Organist und Collega Ordin. der Garnison-Kirche und Schule., Samuel König, Berlin, 1743, Seite 74. Die Links verweisen auf eine Online-Version, in deren Beschreibungsdaten als Erscheinungsjahr 1737 angegeben ist. Da die Fassung allerdings die Kupferstiche von Georg Paul Busch enthält, muß es sich um jene von 1743 handeln, in der diese erstmals aufgenommen worden waren.. Auf dem neuen, größeren Grundstück – weil der König eine neue Kirche wünscht, die bedeutend größer ist als ihre Vorgängerin, hat man das Areal hinzugenommen, auf dem früher die ebenfalls zerstörte Garnisonschule gestanden hatte – rammt man, um des sumpfigen Untergrunds Herr zu werden, Pfähle von 24 bis 30 Fuß Länge in die Erde[8]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 74.. Im Juli 1721 sind die Mauern hochgezogen, so daß die Errichtung des hölzernen Dachstuhls beginnt. Im Dezember ist das Dach fertig, das die Form eines kolossalen Zeltes besitzt, für das man, um es ausreichend zu stützen, „einen ganzen Wald“ von Eichbäumen verbaut[9]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 73.[10]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 30.. Während Anfang des Jahres 1722 die Zimmerleute den Innenausbau der Kirche beginnen, in dessen Verlauf die Chöre errichtet werden und das Gotteshaus sein Gestühl und eine neue Kanzel erhält, putzen außen die Maurer den Bau, setzen die Glaser die Fenster ein und versehen die Schmiede die Türen mit Schlössern[11]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 72 f..
An der Baustelle vorübergehende Passanten können nun bereits einen recht vollständigen Eindruck von dem neuen Kirchenbau gewinnen. War die erste Garnisonkirche noch ein Gebäude in der Form eines gleicharmigen Kreuzes gewesen und hatte somit auf einem quadratischen Grundstück gestanden, so hatte Philipp Gerlach d. J. dem neuen Gotteshaus eine völlig andere Gestalt gegeben. Die zweite Garnisonkirche präsentiert sich dem Betrachter in der Form einer Saalkirche[12]Werner Schwipps: Die Garnisonkirchen von Berlin und Potsdam, Berlinische Reminiszenzen 6, 1. Auflage 1964, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin., also als großes Quersaalgebäude mit rechteckigem Grundriß, dessen Länge 185 Fuß[13]Hier ergibt sich das Problem, daß wir nicht genau wissen können, welches Längenmaß dieser Angabe von Johann Friedrich Walther zugrundeliegt. Gerade im Jahr 1721 wurde in Preußen vom Herzoglichen Neu-Kulmischen Maß auf das Königlich Oletzkoische Maß gewechselt. Während in ersterem ein Fuß 29,26156 Zentimetern entsprach, sind es im zweiteren nur noch 27,798 Zentimeter. Damit wäre die Kirche entweder 54,13 Meter oder aber nur 51,42 Meter lang. Ziehen wir nun aber eine Beschreibung der Garnisonkirche von Valentin Heinrich Schmidt aus dem Jahr 1820 heran, in der er ihre Länge mit 175 Fuß angibt, und berücksichtigen wir außerdem, daß zu jener Zeit in Preußen das sogenannte preußische Maß galt, in dem ein Fuß 31,385348 Zentimetern entsprach, so stellen wir fest, daß er die Länge des Gotteshauses damit auf 54,92 Meter beziffert. Dies deutet darauf hin, daß die Maßangaben bei Walther noch im alten Herzoglichen Neu-Kulmischen Maß angegeben sind. Siehe Valentin Heinrich Schmidt: Wegweiser für Fremde und Einheimische durch die königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam und die umliegende Gegend, enthaltend eine kurze Nachricht von allen daselbst befindlichen Merkwürdigkeiten: in einem bis jetzt fortgesetzten Auszuge der grossen Beschreibung von Berlin und Potsdam, 5. gänzlich umgearbeitete und verbesserte Auflage, Friedrich Nicolaische Buchhandlung, Berlin, 1820, Seite 8 sowie Das Kulmische und Oletzkoische Maß in Preußen, Artikel auf der Website preussische-masse.de, abgerufen am 25. September 2021 und Das Preußische Maß in Preußen von 1816 bis 1869, Artikel auf der Website preussische-masse.de, abgerufen am 25. September 2021. und dessen Breite 100 Fuß[14]Das sind 29,26 Meter. beträgt. An diesen Abmessungen ist die Hinzunahme des Grundstücks der ehemaligen Garnisonschule und eines Teils des Festungsbauhofes unmittelbar abzulesen. Während sich die Breite des Gebäudes nicht verändert hat, ist seine der Wallstraße zugewandte Längsseite um 85 Fuß gewachsen. Und auch in der Höhe übertrifft die neue Kirche ihre Vorgängerin. 54 Fuß[15]Das sind 15,80 Meter. mißt sie im Inneren[16]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 72.[17]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 74.. Zwar verfügt sie über keinen Turm[18]Doris Tüsselmann: Die Garnisongemeinde in Berlin und ihre „verlorene“ Kirche, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 2010, Heft 1, Seite 321., ist den anderen Kirchen der Stadt aber doch überlegen, wie Friedrich Nicolai noch 1786 feststellt:
Sie ist die größte Kirche in Berlin, denn ihr Flächeninhalt ist, nach Abzug der Pfeiler, im Lichte 15.680 Fuß; der Flächeninhalt der Petrikirche ist 11.763, der Nikolaikirche 11.543, der Marienkirche 11.048 Fuß.[19]Zitiert aus Friedrich Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, und der umliegenden Gegend, Erster Band, 3. völlig umgearbeitete Auflage 1786, Friedrich Nicolai, Berlin, Seite 22.
Dieser Größe entsprechend, verfügt die zweite Garnisonkirche über acht Eingänge. Zwar sind dies drei weniger, als ihre Vorgängerin besessen hatte, doch bieten diese großen Türen, von denen sich je drei an den Längsseiten und je eine an den Schmalseiten befinden, genügend Durchlässigkeit für die einziehenden Soldaten. Ihre äußere Erscheinung hat Gerlach horizontal klar in zwei Stockwerke gegliedert. Auf einem vollen Sockelgeschoß erhebt sich ein oberes Stockwerk, das mit hohen Rundbogenfenstern ausgestattet ist, zwischen denen vertiefte Felder die Fassade gliedern. Darüber liegt ein mächtiges, hohes Walmdach aus Ziegeln[20]Richard Borrmann: Garnisonkirche, In: Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Verlag von Julius Springer, Berlin, 1893, Seite 175.[21]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 74.. Einen Turm sucht man allerdings – wie bereits erwähnt – ebenso vergeblich wie einen Dachreiter oder ein Kreuz[22]Tüsselmann, Die Garnisongemeinde in Berlin, 2010, Seiten 321 f.. Bei der Gestaltung der Fassade schließt Gerlach an die der ersten Garnisonkirche an und wählt erneut einen nüchternen Renaissancestil[23]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 31.. Die Längsseiten sind regelmäßig in elf Fensterachsen gegliedert, gleiches gilt für die Schmalseiten, die allerdings nur fünf Fensterachsen aufweisen. Akzente setzen lediglich Lisenen[24]Bei Lisenen handelt es sich um schmale, leicht hervortretende Verstärkungen der Wand, die in vertikaler Richtung verlaufen. an den Ecken des Gebäudes sowie Risalite[25]Ein Risalit ist ein horizontal aus der Hauswand beziehungsweise Fluchtlinie hervorspringender Gebäudeteil. In den meisten Fällen reicht er über die gesamte Höhe des Bauwerks., die die Mitte jeder der Seiten des Kirchenbaus hervorheben und an den Längsseiten mit einem Giebeldreieck versehen sind[26]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 74..
Die Schlichtheit dieser Fassadengestaltung wird durch zwei Gestaltungselemente eher noch unterstrichen als aufgehoben, da sie den einzigen Schmuck darstellen, über den die neue Kirche in ihrem Äußeren verfügt. Das eine wird von gleichartigen steinernen Medaillons gebildet, die über allen acht Eingangstüren angebracht sind. Sie zeigen einen auf eine vergoldete Sonne zufliegenden schwarzen Adler, der Blitz und Donnerkeil in den Fängen trägt, und sind mit einer Inschrift versehen, die das königliche Motto zitiert: „Non soli cedit“ – „Er weicht der Sonne nicht.“ Das andere ist eine unter dem Giebel der Südfront über dem mittleren Fenster angebrachte Kartusche, die neben der königlichen Krone und allerlei Kriegsgerät als wesentliches Merkmal die verschlungenen Initialen des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I. zeigt: F. W. I.[27]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 30 f.[28]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 74. Unter dieser Kartusche ist über der mittleren Eingangstür in goldenen Buchstaben zu lesen: „GARNISON-KIRCHE 1722“[29]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 85..
In dieser ihrer äußeren Form ist die neue Kirche durchaus kein typischer Kirchenbau jener Zeit. Betrachter des von Philipp Gerlach d. J. entworfenen Gotteshauses könnten sich eher an ein großes Zelt oder an einen Marstall erinnert fühlen als an eine Kirche, was vom Architekten und nicht zuletzt vom König selbst durchaus beabsichtigt sein dürfte, kann es doch als Hinweis auf die dem Bau zugedachte Bestimmung als Militärkirche verstanden werden[30]Beatrice Falk & Bärbel Holtz: Das Schicksal der Alten Berliner Garnisonkirche, In: Der Alte Berliner Garnisonfriedhof im Spannungsfeld zwischen Scheunenviertel und Monbijou, herausgegeben vom Förderverein Alter Berliner Garnisonfriedhof, 1. Auflage, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin, 1995, ISBN 3-7759-0399-2.. Auch Georg Goens, ein späterer Garnisonpfarrer und Chronist der Berliner Garnisonkirche, sieht darin eine Intention und wertet das äußere Erscheinungsbild des zweiten Gotteshauses als Bezugnahme auf Vers 14 aus dem 13. Kapitel des Briefes an die Hebräer in der Bibel:
Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.[31]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 30.
Das Innere der neuen Kirche entspricht in seiner Gestaltung durchaus ihrem Äußeren. Es besteht im wesentlichen aus einem rechteckigen Saal mit weiß getünchten Wänden, in den 32 große Rundbogenfenster und 24 kleinere Fenster großzügig Licht einfallen lassen. Zwei Reihen aus je fünf hohen, gemauerten Pfeilern, die die flache Holzdecke des schlichten, unprätentiösen Raumes stützen, unterteilen diesen in drei Schiffe. Wie auch in der ersten Garnisonkirche nutzt man die Höhe des Raumes aus, um zusätzlichen Platz für die Gottesdienstbesucher zu gewinnen, indem man den Saal mit Emporen ausstattet. Diese sind zwischen die Pfeiler eingezogen und werden zusätzlich zu diesen von schlanken Säulen aus Eichenholz getragen[32]Wir folgen in dieser Darstellung der Beschreibung von Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 74. Viele Quellen enthalten dagegen die Aussage, daß die Decke des Raumes von Eichenholzpfeilern gestützt wurde – siehe beispielsweise Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 31.
Barbara Kündiger weist jedoch darauf hin, daß dies eine ungenaue Beschreibung ist, weil lediglich die Stützen der Emporen aus Eichenholz bestanden, während die Deckenpfeiler gemauert waren. Sie führt dies auf Johann Friedrich Walther und seine Darstellung des zweiten Kirchenbaus zurück. Während Walther in seiner Beschreibung zwar lediglich davon spricht, „daß die inwendigen Pfeiler sehr starck und wohl proportioniret“ waren – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 74 -, ist seiner zeichnerischen Darstellung von Grundriß und Schnitt des Raumes Kündiger zufolge zu entnehmen, daß es sich um gemauerte Pfeiler handelte – siehe Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 83, Fußnote 3. Explizit deutlich wird das jedoch in Walthers Darstellung der Kanzel, die die Einpassung der Emporen zwischen die steinernen Deckenpfeiler und ihre hölzernen Stützen klar zeigt – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 74 f.. Insgesamt 4.000 Personen finden so in dem Kirchensaal Platz, jeweils zur Hälfte im unteren Bereich und auf den Emporen[33]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 30..
Zwischen dem zweiten und dritten Pfeiler vor der Nordseite des Raumes und damit in der Mitte der Nordwand ist die freistehende Kanzel aufgestellt. Vom Architekten der Kirche höchstpersönlich entworfen, bildet sie einen beeindruckenden Blickfang. Zur Gänze aus Eichenholz gefertigt und mit feiner weißer Ölfarbe gestrichen, besteht sie aus einer Statue, die einen römischen, mit vielen Ehrenzeichen und Trophäen geschmückten Harnisch darstellt und den Kanzelkorb trägt, der sich in Höhe der Emporen befindet und zu dem Visier und Helmbusch überleiten[34]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 74 ff.[35]Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seiten 175 f.[36]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 75.. Rings um den Korb sind fünf plastisch ausgearbeitete Felder zu sehen, die Szenen aus der biblischen Geschichte zeigen. Auf dem ersten Feld auf der rechten Seite der Kanzel ist aus dem Alten Testament dargestellt, wie Judith den Holofernes enthauptet. Die im Uhrzeigersinn aneinander anschließenden Felder zeigen aus dem Neuen Testament das Gespräch von Nicodemus und Christus in der Nacht, aus dem Alten Testament den Sieg Davids über Goliath und den einen Löwen zerreißenden Simson sowie schließlich wieder aus dem Neuen Testament die Verklärung von Christus auf dem Berg Tabor[37]Wir orientieren uns bei der Reihenfolge an der Darstellung von Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 9. Diese geht auf Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 75 zurück, wo sie jedoch nicht unmißverständlich wiedergegeben ist. Nach seiner Darstellung könnte man auch annehmen, daß das erste und das zweite Feld vertauscht sind.. Der über dem Korb angeordnete Schalldeckel der Kanzel präsentiert in der Mitte eine Kartusche, in der wie in jener an der südlichen Außenwand die Krone und die Initialen des Königs zu sehen sind. Hinter dieser Kartusche leuchtet eine vergoldete Sonne über einem aufgetürmten Wolkenhaufen auf, während sich ein Schriftband mit dem Wahlspruch „Non soli cedit“ durch ihre Strahlen windet. Passend dazu darf natürlich auch der sich zu Wolken und Sonne aufschwingende schwarze Adler nicht fehlen. All dieser Zierrat, am Schalldeckel ebenso wie an Kanzelkorb und Statue, besteht aus reichhaltigen Schnitzarbeiten. Es sind die einzigen in der gesamten Kirche. Abgerundet wird das Bild durch einen neuen Altartisch, der vor der links und rechts von einem Predigerstuhl eingerahmten Kanzel steht[38]Georg Gottfried Küster (Hrsg.): Fortgeseztes Altes und Neues Berlin. Darinnen die Historie der Kirchen zu Marien, Petri, im grauen Kloster, der Garnison, auf dem Friedrichswerder, Dorotheen- und Friedrichsstadt, wie auch der Hospitäler, Waysenhäuser und Gymnasiorum in Berlin von ihrem Anfang biß auf itzige Zeiten aus zuverlässigen Nachrichten erzehlet wird, Haude- und Spenerische Buchhandlung, Berlin, 1752, Seiten 606 f.[39]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 75.. Einen Altar im herkömmlichen Sinne sucht man in der Kirche jedoch vergebens. Dem reformierten Brauch folgend, hat man davon abgesehen, einen solchen aufzustellen[40]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 31..
Die beiden großen, silbernen Altarleuchter, die der Generalmajor Daniel von Tettau der Kirche 1708 geschenkt hatte und die der Vernichtung im Zuge der Zerstörung der ersten Kirche entgangen waren, finden ihren Weg jedoch nicht wieder auf den Altar. Der reformierte König lehnt es ab, daß beim Gottesdienst an den Katholizismus erinnernde Requisiten verwendet werden. Und so verfügt er im Januar des Jahres 1722:
Wenn Abendmahl gehalten wird, sollen niemahlen Leuchter auf dem Altar stehen – sondern soll so gehalten werden wie zu Potsdam, da sie so gut Lutherisch als zu Berlin sein. Keine Kaseln[41]Als Kasel bezeichnet man ein ärmelloses liturgisches Gewand, das der Priester bei der heiligen Messe trägt. Hierzulande wird es auch Meßgewand genannt. und keine Papistische Reliquie, – die silberne Leuchter [sic!], die vor dem Altar gestanden, die schenke dem Herrn Gedicken.[42]Zitiert nach Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 26..
Der Garnisonprediger Lampertus Gedicke als neuer Eigentümer der beiden Leuchter läßt diese zusammen mit der alten Altarkanne sogleich einschmelzen und daraus eine neue große, innen und außen vergoldete Kanne, zwei gleichartige Kelche und eine Oblatendose fertigen[43]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 26..
Dem Kanzelaltar gegenüber stellt man in der Mitte des Raumes den alten Taufstein wieder auf. Er ist das einzige Stück aus dem Inventar der ersten Garnisonkirche, das seinen Weg in deren neue Inkarnation findet. Kanzel, Altartisch und Taufstein definieren in dieser Anordnung gewissermaßen die Querachse in dem breiten, rechteckigen Saal. Und das ist nicht nur räumlich zu verstehen, sondern auch im Sinne der Lithurgie, in der diese drei Inventarstücke eine wichtige Rolle spielen. Das Ende dieser Achse bildet die gegenüber der Kanzel auf der Südempore plazierte königliche Loge. Da ihre Gestaltung nur unwesentlich von der der anderen Emporenbereiche abweicht, ist sie nur daran zu erkennen, daß sie mit ihrer Brüstung etwa zwei Fuß weiter in den Raum hineinreicht als jene[44]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 76.[45]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 75..
Eine Orgel muß die neue Kirche zunächst noch entbehren. Man plant allerdings, das von Johann Michael Martin Röder gebaute Instrument der ersten Garnisonkirche, das deren Zerstörung überstanden hat, jedoch beschädigt und in der Garnisonschule eingelagert ist, wieder aufzustellen, sobald man es repariert hat[46]Barbara Kündiger: Bildwelten und Klangbilder, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 156.. Trotz dieses Mangels ist König Friedrich Wilhelm I. mit dem Ergebnis des Wiederaufbaus mehr als zufrieden; ein Umstand, der Oberbaudirektor Philipp Gerlach d. J. die Gunst des Königs sichert. In der Folgezeit wird sich Gerlach mit einigen weiteren Entwürfen für Berliner und Potsdamer Gotteshäuser noch mehr Verdienste erwerben, so daß ihm der König zehn Jahre später auch den Bau der Potsdamer Hof- und Garnisonkirche übertragen wird[47]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 31.[48]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 79.. Doch das ist 1722 noch ferne Zukunftsmusik. Zunächst einmal findet die neue Berliner Garnisonkirche Anklang. Johann Friedrich Walther kann sie als ihr Chronist einige Jahre später gar nicht genug würdigen. Er schreibt:
Es kan mit Bestand der Wahrheit, zur Ehre Gottes und zum immerwährenden Nachruhm Sr. Majestät unsers allergnädigsten Königes, hierbey gemeldet werden, daß seit der Reformation und also in Zeit von zwey hundert Jahren, keine so schöne, grosse und helle Kirche, in der Chur-Marck Brandenburg erbauet worden.[49]Zitiert aus Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 73.
Im Vergleich mit der Petrikirche, die nach einem Brand gerade wiederaufgebaut wird, als Walther in den 1730er Jahren seine Geschichte der Berliner Garnisonkirche niederschreibt, befindet er, daß
[…] unsere Kirche, in Ansehung des Raums und des Lichts, gedachter Petri Kirche nichts nachgeben, sondern es derselben wol in etwas zuvor thun [wird]. Immassen auch, so wol an der äußern als innern Architectur nichts vergessen, was zur Zierde, vornemlich aber zur Dauer gehöret […][50]Zitiert aus Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 74.
Nicht nur die Kirche wird in dieser Zeit wieder aufgebaut. Auch die anderen Gebäude setzt man instand. Die Garnisonschule bekommt des Obersts Caspar Otto von Glasenapp Haus zugewiesen, dessen Schäden vorher repariert werden[51]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 88.. Über die Schultür hängt man ein Schild, das den neuen Zweck des Gebäudes bekanntgibt: „GARNISON-SCHULE 1722“[52]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 85.. Und auch die hinter der Kirche gelegenen Predigerhäuser erfahren, obwohl sie keine schwerwiegenden Schäden erlitten hatten, eine gründliche Renovierung[53]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 35 f. Goens spricht zwar nur von einem „Predigerhaus“, zitiert dann aber aus der entsprechenden königlichen Kabinettsordre, in der von mehreren Häusern die Rede ist..
Darüberhinaus kommt man nun auch einer Anordnung nach, die der König bereits kurz nach der Katastrophe erlassen hatte, nämlich eigens für die Predigerwitwen ein Haus zu errichten, damit diese im Falle des Todes ihres Mannes eine Unterkunft haben mögen[54]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 8.. Allerdings nimmt man von einer buchstabengetreuen Umsetzung dieser Anordnung Abstand und verzichtet auf die Errichtung eines neuen Gebäudes. Stattdessen erwirbt die Gemeinde am 28. April 1722 ein weiteres Haus, das sich links neben der Garnisonkirche befindet[55]Reinhard Lüdicke: Geschichte der Berliner Stadtgrundstücke seit der Einführung der Grundbücher Ende des 17. Jahrhunderts – Band 1: Berlin Nr. 1-276 = Stralauer, Königs-, Neue Friedrichs- und Burgstraße, Kommissionsverlag von Gsellius, Berlin, 1933, Seiten 393 f.. Der Wallmeister Salomon Kühnel, im Range eines Sergeanten in der preußischen Armee tätig und bisheriger Besitzer dieses Gebäudes, erhält dafür das Garnisonkirchenhaus an der Ecke der Spandauer mit der Wallstraße[56]In den Quellen gibt es um dieses Gebäude etwas Verwirrung. Johann Friedrich Walther nennt es das „gegen über den Pulverthurn gestandene und gäntzlich ruinirete alte Kirchen-Haus“ – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 84. Georg Goens beschreibt es als das „sogenannte ‚alte Kirchenhaus‘ (in der Spandauerstraße)“ – siehe Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 37 -, was mit Walthers Angabe einigermaßen zusammenpaßt. C. Brecht jedoch spricht davon, daß „ein altes Kirchenhaus bei der Heiliggeiststraße“ an den Verkäufer übergeben worden wäre. Die Heiliggeiststraße verläuft zu jener Zeit dem Stadtplan von Johann Friedrich Walther aus dem Jahr 1738 zufolge als westliche Parallelstraße der Spandauer Straße, endet jedoch auf der Höhe der Heilig-Geist-Kapelle und erreicht damit insbesondere die Wallstraße nicht – siehe Johann Friedrich Walther, Die Königl. Preus. u. Churf. Brandenb. Residenz-Stadt Berlin, entworfen von Johann Friedrich Walthern zu Berlin 1737 u. nach dem großen Original in diesen kleinen Form gebracht u. herausgegeben von Homann Erben, Homann Erben, Berlin, 1738. Hätte die Garnisongemeinde dort ein Kirchenhaus besessen, wäre das vergleichsweise weit von der Garnisonkirche und ihren übrigen Besitztümern entfernt gewesen. Zudem ist in den Quellen ein Besitz der Garnisongemeinde in der Heiliggeiststraße ansonsten nirgends erwähnt. In Verbindung mit den Angaben von Walther und Goens erscheint es unwahrscheinlich, daß Brechts Angabe korrekt ist. Es ist daher davon auszugehen, daß es sich bei dem Gebäude um das alte Dieckmannsche Haus handelt, das zuletzt tatsächlich als Garnisonkirchenhaus bezeichnet worden war.. Weil dieses Haus aber durch die Pulverturmexplosion nahezu gänzlich ruiniert worden war, erhält der Sergeant eigentlich nur dessen Baustelle. Zum Ausgleich werden ihm noch eintausend Taler gezahlt, die sich aus den von der Feuerkasse für den Wiederaufbau bereitgestellten Geldern und einem Anteil zusammensetzen, den die Garnisongemeinde aufbringen muß. Sie benötigt ein Jahr, bis 1723, um ihn vollständig abzubezahlen. An dem neu erworbenen Gebäude legt man auf einem Platz am Stadtwall, der der Gemeinde geschenkt wird, einen Garten an und bringt an der Hausfront in goldenen Buchstaben die Inschrift „GARNISON-PREDIGER-WITTWEN-HAUS 1722“ an[57]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 84 f.[58]Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seiten 393 f.. Die Garnisonkirche, die sie westlich flankierende Schule und das Witwenhaus an ihrer östlichen Seite bilden nun ein in einer Reihe an der Wallstraße gelegenes bauliches Ensemble[59]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 82..
Für die aus all diesen Arbeiten entstehenden Kosten werden die Regimenter verpflichtet, Zuschüsse zu leisten. Diese Forderung wird ihnen – insbesondere, um die auswärtigen Regimenter von deren Notwendigkeit zu überzeugen – in der entsprechenden Kabinettsordre des Königs damit schmackhaft gemacht,
[…] daß die Regimentsprediger, wenn dieselben von Zeit zu Zeit nach Berlin berufen würden, um sich im Predigen zu üben, in diesen Häusern freie Unterkunft haben sollten.[60]Zitiert nach Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 37.
Einen Monat später, Ende Mai, sind dann die Arbeiten an der neuen Garnisonkirche, bei denen, wie Johann Friedrich Walther in seiner Chronik hervorhebt, kein Arbeiter zu Tode gekommen ist oder schwerer verletzt wurde, weitestgehend abgeschlossen. Einer Einweihung steht damit nichts mehr im Wege[61]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 73..
Das große Fest
Es ist eine „allergnädigste königliche Ordre“, die den 31. Mai 1722, den Sonntag Trinitatis[62]Trinitatis ist ein Fest im Kirchenjahr, das in der römischen Kirche jedes Jahr am ersten Sonntag nach Pfingsten begangen wird. Im Deutschen wird es auch als Dreifaltigkeitssonntag und Dreieinigkeitsfest bezeichnet., zum Tag der großen Einweihung der zweiten Garnisonkirche erklärt[63]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 73.. Der Monarch wünscht, daß die gesamte Berliner Garnison daran teilnehme, vom ältesten General bis zum jüngsten Rekruten. So werden an diesem Tag selbst die Wachen eingezogen. Um nun aber die Stadt nicht jeglichen Schutzes zu berauben, müssen am Vorabend des großen Tages Kanoniere und Bürger der Stadt wie Friedrich und Ludwig die Wachposten auf den Festungsanlagen beziehen[64]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 31 f..
Des Morgens in der Frühe, etwa gegen acht Uhr, begibt sich König Friedrich Wilhelm I. gemeinsam mit dem Kronprinzen Friedrich und den anderen männlichen Mitgliedern der königlichen Familie, begleitet von den Generalen der preußischen Armee, zu Fuß auf den Weg vom Schloß durch den Lustgarten und von dort über einen Festungsgraben zur Bastion XIII[65]Die Bastion XIII wird auch Bastion Orangenhaus beziehungsweise Lustgarten-Bollwerk genannt., von wo aus die Gesellschaft über die Große Pomeranzenbrücke[66]Später trägt diese Brücke den Namen Neue Friedrichsbrücke. Das Wörtchen neu wird schließlich gestrichen, so daß der Übergang heute nur noch Friedrichsbrücke heißt. die Spree überquert und durch die sich anschließende Wallstraße zur Kirche gelangt[67]Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964.. Dort angekommen, läßt der Regent die Garnison an sich vorübermarschieren, bevor sie in die neue Kirche einzieht. Anschließend nehmen er und sein Gefolge ihre Plätze in dem der Kanzel gegenüberliegenden Chor ein[68]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 76.. In dieser königlichen Loge sitzt der asketisch lebende Monarch auf einem hölzernen Kirchenstuhl, der in seiner spartanischen Form eher einem Schemel gleicht. Armlehnen oder gar ein Sitzkissen sucht man an ihm vergeblich[69]Tüsselmann, Die Garnisongemeinde in Berlin, 2010, Seiten 321 f.. In einigen diesen Stuhl erwähnenden Berichten wird behauptet, der König habe sich diesen selbst angefertigt[70]Auf den Trümmern der alten Garnisonkirche, In: Berliner Tageblatt, Jahrgang 37, Ausgabe 193 (Abendausgabe) vom 14. April 1908.[71]Auf der Brandstätte der alten Garnisonkirche, In: Berliner Volks-Zeitung, Jahrgang 56, Ausgabe 179 (Morgenausgabe) vom 15. April 1908.. Verbürgt ist das nicht.
Mit den an der Einweihung teilnehmenden Markgrafen, den Generalen und der Soldatengemeinde der gesamten Garnison ist die Kirche bis auf den letzten Platz gefüllt. Daß so viele Soldaten anwesend sein können – insgesamt sind es etwa 10.000 Mann – , hat seinen Grund in der Revue[72]Als Revue bezeichnet man zu jener Zeit eine Militärparade beziehungsweise Heerschau. Ob dieses zeitliche Zusammentreffen der Heerschau mit der Einweihung der Garnisonkirche Zufall oder geplant war, ist nicht bekannt., zu der die Garnison gerade mit allen ihren Regimentern in der Stadt weilt. Da die Kirche natürlich nicht allen diesen Menschen Raum bieten kann, müssen die meisten der Soldaten während der Einweihungsfeier außerhalb des Gotteshauses verweilen[73]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 73 und Seite 83, Fußnote 1..
Der Ablauf der Feierlichkeit ist dabei ebenso wie die Ordnung des Gottesdienstes vom König höchstpersönlich vorgegeben worden. Eigenhändig hat er eine Kabinettsordre verfaßt, die jede Einzelheit der Feier regelt und bis ins Detail befolgt werden muß[74]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 31. C. Brecht schreibt diese Verfügung hingegen der im Jahre 1925 erfolgten Einweihung der neuen Orgel zu – siehe Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 8. Sowohl Goens als auch Brecht zitieren dabei die gleiche Verfügung des Königs über die Ordnung des Gottesdienstes und den Ablauf der Feierlichkeit. Es erscheint allerdings glaubhafter, daß der König sich diese Mühe eher für die Einweihung der Kirche gemacht hat als nur für die einer Orgel.. Der Garnisonprediger und Feldpropst Lampertus Gedicke predigt „Über das wahre und das falsche Christentum“ nach den Versen 1 bis 15 aus dem 3. Kapitel des Evangeliums nach Johannes und preist dabei den König in den höchsten Tönen für dessen landesväterliche Fürsorge. Der Monarch ist von dieser Predigt derart angetan, daß er deren Druck und Verteilung verfügt. Im Anschluß an seinen Vortrag hält der Garnisonprediger anläßlich der Einweihungsfeier die Kommunion ab, tauft drei Kinder und führt drei Trauungen durch[75]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 77 f.[76]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 10. Sänger tragen nun dem Anlaß gewidmete und eigens dafür gedichtete Lieder vor, die Georg Goens so kommentiert:
Wir wollen nur hoffen, daß die Sänger durch den Wohllaut ihrer Melodien wieder gut gemacht haben, was der Dichter gegen den Wohllaut der Sprache gefehlt.[77]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 33. Ob Goens mit diesem spöttischen Urteil recht hat, überlassen wir dem Urteil des Lesers und geben dazu den in seiner Chronik auszugsweise angeführten Liedtext hier wieder:
„Auf! werthe Garnisongemeine
Versammle Dich diß Haus Gott einzuweyhen.
Erbitte Dir ein himmlisches Gedeyen,
So öffnet Gottes heilges Wort
An diesem Ort
Die heilge Himmels-Pfort.
Jedoch, vergiß ja nicht, dem Herrn mit Furcht zu dienen,
Da Dir nach hartem Sturm diß frohe Licht erschienen
Deß freue Dich, jedoch mit Zittern
Vergiß nie Dein erlittenes Erschüttern,
Das Kirch und Schul einst hart verletzt.
Nun ist, Gott Lob! zum Theil Dein Leid ersetzt
Da Dich diß schöne Gottes-Haus hinwiederum ergötzt.“
Der Festakt endet schließlich mit dem Gesang des Te Deums[78]Das Te Deum ist der Anfang eines feierlichen, lateinischen Lob- und Dankgesangs der christlichen Kirche., dessen Ende mit zweihundert Kanonenschüssen begleitet wird. Am Nachmittag dieses Sonntags Trinitatis wird eine weitere Feier abgehalten, bestehend aus Predigt und eigens dafür komponierter Musik, der der König ebenfalls beiwohnt[79]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 79..
Um an diesen für die Garnisongemeinde so wunderbaren Tag gebührend zu erinnern, gießt man eine Bleitafel, die an einem Pfeiler neben der Kanzel angebracht wird[80]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 80 f. Liest man in anderen Quellen späteren Datums nach, so findet man dort oft die Angabe, daß die Tafel sich an der Sakristei befunden habe. Dieser Widerspruch läßt sich dadurch erklären, daß bei einem späteren Umbau der Kirche eine Versetzung der Tafel vorgenommen wurde. Welcher Umbau das war, ist nicht genau feststellbar. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, daß die Versetzung tatsächlich stattgefunden hat und die Angabe über die Positionierung an der Sakristei kein bloßer Irrtum ist, denn nach einem Brand der Kirche im Jahre 1908 findet sich in einer entsprechenden Meldung im „Friedenauer Lokal-Anzeiger“ eine explizite Erwähnung dieser „Bleitafel an der vom Feuer verschont gebliebenen Sakristei“, eine Formulierung, die darauf schließen läßt, daß sich die Tafel mittlerweile tatsächlich am angegebenen Ort befunden hat – siehe Friedenauer Lokal-Anzeiger (Friedenauer Zeitung), Jahrgang 15, Ausgabe 90 vom 15. April 1908.. Auf diese wird folgende Inschrift gesetzt:
Unter der Regierung
FRIEDRICH WILHELMS
KOENIGS IN PREUSSEN
und mit Direction des Gouverneurs hiesiger
Residentzien, General-Feld-Marschals
Reichs-Grafen von WARTENSLEBEN
und Commendanten, General-Major von FORCADE
auch Ober-Bau-Direktor GERLACHS
ist diese Garnison-Kirche erbauet
und den 31. May 1722 durch den Probst [sic!] GEDICKE
eingeweihet worden.[81]Zitiert aus Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 81.
Bei Georg Gottfried Küster findet sich interessanterweise eine leicht abweichende Wiedergabe der Inschrift:
„Unter der Regierung
Friderich Wihelms
Königes in Preussen,
ist die Garnisonkirche unter Direction
des Gouverneurs der Königl. Residenz Berlin,
General-Feld-Marschall von Wartensleben
Commendanten, General-Major de Forcade,
auch Oberbau-Director Gerlach erbauet,
und von Probst Gedicken eingeweihet worden,
den 31ten May, im Jahr 1722.“
Zitiert aus Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 606.
Eine dritte Variante des Textes dieser Tafel findet sich auf einem Foto aus dem Jahr 1936, das diese Tafel zeigt:
„Unter der Regirung
FRIDERICH WILHELM
Königs in Preussen
ist diese Garnison-Kirche mit
Direction des Guverneurs der
Königlichen Residence Berlin
General-Feldmarschal Graff
von Wartensleben und Commen-
danten General-Maior de
Forcade, auch Ober-Bau-Dire-
ctor Gerlach erbauet und von
dem Probst Gedike eingewey-
het worden den 31. May
im Jahr 1722.“
Zitiert von der 1936 in der Kirche befindlichen Tafel, Bildarchiv Foto Marburg, Landesdenkmalamt Berlin, Aufnahme-Nr. mi03528b02.
Es ist allerdings nicht sicher, daß dieses 1936 aufgenommene Foto die originale Tafel von 1722 zeigt, weswegen wir in unserer Darstellung den von Walther angegebenen Wortlaut verwenden.
Noch im Jahr der Einweihung errichtet man auch das Epitaph wieder, das dem Andenken an den Generalmajor Daniel von Tettau gewidmet ist. Der König beauftragt seinen Königlichen Hofmaler Antoine Pesne mit der Wiederherstellung des Erinnerungsmals. Dieser malt das Epitaph in der Königlichen Loge an der Südseite der Kirche, direkt gegenüber der Kanzel, an einen breiten, gemauerten Pfeiler zwischen zwei Fenstern. Nach der Fertigstellung zeigt das Bild eine Pyramide, über der eine Vase zu sehen ist, während unter ihr zwei Engel ein Brustbild des Generals halten. Wie vordem auch befindet sich auf der rechten Seite eine Darstellung von Chronos, der Zeit, während links die Figur des Mars steht, der mit einem Knie die Pyramide stützt. Am Postament ist das Wappen der Familie von Tettau aufgemalt, und an der Pyramide prangt in goldenen Buchstaben auf blauem Grund die Gedächtnisinschrift, die auch schon am früheren Epitaph zu lesen war[82]Diese Darstellung geht auf die Beschreibung zurück, die Johann Friedrich Walther in seiner Chronik der Garnisonkirche von dem neuen Epitaph gibt – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 81 f. In einigen Quellen ist zu lesen, daß man das Epitaph aus der zerstörten ersten Garnisonkirche geborgen und nun in die zweite eingebaut habe – siehe beispielsweise Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 76 und Tüsselmann, Die Garnisongemeinde in Berlin, 2010, Seite 321. Demgegenüber schreibt Johann Friedrich Walther jedoch, daß der König „das […] in der vorigen Garnison-Kirche eingegangene Epitaphium, des sel. Hn. Generals von Tettau, in dieser Neuen Kirche, durch den Königl. Hof-Mahler Hn. Pesne wiederum erneuren [ließ], und wurde dasselbe gegen der Cantzel auf dem Königl. Chor an einem gemauerten breiten Pfeiler zwischen zwey Fenstern, sehr kostbar gemahlet.“ Es kann durchaus vermutet werden, daß mit dem Wort „eingegangen“ hier „zerstört“ gemeint ist. Gleichwohl ist dies nicht eindeutig klar. Doch selbst wenn man davon einmal absieht, erscheint es eher unwahrscheinlich, daß das Epitaph gerettet und nun wieder eingebaut wurde. Walther gibt in seiner Chronik sowohl eine Beschreibung des Epitaphs zu Zeiten seiner Errichtung in der ersten Kirche als auch eine bei seiner Erneuerung in der zweiten Kirche. Beide Epitaph-Versionen hat er selbst gesehen, so daß seine Beschreibungen zutreffend sein dürften. Bedeutsam daran ist, daß sie nicht übereinstimmen. Während die erste Fassung von Walther als großer, gänzlich vergoldeter Stein mit der in schwarzen Buchstaben eingehauenen Gedächtnisinschrift beschrieben wird, wobei von einer Pyramide keine Rede ist – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 34 f. -, ist jene in der zweiten, komplett als Malerei ausgeführten Fassung das zentrale Element, wobei die Inschrift nun in goldenen Buchstaben auf blauem Grund gehalten ist – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 81 f. Man kann daher wohl davon ausgehen, daß Pesne hier ein neues, gemaltes Epitaph geschaffen hat, während das alte bei der Zerstörung der ersten Garnisonkirche verlorenging.. Darüberhinaus werden drei andere Epitaphe, die aus der ersten Kirche stammen, in die Kirchenmauer eingefügt[83]Tüsselmann, Die Garnisongemeinde in Berlin, 2010, Seite 321.[84]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 76..
Ein neues Gemeindewesen
Ein reichliches Vierteljahr nach der Einweihung der neuen Garnisonkirche bricht mit dem 18. September 1722 für die Garnisongemeinde ein weiterer bedeutsamer Tag an. Verantwortlich dafür ist der König höchstpersönlich, der an diesem Tag über die Garnisonschule, das Predigerwitwenhaus und die hinter der Kirche gelegenen Predigerhäuser ein sogenanntes Privileg verhängt. Und dieses hat es in sich, denn es stellt nicht nur fest, daß diese Gebäude zur Garnisonkirche gehören, sondern auch, daß sie nicht zu anderen Zwecken als jenen, die sie gegenwärtig erfüllen, genutzt und schon gar nicht abgerissen werden dürfen. Darüberhinaus befreit der König die Gemeinde von allen Real- und Personallasten ebenso wie von allen Abgaben! Dies sichert ihr eine Menge finanzieller Mittel, die sie zur Finanzierung des Kirchenbaus verwenden kann, dessen Kosten nicht gerade klein sind. Der König erklärt ausdrücklich, daß dieses Privileg für alle Zeiten gelten und für jegliche seiner Nachfolger bindend sein soll[85]Bei Johann Friedrich Walther ist der gesamte Wortlaut des königlichen Privilegs nachzulesen – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 85 f.[86]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 82..
Dem König ist mit dieser Maßnahme allerdings nicht daran gelegen, seine drastischen Streichungen, die er kurz nach seinem Machtantritt am Gemeindewesen vorgenommen hatte, zu relativieren oder gar rückgängig zu machen. Das erteilte Privileg verfolgt den gleichen Zweck, dem auch jene bereits dienten: die Schaffung zweckmäßiger Einrichtungen und Strukturen. Und das schließt ein, Geld für ein funktionierendes Gemeindewesen zur Verfügung zu stellen, das den Mitgliedern der für das preußische Königtum wichtigen Militärgemeinde zugutekommt und in der Lage ist, deren Prediger mit ihren Angehörigen abzusichern. Die Ausgabe finanzieller Mittel für soziale Einrichtungen, deren Funktion von städtischen Institutionen ebenso gut übernommen werden können, gehört jedoch nicht dazu[87]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 82..
Von nun an bilden sämtliche Einrichtungen der Garnisongemeinde eine Königliche Stiftung, deren Patron der preußische Herrscher ist. Natürlich gibt es auch eine Dienstaufsicht, die vom Militärgouverneur der Stadt ausgeübt wird. In der Konsequenz heißt das nichts anderes, als daß diese Einrichtungen dem preußischen Staat unterstellt sind. Das Evangelische Konsistorium, die oberste Verwaltungsbehörde der Evangelischen Kirche, hat, was die Garnisongemeinde betrifft, keinerlei Befugnisse[88]Tüsselmann, Die Garnisongemeinde in Berlin, 2010, Seite 322.[89]Heinz Berg: Zur Geschichte der evangelischen Garnisongemeinde diesseits vom Spandauer Tor, In: Der Alte Berliner Garnisonfriedhof im Spannungsfeld zwischen Scheunenviertel und Monbijou, herausgegeben vom Förderverein Alter Berliner Garnisonfriedhof, 1. Auflage, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin, 1995, ISBN 3-7759-0399-2..
1722 ist schließlich auch das Jahr, in dem die Gemeinde endlich einen neuen Garnisonküster einstellen kann. Johann Christoph Carl, der die Stelle bisher innegehabt hatte, war 1720 bei der Explosion des Pulverturms ums Leben gekommen. In den sich an die Katastrophe anschließenden Wirren, in denen es Wichtigeres gegeben hatte – wie beispielsweise den Wiederaufbau der Kirche -, war die Stelle unbesetzt geblieben. Nun aber, da das Leben der Gemeinde wieder in geordnetere Bahnen zurückkehrt, gewinnt sie wieder an Bedeutung, so daß schließlich David Wilhelm Steinert neuer Garnisonküster wird[90]Wilhelm Jakob Wippel: Kurzer Bericht von den Veränderungen, welche die Berlinische Garnisonschule von ihrer Stiftung an, bis auf die jetzige Zeit erlitt. Hiermit ladet zu der 2ten öffentlichen Prüfung, welche mit der Garnisonschule am 29sten Junius 1787, in der Garnisonkirche vorgenommen werden soll, die ehrfurchtwürdigen Patronen, wie auch eine hochverordnete Garnison-Kirchen- und Schulcommission, und alle Freunde und Beförderer der Schule ehrerbietig ein der Rektor W. J. Wippel., Johann Friedrich Unger, Berlin, 1787, Seite 16..
Im Jahre 1723 beginnt man damit, hochrangige Militärs und zivile Standespersonen, bei denen es sich vorwiegend um Beamte handelt, sowie deren Familien in der Garnisonkirche zu bestatten. Vorrangig sind das natürlich stets hochgestellte Personen wie Generäle und Offiziere, die der Berliner Garnison angehören. Gelegentlich wird jedoch auch solchen dieses Privileg zuteil, die sich zum Zeitpunkt ihres Todes gerade in Berlin aufhalten[91]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 10.. Die Bestattung findet allerdings nicht direkt im Kirchenraum statt, sondern in Gruftkammern in einem eigens dafür unter dem Gotteshaus angelegten Gewölbe. Es ist dies jedoch keine Besonderheit, denn auch andere Kirchen dieser Zeit verfügen über eigene Gruften[92]Dieter Weigert: Märker in den Grüften, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 172.. Die Kosten für die notwendige Unterkellerung der Garnisonkirche und die Einrichtung des Gewölbes belaufen sich auf 430 Taler[93]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 37..
Viele Kosten, wenig Einkünfte
Diese Summe kommt zu den Kosten hinzu, die die Gemeinde für den Kirchenneubau und die Wiederherstellung des Schulhauses sowie der Predigerhäuser zu bezahlen hat. Insgesamt belaufen sich diese auf 29.994 Taler und 5 Groschen. Eine stattliche Summe, die aufzubringen nicht eben einfach ist. Doch wie schon zu Zeiten der ersten Kirche gelingt dies über eine Verteilung auf viele Schultern. Zunächst gibt der König eine beträchtliche Summe aus seiner Privatschatulle dazu. Auch Mitglieder der königlichen Familie beteiligen sich mit Spenden. Und natürlich führt man auch eine Kollekte durch, die der Garnisonkirche zugute kommt[94]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 82..
Besonders haben sich allerdings die Angehörigen des Militärs zu beteiligen, denn man führt bei sämtlichen Regimentern eine Sammlung durch, in die man auch die Königlichen Behörden einschließt. Von Freiwilligkeit kann dabei allerdings keine Rede sein. Zum einen wird jede Kompanie dazu verpflichtet, 10 Taler aufzubringen und beizusteuern. Zum anderen verfügt der König für die Berliner und die auswärtige Beamtenschaft eine Zahlungspflicht, die für das ganze Land Preußen gilt, von Königsberg im Osten bis Kleve im Westen. Immerhin wird sie nach dem Jahreseinkommen und dem sozialen Rang des betreffenden Gebers abgestuft. So hat ein Kammerdiener zwischen acht und zwanzig Talern zu zahlen, ein Kammerherr ist mit dreißig Talern dabei. Einem Rat werden zehn Taler abverlangt, während ein Wirklicher Geheimer Rat, der zu den höchsten Vertretern der Provinzialbehörden zählt, einhundert Taler zu geben hat. Subalternbeamte, Unteroffiziere und Gemeine befreit man hingegen von der Zahlungspflicht. Natürlich ist die Bereitschaft, Geld abzugeben, unter den Betroffenen durchaus begrenzt, und so ziehen sich die Verhandlungen bezüglich ausstehender Zahlungen über Monate hin. Daß Beamte und Hofbedienstete überhaupt involviert werden, hat laut Georg Goens damit zu tun, daß die Beamten als Eximierte[95]Als Eximierte bezeichnete man im preußischen Recht Personen, die von der Gerichtsbarkeit der Untergerichte ausgenommen waren, beispielsweise Adlige, Geistliche und eben höhere Beamte. Für sie waren die Oberlandesgerichte erstinstanzlich zuständig. Darüberhinaus galten für sie weitere Ausnahmen, wie der Hinweis von Georg Goens zeigt. sich rechtlich zur Garnisonkirche halten dürfen, während die Hofbediensteten, sofern sie dem lutherischen Glauben anhängen, dieser Kirche zugewiesen sind[96]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 37.[97]Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995..
Natürlich zieht man auch die Einkünfte der Gemeinde heran, doch sind diese nicht sonderlich hoch, besitzt die Gemeinde doch weder Liegenschaften, aus denen sich ein Einkommen erwirtschaften ließe, noch Kapital in nennenswerter Höhe. Sie setzen sich zusammen aus den monatlichen Einnahmen des Klingelbeutels und der Spendenbüchse am Spandauer Tor sowie Schenkungen, die die Gemeinde gelegentlich von Adligen erhält[98]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 83.[99]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 82.. Hinzu kommen das Beichtgeld[100]Landläufig ist oft die Ansicht anzutreffen, in der evangelischen Kirche gebe es keine Beichte. Das ist nicht richtig. Martin Luther hatte sich zwar gegen den Ablaßhandel gewandt, die Beichte aber für sehr bedeutsam gehalten. Und so wird sie in der evangelischen Kirche auch heute noch abgenommen. Das Beichtgeld hatte Calvin in der reformierten Kirche tatsächlich abgeschafft. In den lutherischen Kirchen, zu denen die Garnisonkirche zählte, war dies jedoch oft bis ins 19. Jahrhundert hinein nicht der Fall, nicht zuletzt, weil dieses Geld für die oft schlecht bezahlten Geistlichen einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Einkünfte darstellte. und Gebühren für Amtshandlungen[101]Klaus Duntze: Ob auch Kriegsleute seligen Standes sein können (Martin Luther), In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 11.. Von diesen Einkünften kann die Gemeinde allerdings nur einen kleinen Teil für die Begleichung der Baukosten einsetzen. Schließlich muß sie aus ihnen auch die alljährlich anfallenden Reparaturen an der Kirche und den zu dieser gehörenden Bauten bezahlen, was in manchen Jahren mehr als einhundert Taler ausmacht. Und die Besoldung der Kirchen- und Schulbediensteten muß auch noch gewährleistet werden[102]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 83..
Um all dies ordnungsgemäß zu verwalten, stellt die Gemeinde einige Zeit nach der Einweihung der Kirche Jacob Lange interimsweise als „Deputatus“ und Vorsteher der Garnisonkirche ein. Ihm obliegt das Führen der Stuhlrechnung[103]In den Kirchen jener und späterer Zeit war es durchaus üblich, daß sich hochgestellte beziehungsweise gut betuchte Persönlichkeiten feste Plätze reservieren konnten – natürlich gegen eine regelmäßig zu entrichtende Gebühr. Diese Miete faßte man unter dem Begriff Stuhlrechnung. Entsprechende Regelwerke schrieben fest, wie genau zu verfahren sei. Ein Beispiel dafür findet sich beispielsweise in der mehr als einhundert Jahre später festgelegten Ordnung, wie es mit den Kirchenstühlen in der Hochfürstlichen Residenzstadt Bayreuth sowohl, als an allen Orten des ganzen Fürstenthums Burggrafthums Nürnberg oberhalb Gebürges zu halten, In: Darstellung der sämmtlichen Provinzial- und Statutar-Rechte des Königreichs Bayern, mit Ausschluß des gemeinen, preußischen und französischen Rechts, nebst den allgemeinen, dieselben abändernden, neueren Gesetzen, Band 1: Die Rechte von Oberfranken, Verlag der Karl Kollmann’schen Buchhandlung, Augsburg 1838, Seiten 1031 ff., die Besorgung aller Reparaturen, am Kirchenbau ebenso wie an den anderen Gebäuden, sowie die Prüfung, Bezahlung und Verwahrung der Kirchenrechnungen. Desweiteren verwahrt er die Kirchenbücher[104]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 143 f.. Lange hatte bisher als Adjutant des Generalfeldmarschalls Alexander Hermann Reichsgraf von Wartensleben gedient, der jedoch aufgrund seiner nun fast vollständigen Taubheit 1723 das Kommando über seine Regimenter unter anderem an Caspar Otto von Glasenapp abgibt, der 1721 vom König zum Generalmajor bei der Infanterie ernannt worden war. Da sich von Wartensleben schon seit 1715 um die ökonomischen Angelegenheiten von Kirche und Gemeinde gekümmert hatte und dabei von Lange stets unterstützt worden war, besitzt dieser bereits ausreichend Erfahrung[105]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 24 und 39.[106]Anton Balthasar König: Biographisches Lexikon aller Helden und Militairpersonen, welche sich in Preußischen Diensten berühmt gemacht haben, Zweiter Teil: G-L, Arnold Wever, Berlin, 1789, Seite 13..
Und schließlich noch eine würdige Orgel
In den nunmehr acht Jahren seiner Tätigkeit als Organist der Garnisonkirche hat sich Johann Friedrich Walther einen hervorragenden Ruf erworben, nicht nur als Instrumentalist, sondern auch als Kenner der Orgelbauten in der Residenzstadt Berlin. Und als solcher wird ihm 1723 die Ehre zuteil, zur Beurteilung der Qualität der Orgel in der Marienkirche herangezogen zu werden, eines Meisterstücks, das der Orgelbauer Joachim Wagner geschaffen hatte[107]Dieter Weigert: Im Namen Gottes?, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seiten 71 f.. Dieser hatte als Geselle in der Werkstatt von Gottfried Silbermann in Freiberg gelernt[108]Markus Zimmermann: Silbermann, Gottfried, In: Neue Deutsche Biographie, Band 24, 2010, Seiten 409-410 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 9. Mai 2021. und wird mit jenem später hinsichtlich der Leistung gleichgesetzt und als „preußischer“ beziehungsweise „märkischer Silbermann“ bezeichnet werden.
Für Walther ist das sicherlich auch bedeutsam, weil er als Organist in der neuen Garnisonkirche gerade keine rechte Aufgabe hat, denn diese ist immer noch nicht wieder mit einer Orgel ausgestattet. Doch das soll sich nun ändern, denn natürlich ist das auch für die Gemeinde ein unhaltbarer Zustand. Das Instrument aus dem ersten Gotteshaus, die Röder-Orgel, ist ja immer noch vorhanden und auf dem Boden der Garnisonschule eingelagert. Doch es gibt Schwierigkeiten. Obwohl von Beginn an geplant war, eben jene alte Orgel in die neue Kirche wiedereinzubauen, ist man jetzt plötzlich unschlüssig. Eine Orgel mit nur 23 klingenden Stimmen in einer so großen Kirche? Für eine so große Gemeinde? Man überlegt hin und her und befindet das Instrument schließlich für zu klein, befürchtet, es könnte „nicht suffisant“, nicht durchdringend genug sein[109]Johann Friderich Walther: Die, In der Königl. Garnison-Kirche zu Berlin, befindliche Neue Orgel, Wie selbige, Nach ihrer äussern und innern Beschaffenheit erbauet, Mit wenigem beschrieben, Und Nebst einer kurzen Vorrede, Vom Gebrauch, Kunst und Vortrefflichkeit der Orgeln, zum Druck übergeben, von Johann Friderich Walther, Organist und Collega der Berlinischen Garnison-Kirche und Schule, Carl Gottfried Möllern, Berlin, 1727, Seite 8. Das Werk selbst ist mit keiner Jahresangabe versehen. In Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 89 gibt Walther aber selbst an, daß er es im Jahr 1727 habe drucken lassen.. Zwischen der Orgel und der nun längeren und höheren Kirche komme keine harmonische Wirkung zustande, ist man sich einig[110]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 156..
So bemüht sich das Gouvernement der Stadt um eine ganz neue Orgel. Zunächst wird ein Entwurf gezeichnet[111]Über den Urheber dieses Entwurfs sind sich die Quellen nicht einig. Bei Georg Gottfried Küster ist nachzulesen, er stamme von Johann Friedrich Walther – siehe Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 607. Walther selbst erwähnt den Entwurf zwar, macht aber keine Angaben zu seinem Urheber – siehe Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seite 8. Barbara Kündiger schreibt wiederum, man habe Joachim Wagner um eine Zeichnung gebeten – siehe Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 160. Daß Walther den Entwurf geliefert haben soll, erscheint unwahrscheinlich. Schließlich war er Organist und nicht Orgelbauer. Möglicherweise verwechselt Küster bei seiner Angabe Entwurf und Zeichnung. Denn daß Walther die fertige Orgel gezeichnet und beschrieben hat, ist bekannt. Das bedeutet aber nicht, daß er sie auch entworfen haben muß., dann wenden sich der Gouverneur Alexander Hermann Reichsgraf von Wartensleben und der Kommandant Jean Quirin de Forcade damit an den König und bitten diesen um eine neue Orgel für die Garnisonkirche – ein Wunsch, dem der Monarch nicht nur entspricht, sondern für dessen Realisierung er sogar 1.200 Taler in die Kasse der Garnisongemeinde legt. Umgehend veranlaßt er den Bau eines neuen Instruments. Walther erhält als Organist der Gemeinde von Gouverneur und Kommandant den Auftrag, einen Kontrakt aufzusetzen, der anschließend von drei erfahrenen Organisten der Residenz Berlin geprüft wird[112]Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seite 8.[113]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 160..
In der Zwischenzeit steht die Frage im Raum, was mit der alten, von Johann Michael Martin Röder geschaffenen Orgel geschehen soll. Kurzerhand trifft der König eine Entscheidung und ordnet an, daß diese der Stadtkirche von Potsdam, der Nikolaikirche, übereignet werden solle[114]Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seite 8.. Den dortigen Einbau übernimmt der Orgelbauer Joachim Wagner, der dadurch die Gelegenheit erhält, die Orgel Röders und deren mechanisches Werk genau zu studieren[115]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 160..
Das soll ihm unmittelbar zugutekommen, denn nach erfolgreicher Prüfung des von Johann Friedrich Walther aufgesetzten Kontrakts wird dieser im Januar 1724 mit Wagner geschlossen[116]Als Datum kommen sowohl der 24. Januar als auch der 27. Januar 1724 in Frage. Beide Angaben gehen auf Johann Friedrich Walther zurück. In Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seiten 8 f. gibt er für den Abschluß des Kontrakts den 27. Januar an, während er ihn in Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 89 auf den 24. Januar datiert.. Der macht sich umgehend daran, mit der Orgel in der Garnisonkirche nicht nur sein größtes Werk zu schaffen, sondern auch die größte Orgel der Berliner Residenz[117]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 160..
Ganze 34 Fuß ist das Instrument breit, und es besitzt eine Höhe von maximal dreißig Fuß. Hier muß sich der Orgelbauer nach der Höhe des Gewölbes des Gotteshauses richten und die Anlage des Chores berücksichtigen, auf dem die Orgel plaziert wird[118]Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seite 9.. Insgesamt 3.214 Pfeifen verteilen sich auf fünfzig Register beziehungsweise klingende Stimmen, die über drei Manual- und ein Pedalklavier gespielt werden[119]Johann Friedrich Walther zufolge liegen auf dem Mittel-Klavier, dem sogenannten Manual, dreizehn Stimmen mit insgesamt 1085 Pfeifen. Auf dem untersten Klavier, dem Seitenwerk, sind es ebenfalls dreizehn Stimmen, für die jedoch nur 937 Pfeifen zur Verfügung stehen. Das dritte Klavier, das Oberwerk, bedient elf Stimmen mit insgesamt 672 Pfeifen. Das Pedal schließlich stellt weitere 13 Stimmen bereit, denen aber nur 520 Pfeifen zugeordnet sind. Eine detaillierte Aufstellung der Disposition der Orgel gibt Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seiten 14 f.. Dabei sind die Pfeifen der Prinzipale, also die wichtigen Orgelregister, die das klangliche Rückgrat des Instruments bilden, aus Englischem Zinn beschaffen, während die Pfeifen der offenen Stimmen aus Berlinischem Probezinn und die der gedeckten Stimmen aus zwei Teilen Blei und einem Teil Zinn bestehen. Diese Mischung macht letztere besonders hart und beständig gegen Korrosion durch Salpeter, die bei geringerem oder gar fehlendem Zinnanteil ein hohes Risiko darstellen würde. Um Rost vorzubeugen, fertigt Wagner die für die Bedienung der Ventile, Federn und Stimmbrücken notwendigen Drähte nicht aus Eisen, sondern aus Messing. Die für das Orgelspiel notwendige Luft, um die Pfeifen zum Klingen zu bringen, wird durch sieben große Blasebälge geliefert, deren jeder elf Fuß lang und fünfeinhalb Fuß breit ist. Die aus Leder gefertigten und von Pferdesehnen gehaltenen Bälge sind in Rahmen aus starkem Holz eingebettet und neben der Orgel angeordnet, so daß sie leicht zugänglich sind[120]Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seiten 10 f.. Für die drei Klaviere verwendet Wagner Ebenholz und Elfenbein als Materialien[121]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 95..
Im Kirchenraum wird das riesige Instrument auf einer eigenen Orgelempore an der Westseite plaziert[122]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 75.. Sein Prospekt ist mindestens ebenso beeindruckend wie der seines Vorgängers. Architektonisch reich gegliedert und prunkvoll verziert mit vielfältigen Bildhauerarbeiten, ist diese aus Kiefernholz gefertigte Schauseite in zwanzig große und kleine Felder eingeteilt[123]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 89 f.. Die großen Pfeifen bündeln sich in drei Türmen, zwischen denen all die kleineren in verschieden großen Gruppen angeordnet sind. Ihre unterschiedliche, vom jeweiligen Ton, den sie erzeugen sollen, abhängige Höhe stellt eine Herausforderung für die Gestaltung der Orgel dar, denn schließlich sind alle Pfeifen in deren Front sichtbar. Über ein sogenanntes Hinterwerk, wie es manche Instrumente aufweisen, verfügt die von Joachim Wagner gebaute Orgel nicht. Um also die verschiedenen Höhen der Tonproduzenten zu kaschieren, gibt es jede Menge barockes Ornamentwerk[124]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 91.[125]Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964.. Mit feinem Glanzgold überzogenes Akanthuslaub rankt sich über die Schauseite, die zudem mit allerlei kriegerischen Ensembles geschmückt ist. Über dem mittleren Pfeifenturm prangen eine Krone und die königlichen Initialen „FWR“, unter denen der Wahlspruch des preußischen Herrscherhauses zu lesen ist: „Non soli cedit“[126]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seiten 157 f..
An den Seiten des Prospekts steht je eine von Insignien des Krieges – Fahnen, Hieb- und Stichwaffen – umgebene Pyramide. Sie ersetzen die sonst bei Orgeln üblichen Blindflügel. Die Spitze dieser Pyramiden zieren Flammenvasen, unter denen wiederum die königliche Krone zu sehen ist, der man einen Adler beigegeben hat. Vor jeder Pyramide ist eine Pauke positioniert. Doch was wäre eine Pauke ohne einen, der draufschlägt? Und so steht hinter jeder von ihnen eine geschnitzte Putte, die über ein Pedal am Spieltisch des Organisten von diesem tatsächlich dazu gebracht werden kann, einen Schlegel niedersausen zu lassen. Beide Figuren tragen Helme mit Federbüschen – ein Gestaltungsmerkmal, das es auch schon bei dem Vorgängerinstrument Röders gegeben hatte. Die Kesselpauken sind tatsächlich echte Schlagzeuge und ein Geschenk des Generalfeldmarschalls Alexander Hermann Reichsgraf von Wartensleben, in dessen Wartenslebenschen Reiterregiment sie vordem in Gebrauch gewesen waren. Über den Pyramiden und Pauken schwebt jeweils ein Engel mit einer Trompete. Diese die Gottheit des Ruhmes darstellenden Famen können beim Auslösen der Pauken nicht nur passend dazu auf- und niederschweben und mit den Flügeln schlagen, sondern auch, wenn sie unten angekommen sind, ihre Trompeten an- und wieder absetzen[127]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 90.[128]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 158..
Das Motiv der mit Federbüschen geschmückten Helme findet sich auch auf den beiden äußeren Pfeifentürmen des Orgelprospekts, nur daß sie hier als deren Schmuck dienen und nicht auf den Köpfen von Figuren thronen. Auch sind die Visiere geschlossen und ihnen Fahnen und Kanonen beigegeben. Getragen werden die beiden Seitentürme von geharnischten Atlanten, die ebenfalls mit militärischen Symbolen wie Fahnen, Trompeten und Morgensternen geschmückt sind. Zwischen den Pfeifentürmen sind jeweils ein Adler und eine Sonne angeordnet. Letztere ersetzen die sonst allgemein üblichen Zimbelsterne. Auch hier ist jede Menge Bewegung im Spiel, sobald der Organist das Instrument in Tätigkeit setzt. Während die Sonnen sich drehen und ihre Bahn durch die Wolken ziehen, schlagen die Adler mit den Flügeln, was von anmutigem Zimbelklang untermalt wird[129]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 90 f.[130]Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 607.[131]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 158..
Zur Auslösung all dieser Schaueffekte steht dem Organisten ein versteckter Mechanismus zur Verfügung, der, einmal ausgelöst, die Sonnen, die Adler, die Engel mit ihren Trompeten und die Putten mit ihren Paukenschlegeln über eigens dafür angelegte Züge in Bewegung setzt[132]Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seiten 9 f.. Letztlich dient all das jedoch nur einem Zweck: das Publikum in seinen Bann zu ziehen, wie Georg Goens kommentiert:
Sollte aber in damaliger Zeit eine Orgel Gnade finden vor den Augen des großen Publikums, so mußte sie nicht nur Tonfülle und Modulationsfähigkeiten besitzen, sondern auch durch gewisse technische Kunststücke, sagen wir ehrlich: Spielereien, sich interessant machen. Und dieses that unsere Orgel in vollem Maße[133]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 35..
Bei Friedrich Wilhelm I. findet all das großen Gefallen, und das nicht nur wegen der „Spielereien“[134]Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964.. Mit ihrem überbordenden bildnerischen Schmuck weist die Orgel recht eindeutig darauf hin, daß sie ein Instrument der Militärkirche des Königs ist. Die Bildmotive der Röder-Orgel werden unzweifelhaft übernommen, doch Wagner entwickelt sie weiter, indem er die nun an der Kirchenfassade befindlichen Bild- und Schriftelemente auch in den Prospekt der Orgel integriert. Auch ist ein direkter Bezug zur Gestaltung der Kanzel nicht zu verkennen[135]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 158.. Somit sind das Gebäude der Kirche und ihr Hauptinventar durch ein schlüssiges ikonographisches Programm miteinander verbunden. Es besteht aus vergleichsweise wenigen, doch immer wieder aufgegriffenen Elementen: die Adler, die Sonnen, die Krone mit den königlichen Initialen, Trophäen und andere militärische Attribute, und nicht zuletzt der Wahlspruch des Herrschers – all das soll bildhaft auf das preußische Königshaus im allgemeinen und den königlichen Stifter und Kirchenpatron im besonderen verweisen. Wer die Kirche sieht und sie betritt, dem ruft sie quasi von allen Seiten zu: Ich bin ein Gotteshaus für das preußische Militär[136]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 76.!
Daher kann es kaum überraschen, daß Sonne, Adler und königlicher Wahlspruch alsbald auch für das Kirchensiegel ausgewählt werden, und zwar genau in der Form, in der sie auch in den Medaillons über den Türen des Gotteshauses gezeigt sind. Ergänzt wird nur die Unterschrift: „Kön. Garnisonkirche zu Berlin 1722″. Kirchliche Symbole sucht man in diesem Kirchensiegel hingegen vergeblich[137]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 30.[138]Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995..
Die Kosten für die neue Orgel belaufen sich auf insgesamt 3.343 Taler und 4 Groschen[139]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 100.. Eine immense Summe, insbesondere, wenn man bedenkt, daß sie zu den ohnehin schon bestehenden finanziellen Verpflichtungen der Gemeinde noch hinzukommt. Nicht zuletzt aus diesem Grunde ist man stets auf der Suche nach weiteren Einnahmequellen. Und wird schließlich auch fündig. Am 24. Februar des Jahres 1724 werden Bestattungen im Gewölbe der Kirche mit einer Order des Königs kostenpflichtig. Friedrich Wilhelm I. beläßt es allerdings nicht dabei, diese Änderung anzuordnen, er arbeitet höchstselbst die Begräbnisordnung aus, in der auch die für die Begräbnisse zu entrichtenden Gebühren festgelegt sind. Diese richten sich nach dem Rang, den der jeweilige Verstorbene in der Armee besaß. So kostet die Beisetzung eines Feldmarschalls künftig dreihundert Taler. Die Anverwandten eines „Sous-Lieutenants“ oder Fähnrichs, die am unteren Ende der Rangliste stehen, kommen wesentlich billiger davon: sie müssen nur sechzehn Taler bezahlen. Werden Familienangehörige eines Militärs bestattet, ist die Hälfte dieser Gebühren fällig, für deren Kinder ein Viertel[140]Berg, Geschichte der evangelischen Garnisongemeinde, 1995.[141]Duntze, Kriegsleute, 2004, Seite 11..
Dem Wunsch der höhergestellten Militärfamilien, direkt in beziehungsweise unter ihrer Garnisonkirche bestattet zu werden, tut diese Maßnahme jedoch offenbar keinen Abbruch, denn noch im selben Jahr wird die Gruft bereits das erste Mal vergrößert[142]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 37.. Damit die Gemeinde die neuen Einnahmen zur Tilgung ihrer Schulden verwenden kann, müssen diese natürlich ordnungsgemäß verwaltet werden. Dies obliegt dem Interimsvorsteher der Garnisonkirche, Jacob Lange, der auch die Kassierung der Leichengelder übernimmt[143]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 143 f..
Bevor sich das Jahr 1724 seinem Ende zuneigt – im übrigen das Jahr, in dem der einstige Garnisonprediger Christoph Naumann das Zeitliche segnet, für den der maßgebliche Mitbegründer des Pietismus, August Hermann Francke, die Leichenpredigt hält[144]Weigert, Im Namen Gottes?, 2004, Seite 69. – erlebt die neue Orgel der Garnisonkirche bereits ihren ersten Einsatz. Beim Gottesdienst zum Weihnachtsfest, also nur elf Monate nach Baubeginn, spielt Johann Friedrich Walther erstmals auf dem neuen Instrument, das allerdings noch nicht fertiggestellt ist. So stehen Walther für sein Spiel nur das Hauptmanual und drei Stimmen des Pedals zur Verfügung[145]Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seite 27.[146]Weigert, Im Namen Gottes?, 2004, Seite 71.. Doch schon zu Pfingsten des Folgejahres sind das zweite Klavier und weitere Pedalstimmen benutzbar. Am Michaelistag[147]Das ist der 29. September 1725, ein Sonnabend. kann auch das dritte Klavier bespielt werden, und Mitte Dezember ist die Orgel schließlich weitgehend vollendet. Sogar die aufwendige Vergoldung des Blattwerks am Prospekt des Instruments ist bereits vollständig aufgetragen[148]Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seite 27..
Und so setzt am 25. Dezember, dem ersten Weihnachtsfeiertag, der Organist Johann Friedrich Walther in Anwesenheit des Königs zum ersten Mal den versteckten Mechanismus und damit all die beweglichen Schauelemente des Orgelprospekts bei seinem Spiel in Betrieb, sehr zum Gefallen des Monarchen und des an dieser Einweihungsveranstaltung teilnehmenden Publikums. Zur Aufführung kommt eine eigens für dieses Ereignis gesetzte Musik. Daß der Orgel noch einige wenige Stimmen fehlen, fällt dabei gar nicht auf. Auch für spätere Einsätze des neuen Instruments stellen sie keinen Mangel dar, denn sie werden kurz nach dem Weihnachtsfest fertiggestellt[149]Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seite 27.[150]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 8..
Um an dieses feierliche Ereignis zu erinnern, bringt man in der Mitte der Orgel, direkt über der Klaviatur, ein Schild an, das auf blauem Grund die folgende Inschrift zeigt:
Unter der Regierung
FRIDERICH WILHELMS
KOENIGS IN PREUSSEN etc. etc.
und
unter Direction des Gouverneurs hiesiger
Residentzien
Reichs-Grafen von WARTENSLEBEN
und Commendanten General-Major von FORCADE
ist diese Orgel erbauet
und den 25. Decembris 1725 in vollkommenen
Stande gespielet und eingeweihet worden.
Joh. Frider. Walther Joachim Wagener
h. t. Organist. Orgelmacher.[151]Zitiert aus Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 100. Bei Edmund Müller: Die alte und die neue Orgel der Garnisonkirche, In: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1892, Heft 9/10, Seite 86, findet sich eine leicht abweichende Wiedergabe der Inschrift:
„Unter der Regierung
Friedrich Wilhelms Königs in Preussen
Und unter Direction des Gouverneurs hiesiger königl. Residentzien
Generalfeldmarschall Graf von Wartensleben
Und Commendanten Generalmajor de Forcade
ist diese Orgel erbaut u. am 25. Dec. Anno 1725
in vollenkommenen Stande gespielt und eingeweiht worden.
Joachim Wagner, Orgelmacher
J. F. Walther, p. t. Organist.“
Ob es sich dabei um bloße Ungenauigkeiten in der Wiedergabe handelt oder ob die Tafel möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt erneuert und ihr Text dabei abgewandelt wurde, ist heute kaum mehr feststellbar.
Die Orgel weiß zu beeindrucken. Zeitgenossen rühmen „das herrliche Orgelwerck“[152]Barbara Kündiger: Spurensuche und Fundstücke, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 21. und das dem erklingenden Instrument beiwohnende Publikum schätzt natürlich den Schauwert des Orgelprospekts mit all seinen beweglichen Teilen. Doch es gibt auch Kritik. Im Jahre 1741 besucht der Neffe Gottfried Silbermanns die Garnisonkirche, um sich im Auftrag seines Onkels ein Bild von der Orgel zu machen. Sowohl die Technik des Instruments als auch dessen Klang bedenkt er anschließend mit kritischen Worten[153]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 161.. Jedoch dessen ungeachtet gilt die Orgel in all den folgenden Jahren ihrer Existenz bei Experten und Publikum als großartiges Meisterwerk Joachim Wagners.
Und auch das Gotteshaus selbst sieht man als bedeutsames Bauwerk der königlichen Residenz an. Stadtpläne jener Jahre, aber auch folgender Zeiten zeigen sie in einer Reihe mit den anderen wichtigen Gebäuden Berlins, die als repräsentative Bauten in ihrer Gestalt in den Plänen eingezeichnet sind oder aber um die Karten herum in Einzeldarstellungen gruppiert werden, wodurch sie als besonders eindrucksvoll, die Residenz charakterisierende Bauten hervorgehoben werden[154]Kündiger, Spurensuche und Fundstücke, 2004, Seite 22.. 1727, fünf Jahre nach der Einweihung der zweiten Garnisonkirche, ist in Jacob Schmidts „Sammlung Berlinischer Merk- und Denkwürdigkeiten“ über sie zu lesen:
Sehen wir sie von aussen an, so fehlet es ihr an nichts, ohne (möcht jemand sagen) am Thurm, alleine die Thürme sind wegen der Glocken daß man sie hören könne, der Soldatesca Glocken seynd die Trommeln […][155]Zitiert nach Ernst Frensdorff: Die Berliner Garnisonkirche nach einem Berichte aus dem Jahre 1727, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1908, Heft 5, Seite 133.
Zur Normalität zurück
Generalfeldmarschall Alexander Hermann Reichsgraf von Wartensleben, der in seiner Rolle als Militärgouverneur der königlichen Residenz stets von großer Bedeutung für die Gemeinde war, hat er sie doch nach Kräften unterstützt und immer seine schützende Hand über sie gehalten, ist im Jahre 1725 bereits 75 Jahre alt, als er so schwer erkrankt, daß man vom Schlimmsten ausgeht und mit seinem baldigen Ableben rechnet. Um so größer ist die Freude, als er sich wieder erholt. Doch als Folge der Erkrankung zieht er sich weiter zurück und konzentriert sich „auf die Arbeit für das Reich Gottes“, wie Georg Goens es nennt. Gemeinsam mit seinem Freund, dem General Dubislaw Gneomar von Natzmer, verkehrt er nun häufig in den Kreisen der Pietisten um Johann Porst, Propst zu St. Nikolai, ein Umstand, der mitverantwortlich dafür sein könnte, daß das von Porst zusammengestellte Gesangbuch, das 1713 in dritter Auflage erschienen war[156]Die beiden ersten Auflagen erschienen in den Jahren 1708 und 1711, nannten aber den Namen ihres Urhebers nicht. Erst diese dritte Auflage wurde unter der Autorenschaft von Johann Porst veröffentlicht. Siehe l. u.: Porst, Johann, In: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 26, 1888, Seiten 444-445 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 19. Januar 2021., nunmehr das Militärgesangbuch des ehemaligen Garnisonpredigers Christoph Naumann in der Garnisongemeinde ablöst – ein Rückschlag, den jener nach seinem Tode im Jahr zuvor nicht mehr miterleben muß[157]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 39. Goens schreibt zu von Wartensleben und von Natzmer wörtlich: „In den frommen Kreisen um Speener und Porst (seit 1713) wurden beide Männer oft gesehen.“ Es ist leider unklar, wer mit Speener gemeint sein könnte. Der Mitbegründer des Pietismus und einstige Propst der Nikolaikirche, Philipp Jakob Spener, kann es nicht sein, der war bereits 1705 verstorben. Dessen Sohn, Jacob Karl Spener, war zu jener Zeit Professor der Rechtswissenschaften in Halle und Wittenberg, ist also auch eher nicht gemeint. In Frage käme Philipp Reinhard Spener, ebenfalls ein Sohn Philipp Jakobs. Dieser lebte in jener Zeit in Berlin, war aber Apotheker. Ob er gemeinsam mit Porst einen „frommen Kreis“ aufbaute, ist eher fraglich. Siehe auch „Spener, Philipp Jacob“, In: Hessische Biografie (Stand vom 15. April 2021), Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS), abgerufen am 15. Mai 2021.. Die Gemeinde verkauft die noch vorhandenen Exemplare des Naumannschen Gesangbuches und erzielt einen Erlös von 270 Talern, der der Kirchenkasse zugutekommt[158]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 31 f..
Obwohl die Orgel bereits zu Weihnachten 1725 eingeweiht worden war, sind in der Folgezeit noch einige Nachbesserungen und Vervollkommnungen erforderlich. Am 5. September 1726 ist das Instrument schließlich endgültig fertig und rein gestimmt, so daß der Orgelbauer Joachim Wagner es übergeben kann. Das Gouvernement beauftragt den Königlichen Kapell- und Domorganisten Gottlieb Hayne und den Organisten von St. Nikolai, Adrian Lutterodt, mit der Abnahme des Werks, wofür sie eine eingehende Prüfung vornehmen. Diese verläuft erfolgreich, so daß die Abnahme schließlich attestiert wird[159]Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seiten 27 f.. Der Organist der Garnisonkirche, Johann Friedrich Walther, nimmt dies zum Anlaß, eine kleine Abhandlung über die Orgel zu verfassen, die das Instrument umfassend beschreibt.
Im Jahr darauf, am 16. August 1727, verstirbt der Oberstleutnant Ernst Friedrich Finck von Finckenstein. Der 1680 geborene erste Kommandeur der 1717 geschaffenen Berliner Kadettenanstalt galt als einer der maßgeblichen Vertreter des Pietismus im preußischen Armeekorps. Mit ihm geht der Garnisongemeinde ein wichtiger Gönner und Wohltäter verloren, der monatlich einen finanziellen Beitrag gespendet hatte und auch der Garnisonschule Zuwendungen zukommen ließ, jedoch stets ohne daß sein Name dabei öffentlich genannt wurde. Dies hat erst Johann Friedrich Walther in seiner Chronik der Garnisonkirche erstmals getan[160]Interessant in diesem Zusammenhang ist, daß der Oberstleutnant in den diversen Quellen mit unterschiedlichen Vornamen versehen wird. Johann Friedrich Walther nennt ihn Wilhelm Ernst Finck von Finckenstein – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 110. Gleiches tun Georg Gottfried Küster in Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 615 und Dieter Weigert in Weigert, Märker in den Grüften, 2004, Seite 181. In einem anderen Artikel gibt Weigert seinen Namen jedoch mit Ernst Friedrich Finck von Finckenstein an – siehe Dieter Weigert: Berliner Feldprediger unter dem Soldatenkönig, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 55. Unter diesem wird Finck von Finckenstein auch im „Biographischen Lexikon aller Helden und Militairpersonen“ geführt – siehe Anton Balthasar König: Biographisches Lexikon aller Helden und Militairpersonen, welche sich in Preußischen Diensten berühmt gemacht haben, Erster Teil: A-F, Arnold Wever, Berlin, 1788, Seite 415. Daher verwenden auch wir ihn.. Angesichts dieser Wohltaten für die Gemeinde läßt es sich der Feldpropst und Garnisonprediger Lampertus Gedicke natürlich nicht nehmen, beim Leichenbegängnis eine Rede auf den Verstorbenen zu halten, der schließlich in der Gruft des Gotteshauses beigesetzt wird[161]Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 615..
Im selben Jahr verläßt der Kantor der Garnisonkirche, Johann Woltersdorff, die Gemeinde, die mit ihm auch einen Lehrer für ihre Schule verliert. Woltersdorff geht als Prediger in das in der Grafschaft Ruppin gelegene Örtchen Kertzlin, wo er drei Jahre später einen Bericht über seine traumatischen Erlebnisse während der großen Pulverturmexplosion verfassen wird. Ihm folgt Johann Andreas Licht nach, der seine Kantorenstelle in Angermünde aufgibt, um, ebenso wie Woltersdorff vor ihm, als Kantor an der Garnisonkirche und als ordentlicher Lehrer an der Garnisonschule tätig zu werden. Als im Jahr darauf, am 12. September 1728, Johann Justus Tichelmann verstirbt, der die Garnisonschule 22 Jahre lang als ihr erster Rektor geführt hatte, wird Licht in seiner Rolle als erster Lehrer die Aufsicht über die Bildungseinrichtung übertragen, da man sich entschlossen hat, die Stelle des Rektors nicht erneut zu besetzen. Der bisher lediglich als außerordentlicher Lehrer beschäftigte Johann Friedrich Walther erhält eine ordentliche Anstellung[162]Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seiten 16 f..
Kurz vor dem Jahresende widerfährt der Gemeinde noch ein unverhofftes Glück. König Friedrich Wilhelm I. erweist sich als außerordentlich großzügig und schenkt ihr ein Gebäude, das in der Wallstraße unweit der Garnisonschule auf deren gegenüberliegender Straßenseite steht. Bisher den Festungsanlagen zugehörig, war dieses Gebäude zunächst als „Sr. Majestät des Königs Hauß“ und später als „Bei der Pomerantzenbrücke: Ein Königliches Hauß“ bezeichnet und zuletzt von Handwerkern der Garnison unentgeltlich bewohnt worden. Der König entspricht mit der Schenkung einer Bitte des Gouverneurs von Wartensleben. Das Haus mit seinen vier Stuben, sechs Kammern und zwei Kellerräumen steht der Gemeinde zur Nutzung nach gänzlich eigenem Gutdünken zur Verfügung. Selbst ein Verkauf wird vom König erlaubt. Einzige Bedingung ist, daß die Garnisongemeinde die mit dem Gebäude erwirtschafteten Gelder zunächst dazu verwendet, Schulden abzutragen, durch die sie aus noch unbezahlten Handwerkerrechnungen gegenwärtig belastet wird[163]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 101 f. Der genaue Wortlaut der vom König unterschriebenen Schenkungsurkunde wird dort von Johann Friedrich Walther wiedergegeben. In der entsprechenden Passage heißt es dazu: „Nachdem Se. Königl. Majestät in Preussen etc. etc. Unser allergnädigster Herr, auf die bey Ihro gethane Vorstellung, dasjenige Haus welches alhier in der Wall-Straße gegen über der Garnison-Schule gelegen ist, und bisher zur Fortification gehöret […] der Garnison-Kirche alhier, zu Bezahlung ein und anderer, annoch unabgeführter Handwercker-Schulden, eigenthümlich allergnädigst geschencket, dergestalt und also, daß itztgedachte Kirche dasselbe nutzen, gebrauchen, vermiethen, auch gar veräussern und verkauffen, und damit als mit ihrem Eigenthum, schalten und walten möge, jedoch, daß die, daraus fallende Gelder, zu keinem als vorerwehnten Behuef gewidmet und angewand werden.“ Die früheren Bezeichnungen für das Haus sind in Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seite 271 zu finden.. Die Gemeinde kommt dieser Verpflichtung nach, indem sie das Gebäude zunächst beleiht. Nach der Abtragung der Schulden vermietet sie das nun als Garnisonkirchenhaus bezeichnete Gebäude an – meist emeritierte – Kirchenbeamte, deren Witwen und an Feldprediger[164]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 38..
Derartige Schenkungen sind, auch wenn die meisten anderen nicht so bedeutend ausfielen wie diese des Königs, ebenso wie die auf die anderen Gebäude erteilten Privilegien für die Garnisongemeinde sehr wichtig, denn diese verfügt, wie bereits erwähnt, weder über Liegenschaften noch größeres Kapital, hat aber infolge des Neubaus der Kirche und der Orgel sowie der Reparaturen der zum Gemeindewesen gehörenden Gebäude jede Menge Kosten zu bezahlen, für die sie trotz der eingeworbenen oder angeordneten Spenden auch Schulden aufnehmen mußte. Nicht zuletzt durch solche Zuwendungen gelingt es der Gemeinde, in diesem 1728er Jahr diese Schulden komplett abzutragen[165]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 39.[166]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 82..
Auch wenn der Feldpropst und Garnisonprediger Lampertus Gedicke in den Geschichtsbüchern natürlich oft genannt wird und bei den einschlägigen Ereignissen insbesondere rund um die Garnisonkirche eine wichtige Rolle spielt, so ist er doch nicht der einzige Militärgeistliche in der Stadt. Neben ihm kümmern sich Ende des Jahres 1728 noch deren vier weitere um die religiösen Belange der Soldaten in der Berliner Garnison. Einer davon ist beispielsweise in der Kadettenanstalt tätig, die über einen eigenen Prediger verfügt[167]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 23..
Am 2. Februar 1729 verstirbt der Generalmajor und Kommandant Berlins Jean Quirin de Forcade. Wenige Stunden vor seinem Tode hatte er vom König noch die Ernennung zum Generalleutnant bei der Infanterie erhalten. Ihm folgt der Generalmajor Caspar Otto von Glasenapp als Kommandant der Residenz[168]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 104.. Ein Jahr darauf, am 3. Februar 1730, segnet dann auch Curt Hildebrand Freiherr von Loeben, ebenfalls im Range eines Generalleutnants bei der Infanterie, das Zeitliche. Der einflußreiche Berater König Friedrich Wilhelms I. und Gouverneur von Kolberg war nach von Natzmer der wohl einflußreichste Pietist unter den Offizieren der preußischen Armee. Mit ihm verliert die Garnisongemeinde nach dem zweieinhalb Jahre vorher verstorbenen Ernst Friedrich Finck von Finckenstein einen weiteren Gönner, der sich als Wohltäter für Garnisonkirche und Garnisonschule hervorgetan hatte. So wird dem Verstorbenen am 10. Februar eine große Leichenprozession zuteil, die mit seiner Beisetzung in der Gruft des Gotteshauses endet. Auch hier hält der Feldpropst und Garnisonprediger Lampertus Gedicke die Gedächtnispredigt. In späterer Zeit wird der Leichnam von Loebens jedoch wieder aus der Gruft der Garnisonkirche entfernt und auf sein Gut in Falkenberg überführt werden[169]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 109 f.[170]Weigert, Berliner Feldprediger, 2004, Seiten 56 f..
Im selben Jahr, am 25. Juni, begeht die Garnisongemeinde eine wesentlich freudvollere Feier. Anlaß ist der zweihundertste Jahrestag der Reformation[171]Dieser Jahrestag bezieht sich auf den öffentlichen Reichstag in Augsburg im Jahre 1530, auf dem am 25. Juni im Beisein vieler geistlicher und weltlicher Fürsten und Stände des Deutschen Reiches das protestantische Glaubensbekenntnis an Kaiser Karl V. übergeben wurde.. Die Gemeinde feiert das Jubiläum mit zwei öffentlichen Gottesdiensten. Dabei hält Feldpropst und Garnisonprediger Gedicke während des Vormittagsgottesdienstes eine, wie Johann Friedrich Walther es nennt, „erbauliche Predigt“. Am Nachmittag wird eine eigens für dieses Ereignis gesetzte Musik aufgeführt[172]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 145 ff..
1731 erhält dann Jacob Lange nach mehr als sieben Jahren interimsweiser Beschäftigung als Deputatus und Vorsteher der Garnisonkirche endlich eine feste Anstellung. Mit Fleiß und wahrhaftiger Treue hatte er in dieser Zeit die Angelegenheiten von Kirche und Gemeinde zur allseitigen Zufriedenheit besorgt, was das Gouvernement nun endlich auch zu würdigen weiß[173]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 143 f..
Jahre des Verlusts
Drei Jahre später. Es ist der 26. Januar 1734. Die Gemeinde erreicht eine erschütternde Nachricht. Der Generalfeldmarschall, Geheime Kriegsrat, Ritter des Schwarzen Adlerordens und seit dem Jahre 1702 Gouverneur der Residenz, Alexander Hermann Reichsgraf von Wartensleben, ist im Alter von 84 Jahren verstorben. Unter seiner Führung war die neue Kirche errichtet worden, ihm hatte die Gemeinde, für die er sich stets eingesetzt hatte, viel zu verdanken. Seine Beisetzung hatte sich der Verstorbene in aller Stille gewünscht, doch der König setzt sich in seinem Bestreben, dessen Verdienste ausreichend zu würdigen, einfach darüber hinweg und ordnet eine Bestattungsfeierlichkeit mit großer Leichenprozession an. So setzt sich am 5. Februar der Leichenzug am Gouverneurshaus in der Königstraße[174]Das Gouverneurshaus in der Königstraße, der heutigen Rathausstraße, befand sich an der Ecke zur Jüdenstraße. Der Gouverneur der Residenz hatte hier erst seit 1732 seinen Sitz. Generalfeldmarschall von Wartensleben hatte also noch kurz vor seinem Tode seinen ursprünglichen Amtssitz, das Gouvernementsgebäude in der Straße Unter den Linden, verlassen müssen, als dieses ab 1732 zum Kronprinzenpalais umgebaut wurde – siehe Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 40., dem Sterbehaus, in Bewegung, zieht um das Rathaus herum durch die Spandauer Straße zum Königsmarkt, der später Molkenmarkt heißen wird, von wo er seinen Weg über den Mühlendamm und durch die Breite Straße fortsetzt, bis er, am Schloß vorbei und über den Paradeplatz, den späteren Lustgarten, führend, schließlich die Garnisonkirche erreicht. Begleitet vom Geläut aller Glocken der Stadt, wird die Leiche im Gewölbe des Gotteshauses schließlich ins gräfliche Erbbegräbnis gesetzt. Als das geschehen ist, beschließen drei Salutschüsse aus den zwölf Kanonen der nahe der Kirche gelegenen Batterien sowie zweier Eskadronen und vierer Bataillone die feierliche Zeremonie[175]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 104 ff. Dort gibt Johann Friedrich Walther auch eine umfassende Beschreibung des Leichenzugs sowie der beiden Inschriften, die das Grab des verstorbenen Generalfeldmarschalls von Wartensleben zierten.[176]Weigert, Berliner Feldprediger, 2004, Seite 58..
Auf den Tag genau vier Monate später, am 5. Juni 1734, sieht die Garnisonkirche eine ähnliche Leichenprozession auf sich zu ziehen. Es ist das Leichenbegängnis für den am 19. Mai verstorbenen Generalfeldmarschall Georg Abraham von Arnim. Der aus Boitzenburg in der Uckermark stammende Offizier war General-Major und Oberst bei den Garde-Füsilieren gewesen[177]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 37., bevor er 1690 Kommandant der Festung Berlin wurde, in welcher Funktion er der Grundsteinlegung der ersten Garnisonkirche beigewohnt hatte[178]König, Biographisches Lexikon, Erster Teil, 1788, Seiten 76 ff. Dieter Weigert gibt in Weigert, Märker in den Grüften, 2004, Seite 174 an, von Arnim sei im Jahr 1675 Kommandant der Festung Berlin geworden. Das widerspricht jedoch nicht nur dem Eintrag für von Arnim in Königs Biographischem Lexikon, sondern auch den Angaben Johann Friedrich Walthers, der schreibt, von Arnim sei unter den aufeinanderfolgenden Berliner Gouverneuren von Schöning, von Flemming und von Barfus Kommandant gewesen – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 7 f. Von Schöning wurde aber erst 1684 Gouverneur von Berlin – siehe Anton Balthasar König: Biographisches Lexikon aller Helden und Militairpersonen, welche sich in Preußischen Diensten berühmt gemacht haben, Dritter Teil: M-See, Arnold Wever, Berlin, 1790, Seiten 411 ff.. Dem Ritter des Schwarzen Adlerordens, der auch ein Anhänger der Pietisten war[179]Weigert, Berliner Feldprediger, 2004, Seite 57., wird auf Anordnung des Königs eine ähnliche Trauerfeier ausgerichtet, wie man sie für den Generalfeldmarschall von Wartensleben veranstaltet hatte – mit Leichenzug durch die Innenstadt, Läuten aller Glocken der Residenz, Trauermusik bei der Niedersetzung des Sargs in der Garnisonkirche und dreimal Salut aus zwölf Kanonen[180]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 108 f.[181]Weigert, Märker in den Grüften, 2004, Seiten 174 f.. Er wird allerdings nicht in der Gruft der Garnisonkirche beigesetzt, sondern im heimatlichen Boitzenburg bestattet, wo man ihm auch ein prächtiges Marmormonument errichtet[182]König, Biographisches Lexikon, Erster Teil, 1788, Seite 79..
Reichlich eineinhalb Jahre später, am 31. Dezember 1735, entschließt sich der König, die seit dem Tode des Generalfeldmarschalls von Wartensleben vakante Position des Gouverneurs von Berlin neu zu besetzen. Er beruft den mittlerweile zum Generalleutnant bei der Infanterie beförderten Kommandanten der Stadt, Caspar Otto von Glasenapp. Die dadurch freiwerdende Stelle des Stadtkommandanten vergibt der König an den Generalmajor bei der Infanterie Egidius Ehrentreich von Sydow[183]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 109.. Falls sich die Garnisongemeinde erhofft haben sollte, die durch den Tod von Wartenslebens ausbleibende monatliche finanzielle Zuwendung in Höhe von zehn Talern möge ihr doch noch erhalten bleiben, so sieht sie sich nun enttäuscht. Der neue Gouverneur will diese nicht übernehmen[184]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 46..
Nicht einmal zwei Monate später ereilt die Gemeinde am 21. Februar 1736 der nächste Schlag, als ihr Feldpropst und Garnisonprediger Lampertus Gedicke im 54. Lebensjahr einer schweren Krankheit[185]Goens spricht von einem Bluthusten – siehe Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 42. erliegt und verstirbt. Sechs Tage später, am 27. Februar, wird er im Kirchengewölbe beigesetzt. Am darauffolgenden Sonntag hält der Konsistorialrat Michael Roloff, der seit 1733 als Propst an St. Nikolai tätig und der Beichtvater des Königs ist[186]Weigert, Berliner Feldprediger, 2004, Seite 59., die Leichenpredigt. Gedicke hat sich zu seinen Lebzeiten ein bleibendes Denkmal auf dem Gebiet der Kirchenliteratur geschaffen. Insgesamt 28 Schriften sind von ihm überliefert, unter denen eine Zusammenfassung seiner Predigten als sein schriftstellerisches Hauptwerk gilt. Erschienen unter dem Titel „Primae veritates“ oder „Grundsätze der christlichen Religion“, ist sie König Friedrich Wilhelm I. und seiner Gemahlin gewidmet. Auch einige von Gedicke gedichtete Lieder sind überliefert, die in evangelische Gesangbücher aufgenommen wurden[187]Unter ihnen finden sich beispielsweise Lieder wie „Wie Gott mich führt, so will ich gehen“, „Wohl dem, der sich auf seinen Gott recht kindlich kann verlassen“ und „Entbinde mich, mein Gott, von allen meinen Banden“.. Die Witwe Gedickes zieht nach seinem Tod als erste Bewohnerin ins Predigerwitwenhaus ein, in dem sie bis in die 1750er Jahre lebt. Aus ihrer Ehe mit Gedicke gingen dreizehn Kinder hervor, zehn Söhne und drei Töchter[188]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 41 ff..
Als Nachfolger Gedickes beruft der König Johann Caspar Carstedt[189]Johann Caspar Carstedt war am 2. Dezember 1684 in Bißmark in der Altmark geboren worden. Sein Vater, Joachim Carstedt, ein Ratsherr in Bißmark, hatte ihn die Schule in Ruppin und Brandenburg sowie das Friedrichswerdersche Gymnasium in Berlin besuchen lassen. Ab 1708 hatte Carstedt in Halle studiert und war ein Jahr später Lehrer am dortigen Königlichen Pädagogio geworden. 1715 ging er nach Brandenburg, wo er die Rektorenstelle an der Salderischen Schule übernahm. Siehe Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 615.. Er übernimmt sowohl das Amt des Garnisonpredigers als auch das des Feldpropstes und ist, ebenso wie Gedicke vor ihm, zudem als Prediger beim von Glasenappschen Regiment[190]Das von Glasenappsche Regiment trägt seinen Namen nach dem seines Kommandanten Caspar Otto von Glasenapp, der es von Generalfeldmarschall von Wartensleben übernahm, unter dem es von Wartenslebensches Regiment genannt wurde. Diese Praxis war in Preußen bereits seit der Zeit des Großen Kurfürsten gang und gäbe. Regimenter wurden im sogenannten Kantonierungssystem an adlige Offiziere vergeben und dann auch nach diesen benannt. So kommt es, daß ein Regiment wie das Infanterieregiment Nummer 1 im Laufe der Zeit mit wechselnden Namen wie von Wartenslebensches Regiment und von Glasenappsches Regiment bezeichnet wird. Die Kommandanten der Regimenter bekamen jeweils einen territorialen Bereich der preußischen Lande zugewiesen, in denen sie für ihre Regimenter Rekrutierungen durchführen konnten. Über „ihre“ Soldaten hatten sie die absolute Gewalt. Sie konnten sie zur Arbeit auf ihren heimischen Gütern „beurlauben“ oder aber in der Stadt als Arbeitskräfte verleihen. Auch über das Geld, das sie zur Unterhaltung der Truppen erhielten, bestimmten sie willkürlich. Was also davon in Form von Verpflegung und Kleidung bei den Soldaten ankam, war Sache des Kommandanten. Daß Desertion und mangelnde Frömmigkeit unter den Soldaten weit verbreitet waren, muß da nicht verwundern. Siehe Duntze, Kriegsleute, 2004, Seite 12. tätig. Er bringt einige einschlägige Erfahrung mit, denn er war bereits als Garnisonprediger in Brandenburg und ab 1732 in Potsdam tätig gewesen, wo er außerdem zum Prediger beim Leibregiment des Königs berufen worden war. Am 15. April des Jahres, einem Sonntag, steht Carstedt das erste Mal in der Garnisonkirche und hält seine Antrittspredigt als Feldpropst und Garnisonprediger[191]Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 111 f.[192]Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 615..
In diesem Jahr 1736 verfaßt der Organist und ordentliche Lehrer an der Garnisonschule, Johann Friedrich Walther, sein Manuskript zur Chronik der Garnisonkirche. Er gibt ihm mehrere eigenhändige, kolorierte Handzeichnungen der Kirche bei. In seine historischen Betrachtungen bezieht er auch die Garnisonschule mit ein. Weil er deren Geschichte ebenso wie die von Kirche und Gemeinde in vielen Teilen allerdings erst aufwendig recherchieren muß, bevor er sie aufschreiben kann, erwirbt er sich mit dieser Arbeit unschätzbare Verdienste. Er liefert nämlich nicht nur die erste umfassende Darstellung der Geschichte von Kirche, Schule und Gemeinde, sondern sorgt überhaupt dafür, daß die „Nachrichten“ über sie aus diesen frühen Tagen erhalten bleiben. Im Jahr darauf wird das Manuskript Walthers erstmals gedruckt und in Umlauf gebracht. Offenbar ist es ein großer Erfolg, denn von nun an ergänzen jährliche Anhänge das Werk, bis es 1743 in erweiterter Auflage erneut herausgegeben werden wird, ergänzt um einige Kupferstiche, angefertigt von Georg Paul Busch nach Walthers Zeichnungen[193]Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seite 17.[194]Weigert, Im Namen Gottes?, 2004, Seiten 70 f.[195]Kündiger, Spurensuche und Fundstücke, 2004, Seite 21..
1738 ist die Berliner Garnison so stark angewachsen, daß fünf Militärgeistliche, wie es sie 1728 hier gab, nicht mehr ausreichen. Dazu kommt, daß auch noch die Beamten und die Diener des königlichen Hofes zur Garnisongemeinde gehören, sofern sie Lutheraner oder Reformierte sind. Aus diesem Grunde sorgen inzwischen neben dem Garnisonprediger sechs weitere Geistliche für das seelische Wohl der Gemeindemitglieder. Allerdings bietet die Garnisonkirche trotz ihrer Größe nicht mehr genügend Platz für eine so große Gemeinde. Aus diesem Grunde teilen sich die Prediger nicht nur die Arbeit, sondern auch die Gemeinde untereinander auf. Des Sonntags finden somit stets zwei Gottesdienste statt. Der Garnisonprediger ist an jedem Sonntagvormittag persönlich zugegen und hält den Gottesdienst für sein Regiment, für die Soldaten der Artillerie, abgedankte Militärs und für die Eximierten und Hofbediensteten ab. Nachmittags gestalten hingegen der Prediger des Kadettenhauses und die Feldprediger abwechselnd den Gottesdienst, der von den Soldaten der übrigen Regimenter besucht wird. Diese haben aber auch die Möglichkeit, auf andere Kirchen der Stadt auszuweichen, sofern sie dort willkommen sind. Besonders die Böhmische und die Dreifaltigkeitskirche werden von den Soldaten gern als Ausweich genutzt[196]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 13.[197]Weigert, Berliner Feldprediger, 2004, Seite 53..
Am 13. Mai 1739 verstirbt mit Generalfeldmarschall Dubislaw Gneomar von Natzmer ein weiterer bedeutender Offizier der preußischen Armee[198]Dubislaw Gneomar von Natzmer hatte 1715 den Schwarzen Adlerorden erhalten und war zum General der Kavallerie befördert worden. 1728 folgte die Beförderung zum Generalfeldmarschall. Siehe Dieter Weigert: Miles Perpetuus – 350 Jahre stehendes Heer in der Mark, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 29.. Als Anhänger des von August Hermann Francke und Philipp Jakob Spener begründeten Pietismus hat er diesen nicht nur propagiert, sondern ist sogar zu seinem wichtigsten Vertreter in Preußens Militär geworden. Am 19. Mai setzt man ihn in der Gruft der Garnisonkirche bei[199]Weigert, Miles Perpetuus, 2004, Seite 29.. Der Garnisonprediger Carstedt hält für ihn die Leichenpredigt[200]Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 616.. In seinem Testament hat der verstorbene Generalfeldmarschall verfügt, daß die Garnisongemeinde zweihundert Taler erhält, die den Armen der Garnison gewidmet sind. Tatsächlich werden rund sechshundert arme Personen davon unterstützt. Als dann noch ein Teil des Geldes übrigbleibt, bestimmt die Witwe von Natzmers, daß dieser der Garnisonschule zugutekommen soll. Die Gemeinde verwendet ihn zum Anbau zweier Klassenzimmer an der Gartenseite des Schulgebäudes[201]Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seite 17.[202]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 35..
Dieser einmaligen finanziellen Zuwendung steht in diesem Jahr jedoch ein viel bedeutenderer Verlust gegenüber, der die Gemeinde um eine regelmäßige Einnahme bringt. König Friedrich Wilhelm I. entscheidet sich nämlich dafür, der Gemeinde den Torzoll, den die das Spandauer Tor Passierenden zahlen müssen, zu entziehen. Sie verliert damit eine jährliche Einnahme von sechshundert Talern[203]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 45 f. – Wilhelm Jakob Wippel schreibt, daß auch die Spendenbüchse (er nennt sie „Abendbüchse“) am Spandauer Tor, die jährlich rund zweihundert Taler eingebracht haben soll, „gänzlich aufhörte“. Es ist nicht ganz klar, ob Wippel hier die Sammelbüchse mit dem Torzoll verwechselt oder ob tatsächlich beide Einnahmequellen auf einen Schlag entfallen sind. Möglich ist angesichts der unterschiedlichen Angaben über die Höhe der jährlichen Einnahmen beides. Siehe Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seite 17..
Am 31. Mai 1740 – es ist der 28. Jahrestag der Weihe der zweiten Garnisonkirche – verliert die Gemeinde den Stifter ihres Gotteshauses, als König Friedrich Wilhelm I. – der Soldatenkönig – verstirbt. Gouverneur Alexander Hermann Reichsgraf von Wartensleben, Garnisonprediger und Feldpropst Lampertus Gedicke und nun der König selbst – innerhalb von nur sechs Jahren sind alle Gründer der zweiten Garnisonkirche dahingegangen. Mit ihnen verliert die Gemeinde allerdings viel mehr, als ihren Mitgliedern möglicherweise zunächst klar ist, denn diese drei waren auch diejenigen, die sich nach der großen Katastrophe der Pulverturmexplosion maßgeblich um den Wiederaufbau und die Pflege des Gemeindewesens verdient gemacht haben[204]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 43 f.. Die Folgen dieses Verlustes sollen sich nur allzubald bemerkbar machen…
Es wenden sich die Zeiten…
Noch im selben Jahr tritt Kronprinz Friedrich die Nachfolge seine Vaters an. Mit seiner Thronbesteigung als König Friedrich II. wird er auch der neue Patron der Garnisonkirche[205]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 82.. Aus Anlaß seines Regierungsantritts schenkt er der Gemeinde zwei silberne, reichlich vergoldete Kelche mit zugehörigen Patenen[206]Patene sind flache, runde Schalen, die als liturgische Gefäße beim Abendmahl zum Einsatz kommen.. Wer diese Kelche, die eine Höhe von 24,5 Zentimetern und einen Durchmesser von 11 Zentimetern haben, hergestellt hat, ist heute nicht mehr bekannt. Fuß und Nodus[207]Bei einem Nodus handelt es sich um eine knaufartige Verdickung am Stiel eines Gefäßes. sind mit vergoldeten Engelsköpfen verziert, während sich am eigentlichen Gefäß, der Cupa, drei Engelsfiguren befinden, die Sinnbilder der Leidensgeschichte Jesu tragen. Zwischen ihnen sind drei Darstellungen des Heilands angeordnet. Eine zeigt ihn mit dem Rutenbündel, eine mit dem Kelch, und die letzte stellt ihn dar, wie er unter der Last des Kreuzes die Kelter tritt[208]Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seiten 175 f..
Unter der Regentschaft des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. hatte eine Entwicklung eingesetzt, die der Bedeutung der Garnisonkirche und ihrer Gemeinde starken Auftrieb gegeben hatte. Schrittweise war eine Änderung in der konfessionellen Zusammensetzung des Hofstaates eingetreten. Mehr und mehr der ihm angehörenden Personen bekannten sich zur lutherischen Konfession. Und auch im Personal der Gesandtschaften anderer Länder waren nun vermehrt Lutheraner anzutreffen. In der Garnisongemeinde hatten sie alle eine Heimat gefunden und dazu beigetragen, daß in der anfangs rein militärisch orientierten Gemeinde eine Mischung ziviler und militärischer Gruppierungen entstanden war. Diese Entwicklung setzt sich in der Regierungszeit Friedrichs II. weiter fort, was dazu führt, daß sich die Garnisonkirche in Berlin zu einer Art lutherischer Hofkirche entwickelt[209]Weigert, Berliner Feldprediger, 2004, Seite 54..
Für die Gemeinde ist das an sich eine positive Entwicklung. Und doch – nach dem Tode Friedrich Wilhelms I. muß sie alsbald feststellen, daß der neue Patron ihr nur wenig Aufmerksamkeit schenkt. Hinsichtlich Religionen und Konfessionen legt Friedrich II. außerordentlichen Wert auf Toleranz und betrachtet sie aus der Sicht der Aufklärung. Im Ergebnis bringt er kirchlichen Angelegenheiten allerdings nur wenig persönliches Interesse entgegen. Daß er als seinen Lebensmittelpunkt Potsdam und nicht Berlin erwählt, tut ein übriges dazu[210]Berg, Geschichte der evangelischen Garnisongemeinde, 1995.[211]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 82.. Und so ist es durchaus glaubhaft, wenn gesagt wird, ihr Patron habe die Berliner Garnisonkirche nie persönlich besucht[212]Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995.. Daß der spätere Garnisonpfarrer Georg Goens ihn, den man später Friedrich den Großen nennen wird, nicht eben günstig beurteilt, kann da kaum verwundern. Er schreibt:
Gewiß hatte auch der jetzige Patronatsherr, Friedrich der Große, für die Aufgaben der Kirche eine Verständnis, aber obwohl er der „Große“ heißt, wurde er doch beherrscht vom Nationalismus – von dem mächtig aufwuchernden Flachglauben, der die Mitte und das Ende des 18. Jahrhunderts kennzeichnet, und je älter er wurde, desto mehr scheint er dem Zuge jener Tage gefolgt zu sein, bis er freilich, am Ende seiner Regierung, die verwüstenden, und gerade sein Heer verwüstenden Folgen der religiösen Aufklärung erkannte. […] Die äußeren Ereignisse zogen ihn ab, und seine innere Stellung zur Sache war eben eine andere, darum ließ er gewähren, aber er betrieb nicht![213]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 44.
Um so wichtiger wäre es, daß der Garnisonprediger eine starke Rolle hinsichtlich der Förderung der Interessen der Gemeinde übernimmt. Doch Carstedt ist, wenn man Georg Goens Glauben schenkt, nicht der Typ dafür. Er betätigt sich mehr als Feldpropst denn als Garnisonprediger. Goens schreibt:
[…] der nach Gedickes Tode […] berufene geistliche Nachfolger Johann Caspar Carstedt, der am 26. April 1736 seine erste Unterschrift leistete, konnte im Bezug auf das Pfarramt den nicht ersetzen, der gestorben war. Einmal scheint er nicht die fachwissenschaftliche Bedeutung seines Amtsvorgängers gehabt zu haben – die Königliche Bibliothek kennt keine Arbeit von ihm – dann aber hatte er von vornherein eine andere Stellung zum Garnisonpfarramt: Gedicke war Garnisonpfarrer von Berlin gewesen und blieb auch als Feldpropst Inhaber seiner alten, ihm liebgewordenen Stelle, die ihm eine Fülle segensreicher und dankbarer Arbeit bot; Carstedt, der frühere Garnisonprediger von Potsdam, wurde als Feldpropst nach Berlin berufen und nahm das Garnisonpfarramt daselbst mit in den Kauf – weils einmal nicht anders ging – und fand zudem „das Haus“ so wohl eingerichtet, daß für die „Hausfrau“ eigentlich nichts weiter zu thun übrigblieb, als Staub zu wischen.[214]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 44 f.
So ist in gewisser Weise mit dem Wechsel der für die Gemeinde maßgeblichen Personen eine Entwicklung vorgezeichnet, die in der Folge auch tatsächlich zu beobachten ist.
Doch zunächst ist davon noch nicht unmittelbar etwas zu spüren. Der Alltag in der Gemeinde geht weiter wie zuvor. Noch im Jahr 1740 wird eine aufgrund der nun nahezu vollständigen Belegung erforderlich gewordene Erweiterung der Gruft in Angriff genommen.
Doch schon am 20. Oktober desselben Jahres tritt ein weiteres Ereignis ein, das große Auswirkungen auf das Leben der Garnisongemeinde haben wird. Kaiser Karl VI. stirbt. Mit Maria Theresia besteigt erstmals eine Frau den Thron des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Doch nicht alle der europäischen Fürsten sind damit einverstanden und machen eigene Ansprüche geltend. Der sich anschließende Österreichische Erbfolgekrieg läßt für Europa eine Zeit der kriegerischen Auseinandersetzungen beginnen. Auch Preußens König Friedrich II. gedenkt, in diesen kräftig mitzumischen und endlich Preußens Ansprüche auf Schlesien, das ein Teil des Habsburgischen Reiches ist, durchzusetzen[215]Österreichischer Erbfolgekrieg, Lexikon-Eintrag auf wissen.de, 2014 – 2020 Konradin Medien GmbH, Leinfelden-Echterdingen, abgerufen am 20. Mai 2021..
Und so beginnt bereits im Dezember der Ausmarsch der preußischen Truppen nach Schlesien. Auch der Garnisonprediger und Feldpropst Carstedt verläßt gemeinsam mit dem von Glasenappschen Infanterieregiment die Stadt. Zwei Monate später ist die Residenzstadt nahezu ihrer gesamten Garnison ledig – nur ein einziges Regiment bleibt zurück. Für den einzig verbliebenen Prediger – den Kadettenpfarrer – ist es ein leichtes, die Geschäfte der Gemeinde zu besorgen, denn sie reduzieren sich entsprechend der Zahl ihrer Mitglieder, die noch in der Stadt weilen. Von diesen nehmen daher auch nur wenige davon Notiz, daß die Gemeinde in dieser Zeit neuen Schmuck für den Altar und die Kanzel erhält. Diese entstammen dem Nachlaß der 1741 verstorbenen Ehefrau des Generalleutnants Caspar Otto von Glasenapp, die außerdem verfügt hatte, sämtliche unteren Kirchenbeamten mit einer Zuwendung zu bedenken[216]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 45 f..
Der erste Schlesische Krieg bringt – nicht zuletzt wegen der für das Kriegführen eher ungünstigen Jahreszeit, weshalb die österreichischen Truppen in Schlesien von der preußischen Armee schwer überrascht werden – für die Preußen schnelle Erfolge. Am 10. April 1741 entscheiden sie die Schlacht bei Mollwitz für sich – ein Sieg, der auch in der Garnisonkirche gefeiert wird. Im Anschluß kehrt Carstedt, der auch während des Feldzuges die Ordinierung neuer Feldprediger vorgenommen und vier Anwärter ins Amt befördert hatte, nach Berlin zurück[217]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 45..
Doch so schnell, wie sie ihre ersten Erfolge erzielt hat, kann die preußische Armee nicht fortfahren. Der Krieg zieht sich über das gesamte Jahr und darüber hinaus. 1742 ist er immer noch im Gange. Vielleicht um die Motivation hochzuhalten, läßt Friedrich II. am 9. Februar vierzehn Fahnen und drei Standarten, die zuvor in die Rüstkammer gelangt waren, in die Garnisonkirche bringen und dort aufhängen[218]Edgar von Ubisch: Eine Rüstung des Kurfürsten Joachim II. Hektor (1505-1571), In: Paul Seidel (Hrsg.): Hohenzollern-Jahrbuch – Forschungen und Abbildungen zur Geschichte der Hohenzollern in Brandenburg-Preußen, Jahrgang 3, Verlag von Giesecke & Devrient, Berlin & Leipzig, 1899, Seite 100.. Es ist dies zu jener Zeit eine außergewöhnliche Maßnahme, waren doch in den Kriegen des 17. und frühen 18. Jahrhunderts erbeutete Kriegszeichen normalerweise in Zeughäusern und später in der Rüstkammer in Berlin aufbewahrt worden. Eine derart öffentlichkeitswirksame und erinnernde Präsentation in Kirchen hatte es kaum einmal gegeben[219]Frank Zielsdorf: Militärische Erinnerungskulturen in Preußen im 18. Jahrhundert: Akteure – Medien – Dynamiken, V & R unipress GmbH, Göttingen, 2016, ISBN 978-3-8471-0496-4, Seite 201..
Im Mai nähert sich der Erste Schlesische Krieg seinem Ende. Nach der Schlacht bei Czaslau[220]Andere Namen für diesen in Böhmen gelegenen Ort sind Tschaslau oder Caßlau. Sein heutiger Name ist Čáslav. und Chotusitz[221]Dieser unweit von Czaslau gelegene Ort heißt heute Chotusice., in der die Preußen von den Österreichern angegriffen worden waren, sich aber hatten behaupten können, hält Carstedt in der Garnisonkirche eine Predigt auf den Sieg. Als kurz darauf, im Juni, in Breslau der Friedensvertrag ausgehandelt wird[222]Endgültig abgeschlossen wird der Friedensvertrag erst im Juli in Berlin – siehe Schlesische Kriege, In: Meyers Konversationslexikon, 14. Band: Rüböl – Sodawasser, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version auf retrobibliothek.de, abgerufen am 20. Mai 2021., zelebriert er einen Dankgottesdienst[223]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 45..
Noch im selben Jahr entscheidet sich Johann Caspar Carstedt aus gesundheitlichen Gründen dafür, das Amt des Feldpropstes niederzulegen. Ihm wird allerdings erlaubt, diesen Rang und Titel weiterhin zu führen, auch wenn er künftig nur noch die Rolle des Garnisonpredigers an der Berliner Garnisonkirche ausfüllt. Was in früherer Zeit möglicherweise nur eine gewöhnliche Personalangelegenheit gewesen wäre, hat unter König Friedrich II., der für Berlin nicht sonderlich viel übrig hat, weitreichende Konsequenzen – insbesondere auch für die Garnisongemeinde. Denn der König verfügt, das bisher an die Berliner Garnisonkirche gebundene Amt des Feldpropstes, also des obersten geistlichen Vorgesetzten aller Militärgeistlichen Preußens, nun an die Garnisonkirche Potsdam zu verlegen. Und so folgt der in Potsdam tätige Johann Christoph Decker im Amt des Feldpropstes nach. Das hat unweigerlich eine Veränderung in der Bedeutung der beiden Garnisonkirchen zur Folge[224]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 47.[225]Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995..
Und es kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu. Nach dem Tod des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. war dieser in der Potsdamer Garnisonkirche beigesetzt worden. Nun hat die Berliner Garnisonkirche in ihrer Gruft zu dieser Zeit zwar eine Vielzahl bedeutender Persönlichkeiten adliger Abstammung aufzuweisen, doch sie birgt eben keinen König. Das allein war bisher nicht unmittelbar ausschlaggebend gewesen, doch in Verbindung mit der Verlagerung des Amtes des Feldpropstes ist jetzt das Potsdamer Gotteshaus mit einem Schlag zur bedeutendsten Garnisonkirche Preußens geworden. Sie gilt nun als Hof- und Militärkirche des Staates und drängt so ihr Berliner Pendant zurück, das damit nur noch den Status einer reinen Militärkirche besitzt. In der Folge entwickelt sich Potsdam während der Regierungszeit Friedrichs II. zur führenden Garnisonstadt Preußens[226]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 77 und 81..
Zwei Jahre später, im Sommer 1744, beginnt der Zweite Schlesische Krieg, der sich bis ins Folgejahr zieht und in dem Österreich versucht, Preußen die im Ersten Schlesischen Krieg eroberten schlesischen Lande wieder abzunehmen. In den Schlachten bei Hohenfriedberg am 4. Juni und Soor am 30. September 1745 gelingt es Friedrich II. mit seiner Armee, die Österreicher erfolgreich daran zu hindern, auch wenn er keinen endgültigen Sieg über sie erringen kann. Die dabei eroberten 79 Fahnen und acht Standarten läßt er wiederum in die Berliner Garnisonkirche bringen. In einem feierlich zelebrierten Akt bringt das Regiment Garde du Corps die Beutestücke am 11. November 1745 in das Gotteshaus und hängt sie auch gleich auf. Einen reichlichen Monat später entscheidet am 15. Dezember die Schlacht bei Kesselsdorf den Krieg endgültig zugunsten Preußens, und wenige Tage später ist er beendet. Schlesien bleibt in preußischem Besitz[227]Schlesische Kriege, 1885-1892, abgerufen am 20. Mai 2021.[228]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seiten 82 f.. Der Garnisonkirche bringt dieser letzte Sieg noch einmal dreizehn eroberte Fahnen und vier Standarten ein, die am 6. Januar 1746 feierlich aufgehängt werden[229]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 83.
Interessant in diesem Zusammenhang ist eine Anekdote, die in einem in der Zeitung „Neue Zeit“ am 5. November 1952 erschienenen Artikel zum Besten gegeben wird. Dort heißt es:
„Viele Berliner Geistliche haben an der Garnisonkirche gewirkt. Einer von ihnen verwahrte sich im Jahre 1746 dagegen, daß die bei Hohenfriedberg, Soor und Kesseldorf [sic!] erbeuteten Feldzeichen und Fahnen als Trophäen in der Kirche aufgehängt wurden. ‚In diesem Hause wohnt der Geist des Friedens und der Versöhnung und nicht der menschlichen Zwietracht‘, sagte er zu dem entrüsteten Stadtkommandanten. Aber der mutige Pfarrer konnte seinen Willen nicht durchsetzen.“ – zitiert aus „Hier wohnt der Geist des Friedens“, Neue Zeit, Jahrgang 8, Ausgabe 259 vom 5. November 1952, Seite 6.
Sehen wir einmal davon ab, daß diese Anekdote von keiner anderen Quelle bestätigt wird und der Artikel selbst auch keine nennt, so erscheint es doch sehr fraglich, ob ein Prediger an einer Militärkirche, bei dem es sich ja nur um den Garnisonprediger oder einen der Feldprediger der Regimente gehandelt haben kann, eine solche Aussage in diesem Zusammenhang wirklich getätigt haben würde.. So gewinnt das Gotteshaus nach dem Verlust der Rolle der wichtigsten Garnisonkirche Preußens eine neue, andere Bedeutung. Denn mit all diesen Trophäen, den eroberten Feldzeichen und Fahnen, begründet der König den Ruf der Berliner Garnisonkirche als Traditionsstätte des preußischen Militärs[230]Dr. Dieter Weigert: Ein verschwundenes Berliner Baudenkmal: Die Alte Garnisonkirche, auf der Website FOBI Lilienstern, abgerufen am 20. Juni 2020..
Beginnender Verfall
Bereits Friedrich Wilhelm I. hatte einsehen müssen, daß die Festungsanlagen, die aufgrund des Anwachsens der Vorstädte an immer mehr Stellen innerhalb der städtischen Gebiete verliefen anstatt um sie herum, völlig überflüssig geworden waren. So hatte man ab 1732 mit deren Abriß begonnen. Etwa in der Mitte der 1740er Jahre ist dieser nun weitestgehend vollzogen, und auch die Garnisonkirche wird nicht mehr von den Festungswällen der Bastion XII umschlossen. Um in diesem Stadtgebiet den sich daraus ergebenden Möglichkeiten zur Verbesserung der Verkehrsbedingungen Rechnung zu tragen, faßt man im Jahre 1746 die vor der Garnisonkirche verlaufende Wallstraße mit einigen anderen den Festungswall einst entlangführenden Gassen zum Straßenzug der Neuen Friedrichstraße zusammen[231]A. Heinze: Die Ruhestätten der Berliner Garnisonkirche, In: Illustrirte Berliner Wochenschrift Der Bär – Eine Chronik für’s Haus, Jahrgang 12, Ausgabe 19 vom 6. Februar 1886, Seite 232.[232]Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seite 174..
1746 ist auch das Jahr, in dem der aktuelle Gouverneur von Berlin, Generalfeldmarschall Caspar Otto von Glasenapp, das Zeitliche segnet. Auch ihn setzt man in der Gruft der Garnisonkirche bei[233]Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995.. Ihm folgt Friedrich Wilhelm Herzog von Holstein-Beck im Amt[234]König, Biographisches Lexikon, Zweiter Teil, 1789, Seiten 169 f., dem es nun obliegt, mit den Folgen der Kriege für die Berliner Garnison zurechtzukommen. Denn auch wenn diese für Preußen große Erfolge gebracht hatten, kosteten sie doch auch eine erhebliche Menge Geld. Und diese Kosten bringen den preußischen Staat zunehmend in Geldnot. Das bekommt auch das Gemeindewesen der Garnisonkirche zu spüren, was durch den Bedeutungsverlust zugunsten der Potsdamer Schwesterkirche noch verstärkt wird. Die Gemeinde gerät mehr und mehr in finanzielle Schwierigkeiten. Um dem entgegenzuwirken, beginnt man, altes Silber, das man nicht mehr benötigt, zu veräußern, was aber nur ganze 128 Taler einbringt; keine Summe, die wirklich weiterhilft. Als Ausweg versucht man, Kapital zu höheren Zinsen als bisher zu verleihen. Das klappt zunächst recht gut, zeitigt aber neue Probleme und zusätzliche Kosten, als die Schuldner das geliehene Kapital nicht zurückzahlen können. In einem Fall, so berichtet Georg Goens, der als späterer Garnisonpfarrer Einblick in die Unterlagen der Gemeinde nehmen konnte, verliert diese die stolze Summe von 1.750 Talern, die sie einem Oberstleutnant geliehen hatte. Als dieser sechs Jahre später, inzwischen zum Generalmajor befördert, verstirbt, ist das ganze Geld verschwunden. Und weil man sich auch keine Sicherheiten hatte geben lassen, bleibt nichts anderes, als einen Prozeß gegen die Familie des Verstorbenen anzustrengen. Dieser gestaltet sich langwierig und bringt am Ende nur etwa die Hälfte der geliehenen Summe zurück. Es soll noch bis zum Ende des Jahrhunderts dauern, bis die Gemeinde die volle Summe erstattet bekommt[235]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 46.. Auf ähnliche Weise mißlingen gleich mehrere Geldgeschäfte. Und auch, wenn das Gouvernement Unterstützung gewährt, läßt das die finanzielle Situation der Garnisongemeinde schließlich prekär werden[236]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 83..
Gesundheitlich geht es dem Garnisonprediger Johann Caspar Carstedt in dieser Zeit offenbar nicht besser, denn er legt nun auch die Seelsorge im von Hackeschen Regiment nieder, eine Aufgabe, die er als Garnisonprediger eigentlich zu erfüllen hatte. Dieses einstige von Glasenappsche Regiment hatte dessen Kommandeur Caspar Otto von Glasenapp bereits 1742 aus Altersgründen an Hans Christoph Friedrich Graf von Hacke abgetreten, weshalb es seitdem dessen Namen trug[237]König, Biographisches Lexikon, Zweiter Teil, 1789, Seiten 94 ff. Anton Balthasar König führt den Grafen in seinem Lexikon unter dem Namen Hans Christoph Friedrich Graf von Hack.. Carstedt bleibt nunmehr zwar weiterhin Garnisonprediger, ist aber nur noch für die Eximierten, die Artillerie und die nach Berlin kommandierten Offiziere zuständig. Das schwächt seine Stellung bedeutend, was ihm in der Folge häufiger Konflikte mit den einzelnen Regimentspredigern einträgt, die ihm seine Vorrechte streitig machen wollen. Mehrfach muß schließlich das Gouvernement der Stadt eingreifen, um dem Garnisonprediger diese zu sichern[238]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 47..
1747 verliert die Gemeinde ihren Organisten, als Johann Friedrich Walther, ihr erster Chronist, diese Tätigkeit ebenso aufgibt wie seine Anstellung als ordentlicher Lehrer an der Garnisonschule und als Kämmerer in die Stadtverwaltung wechselt[239]Weigert, Im Namen Gottes?, 2004, Seite 72.. Erst im Folgejahr wird mit Leopold Christian Schmalz ein neuer Organist eingestellt[240]Carl Freiherr von Ledebur: Tonkünstler-Lexicon Berlin’s von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, Verlag von Ludwig Rauh, Berlin, 1861, Seite 508.. Wiederum ein Jahr später, 1749, verstirbt der langjährige Deputatus und Vorsteher der Garnisonkirche, Jacob Lange. Für seine treuen Dienste über viele Jahre hinweg hatte er ein monatliches Gehalt von acht Talern und eine kleine Wohnung im Garnisonkirchenhaus erhalten, die er unentgeltlich nutzen durfte. Mit ihm verläßt der Letzte derer, die nach dem großen Unglück der Pulverturmexplosion den Wiederaufbau des Gemeindewesens maßgeblich beeinflußt und gestaltet hatten, die Bühne des Lebens[241]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 43 f..
Am 8. November 1749 ist dann das Lebensende des Stadtkommandanten Egidius Ehrentreich von Sydow gekommen[242]Anton Balthasar König: Biographisches Lexikon aller Helden und Militärpersonen, welche sich in Preußischen Diensten berühmt gemacht haben, Vierter Teil: Sel-Z, Arnold Wever, Berlin, 1791, Seiten 64 ff.. Zwei Tage später ernennt König Friedrich II. den Generalleutenant Hans Christoph Friedrich Graf von Hacke zum neuen Kommandanten Berlins[243]König, Biographisches Lexikon, Zweiter Teil, 1789, Seiten 94 ff.. Eine Entscheidung, die für die Garnisongemeinde Folgen haben sollte…
Es dauert nicht allzu lange, bis die Gemeinde zum ersten Mal zu spüren bekommt, daß der neue Kommandant auf sie nicht viel Rücksicht nimmt, wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen, die er für pragmatisch hält. Nach wie vor ist die finanzielle Situation der Gemeinde angespannt. Vermutlich in Abwesenheit des Generalfeldmarschalls James Francis Edward Keith, der 1749 dem verstorbenen Friedrich Wilhelm Herzog von Holstein-Beck im Amt des Gouverneurs nachgefolgt war[244]König, Biographisches Lexikon, Zweiter Teil, 1789, Seiten 169 f. und 261 ff., gelingt es von Hacke 1751, vom König die Genehmigung zu erwirken, im Dachboden der Garnisonkirche zwölf Montierungskammern für sein Infanterieregiment einzurichten. Die Kosten dafür muß die sowieso schon klamme Kirchenkasse tragen. Allerdings wird vereinbart, diese Summe mit sechs Prozent zu verzinsen, was der Gemeinde eine regelmäßige Einkunft beschert. Trotzdem ist diese Maßnahme, die die Gemeinde hinnehmen muß, für sie mehr als ärgerlich, denn sie stellt eine Quelle steter Unruhe dar. Weil im Regiment ein täglicher Kleidertausch vorgenommen wird, ist nun auch täglich Betrieb auf dem Dachboden, wo nach Kräften gebürstet, geklopft und eingekleidet wird. Weil man dort hinauf jedoch nur über die erste Empore und die Orgelempore gelangt, müssen die Soldaten die allgemeinen Eingänge in das Kirchengebäude nutzen und den Innenraum der Kirche passieren. Das geht mit reichlich Stiefelgetrampel und Wortwechseln einher. Bei all dem wird praktisch keine Rücksicht darauf genommen, daß im Kirchenschiff möglicherweise gerade Gottesdienste gefeiert werden oder die üblichen Amtshandlungen wie beispielsweise Trauungen oder Taufen stattfinden. Ein Zustand, mit dem die Gemeinde nun lange Zeit leben muß[245]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 46 f.[246]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 83..
Der 2. August 1752 ist für den Garnisonprediger Carstedt ein glücklicher Tag. Durch eine vom König eigenhändig ausgestellte Verschreibung erhält er die Predigerhäuser geschenkt, und zwar derart umfänglich, daß er sie sogar vererben darf. Er fügt dem Grundstück noch einen Platz von 23 Ruten[247]Die Rute ist eine alte deutsche Längenmaßeinheit. In verschiedenen deutschen Ländern war sie allerdings unterschiedlich definiert, so daß die Übertragung in die heute gebräuchlichen metrischen Einheiten nicht ganz einfach ist. In Preußen dürfte die sogenannte preußische Rute verwendet worden sein, deren Länge knapp 3,77 Meter betrug. und drei Fuß Länge sowie zwanzig Ruten und vier Fuß Breite hinzu, indem er auf eigene Kosten ein dort noch stehengebliebenes Stück der früheren Bastion abbrechen läßt[248]Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seiten 390 f. Lüdicke spricht immer nur von einem Haus. Allerdings geht aus seiner Darstellung hervor, daß in der Folgezeit das Grundstück immer an mehrere Parteien überging, woraus man schließen kann, daß es noch zwei Gebäude gab. Erst ab dem 18. September 1801 ist mit dem Erwerb durch den Kattunfabrikanten Carl Friederich Weber nur noch ein Besitzer ausgewiesen. Möglicherweise wurden also irgendwann die ursprünglich zwei Predigerhäuser zu einem vereint. Oder das zweite Gebäude wurde abgerissen. Wann das aber genau geschehen sein könnte, ist unklar. In der Folgezeit ist jedenfalls immer nur noch von einem Predigerhaus die Rede.. Lang kann sich der Garnisonprediger jedoch nicht an seinem neuen Besitz erfreuen. Noch im selben Monat, am 21. August 1752, ereilt ihn ein Schlaganfall, an dessen Folgen er verstirbt[249]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 47..
Für die Gemeinde stellt dieses traurige Ereignis eine Zäsur dar. Nun rächt es sich, daß das Feldpropstamt schon seit Carstedts Rücktritt zehn Jahre zuvor nicht mehr der Berliner Garnisonkirche zugeordnet und der Garnisonprediger auch schon seit einigen Jahren nicht mehr für ein Regiment zuständig gewesen war. Da fällt es dem sowohl an Berlin als auch an kirchlichen Angelegenheiten nur wenig interessierten König Friedrich II. in Zeiten nach wie vor klammer Kassen nicht allzu schwer, die Entscheidung zu treffen, das Amt des Berliner Garnisonpredigers nicht neu zu besetzen. Gemeinde und Kirche werden nun in allen religiösen Dingen von den Feldpredigern der Infanterieregimenter Nummer 1 (das von Hackesche Regiment), Nummer 23 und Nummer 26 sowie dem Prediger des Königlichen Kadettenkorps betreut[250]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 47.[251]Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995.. An der Aufteilung der Gottesdienste ändert sich gegenüber der bisherigen Regelung so gut wie nichts. Lediglich der Gottesdienst am Sonntagvormittag muß nun von diesen vier Predigern ebenfalls übernommen werden[252]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 13.. Sie erhalten überdies vom Gouvernement die Anweisung, daß sie selbst die Kanzel zu besteigen haben, wenn sie mit ihren jeweiligen Regimentern zur Kirche gehen. Eine Vertretung durch Kandidaten der Theologie wird ihnen untersagt[253]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 52..
Die Verwaltung der Gemeinde will der Gouverneur jedoch nicht den Feldpredigern übertragen, da diese stets und ständig wechseln – ein langes Verbleiben im Amte ist kaum einem Feldprediger gegeben – und überdies auch nicht immer anwesend sind, wenn gerade wieder einmal ein Krieg im Gange ist und sie mit ihrem Regiment im Felde stehen. So zieht das Gouvernement die Verwaltung der Garnisonkirche und ihrer Gemeinde an sich. Naturgemäß legt eine staatliche Behörde einer solchen Aufgabe jedoch rein weltliche Grundsätze zugrunde, und so kommt es, daß in den nächsten zehn Jahren der Geschäftsbetrieb in der Garnisongemeinde mehr und mehr vereinfacht wird, denn im Vordergrund steht die Vermeidung unnötiger Kosten[254]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 47..
Auf diese Weise gerät die Königliche Berlinische Garnisonkirche mit der Zeit immer mehr aus dem Blickfeld des Königs.
Nach dem Tode des Garnisonpredigers gehen die ihm gerade erst geschenkten Predigerhäuser auf erblichem Wege an seine Witwe Maria Margaretha Carstedt, geborene Lange, sowie deren zwei leibliche und vier Stiefkinder[255]Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seiten 390 f.. Weil die Predigerwitwe damit über eine eigene Wohnung verfügt, muß sie das Predigerwitwenhaus nicht in Anspruch nehmen. Vermutlich ist das der Grund, daß der pragmatisch denkende Kommandant Hans Christoph Friedrich Graf von Hacke angesichts der nach wie vor schwierigen finanziellen Situation der Gemeinde auf die Idee verfällt, das Gebäude zu veräußern und zu Geld zu machen. Ohne Garnisonprediger wird es auch keine Predigerwitwen mehr geben, mag er sich denken. Und so würde er diese Idee wohl umgehend in die Tat umgesetzt haben, wäre da nicht noch das Privileg des königlichen Stifters der zweiten Garnisonkirche, des Königs Friedrich Wilhelm I. Und dieses schließt nicht nur das Predigerwitwenhaus ausdrücklich mit ein, sondern erklärt alle dem Gotteshaus darin zugeordneten Gebäude als zu diesem gehörig – für alle Zeiten geltend und für jeden seiner Nachfolger bindend. Das bedeutet jedoch nichts anderes, als daß diese Gebäude nicht verkauft werden dürfen! Doch so leicht gibt der Kommandant nicht auf. Er wendet sich an den König, und es gelingt ihm tatsächlich, diesen für die Idee zu gewinnen. Und so setzt sich Friedrich II. über das von seinem Vater gegebene und beurkundete Versprechen hinweg und genehmigt ausdrücklich den Verkauf des Predigerwitwenhauses, das schließlich am 28. November 1753 für 2.130 Taler zugunsten der Kirchenkasse versteigert wird. Neue Besitzerin ist Hedewig Elisabeth von Wuthenow, geborene von Werder[256]Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seite 394 und Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 48. Georg Goens und sich auf ihn beziehende Quellen geben als Datum des Verkaufs den 10. Oktober 1755 an, als neuen Besitzer einen Lederfabrikanten namens Schultze. Diese Angaben lassen sich allerdings nicht bestätigen. Reinhard Lüdicke führt in seinem Werk über die Berliner Stadtgrundstücke, für das er die Grundbücher ab dem Ende des 17. Jahrhunderts ausgewertet hat, die einzelnen Besitzer des Gebäudes genau auf, angefangen beim Wallmeister Salomon Kühnel, von dem die Garnisongemeinde das Gebäude 1722 einst erworben hatte. Auf seinen Angaben basiert unsere Darstellung.. Damit sind dem einst so zweckmäßigen Gemeindewesen bereits zwei seiner bedeutendsten Stücke verlorengegangen.
Kriegsjahre
Drei Jahre später beginnt im August 1756 der Dritte Schlesische Krieg, der als Siebenjähriger Krieg in die Geschichtsbücher eingehen wird. Im ersten Jahr dieser militärischen Auseinandersetzung, in der sich Preußen einer europäischen Koalition, gebildet von Österreich, Rußland, Frankreich und auch Schweden, gegenübersieht, gibt es militärische Erfolge auf beiden Seiten, was auch die Garnisonkirche zu spüren bekommt. Die 1757 in den Schlachten von Lobositz, Reichenberg und Prag erbeuteten Trophäen werden wie jene aus den vorangegangenen Kriegen im Gotteshaus aufgestellt. Doch noch im Oktober desselben Jahres müssen alle Trophäen schnellstmöglich in der Festung Spandau in Sicherheit gebracht werden, als die Österreicher unter General Andreas Hadik von Futak für kurze Zeit die Hauptstadt des preußischen Staates besetzen[257]Siebenjähriger Krieg, In: Meyers Konversationslexikon, 14. Band: Rüböl – Sodawasser, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version auf retrobibliothek.de, abgerufen am 23. Mai 2021.[258]Zielsdorf, Militärische Erinnerungskulturen, 2016, Seite 201..
Im Jahr darauf, am 14. Oktober 1758, fällt der Generalfeldmarschall James Francis Edward Keith in der Schlacht bei Hochkirch. Dem Gouverneur von Berlin und Vertrauten Friedrichs II. wird von den Österreichern unter General Franz Moritz von Lacy Respekt erwiesen, indem sie seinen Leichnam feierlich begraben. Kurze Zeit darauf bringt man ihn jedoch nach Berlin, wo er am 3. Februar 1759 in der Gruft der Garnisonkirche beigesetzt wird[259]König, Biographisches Lexikon, Zweiter Teil, 1789, Seiten 261 ff.[260]Weigert, Märker in den Grüften, 2004, Seiten 181 f..
Als die sechziger Jahre des 18. Jahrhunderts beginnen, ist der Krieg noch immer im Gange. 1761 ist die Lage Preußens alles andere als rosig. Zwar hat es den Krieg noch nicht verloren, doch die schlesischen, sächsischen und pommernschen Lande sind nur noch zum Teil in seiner Gewalt. Die Menschen sind erschöpft, es fehlt an Geld[261]Siebenjähriger Krieg, 1885-1892, abgerufen am 23. Mai 2021.. Vielleicht ist es ein Versuch, die Moral hochzuhalten, als der Maler Christian Bernhard Rode der Garnisonkirche in diesem Jahr drei große Epitaphe malt, die er gefallenen führenden Militärs des Siebenjährigen Krieges widmet: dem Generalfeldmarschall Kurt Christoph Graf von Schwerin, dem Generalleutnant Hans Carl von Winterfeld und dem Major Ewald Christian von Kleist. Im Jahr darauf ergänzt er diese mit einem vierten Epitaph für den Generalfeldmarschall James Francis Edward Keith. Die zweieinhalb Meter langen und eineinhalb Meter breiten Ölgemälde porträtieren die Offiziere in allegorischen Bildern im Stile von Gedächtnisbildern, wie sie zu jener Zeit für bekannte und verehrungswürdige Personen gerne gesehen sind[262]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seiten 137 ff. Barbara Kündiger gibt allerdings an, daß das Bild für Kleist erst 1762 gemalt worden wäre, während das für Keith bereits 1761 entstand. Das widerspricht jedoch älteren Quellen wie beispielsweise Anton Balthasar König und Richard Borrmann – siehe Anton Balthasar König: Versuch einer Historischen Schilderung der Hauptveränderungen, der Religion, Sitten, Gewohnheiten, Künste, Wissenschaften [et]c. der Residenzstadt Berlin seit den ältesten Zeiten, bis zum Jahre 1786, Band 5 – Kurzgefaßte Regierungs- und Staatsgeschichte Friedrich des II. Königs von Preußen. Vom Jahr 1740 bis 1786, Buchhandlung des Königl. Preuß. Geh. Commerzien-Raths Joachim Pauli, Berlin, 1800, Seite 238 und Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seite 176.
Was die Beauftragung der Bilder angeht, weist Kündiger darauf hin, daß den einschlägigen Quellen nur widersprüchliche Angaben darüber zu entnehmen sind, wer die Bilder in Auftrag gegeben hat. Einige Quellen geben an, daß Rode selbst sie gestiftet hat, andere behaupten, der Künstler habe die ersten drei auf königlichen Befehl hin gemalt. Wieder andere sehen Johann Wilhelm Ludwig Gleim als Auftraggeber zumindest für das Bild von Kleists, möglicherweise aber auch die von Winterfeld und Schwerin. Das Gleimhaus (Museum der deutschen Aufklärung) gibt auf seiner Website ebenfalls die These von Gleim als Auftraggeber des Bildes für von Kleist wieder, ergänzt jedoch, Rode selbst habe dieses dann im eigenen Auftrag um die anderen Bilder erweitert – siehe Beschreibung des Memorialbilds auf Ewald Christian von Kleist auf der Website des Gleimhauses bei museum-digital.de, abgerufen am 2. Juni 2021..
Eine kurze Beschreibung dieser Epitaphe gibt Friedrich Nicolai:
Vier Gemälde, die Bernhard Rode hieher [der Garnisonkirche – Anmerkung des Autors] geschenket, stellen vier in dem leztern Kriege gebliebene preußische Krieger vor, als: 1) den Feldmarschall Schwerin der sterbend den Sieg umfaßt, der ihn krönet; auf ihm liegt die Fahne, welche in der Hand habend, er 1757 in der Schlacht bey Prag erschossen ward. 2) Des Generals Winterfeld Grab, bey welchem die Muse der Geschichte sitzt, dessen Thaten zu beschreiben. 3) Den Feldmarschall Keith, dessen Grab von dem Ruhm mit Lorberzweigen [sic!] umwunden wird. 4) Den Major und berühmten Dichter Kleist, über dessen Urne die Freundschaft weinet, unten am Grabmale liegt Degen und Leyer mit einem Lorberkranze umflochten.[263]Zitiert aus Friedrich Nicolai: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam und aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, Friedrich Nicolai, Berlin, 1769, Seite 334.
Man hängt die Bilder an der Nordwand der Garnisonkirche über der Empore auf, unmittelbar neben der Orgel, zu deren Seiten je zwei der Gemälde plaziert werden. Die Zeitgenossen des Künstlers rühmen sie als Meisterwerke, doch nur wenige Jahrzehnte nach dessen Tod ist von dieser Verehrung nichts mehr übrig[264]Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995.[265]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seiten 135 ff.. Der Kunsthistoriker Franz Weinitz urteilt im Jahre 1912:
Den Wert der Bilder so hoch einzuschätzen, wie es die Zeitgenossen des Künstlers taten, ist heutigen Tages unmöglich; das akademische überwiegt in ihnen doch zu sehr.[266]Zitiert nach Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 137.
Die Predigerhäuser, die mit der Schenkung an den Garnisonprediger Carstedt den Besitz der Gemeinde verlassen und zuletzt der Predigerwitwe Maria Margaretha Carstedt und deren Kindern gehört hatten, werden am 19. Mai 1762 veräußert. Das eine erwirbt für 6.500 Taler eine Frau Louise Sophie Schultze, geb. Struve, die noch 100 Taler Schlüsselgeld dazugeben muß, während das andere an den Seiden- und Kattunfabrikanten Conrad Zürcher geht, der dafür 8.100 Taler bezahlt. Zürcher ist Mitglied der französischen Kolonie[267]Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seiten 390 f.. Sollte also die Garnisongemeinde gehofft haben, die Gebäude irgendwann einmal wieder zurückzubekommen, so ist diese Hoffnung nun endgültig passé.
In diesem Jahr wendet sich insbesondere durch den Thronwechsel in Rußland und den damit verbundenen Austritt des Landes aus der Koalition gegen Preußen das Blatt für Friedrich II. und seine Armee. Es gelingt ihm, das in großen Teilen bereits verlorene Schlesien weitestgehend zurückzuerobern. Im Februar 1763 kommt es dann schließlich zum Friedensschluß in Hubertusburg, wodurch für Preußen der Zustand vor Beginn des Krieges wiederhergestellt wird. Der Siebenjährige Krieg ist beendet. Allerdings hatte er für den preußischen Staat immense Kosten verursacht. Um das Problem der immer knapper werdenden Geldmittel zu lösen, hatte Friedrich II. zum Mittel der Münzverschlechterung gegriffen, was es ihm ermöglicht hatte, finanziell bis zum Kriegsende durchzuhalten[268]Siebenjähriger Krieg, 1885-1892, abgerufen am 23. Mai 2021. Unter tatkräftiger Mitwirkung der Münzpächter Ephraim und Itzig werden so minderwertige Münzen geprägt, die das eigentlich vorgeschriebene Verhältnis zwischen dem Wert der Münze und der verwendeten Menge Edelmetalls nicht erfüllen. Siehe Münzfuß, In: Meyers Konversationslexikon, 11. Band: Luzula – Nathanael, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892 und Ephraimiten, In: Meyers Konversationslexikon, 5. Band: Distanzgeschäft – Faidherbe, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version beider Einträge auf retrobibliothek.de, abgerufen am 24. Mai 2021.. In der Folge ist nun aber mit dem dadurch entwerteten Silbergeld nicht mehr viel anzufangen, so daß eine Umwandlung desselben in Gold vorgenommen wird. Das wirkt sich auch unmittelbar auf die Garnisongemeinde aus, deren Besitz in Höhe von 10.194 Talern beträchtlich reduziert wird und nun nur noch 8.900 Taler beträgt[269]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 49..
Einen Monat nach dem Abschluß des Friedensvertrages werden im März 1763 die noch immer in der Spandauer Festung verwahrten Trophäen wieder zurück in die Garnisonkirche gebracht und dort erneut aufgehängt[270]Zielsdorf, Militärische Erinnerungskulturen, 2016, Seite 202..
Ein Ort militärischer Erinnerungskultur
Im Juli 1767 tritt in Berlin ein neuer Gouverneur sein Amt an. Nicht zuletzt, um kirchlichen Angelegenheiten wieder mehr Raum zu geben, führt Generalmajor Friedrich Ehrentreich von Ramin[271]Friedrich Ehrentreich von Ramin ist seit dem Tode James Francis Edward Keiths der dritte Offizier in dieser Position. Seine Vorgänger waren Hans von Lehwald (von 1759 bis 1762) und Johann Dietrich von Hülsen (von 1763 bis 1767). Siehe König, Biographisches Lexikon, Dritter Teil, 1790, Seiten 259 ff. sowie König, Biographisches Lexikon, Zweiter Teil, 1789, Seiten 193 ff. und 377 ff. eine grundlegende Änderung in der Verwaltung der Garnisonkirche und ihrer Gemeinde ein. Von nun an soll ein sogenanntes „Ministerium der Garnisonkirche“ die kirchlichen Angelegenheiten leiten. Diesem gehören unter dem Vorsitz des Gouvernementsauditeurs die drei Feldprediger der Infanterieregimenter Nummer 1, Nummer 23 und Nummer 26 sowie der Kadettenhausprediger an[272]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 48. Goens spricht hier von „den drei Regimentspfarrern vom Alt-Woldekschen, Bornstedtschen und Thünaschen Regiment sowie dem Kadettenpfarrer“. Da Regimenter zu jener Zeit in Preußen stets nach ihren Kommandanten benannt wurden, lassen sich daraus die Regimentsnummern ableiten. Das Bornstedtsche Regiment entspricht dem Infanterieregiment Nummer 1, das Thünasche Regiment dem Infanterieregiment Nummer 23 und das Alt-Woldeksche Regiment dem Infanterieregiment Nummer 26. Es ist allerdings festzustellen, daß Goens die Bezeichnungen der Regimenter zeitlich nicht korrekt verwendet, denn er bezieht sie alle auf die 1760er Jahre, während die namensgebenden Offiziere Generalmajor Hans Ehrentreich von Bornstedt, Oberst August Wilhelm von Thüna und Generalmajor Hans Christoph von Woldeck alle erst 1778 als Kommandanten der jeweiligen Regimenter berufen wurden – siehe Die altpreußischen Regimenter Nr. 1 bis Nr. 20 und Die altpreußischen Regimenter Nr. 21 bis Nr. 40, Übersichten auf der Website preussenweb.de, abgerufen am 24. Mai 2021.. Kontrolliert wird dieses Gremium vom Gouverneur und vom Kommandanten der Residenz Berlin. Alle vier ihm angehörenden Prediger sind dabei gleichberechtigt. So erhält auch ein jeder von ihnen das Siegel der Garnisonkirche ausgehändigt. Die finanziellen Angelegenheiten der Gemeinde obliegen den beiden jeweils dienstältesten Predigern. Weil der Kadettenhausprediger der einzige der vier ist, der stets in Berlin bleibt, gehört es zu seinen Pflichten, stets der vierteljährlich stattfindenen Revision der Bücher beizuwohnen. Von nun an wird alles peinlich genau dokumentiert. An der Tatsache, daß die Verwaltung von Kirche und Gemeinde ständig in anderen Händen liegt, ändert sich angesichts der häufigen Wechsel der Feldprediger jedoch nichts[273]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 48 f. Goens gibt den Amtsantritt des Gouverneurs von Ramin fälschlicherweise mit „zu Anfang der sechziger Jahre“ an. Tatsächlich ist von Ramin erst 1767 zum Gouverneur der Residenz berufen worden. Interessant ist auch, daß Goens in diesem Zusammenhang nochmals eine kurze Beschreibung des Siegels gibt, in der er nun noch eine Umschrift „non soli Cedit. 1783“ erwähnt. Das ist insofern etwas merkwürdig, als er in seinem Buch eine Abbildung des Siegels präsentiert, in der zwar der Wahlspruch, nicht aber diese Jahreszahl vorkommt. Auch wäre es doch etwas seltsam, wenn in den 1760er Jahren bereits ein Siegel mit der Jahreszahl 1783 ausgegeben worden wäre. Vermutlich ist diese Angabe also ein Fehler, über dessen Ursache sich allerdings nur spekulieren läßt..
Im Jahr darauf erweitert man die Gruft erneut. Die Kosten dafür belaufen sich auf sagenhafte 2.000 Taler. Nach Abschluß der Arbeiten zieht sich die Grabstätte an der Innenseite der Außenmauer des Kirchenbaus um das ganze Kirchenschiff herum[274]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 37 und 49.[275]Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 77.. Mehr und mehr entwickelt sich dieser unterirdische Friedhof zu einer Totenkammer des preußischen Militärs, zur größten Grablege der Prominenz von preußischer Armee und Berliner Beamtenschaft lutherischer Konfession[276]Weigert, Märker in den Grüften, 2004, Seite 172..
Auch um den Erhalt des Kirchenbaus kümmert man sich, indem man ihn in dieser Zeit vollständig neu verputzt. Die Kosten dafür werden ebenso wie die für die Erweiterung der Gruft aus dem Vermögen der Gemeinde bestritten[277]Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 13. Ob hier tatsächlich der Erlös aus dem Verkauf des Predigerwitwenhauses maßgeblich zum Einsatz gekommen ist, wie von C. Brecht angegeben, kann angesichts des dazwischenliegenden Zeitraums – das Haus war bereits 1753, also mehr als ein Jahrzehnt zuvor, verkauft worden – allerdings nicht sicher festgestellt werden..
In der Zwischenzeit sind nach und nach weitere Trophäen, die in siegreichen Schlachten der preußischen Armee während des Siebenjährigen Krieges erbeutet wurden, in die Garnisonkirche gelangt. Zuletzt bringt man im Jahr 1769 Fahnen und Standarten aus der Schlacht bei Torgau, die am 3. November 1760 stattgefunden hatte und in der Friedrich II. Sachsen wiedererringen konnte, in das Gotteshaus. Mit all diesen Trophäen, den Helden-Epitaphen Rodes und nicht zuletzt der Gruft entwickelt sich die Berliner Garnisonkirche mit der Zeit zu einem Ort militärischer Erinnerungskultur, der weit über die Grenzen der Residenz Berlin hinaus bekannt ist. Daß dies ganz im Interesse des Königs liegt, belegt allein schon der Umstand, daß es Friedrich II. selbst ist, der die Trophäen in der Kirche plazieren läßt. Denn obwohl diese von den einzelnen Regimentern in den verschiedenen Schlachten erbeutet worden waren, können jene nicht nach Belieben darüber verfügen. Es ist der König, dessen Herrschaftsbereich all diese Trophäen unterliegen. Mit ihrer öffentlichen Ausstellung in der Garnisonkirche erreicht Friedrich II. zweierlei. Zum einen etabliert er eine militärische Erinnerungskultur für die preußische Armee in ihrer Gesamtheit. Zum anderen ermöglicht er es den einzelnen Regimentern dennoch, in dem Gotteshaus eigene Bezüge zu diesen Trophäen herzustellen und sie für eine eigene Erinnerungstradition zu nutzen. Während ihr Potsdamer Pendant als letzte Ruhestätte des Soldatenkönigs und später auch Friedrichs II. ein auf die preußische Hohenzollern-Dynastie orientierter Erinnerungsort ist, entwickelt sich die Berliner Garnisonkirche zu einem eher regimentsbezogenen „Zentrum vorrangig militärischer Erinnerungskulturen der friderizianischen Zeit“[278]Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995.[279]Zielsdorf, Militärische Erinnerungskulturen, 2016, Seiten 202 f..
Schulische Angelegenheiten
Doch noch geht das Leben in der Gemeinde selbst mehr oder weniger unbehelligt von diesen höheren Absichten bezüglich der Rolle, die die Garnisonkirche spielen soll, weiter. Sonntags finden die Gottesdienste statt, in denen die Soldaten und anderen Gemeindemitglieder nun zwischen all den Trophäen der Predigt des jeweiligen Feldpredigers lauschen. Kinder werden getauft, Paare getraut und Trauerfeiern für Verstorbene abgehalten. In der Garnisonschule werden die Kinder der Soldaten weiterhin unentgeltlich in Lesen und Schreiben unterrichtet, wobei Kantor, Organist und Küster als Lehrer tätig sind und täglich ein paar Stunden Unterricht geben müssen. Und auch in der zeitgenössischen „Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam und aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten“ von Friedrich Nicolai, die 1769 erstmals erscheint, findet sich in der Darstellung des Gotteshauses noch kein Hinweis auf die ihm zugedachte Rolle:
Die Garnisonkirche ist ganz lutherisch, kann aber zu keiner von diesen dreyen Inspectionen[280]Gemeint sind die Berlinische, die Cöllnische und die Friedrichswerdersche „Inspection“. In diese drei Bereiche sind die lutherischen Kirchen der Residenz zu jener Zeit eingeteilt – siehe Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, 1769, Seite 196. gerechnet werden, weil sie in gar keiner Verbindung mit den übrigen Stadtkirchen steht. Sie hat so wenig eine eigene Parochie, als daraus entstehende Parochialrechte, und gehört bloß für die Garnison. Das Königl. Gouvernement hat das Patronat darüber. Die dabey stehenden Feldprediger gehören unter das Kriegsconsistorium und der Feldprobst [sic!] in Potsdam ist ihr Inspector. Unter der Regierung Friedrich Wilhelms stand der Feldprobst bey dieser Kirche und war eigentlicher Garnisonprediger. Die sämtlichen Feldprediger der allhier in Besatzung liegenden Regimenter verrichteten damals den Nachmittagsgottesdienst, weil die sämtliche Garnison hineingeführt wurde. Gegenwärtig aber und seit vielen Jahren gehören eigentlich nur die Regimenter von Renzel, von Steinkeller und von Koschenbahr nebst dem Cadettencorps dazu, deshalb auch nur der Cadettenprediger und die Feldprediger der angeführten drey Regimenter in derselben predigen und die Actus ministeriales verrichten. Die übrigen Regimenter auf der Friedrichsstadt halten ihren Gottesdienst in unterschiedenen Friedrichsstädschen [sic!] Kirchen, vor oder nach dem Gottesdienst der ordentlichen Stadtgemeinden. Die Garnisonkirche hat übrigens das Recht, alle Taufen, Trauungen und Leichen der Personen vom Militarstande, ihrer Kinder und Bedienten, ohne Unterscheid der Confeßion, zu verrichten. Eximirte, die nicht unter der Jurisdiction des Magistrats stehen, können sich auch dazu halten, wenn sie wollen.[281]Zitiert aus Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, 1769, Seite 197. Die aufgeführten Regimenter sind wieder die Infanterieregimenter Nummer 1, Nummer 23 und Nummer 26, benannt nach ihren Kommandanten, denen sie im Jahr 1769 unterstanden. Das Regiment von Koschembahr ist das Infanterieregiment Nummer 1, seit 1768 kommandiert von Oberst Ernst Julius von Koschembahr, das Regiment von Renzel ist das Infanterieregiment Nummer 23, seit 1766 kommandiert von Generalmajor Christoph Friedrich von Rentzel, und das Regiment von Steinkeller ist das Infanterieregiment Nummer 26, kommandiert seit 1764 von Oberst Anton Abraham von Steinkeller – siehe Die altpreußischen Regimenter Nr. 1 bis Nr. 20 und Die altpreußischen Regimenter Nr. 21 bis Nr. 40, Übersichten auf der Website preussenweb.de, abgerufen am 24. Mai 2021.
1771 verliert die Gemeinde ihren Organisten Leopold Christian Schmalz, als dieser verstirbt. Sein Nachfolger wird im Jahr darauf sein Bruder Johann Daniel Schmalz[282]von Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlin’s, 1861, Seite 508..
Fünf Jahre später, am 27. Juli 1776, segnet schließlich Johann Friedrich Walther[283]Johann Friedrich Walther war zweimal verheiratet. Seine erste Ehefrau war in den 1720er Jahren Louysa Tugendreich Kühnelein, die Tochter eben jenes Salomon Kühnel, dem die Garnisongemeinde das Predigerwitwenhaus abgekauft hatte. Aus dieser Ehe ging ein Sohn, Gotthilf Friedrich Walther, hervor, der jedoch in jungen Jahren verstarb. In zweiter Ehe war Walther mit Dorothea Catharina Kühn, der Tochter des Königlich-preußischen Hofrats Johann Friedrich Kühn, dessen Haus nahe der Garnisonkirche gelegen war, verheiratet – siehe Georg Gottfried Küster (Hrsg.): Des Alten und Neuen Berlin Vierdte Abtheilung, Berlin, 1769, Seite 478., der lange Jahre als Organist an der Garnisonkirche und als Lehrer an der Garnisonschule gewirkt hatte und die erste Chronik des Gotteshauses und seiner Gemeinde verfaßte, im Alter von 82 Jahren das Zeitliche. Beigesetzt wird er jedoch nicht in „seiner“ Garnisonkirche, sondern in der Gruft unter der Sebastiankirche in der Cöllnischen Vorstadt. Auch zu dieser Kirche hatte er eine Chronik verfaßt[284]Weigert, Im Namen Gottes?, 2004, Seite 72. Das Grab Walthers ist heute nicht mehr vorhanden. Die Sebastiankirche überstand den Zweiten Weltkrieg nicht, ihre Ruine wurde 1964 gesprengt..
Für dieses Jahr ist ein recht gutes Bild über die Gemeinde erhalten, hat man doch die zur Berliner Garnison gehörenden Personen gezählt. Unter den insgesamt 18.052 Personen befinden sich 5.526 Ehefrauen und 6.662 Kinder. Das heißt, daß der Garnisongemeinde zu mehr als zwei Dritteln Personen angehören, die keine Militärs sind[285]Dieter Weigert: Garnisongemeinde und Garnisonschule, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 86..
Im Jahr 1784 rückt die Garnisonschule wieder stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit. Seit ihrer Erweiterung um zwei Klassenzimmer im Jahre 1739 hat sich am Zustand der Lehreinrichtung kaum etwas verändert. Auch wenn, wie Georg Goens feststellt, die Militärgeistlichen sich stets um die Schule verdient gemacht hatten, indem sie neue Lehrerwohnungen herrichteten und Lehrmittel beschafften[286]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 50. Goens lobt die Militärgeistlichen noch in einem dritten Punkt. Sie sollen sich auch stets darum bemüht haben, tüchtige Lehrer für den Unterricht zu gewinnen. Diese Feststellung soll hier nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden, doch erscheint sie angesichts der Tatsache, daß stets ausschließlich Kantor, Küster und Organist an der Schule als Lehrer tätig waren, etwas übertrieben. Vielleicht möchte Goens in diesem Punkt die Militärgeistlichen angesichts der nun folgenden Veränderungen in ein möglichst positives Licht rücken gegenüber den für diese Veränderungen verantwortlichen Vertretern des Zeitalters der Aufklärung, für das Goens nicht viel übrig hat, weil es „für die Kirche nichts und für die Schule Alles that“, wie er es formuliert., hat sich die räumliche Situation der Schule nicht verbessert. Noch immer müssen mehrere Klassen gleichzeitig in einem Raum unterrichtet werden. Das ist auch insofern problematisch, als sich mit den Jahren die Schülerzahl mehr und mehr vergrößert hat. Doch nun beschließt das Gouvernement der Residenz unter Generalleutenant Wichard Joachim Heinrich von Möllendorf, der Friedrich Ehrentreich von Ramin 1783 im Amt des Gouverneurs Berlins nachfolgte[287]König, Biographisches Lexikon, Dritter Teil, 1790, Seiten 52 ff., die Schule nicht nur zu erweitern, sondern auch zu verbessern[288]Friedrich Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, und der umliegenden Gegend, Zweiter Band, 3. völlig umgearbeitete Auflage 1786, Friedrich Nicolai, Berlin, Seite 668.[289]Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seite 19.[290]Weigert: Garnisongemeinde und Garnisonschule, 2004, Seite 86..
Als eine der Maßnahmen, um dieses Ziel zu erreichen, wird die Wiedereinführung der unter König Friedrich Wilhelm I. 1728 abgeschafften Stelle des Schulrektors beschlossen. Schnell ist mit dem 23jährigen Wilhelm Jakob Wippel ein geeigneter Kandidat gefunden, der Absolvent des Gymnasiums zum Grauen Kloster war und an der theologischen Fakultät der Universität Halle studiert hatte. Bereits im August des Jahres unterzieht er sich erfolgreich einer Prüfung des Gouvernements und tritt im Monat darauf die Stelle an[291]Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seiten 19 f.[292]Weigert: Garnisongemeinde und Garnisonschule, 2004, Seite 86.. Mit deren Wiedereinführung geht eine erneute Änderung im Garnisonkirchenwesen einher. Der Rektor untersteht nun einer neu geschaffenen „Garnisonkirchen- und Schulkommission“, die zukünftig sämtliche Verwaltungsaufgaben von Garnisonkirche und -gemeinde wahrnehmen soll. Dieser Kommission gehören zwei Stabsoffiziere an, von denen der eine das Gouvernement und der andere die Regimenter vertreten soll. Ergänzt wird die Kommission durch die beiden älteren der vier Regimentsprediger, während die beiden jüngeren sich aus der Verwaltung von Kirche und Gemeinde gänzlich zurückzuziehen haben. Der Garnison- und Oberauditor vervollkommnet die Kommission als Oberkirchenvorsteher. In Bezug auf die Schule soll sich diese um die genaue Befolgung der Schulgesetze kümmern und die Aufsicht über alle Verbesserungen der Lehranstalt führen[293]Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, Zweiter Band, 1786, Seite 669. Nicolai zufolge ist die „Garnisonkirchen- und Schulkommission“ bei ihrer Gründung folgendermaßen besetzt: Oberstwachtmeister von der Hagen vom Infanterieregiment Nummer 1 (Regiment von Bornstedt), Oberwachtmeister von Irwing vom Infanterieregiment Nummer 23 (Regiment von Thüna), Kriegsrat Traschel als Oberkirchenvorsteher, Feldprediger Georg Gottlieb Pappelbaum und Prediger Chemlin vom Kadettencorps. Pappelbaum wird später Archidiakon der Nikolaikirche Berlin – siehe Verzeichnis im Jahre 1825 in Berlin lebender Schriftsteller und ihrer Werke. Aus den von ihnen selbst entworfenen oder revidirten Artikeln zusammengestellt und zu einem milden Zwecke herausgegeben. Ferdinand Dümmler, Berlin, Januar 1826, Seite 195.[294]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 50..
1784 macht man sich daran, das Schulgebäude zu vergrößern, indem man es um ein Geschoß erhöht. Die Anordnung dafür kommt vom Gouverneur von Möllendorf persönlich, den Friedrich Nicolai als „wahren Menschenfreund und Patriot“ charakterisiert, „der mit seinen großen militärischen Einsichten, auch seltene Einsichten in alle nützliche Wissenschaften verbindet, und besonders von der Wichtigkeit der bessern Erziehung der Jugend so innig überzeugt ist“[295]Zitiert aus Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, Zweiter Band, 1786, Seite 668.. Verantwortlich für den Um- und Ausbau ist der königliche Bau-Adjutant Johann Friedrich Friedel. 1785 werden die Arbeiten abgeschlossen. In dem um ein Stockwerk vergrößerten Gebäude bringt man die Wohnung des Rektors der Schule und drei geräumige Klassenzimmer unter[296]Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seiten 19 f.[297]Weigert: Garnisongemeinde und Garnisonschule, 2004, Seiten 91 f..
Am 22. Juni 1785 findet die feierliche Amtseinführung des Rektors Wilhelm Jakob Wippel statt, die mit der Einweihung der neuen, verbesserten Garnisonschule verbunden wird[298]Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, Zweiter Band, 1786, Seite 669.[299]Weigert: Garnisongemeinde und Garnisonschule, 2004, Seite 87.. An der Schule unterrichten nun vier ordentliche Lehrer: der Rektor, der Küster, der Organist und der Kantor. Sie erhalten ab diesem Jahr Unterstützung durch einen Kandidaten der Theologie, der als außerordentlicher Lehrer angestellt ist[300]Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, Zweiter Band, 1786, Seite 670.[301]Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seite 20.. Nun werden schrittweise die Lehrinhalte erweitert. Neben Lesen und Schreiben unterrichtet man Schüler auch in deutscher Sprache, Rechnen und Religion, ergänzt durch Geographie und Geschichte, „so viel sie nöthig haben“, sowie in Naturgeschichte, „so viel, als zur Steurung des Aberglaubens, und zur Beförderung wahrer Ehrfurcht für Gott nöthig ist“. Der Unterricht ist für alle Kinder unentgeltlich, deren Väter als Soldaten in einem der drei der Garnisonkirche zugeordneten Regimenter oder bei der Artillerie dienen. Sie erhalten auch benötigte Unterrichtsmaterialien völlig kostenfrei. Für alle anderen Kinder, die an der Garnisonschule unterrichtet werden, müssen deren Eltern monatlich ein kleines Schulgeld bezahlen[302]Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, Zweiter Band, 1786, Seiten 669 f.. Noch im selben Jahr führt Rektor Wippel öffentliche Prüfungen ein, an denen alle Schülerinnen und Schüler teilnehmen müssen. Sie finden stets in der Garnisonkirche statt und haben neben der Leistungsbewertung den Zweck, der Schule auch nach außen hin zu einer besseren Stellung zu verhelfen, indem sie sie in der Öffentlichkeit sichtbarer machen[303]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 51 f.[304]Weigert: Garnisongemeinde und Garnisonschule, 2004, Seite 87.. Deshalb druckt man – ähnlich wie in höheren Lehranstalten – jedesmal ein förmliches Programm, um „die hohen und ehrfurchtwürdigen Patronen […], eine hochverordnete Garnison-Kirchen- und Schulcommission und alle Freunde und Beförderer der Schule, ehrerbietigst [einzuladen]“[305]Zitiert aus Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seite 23.. Wippel fühlt sich in seinem Bestreben, die Schule zu verbessern, den Prinzipien der friderizianischen Aufklärung verpflichtet und möchte den Kindern eine Ausbildung auch in wissenschaftlichen Fächern ermöglichen sowie bei der Behandlung der Kinder die Menschlichkeit in den Vordergrund stellen. Und auch, wenn er in der Umsetzung seiner Vorhaben letztlich nicht auf Dauer erfolgreich ist, da die Monarchen gar nicht daran interessiert sind, allseits gebildete Soldaten zu bekommen, so legt er doch den Grundstein dafür, daß sich die Garnisonschule in der Folgezeit zu einer angesehenen Bildungseinrichtung in der Residenz Berlin entwickelt[306]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 50 f.[307]Weigert: Garnisongemeinde und Garnisonschule, 2004, Seite 87..
Ruhe vor dem Sturm
Die Erweiterung der Schule kostet – wie sollte es auch anders sein – natürlich Geld. Um dieses aufzubringen, veräußert die Gemeinde, veranlaßt durch das Gouvernement, am 16. Februar 1786 im Zuge einer Versteigerung schließlich ihren – neben der Garnisonkirche und der -schule – letzten verbliebenen Besitz: das Garnisonkirchenhaus. Weil das ihr einst von König Friedrich Wilhelm I. geschenkte Gebäude nicht unter das Privileg fiel, sondern bei der Schenkung ein Verkauf explizit erlaubt worden war, muß für die Transaktion keine Genehmigung des Königs eingeholt werden. Und so geht das – nun ehemalige – Garnisonkirchenhaus für 2.815 Taler an den Kommissionsrat Michael Jürgens[308]Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seiten 390 f.. Von einem Gemeindewesen, wie es einst so mustergültig und erfolgreich bestanden hatte, kann nun beim besten Willen keine Rede mehr sein. Und als sollte dies noch einmal explizit bestätigt werden, kommt es bei der Übergabe des Hauses an den Käufer zu einer wahrlich traurigen und unschönen Szene. Als sich eine Kantorswitwe, die gehofft hatte, ihre alten Tage in diesem Hause friedvoll verleben zu können, nun weigert, ihre Wohnung zu verlassen, wird sie von der Wache mit Sack und Pack kurzerhand auf die Straße gesetzt[309]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 48.[310]Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seite 271..
Im selben Jahr werden die vier großen Epitaphe des Christian Bernhard Rode, in denen der Maler mit allegorischen Gemälden die bedeutendsten, in den Schlachten des Siebenjährigen Krieges gefallenen preußischen Offiziere dargestellt hatte, um ein fünftes ergänzt, das ebenfalls von Rode geschaffen wird. Es ist dem General Hans Joachim von Ziethen[311]In vielen Quellen wird sein Name auch von Zieten geschrieben. gewidmet und fällt insofern aus dem Rahmen, als von Ziethen zwar an allen Schlesischen Kriegen teilgenommen hat, jedoch nicht im Siebenjährigen Krieg gefallen, sondern im Alter von 86 Jahren am 27. Januar 1786 verstorben ist[312]König, Biographisches Lexikon, Vierter Teil, 1791, Seiten 309 ff.. Mit dem Bild, dessen Auftraggeber heute nicht mehr bekannt ist, wird der gerade Verstorbene, der einer der bedeutendsten Feldherren seiner Zeit gewesen ist, in eine Reihe mit den vier anderen als preußische Helden angesehenen Offizieren gestellt. Man hängt das Bild zu den anderen an die Nordwand der Garnisonkirche[313]Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seiten 140 f.. Ein dreiviertel Jahrhundert später – die Verehrung Rodes als Künstler ist längst abgeklungen – beschreibt Theodor Fontane das Bild in seinen „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“:
Von Bernhard Rode rührt auch das große, zur Verherrlichung des alten Husarengenerals gemalte Ölbild her, das sich, neben den Bildern anderer Helden des Siebenjährigen Krieges (alle von B. Rode) in der Garnisonkirche zu Berlin befindet. Die Komposition auch dieses Bildes ist Dutzendarbeit und trotz der Prätension, geistvoll sein zu wollen, eigentlich ohne Geist. Auch hier ein bequemes Operieren mit traditionellen Mittelchen und Arrangements. Eine Urne mit dem Reliefbilde Zietens in Front derselben, am Boden ein Löwe, der ziemlich friedlich in einer Zietenschen Husarentigerdecke drin steckt wie ein Kater in einem Damenmuff; außerdem eine hohe Frauengestalt, die einen Sternenkranz auf die Urne drückt, – das ist alles. Das Reliefporträt ist schlecht, nicht einmal ähnlich, aber die Urania oder Polyhymnia, die ihm den Sternenkranz bringt, ist in Zeichnung und Farbe um ein wesentliches besser, als gemeinhin Rodesche Figuren (er war ein Meister im Verzeichnen) zu sein pflegen.[314]Zitiert aus Theodor Fontane: Wustrau, In: Theodor Fontane: Sämtliche Werke, Bände 1–25, Band 15: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Die Grafschaft Ruppin, Nymphenburger Verlagshandlung, München, 1959–1975, Seiten 13 ff., Online-Version, abgerufen am 25. Mai 2021.
Am 17. August 1786 verstirbt Friedrich II. Sein Nachfolger auf dem Thron wird sein Neffe, der von nun an als Friedrich Wilhelm II. König von Preußen ist. Bestattet wird der verstorbene König in der Garnisonkirche von Potsdam. In ihrem Berliner Pendant findet jedoch auch eine Trauerfeier statt, zu deren Ausstattung der neue König der Garnisongemeinde 180 Ellen schwarzen Tuches schenkt[315]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 54.. Carl Friedrich Zelter komponiert zu einem Text von Karl Wilhelm Ramler eine „Kantate auf den Tod Friedrichs II.“, die am 25. Oktober des Jahres in der Garnisonkirche aufgeführt wird[316]von Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlin’s, 1861, Seite 670..
Auch unter Friedrich Wilhelm II. ändert sich wenig an den Umständen, in denen sich die Berliner Garnisongemeinde befindet. Finanziell steht sie inzwischen so schlecht nicht da. Für das Jahr 1790 weist sie ein Kapitalvermögen von 16.000 Talern aus, das zur Hälfte bei in der Residenz ansässigen Juden angelegt ist und stattliche 4 Prozent Zinsen einbringt[317]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 53.. Allerdings muß sie weiterhin mit der unsteten Gruppe von Feldpredigern auskommen, die immer wieder einmal wechseln, denn auch der neue König scheint nicht gewillt, der Berliner Garnisonkirche und ihrer Gemeinde einen eigenen Garnisonprediger zu gewähren. Unter den Soldaten stehen Frömmigkeit und Glauben infolge der gerade erst zu Ende gegangenen Zeit der ständigen Kriege auch nicht sonderlich hoch im Kurs. Und schon unter Friedrich II. hatte in der Gemeinde eine Entwicklung eingesetzt, die Georg Goens rückblickend dem Zeitalter der Aufklärung zuschreibt, für die er ganz offensichtlich nicht allzu viel übrig hat. Er schreibt:
Viel verderblicher wirkte die sog. Aufklärung in der Kirche selbst. […] Je weniger man aus dem Worte Gottes und dem Bekenntniß der Väter zu sagen wußte, desto mehr mußte die Orgel reden – die Garnisonkirche wurde ein Konzertsaal.[318]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 52.
Tatsächlich finden sich in einschlägigen Quellen und Zeitungsberichten von nun an häufiger Meldungen über Konzerte, für die die Berliner Garnisonkirche als Veranstaltungsort dient. Dabei kommt es immer wieder auch zu merkwürdigen und skurrilen Zwischenfällen. Einmal bittet ein Herr Johann Fredel, der sich als „adjungirter Hofmusikus zu Freysing in Bayern“ vorstellt, um die Erlaubnis, in der Garnisonkirche auftreten zu dürfen. In seinem schriftlichen Antrag behauptet er von sich,
[…] erstlich sitzend und zweitens fahrend oder vor einem Regiment voraus marschirend, ganz allein im Stande zu sein, nicht nur ein Uhrwerk, sondern mit Mund, Händen und ‚Hüpfen‘ eine vollständige Janitscharenmusik mit 10 Instrumenten zu gleicher Zeit spielen zu können.[319]Zitiert nach Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 52.
Während die beiden Stabsoffiziere in der Garnisonkirchen- und Schulkommission dem Antrag zustimmen und feststellen:
Da dieses Genie nicht auf der Orgel seine Fähigkeiten zeigen will, so glauben wir, daß man den Freunden rauschender Musik diesen seltsamen Ohren-Schmauß wohl gönnen kan [sic!].[320]Zitiert nach Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 52.
interventiert der Kadettenprediger Scheffer auf das Schärfste und kann diese zweifelhafte künstlerische Aufführung gerade noch verhindern[321]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 52..
Eine andere, ebenso eigenartige Geschichte geht weniger glimpflich aus. Georg Goens beschreibt, was vorgefallen ist:
Ein [anderer] bittet um die Erlaubniß zum Zwecke seines Konzerts ein ‚Simplifikationsverfahren‘ anwenden zu dürfen, für einen Abend bauliche Veränderungen vornehmen zu dürfen, und um mit solchen Thorheiten sicherer zum Ziele zu kommen, wandte man sich geraden Wegs an den König, der natürlich in dem harmlos klingenden Antrage nichts Böses fand, oder an den Gouverneur und wünscht ‚gleich jedem patriotischen Preußen, – obwohl Sachse von Geburt – dem so allgemein beliebten großen, würdigen Kriegshelden und Menschenfreunde die längste Lebensdauer und verharret‘ u. s. w. Nun, das Ende solchen Unfugs war, daß man in der Kirche Beifall klatschte, daß man mit den aufgestellten Lichtern die Stühle verbrannte – und die Orgel verdarb, so daß das Lob Jesu Christi nicht einmal mehr von den blechernen Zungen der Pfeifen kam.[322]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 53.
Doch Goens kritisiert nicht nur, was sich zu jener Zeit in der noch immer innen weiß getünchten Kirche abspielt. Auch über deren äußeres Umfeld weiß er sich zu echauffieren:
[…] die schöne Reihe grüner Linden, die sie von der Straße her beschatteten, wurde, dem damaligen Geschmacke entsprechend, unbarmherzig zu länglichen Vierecken verschnitten, also daß die Garnisonkirche auch äußerlich sich darstellte als ein Kind ihrer Zeit, zusammengewachsen mit des preußischen Volkes Sitten und Unsitten, mit seiner Erhebung – und Erniedrigung![323]Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 53.
Nun, zumindest die ramponierte Orgel läßt man 1791 von Ernst Marx reparieren, der diese seine Arbeit durch eine entsprechende Gravur in der größten Zinnpfeife des Instruments markiert[324]Edmund Müller: Die alte und die neue Orgel der Garnisonkirche, In: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1892, Heft 9/10, Seite 86..
Im Jahr darauf verliert die Garnisonschule ihren Rektor Wilhelm Jakob Wippel, der als „Professor für die Schönen Wissenschaften“ an die Berliner Kadettenanstalt wechselt, wo er die Nachfolge Karl Wilhelm Ramlers antritt[325]Weigert: Garnisongemeinde und Garnisonschule, 2004, Seite 867..
Mit dem Regierungswechsel zu Friedrich Wilhelm III., der 1797 seinem verstorbenen Vater auf dem preußischen Thron nachfolgt, ändert sich für die Garnisongemeinde weiterhin gar nichts. Und so ist für das Ende dieses 18. Jahrhunderts in den einschlägigen Quellen kaum etwas anderes über die Gemeinde und ihre Kirche zu finden, als daß Konzertaufführungen offenbar mehr und mehr zu einer liebgewonnenen Tradition werden. Nahezu für jedes Jahr lassen sich in dieser Zeit derartige Veranstaltungen belegen. Am 11. Juli 1798 wird beispielsweise eine von Carl Joseph Birnbach komponierte Kantate auf die Huldigung Friedrich Wilhelms III. in der Garnisonkirche aufgeführt[326]von Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlin’s, 1861, Seite 55.. Im Jahr darauf ist für den 7. April 1799 ein Konzert des Organisten J. G. Dethmar belegt[327]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 52 f.
Georg Goens bezeichnet ihn als „Compositeur à la Chapelle du Prince d’Orange“ (Komponist in der Kapelle des Prinzen von Oranien). Er überliefert folgendes Programm für dieses Orgelkonzert:
„1. Einige Choräle.
2. Ein Flötenkonzert.
3. Liebster Jesu wir sind hier.
4. Hirtenwonne, welche sich freudig anfängt und während derselben wird man ein Gewitter hören, und zwischen dem Gewitter ein Trauerlied, zuletzt endigt es sich mit einer Triumpf-Musik.
5. Freu dich sehr, o meine Seele u.s.w.
6. Nachahmung einer Bataille, worinn man die Kanonen- und Gewehrschüsse, Marsch und Ankunft des Trompeters, das Wehklagen der Blessirten und das Geläute der Lärmglocken deutlich ausgedrückt hören wird.
7. Zum Abschluß ‚Nun danket alle Gott'“.. Am 8. Oktober 1800 führt dann Carl Friedrich Zelter zu Ehren Carl Friedrich Christian Faschs, der im vorangegangenen August verstorben war, das Requiem von Wolfgang Amadeus Mozart auf. Möglicherweise ist dies sogar die erste Aufführung dieses Werks in Berlin überhaupt[328]von Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlin’s, 1861, Seite 665.. Zelter schreibt über die Aufführung, an den verstorbenen Fasch gerichtet:
Die Aufführung gelang ohne Fehler, die Tempi waren gut getroffen, doch die Instrumental-Musik wieder zu schwach. Die grosse Kirche war, was man voll nennen kann. Und nun ruhe edelster der Menschen, dein Geist ruhe auf mir. Deine Kunst vermag ich nicht zu erreichen, aber Deine Liebe soll mir bis in mein Grab folgen.[329]Zitiert nach von Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlin’s, 1861, Seite 665.
Nachdem am 3. August 1802 Prinz Friedrich Heinrich Ludwig von Preußen, ein Bruder Friedrichs II., verstorben war, führt man am 16. September in der Garnisonkirche die „Trauerkantate auf den Tod des Prinzen Heinrich von Preußen“ auf, ein Werk Carl Bernhard Wesselys, dessen Pate der jüdische Philosoph Moses Mendelssohn war[330]von Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlin’s, 1861, Seite 637..
So stehen die Dinge zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Hatte sich die Gemeinde nach der großen Katastrophe von 1720 in den beiden darauf folgenden Jahrzehnten wieder konsolidiert, ihre Garnisonkirche wiederaufgebaut und erneut ein prosperierendes Gemeindewesen etabliert, war ihr in der Regierungszeit Friedrichs des Großen ihre Bedeutung schrittweise verlorengegangen. Mit dem Wechsel des Feldpropstamtes an die Garnisonkirche in Potsdam hatte diese dem Berliner Militärgotteshaus den Rang abgelaufen. Kurze Zeit später war der Gemeinde dann auch noch ihr fester Garnisonprediger abhandengekommen. Ein Zustand, der nun schon viele Jahre anhält. Zwar hatte sich die Kirche unter Friedrich dem Großen infolge seiner Kriege zu einem wichtigen Ort militärischer Erinnerungskultur in Preußen entwickelt, doch läßt sich für sie und ihre Gemeinde daraus keine wirklich bedeutende, aktive Rolle ableiten, die sie im militärisch geprägten preußischen Staat spielen könnte. Durch das Wirken von Persönlichkeiten wie Gouverneur Wichard Joachim Heinrich von Möllendorf und Rektor Wilhelm Jakob Wippel ist immerhin die Garnisonschule zu einer angesehenen Bildungseinrichtung in der Residenz Berlin geworden, doch ansonsten verfügt die Gemeinde über kein eigenes Gemeindewesen mehr. Im gesellschaftlichen Leben der Stadt ist die Garnisonkirche als Veranstaltungsort für Konzerte inzwischen möglicherweise bekannter und beliebter denn als Gotteshaus.
Und dann beginnt das Jahr 1806. Wieder herrscht Krieg. Napoleon zieht durch Europa und scheint durch nichts und niemanden aufgehalten werden zu können. Am 14. Oktober unterliegt Preußen dem Korsen und seiner Armee in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt. Am 25. Oktober kapituliert Spandau, am 27. Oktober zieht Napoleon in Berlin ein[331]Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 54 f.. Und für die Garnisonkirche und ihre Gemeinde beginnt ein Alptraum…
Das Banner auf dieser Seite zeigt den Einzug der Trophäen nach dem 2. Schlesischen Krieg in die Garnisonkirche, gezeichnet von Adolph Menzel.
Quelle: Franz Kugler: Geschichte Friedrichs des Großen, Neue durchgesehene Auflage, 1856, Hermann Mendelssohn, Leipzig, Seite 193.
Zeichnung: Adolph Menzel.
Lizenz: gemeinfrei, da urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen.
Anmerkungen:
↑1. | Georg Goens: Geschichte der Königlichen Berlinischen Garnisonkirche, Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, Berlin, 1897, Seite 30. |
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↑2. | Dr. C. Brecht: Die Garnison-Kirche in Berlin. Zur Erinnerung an die 150jährige Einweihungs-Feier derselben am 2. Juni 1872, A. W. Hayn’s Erben, Berlin, 1872, Seite 8. |
↑3. | Philipp Gerlach d. J. war 1679 in Spandau geboren worden und starb im Jahre 1748. Siehe Barbara Kündiger: Die neue Kirche, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 74. |
↑4, ↑8, ↑17, ↑21, ↑26, ↑28. | Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 74. |
↑5. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 29 f. |
↑6. | Emil Frommel: Festpredigt des Garnisonpfarrers Frommel zum 150jährigen Jubiläum der Garnisonkirche, In: Gedenkblätter zum 150jährigen Jubiläum der königlichen Garnisonkirche zu Berlin, den 2. Juni 1872, Verlag von Wiegandt und Grieben, 1872, Seite 7. |
↑7. | Johann Friedrich Walther: Die gute Hand Gottes über die Garnison-Kirch- und Schul-Anstallten, in der Königlichen Preußischen Residentz Berlin, oder Historische Nachricht, Wenn und wie die Garnison-Kirche und Schule zuerst gestifftet und Deroselben Anstallten unter Göttlichem Segen bis auf gegenwärtige Zeit erhalten worden. Wobey derer Merckwürdigsten Fälle und Veränderungen so diese Anstallten von Ao. 1663 bis itzo betroffen, und insonderheit der, Ao. 1720 geschehenen Zerspringung eines alten Pulver-Thurns, umständlich gedacht wird. Als auch von denen Gebäuden, Patronen und andern Bedienten bey der Kirche und Schule, Meldung geschiehet. Endlich aber Eine genaue Verzeichniß aller, bis hieher in der Garnison-Kirche ordinirten Feld- und Garnison-Prediger bey der gantzen Königl. Armeé, auch wohin, und wozu dieselben befordert worden, mit eingeführet ist, So wol aus gewissen Uhrkunden als eigner Erfahrung aufgesetzet, auch mit Neun Kupffern erläutert von Johann Friedrich Walther, Organist und Collega Ordin. der Garnison-Kirche und Schule., Samuel König, Berlin, 1743, Seite 74. Die Links verweisen auf eine Online-Version, in deren Beschreibungsdaten als Erscheinungsjahr 1737 angegeben ist. Da die Fassung allerdings die Kupferstiche von Georg Paul Busch enthält, muß es sich um jene von 1743 handeln, in der diese erstmals aufgenommen worden waren. |
↑9. | Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 73. |
↑10, ↑31, ↑33, ↑137. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 30. |
↑11. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 72 f. |
↑12. | Werner Schwipps: Die Garnisonkirchen von Berlin und Potsdam, Berlinische Reminiszenzen 6, 1. Auflage 1964, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin. |
↑13. | Hier ergibt sich das Problem, daß wir nicht genau wissen können, welches Längenmaß dieser Angabe von Johann Friedrich Walther zugrundeliegt. Gerade im Jahr 1721 wurde in Preußen vom Herzoglichen Neu-Kulmischen Maß auf das Königlich Oletzkoische Maß gewechselt. Während in ersterem ein Fuß 29,26156 Zentimetern entsprach, sind es im zweiteren nur noch 27,798 Zentimeter. Damit wäre die Kirche entweder 54,13 Meter oder aber nur 51,42 Meter lang. Ziehen wir nun aber eine Beschreibung der Garnisonkirche von Valentin Heinrich Schmidt aus dem Jahr 1820 heran, in der er ihre Länge mit 175 Fuß angibt, und berücksichtigen wir außerdem, daß zu jener Zeit in Preußen das sogenannte preußische Maß galt, in dem ein Fuß 31,385348 Zentimetern entsprach, so stellen wir fest, daß er die Länge des Gotteshauses damit auf 54,92 Meter beziffert. Dies deutet darauf hin, daß die Maßangaben bei Walther noch im alten Herzoglichen Neu-Kulmischen Maß angegeben sind. Siehe Valentin Heinrich Schmidt: Wegweiser für Fremde und Einheimische durch die königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam und die umliegende Gegend, enthaltend eine kurze Nachricht von allen daselbst befindlichen Merkwürdigkeiten: in einem bis jetzt fortgesetzten Auszuge der grossen Beschreibung von Berlin und Potsdam, 5. gänzlich umgearbeitete und verbesserte Auflage, Friedrich Nicolaische Buchhandlung, Berlin, 1820, Seite 8 sowie Das Kulmische und Oletzkoische Maß in Preußen, Artikel auf der Website preussische-masse.de, abgerufen am 25. September 2021 und Das Preußische Maß in Preußen von 1816 bis 1869, Artikel auf der Website preussische-masse.de, abgerufen am 25. September 2021. |
↑14. | Das sind 29,26 Meter. |
↑15. | Das sind 15,80 Meter. |
↑16. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 72. |
↑18. | Doris Tüsselmann: Die Garnisongemeinde in Berlin und ihre „verlorene“ Kirche, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 2010, Heft 1, Seite 321. |
↑19. | Zitiert aus Friedrich Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, und der umliegenden Gegend, Erster Band, 3. völlig umgearbeitete Auflage 1786, Friedrich Nicolai, Berlin, Seite 22. |
↑20. | Richard Borrmann: Garnisonkirche, In: Die Bauwerke und Kunstdenkmäler von Berlin, Verlag von Julius Springer, Berlin, 1893, Seite 175. |
↑22. | Tüsselmann, Die Garnisongemeinde in Berlin, 2010, Seiten 321 f. |
↑23, ↑40, ↑47. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 31. |
↑24. | Bei Lisenen handelt es sich um schmale, leicht hervortretende Verstärkungen der Wand, die in vertikaler Richtung verlaufen. |
↑25. | Ein Risalit ist ein horizontal aus der Hauswand beziehungsweise Fluchtlinie hervorspringender Gebäudeteil. In den meisten Fällen reicht er über die gesamte Höhe des Bauwerks. |
↑27. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 30 f. |
↑29, ↑52. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 85. |
↑30. | Beatrice Falk & Bärbel Holtz: Das Schicksal der Alten Berliner Garnisonkirche, In: Der Alte Berliner Garnisonfriedhof im Spannungsfeld zwischen Scheunenviertel und Monbijou, herausgegeben vom Förderverein Alter Berliner Garnisonfriedhof, 1. Auflage, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin, 1995, ISBN 3-7759-0399-2. |
↑32. | Wir folgen in dieser Darstellung der Beschreibung von Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 74. Viele Quellen enthalten dagegen die Aussage, daß die Decke des Raumes von Eichenholzpfeilern gestützt wurde – siehe beispielsweise Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 31. Barbara Kündiger weist jedoch darauf hin, daß dies eine ungenaue Beschreibung ist, weil lediglich die Stützen der Emporen aus Eichenholz bestanden, während die Deckenpfeiler gemauert waren. Sie führt dies auf Johann Friedrich Walther und seine Darstellung des zweiten Kirchenbaus zurück. Während Walther in seiner Beschreibung zwar lediglich davon spricht, „daß die inwendigen Pfeiler sehr starck und wohl proportioniret“ waren – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 74 -, ist seiner zeichnerischen Darstellung von Grundriß und Schnitt des Raumes Kündiger zufolge zu entnehmen, daß es sich um gemauerte Pfeiler handelte – siehe Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 83, Fußnote 3. Explizit deutlich wird das jedoch in Walthers Darstellung der Kanzel, die die Einpassung der Emporen zwischen die steinernen Deckenpfeiler und ihre hölzernen Stützen klar zeigt – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 74 f. |
↑34. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 74 ff. |
↑35, ↑208. | Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seiten 175 f. |
↑36, ↑39, ↑45, ↑122. | Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 75. |
↑37. | Wir orientieren uns bei der Reihenfolge an der Darstellung von Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 9. Diese geht auf Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 75 zurück, wo sie jedoch nicht unmißverständlich wiedergegeben ist. Nach seiner Darstellung könnte man auch annehmen, daß das erste und das zweite Feld vertauscht sind. |
↑38. | Georg Gottfried Küster (Hrsg.): Fortgeseztes Altes und Neues Berlin. Darinnen die Historie der Kirchen zu Marien, Petri, im grauen Kloster, der Garnison, auf dem Friedrichswerder, Dorotheen- und Friedrichsstadt, wie auch der Hospitäler, Waysenhäuser und Gymnasiorum in Berlin von ihrem Anfang biß auf itzige Zeiten aus zuverlässigen Nachrichten erzehlet wird, Haude- und Spenerische Buchhandlung, Berlin, 1752, Seiten 606 f. |
↑41. | Als Kasel bezeichnet man ein ärmelloses liturgisches Gewand, das der Priester bei der heiligen Messe trägt. Hierzulande wird es auch Meßgewand genannt. |
↑42. | Zitiert nach Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 26. |
↑43. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 26. |
↑44. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 76. |
↑46. | Barbara Kündiger: Bildwelten und Klangbilder, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 156. |
↑48. | Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 79. |
↑49. | Zitiert aus Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 73. |
↑50. | Zitiert aus Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 74. |
↑51. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 88. |
↑53. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 35 f. Goens spricht zwar nur von einem „Predigerhaus“, zitiert dann aber aus der entsprechenden königlichen Kabinettsordre, in der von mehreren Häusern die Rede ist. |
↑54. | Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 8. |
↑55. | Reinhard Lüdicke: Geschichte der Berliner Stadtgrundstücke seit der Einführung der Grundbücher Ende des 17. Jahrhunderts – Band 1: Berlin Nr. 1-276 = Stralauer, Königs-, Neue Friedrichs- und Burgstraße, Kommissionsverlag von Gsellius, Berlin, 1933, Seiten 393 f. |
↑56. | In den Quellen gibt es um dieses Gebäude etwas Verwirrung. Johann Friedrich Walther nennt es das „gegen über den Pulverthurn gestandene und gäntzlich ruinirete alte Kirchen-Haus“ – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 84. Georg Goens beschreibt es als das „sogenannte ‚alte Kirchenhaus‘ (in der Spandauerstraße)“ – siehe Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 37 -, was mit Walthers Angabe einigermaßen zusammenpaßt. C. Brecht jedoch spricht davon, daß „ein altes Kirchenhaus bei der Heiliggeiststraße“ an den Verkäufer übergeben worden wäre. Die Heiliggeiststraße verläuft zu jener Zeit dem Stadtplan von Johann Friedrich Walther aus dem Jahr 1738 zufolge als westliche Parallelstraße der Spandauer Straße, endet jedoch auf der Höhe der Heilig-Geist-Kapelle und erreicht damit insbesondere die Wallstraße nicht – siehe Johann Friedrich Walther, Die Königl. Preus. u. Churf. Brandenb. Residenz-Stadt Berlin, entworfen von Johann Friedrich Walthern zu Berlin 1737 u. nach dem großen Original in diesen kleinen Form gebracht u. herausgegeben von Homann Erben, Homann Erben, Berlin, 1738. Hätte die Garnisongemeinde dort ein Kirchenhaus besessen, wäre das vergleichsweise weit von der Garnisonkirche und ihren übrigen Besitztümern entfernt gewesen. Zudem ist in den Quellen ein Besitz der Garnisongemeinde in der Heiliggeiststraße ansonsten nirgends erwähnt. In Verbindung mit den Angaben von Walther und Goens erscheint es unwahrscheinlich, daß Brechts Angabe korrekt ist. Es ist daher davon auszugehen, daß es sich bei dem Gebäude um das alte Dieckmannsche Haus handelt, das zuletzt tatsächlich als Garnisonkirchenhaus bezeichnet worden war. |
↑57. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 84 f. |
↑58. | Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seiten 393 f. |
↑59, ↑86, ↑87, ↑99, ↑166, ↑205, ↑211. | Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 82. |
↑60. | Zitiert nach Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 37. |
↑61, ↑63. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 73. |
↑62. | Trinitatis ist ein Fest im Kirchenjahr, das in der römischen Kirche jedes Jahr am ersten Sonntag nach Pfingsten begangen wird. Im Deutschen wird es auch als Dreifaltigkeitssonntag und Dreieinigkeitsfest bezeichnet. |
↑64. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 31 f. |
↑65. | Die Bastion XIII wird auch Bastion Orangenhaus beziehungsweise Lustgarten-Bollwerk genannt. |
↑66. | Später trägt diese Brücke den Namen Neue Friedrichsbrücke. Das Wörtchen neu wird schließlich gestrichen, so daß der Übergang heute nur noch Friedrichsbrücke heißt. |
↑67. | Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964. |
↑68. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 76. |
↑69. | Tüsselmann, Die Garnisongemeinde in Berlin, 2010, Seiten 321 f. |
↑70. | Auf den Trümmern der alten Garnisonkirche, In: Berliner Tageblatt, Jahrgang 37, Ausgabe 193 (Abendausgabe) vom 14. April 1908. |
↑71. | Auf der Brandstätte der alten Garnisonkirche, In: Berliner Volks-Zeitung, Jahrgang 56, Ausgabe 179 (Morgenausgabe) vom 15. April 1908. |
↑72. | Als Revue bezeichnet man zu jener Zeit eine Militärparade beziehungsweise Heerschau. Ob dieses zeitliche Zusammentreffen der Heerschau mit der Einweihung der Garnisonkirche Zufall oder geplant war, ist nicht bekannt. |
↑73. | Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 73 und Seite 83, Fußnote 1. |
↑74. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 31. C. Brecht schreibt diese Verfügung hingegen der im Jahre 1925 erfolgten Einweihung der neuen Orgel zu – siehe Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 8. Sowohl Goens als auch Brecht zitieren dabei die gleiche Verfügung des Königs über die Ordnung des Gottesdienstes und den Ablauf der Feierlichkeit. Es erscheint allerdings glaubhafter, daß der König sich diese Mühe eher für die Einweihung der Kirche gemacht hat als nur für die einer Orgel. |
↑75. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 77 f. |
↑76. | Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 10 |
↑77. | Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 33. Ob Goens mit diesem spöttischen Urteil recht hat, überlassen wir dem Urteil des Lesers und geben dazu den in seiner Chronik auszugsweise angeführten Liedtext hier wieder: „Auf! werthe Garnisongemeine Versammle Dich diß Haus Gott einzuweyhen. Erbitte Dir ein himmlisches Gedeyen, So öffnet Gottes heilges Wort An diesem Ort Die heilge Himmels-Pfort. Jedoch, vergiß ja nicht, dem Herrn mit Furcht zu dienen, Da Dir nach hartem Sturm diß frohe Licht erschienen Deß freue Dich, jedoch mit Zittern Vergiß nie Dein erlittenes Erschüttern, Das Kirch und Schul einst hart verletzt. Nun ist, Gott Lob! zum Theil Dein Leid ersetzt Da Dich diß schöne Gottes-Haus hinwiederum ergötzt.“ |
↑78. | Das Te Deum ist der Anfang eines feierlichen, lateinischen Lob- und Dankgesangs der christlichen Kirche. |
↑79. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 79. |
↑80. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 80 f. Liest man in anderen Quellen späteren Datums nach, so findet man dort oft die Angabe, daß die Tafel sich an der Sakristei befunden habe. Dieser Widerspruch läßt sich dadurch erklären, daß bei einem späteren Umbau der Kirche eine Versetzung der Tafel vorgenommen wurde. Welcher Umbau das war, ist nicht genau feststellbar. Es kann allerdings davon ausgegangen werden, daß die Versetzung tatsächlich stattgefunden hat und die Angabe über die Positionierung an der Sakristei kein bloßer Irrtum ist, denn nach einem Brand der Kirche im Jahre 1908 findet sich in einer entsprechenden Meldung im „Friedenauer Lokal-Anzeiger“ eine explizite Erwähnung dieser „Bleitafel an der vom Feuer verschont gebliebenen Sakristei“, eine Formulierung, die darauf schließen läßt, daß sich die Tafel mittlerweile tatsächlich am angegebenen Ort befunden hat – siehe Friedenauer Lokal-Anzeiger (Friedenauer Zeitung), Jahrgang 15, Ausgabe 90 vom 15. April 1908. |
↑81. | Zitiert aus Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 81. Bei Georg Gottfried Küster findet sich interessanterweise eine leicht abweichende Wiedergabe der Inschrift: „Unter der Regierung Friderich Wihelms Königes in Preussen, ist die Garnisonkirche unter Direction des Gouverneurs der Königl. Residenz Berlin, General-Feld-Marschall von Wartensleben Commendanten, General-Major de Forcade, auch Oberbau-Director Gerlach erbauet, und von Probst Gedicken eingeweihet worden, den 31ten May, im Jahr 1722.“ Zitiert aus Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 606. Eine dritte Variante des Textes dieser Tafel findet sich auf einem Foto aus dem Jahr 1936, das diese Tafel zeigt: „Unter der Regirung FRIDERICH WILHELM Königs in Preussen ist diese Garnison-Kirche mit Direction des Guverneurs der Königlichen Residence Berlin General-Feldmarschal Graff von Wartensleben und Commen- danten General-Maior de Forcade, auch Ober-Bau-Dire- ctor Gerlach erbauet und von dem Probst Gedike eingewey- het worden den 31. May im Jahr 1722.“ Zitiert von der 1936 in der Kirche befindlichen Tafel, Bildarchiv Foto Marburg, Landesdenkmalamt Berlin, Aufnahme-Nr. mi03528b02. Es ist allerdings nicht sicher, daß dieses 1936 aufgenommene Foto die originale Tafel von 1722 zeigt, weswegen wir in unserer Darstellung den von Walther angegebenen Wortlaut verwenden. |
↑82. | Diese Darstellung geht auf die Beschreibung zurück, die Johann Friedrich Walther in seiner Chronik der Garnisonkirche von dem neuen Epitaph gibt – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 81 f. In einigen Quellen ist zu lesen, daß man das Epitaph aus der zerstörten ersten Garnisonkirche geborgen und nun in die zweite eingebaut habe – siehe beispielsweise Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 76 und Tüsselmann, Die Garnisongemeinde in Berlin, 2010, Seite 321. Demgegenüber schreibt Johann Friedrich Walther jedoch, daß der König „das […] in der vorigen Garnison-Kirche eingegangene Epitaphium, des sel. Hn. Generals von Tettau, in dieser Neuen Kirche, durch den Königl. Hof-Mahler Hn. Pesne wiederum erneuren [ließ], und wurde dasselbe gegen der Cantzel auf dem Königl. Chor an einem gemauerten breiten Pfeiler zwischen zwey Fenstern, sehr kostbar gemahlet.“ Es kann durchaus vermutet werden, daß mit dem Wort „eingegangen“ hier „zerstört“ gemeint ist. Gleichwohl ist dies nicht eindeutig klar. Doch selbst wenn man davon einmal absieht, erscheint es eher unwahrscheinlich, daß das Epitaph gerettet und nun wieder eingebaut wurde. Walther gibt in seiner Chronik sowohl eine Beschreibung des Epitaphs zu Zeiten seiner Errichtung in der ersten Kirche als auch eine bei seiner Erneuerung in der zweiten Kirche. Beide Epitaph-Versionen hat er selbst gesehen, so daß seine Beschreibungen zutreffend sein dürften. Bedeutsam daran ist, daß sie nicht übereinstimmen. Während die erste Fassung von Walther als großer, gänzlich vergoldeter Stein mit der in schwarzen Buchstaben eingehauenen Gedächtnisinschrift beschrieben wird, wobei von einer Pyramide keine Rede ist – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 34 f. -, ist jene in der zweiten, komplett als Malerei ausgeführten Fassung das zentrale Element, wobei die Inschrift nun in goldenen Buchstaben auf blauem Grund gehalten ist – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 81 f. Man kann daher wohl davon ausgehen, daß Pesne hier ein neues, gemaltes Epitaph geschaffen hat, während das alte bei der Zerstörung der ersten Garnisonkirche verlorenging. |
↑83. | Tüsselmann, Die Garnisongemeinde in Berlin, 2010, Seite 321. |
↑84, ↑136. | Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 76. |
↑85. | Bei Johann Friedrich Walther ist der gesamte Wortlaut des königlichen Privilegs nachzulesen – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 85 f. |
↑88. | Tüsselmann, Die Garnisongemeinde in Berlin, 2010, Seite 322. |
↑89. | Heinz Berg: Zur Geschichte der evangelischen Garnisongemeinde diesseits vom Spandauer Tor, In: Der Alte Berliner Garnisonfriedhof im Spannungsfeld zwischen Scheunenviertel und Monbijou, herausgegeben vom Förderverein Alter Berliner Garnisonfriedhof, 1. Auflage, Haude & Spenersche Verlagsbuchhandlung GmbH, Berlin, 1995, ISBN 3-7759-0399-2. |
↑90. | Wilhelm Jakob Wippel: Kurzer Bericht von den Veränderungen, welche die Berlinische Garnisonschule von ihrer Stiftung an, bis auf die jetzige Zeit erlitt. Hiermit ladet zu der 2ten öffentlichen Prüfung, welche mit der Garnisonschule am 29sten Junius 1787, in der Garnisonkirche vorgenommen werden soll, die ehrfurchtwürdigen Patronen, wie auch eine hochverordnete Garnison-Kirchen- und Schulcommission, und alle Freunde und Beförderer der Schule ehrerbietig ein der Rektor W. J. Wippel., Johann Friedrich Unger, Berlin, 1787, Seite 16. |
↑91. | Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 10. |
↑92. | Dieter Weigert: Märker in den Grüften, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 172. |
↑93, ↑96, ↑142. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 37. |
↑94. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 82. |
↑95. | Als Eximierte bezeichnete man im preußischen Recht Personen, die von der Gerichtsbarkeit der Untergerichte ausgenommen waren, beispielsweise Adlige, Geistliche und eben höhere Beamte. Für sie waren die Oberlandesgerichte erstinstanzlich zuständig. Darüberhinaus galten für sie weitere Ausnahmen, wie der Hinweis von Georg Goens zeigt. |
↑97, ↑138, ↑212, ↑225, ↑233, ↑251, ↑264, ↑278. | Falk, Holtz, Alte Berliner Garnisonkirche, 1995. |
↑98, ↑102. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 83. |
↑100. | Landläufig ist oft die Ansicht anzutreffen, in der evangelischen Kirche gebe es keine Beichte. Das ist nicht richtig. Martin Luther hatte sich zwar gegen den Ablaßhandel gewandt, die Beichte aber für sehr bedeutsam gehalten. Und so wird sie in der evangelischen Kirche auch heute noch abgenommen. Das Beichtgeld hatte Calvin in der reformierten Kirche tatsächlich abgeschafft. In den lutherischen Kirchen, zu denen die Garnisonkirche zählte, war dies jedoch oft bis ins 19. Jahrhundert hinein nicht der Fall, nicht zuletzt, weil dieses Geld für die oft schlecht bezahlten Geistlichen einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Einkünfte darstellte. |
↑101. | Klaus Duntze: Ob auch Kriegsleute seligen Standes sein können (Martin Luther), In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 11. |
↑103. | In den Kirchen jener und späterer Zeit war es durchaus üblich, daß sich hochgestellte beziehungsweise gut betuchte Persönlichkeiten feste Plätze reservieren konnten – natürlich gegen eine regelmäßig zu entrichtende Gebühr. Diese Miete faßte man unter dem Begriff Stuhlrechnung. Entsprechende Regelwerke schrieben fest, wie genau zu verfahren sei. Ein Beispiel dafür findet sich beispielsweise in der mehr als einhundert Jahre später festgelegten Ordnung, wie es mit den Kirchenstühlen in der Hochfürstlichen Residenzstadt Bayreuth sowohl, als an allen Orten des ganzen Fürstenthums Burggrafthums Nürnberg oberhalb Gebürges zu halten, In: Darstellung der sämmtlichen Provinzial- und Statutar-Rechte des Königreichs Bayern, mit Ausschluß des gemeinen, preußischen und französischen Rechts, nebst den allgemeinen, dieselben abändernden, neueren Gesetzen, Band 1: Die Rechte von Oberfranken, Verlag der Karl Kollmann’schen Buchhandlung, Augsburg 1838, Seiten 1031 ff. |
↑104. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 143 f. |
↑105. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 24 und 39. |
↑106. | Anton Balthasar König: Biographisches Lexikon aller Helden und Militairpersonen, welche sich in Preußischen Diensten berühmt gemacht haben, Zweiter Teil: G-L, Arnold Wever, Berlin, 1789, Seite 13. |
↑107. | Dieter Weigert: Im Namen Gottes?, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seiten 71 f. |
↑108. | Markus Zimmermann: Silbermann, Gottfried, In: Neue Deutsche Biographie, Band 24, 2010, Seiten 409-410 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 9. Mai 2021. |
↑109. | Johann Friderich Walther: Die, In der Königl. Garnison-Kirche zu Berlin, befindliche Neue Orgel, Wie selbige, Nach ihrer äussern und innern Beschaffenheit erbauet, Mit wenigem beschrieben, Und Nebst einer kurzen Vorrede, Vom Gebrauch, Kunst und Vortrefflichkeit der Orgeln, zum Druck übergeben, von Johann Friderich Walther, Organist und Collega der Berlinischen Garnison-Kirche und Schule, Carl Gottfried Möllern, Berlin, 1727, Seite 8. Das Werk selbst ist mit keiner Jahresangabe versehen. In Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 89 gibt Walther aber selbst an, daß er es im Jahr 1727 habe drucken lassen. |
↑110. | Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 156. |
↑111. | Über den Urheber dieses Entwurfs sind sich die Quellen nicht einig. Bei Georg Gottfried Küster ist nachzulesen, er stamme von Johann Friedrich Walther – siehe Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 607. Walther selbst erwähnt den Entwurf zwar, macht aber keine Angaben zu seinem Urheber – siehe Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seite 8. Barbara Kündiger schreibt wiederum, man habe Joachim Wagner um eine Zeichnung gebeten – siehe Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 160. Daß Walther den Entwurf geliefert haben soll, erscheint unwahrscheinlich. Schließlich war er Organist und nicht Orgelbauer. Möglicherweise verwechselt Küster bei seiner Angabe Entwurf und Zeichnung. Denn daß Walther die fertige Orgel gezeichnet und beschrieben hat, ist bekannt. Das bedeutet aber nicht, daß er sie auch entworfen haben muß. |
↑112, ↑114. | Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seite 8. |
↑113, ↑115, ↑117. | Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 160. |
↑116. | Als Datum kommen sowohl der 24. Januar als auch der 27. Januar 1724 in Frage. Beide Angaben gehen auf Johann Friedrich Walther zurück. In Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seiten 8 f. gibt er für den Abschluß des Kontrakts den 27. Januar an, während er ihn in Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 89 auf den 24. Januar datiert. |
↑118. | Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seite 9. |
↑119. | Johann Friedrich Walther zufolge liegen auf dem Mittel-Klavier, dem sogenannten Manual, dreizehn Stimmen mit insgesamt 1085 Pfeifen. Auf dem untersten Klavier, dem Seitenwerk, sind es ebenfalls dreizehn Stimmen, für die jedoch nur 937 Pfeifen zur Verfügung stehen. Das dritte Klavier, das Oberwerk, bedient elf Stimmen mit insgesamt 672 Pfeifen. Das Pedal schließlich stellt weitere 13 Stimmen bereit, denen aber nur 520 Pfeifen zugeordnet sind. Eine detaillierte Aufstellung der Disposition der Orgel gibt Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seiten 14 f. |
↑120. | Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seiten 10 f. |
↑121. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 95. |
↑123. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 89 f. |
↑124. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 91. |
↑125. | Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964. |
↑126. | Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seiten 157 f. |
↑127. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 90. |
↑128, ↑131, ↑135. | Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 158. |
↑129. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 90 f. |
↑130. | Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 607. |
↑132. | Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seiten 9 f. |
↑133. | Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 35. |
↑134. | Schwipps, Garnisonkirchen Berlin und Potsdam, 1964. |
↑139. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 100. |
↑140, ↑210. | Berg, Geschichte der evangelischen Garnisongemeinde, 1995. |
↑141. | Duntze, Kriegsleute, 2004, Seite 11. |
↑143. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 143 f. |
↑144. | Weigert, Im Namen Gottes?, 2004, Seite 69. |
↑145, ↑148, ↑149. | Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seite 27. |
↑146. | Weigert, Im Namen Gottes?, 2004, Seite 71. |
↑147. | Das ist der 29. September 1725, ein Sonnabend. |
↑150. | Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 8. |
↑151. | Zitiert aus Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 100. Bei Edmund Müller: Die alte und die neue Orgel der Garnisonkirche, In: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1892, Heft 9/10, Seite 86, findet sich eine leicht abweichende Wiedergabe der Inschrift: „Unter der Regierung Friedrich Wilhelms Königs in Preussen Und unter Direction des Gouverneurs hiesiger königl. Residentzien Generalfeldmarschall Graf von Wartensleben Und Commendanten Generalmajor de Forcade ist diese Orgel erbaut u. am 25. Dec. Anno 1725 in vollenkommenen Stande gespielt und eingeweiht worden. Joachim Wagner, Orgelmacher J. F. Walther, p. t. Organist.“ Ob es sich dabei um bloße Ungenauigkeiten in der Wiedergabe handelt oder ob die Tafel möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt erneuert und ihr Text dabei abgewandelt wurde, ist heute kaum mehr feststellbar. |
↑152. | Barbara Kündiger: Spurensuche und Fundstücke, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 21. |
↑153. | Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 161. |
↑154. | Kündiger, Spurensuche und Fundstücke, 2004, Seite 22. |
↑155. | Zitiert nach Ernst Frensdorff: Die Berliner Garnisonkirche nach einem Berichte aus dem Jahre 1727, In: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1908, Heft 5, Seite 133. |
↑156. | Die beiden ersten Auflagen erschienen in den Jahren 1708 und 1711, nannten aber den Namen ihres Urhebers nicht. Erst diese dritte Auflage wurde unter der Autorenschaft von Johann Porst veröffentlicht. Siehe l. u.: Porst, Johann, In: Allgemeine Deutsche Biographie, Band 26, 1888, Seiten 444-445 – Online-Version, Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 19. Januar 2021. |
↑157. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 39. Goens schreibt zu von Wartensleben und von Natzmer wörtlich: „In den frommen Kreisen um Speener und Porst (seit 1713) wurden beide Männer oft gesehen.“ Es ist leider unklar, wer mit Speener gemeint sein könnte. Der Mitbegründer des Pietismus und einstige Propst der Nikolaikirche, Philipp Jakob Spener, kann es nicht sein, der war bereits 1705 verstorben. Dessen Sohn, Jacob Karl Spener, war zu jener Zeit Professor der Rechtswissenschaften in Halle und Wittenberg, ist also auch eher nicht gemeint. In Frage käme Philipp Reinhard Spener, ebenfalls ein Sohn Philipp Jakobs. Dieser lebte in jener Zeit in Berlin, war aber Apotheker. Ob er gemeinsam mit Porst einen „frommen Kreis“ aufbaute, ist eher fraglich. Siehe auch „Spener, Philipp Jacob“, In: Hessische Biografie (Stand vom 15. April 2021), Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS), abgerufen am 15. Mai 2021. |
↑158. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 31 f. |
↑159. | Walther, Die Neue Orgel, 1727, Seiten 27 f. |
↑160. | Interessant in diesem Zusammenhang ist, daß der Oberstleutnant in den diversen Quellen mit unterschiedlichen Vornamen versehen wird. Johann Friedrich Walther nennt ihn Wilhelm Ernst Finck von Finckenstein – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 110. Gleiches tun Georg Gottfried Küster in Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 615 und Dieter Weigert in Weigert, Märker in den Grüften, 2004, Seite 181. In einem anderen Artikel gibt Weigert seinen Namen jedoch mit Ernst Friedrich Finck von Finckenstein an – siehe Dieter Weigert: Berliner Feldprediger unter dem Soldatenkönig, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 55. Unter diesem wird Finck von Finckenstein auch im „Biographischen Lexikon aller Helden und Militairpersonen“ geführt – siehe Anton Balthasar König: Biographisches Lexikon aller Helden und Militairpersonen, welche sich in Preußischen Diensten berühmt gemacht haben, Erster Teil: A-F, Arnold Wever, Berlin, 1788, Seite 415. Daher verwenden auch wir ihn. |
↑161. | Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 615. |
↑162. | Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seiten 16 f. |
↑163. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 101 f. Der genaue Wortlaut der vom König unterschriebenen Schenkungsurkunde wird dort von Johann Friedrich Walther wiedergegeben. In der entsprechenden Passage heißt es dazu: „Nachdem Se. Königl. Majestät in Preussen etc. etc. Unser allergnädigster Herr, auf die bey Ihro gethane Vorstellung, dasjenige Haus welches alhier in der Wall-Straße gegen über der Garnison-Schule gelegen ist, und bisher zur Fortification gehöret […] der Garnison-Kirche alhier, zu Bezahlung ein und anderer, annoch unabgeführter Handwercker-Schulden, eigenthümlich allergnädigst geschencket, dergestalt und also, daß itztgedachte Kirche dasselbe nutzen, gebrauchen, vermiethen, auch gar veräussern und verkauffen, und damit als mit ihrem Eigenthum, schalten und walten möge, jedoch, daß die, daraus fallende Gelder, zu keinem als vorerwehnten Behuef gewidmet und angewand werden.“ Die früheren Bezeichnungen für das Haus sind in Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seite 271 zu finden. |
↑164. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 38. |
↑165. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 39. |
↑167. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 23. |
↑168. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 104. |
↑169. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 109 f. |
↑170. | Weigert, Berliner Feldprediger, 2004, Seiten 56 f. |
↑171. | Dieser Jahrestag bezieht sich auf den öffentlichen Reichstag in Augsburg im Jahre 1530, auf dem am 25. Juni im Beisein vieler geistlicher und weltlicher Fürsten und Stände des Deutschen Reiches das protestantische Glaubensbekenntnis an Kaiser Karl V. übergeben wurde. |
↑172. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 145 ff. |
↑173. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 143 f. |
↑174. | Das Gouverneurshaus in der Königstraße, der heutigen Rathausstraße, befand sich an der Ecke zur Jüdenstraße. Der Gouverneur der Residenz hatte hier erst seit 1732 seinen Sitz. Generalfeldmarschall von Wartensleben hatte also noch kurz vor seinem Tode seinen ursprünglichen Amtssitz, das Gouvernementsgebäude in der Straße Unter den Linden, verlassen müssen, als dieses ab 1732 zum Kronprinzenpalais umgebaut wurde – siehe Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 40. |
↑175. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 104 ff. Dort gibt Johann Friedrich Walther auch eine umfassende Beschreibung des Leichenzugs sowie der beiden Inschriften, die das Grab des verstorbenen Generalfeldmarschalls von Wartensleben zierten. |
↑176. | Weigert, Berliner Feldprediger, 2004, Seite 58. |
↑177. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 37. |
↑178. | König, Biographisches Lexikon, Erster Teil, 1788, Seiten 76 ff. Dieter Weigert gibt in Weigert, Märker in den Grüften, 2004, Seite 174 an, von Arnim sei im Jahr 1675 Kommandant der Festung Berlin geworden. Das widerspricht jedoch nicht nur dem Eintrag für von Arnim in Königs Biographischem Lexikon, sondern auch den Angaben Johann Friedrich Walthers, der schreibt, von Arnim sei unter den aufeinanderfolgenden Berliner Gouverneuren von Schöning, von Flemming und von Barfus Kommandant gewesen – siehe Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 7 f. Von Schöning wurde aber erst 1684 Gouverneur von Berlin – siehe Anton Balthasar König: Biographisches Lexikon aller Helden und Militairpersonen, welche sich in Preußischen Diensten berühmt gemacht haben, Dritter Teil: M-See, Arnold Wever, Berlin, 1790, Seiten 411 ff. |
↑179. | Weigert, Berliner Feldprediger, 2004, Seite 57. |
↑180. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 108 f. |
↑181. | Weigert, Märker in den Grüften, 2004, Seiten 174 f. |
↑182. | König, Biographisches Lexikon, Erster Teil, 1788, Seite 79. |
↑183. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seite 109. |
↑184, ↑235. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 46. |
↑185. | Goens spricht von einem Bluthusten – siehe Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 42. |
↑186. | Weigert, Berliner Feldprediger, 2004, Seite 59. |
↑187. | Unter ihnen finden sich beispielsweise Lieder wie „Wie Gott mich führt, so will ich gehen“, „Wohl dem, der sich auf seinen Gott recht kindlich kann verlassen“ und „Entbinde mich, mein Gott, von allen meinen Banden“. |
↑188. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 41 ff. |
↑189. | Johann Caspar Carstedt war am 2. Dezember 1684 in Bißmark in der Altmark geboren worden. Sein Vater, Joachim Carstedt, ein Ratsherr in Bißmark, hatte ihn die Schule in Ruppin und Brandenburg sowie das Friedrichswerdersche Gymnasium in Berlin besuchen lassen. Ab 1708 hatte Carstedt in Halle studiert und war ein Jahr später Lehrer am dortigen Königlichen Pädagogio geworden. 1715 ging er nach Brandenburg, wo er die Rektorenstelle an der Salderischen Schule übernahm. Siehe Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 615. |
↑190. | Das von Glasenappsche Regiment trägt seinen Namen nach dem seines Kommandanten Caspar Otto von Glasenapp, der es von Generalfeldmarschall von Wartensleben übernahm, unter dem es von Wartenslebensches Regiment genannt wurde. Diese Praxis war in Preußen bereits seit der Zeit des Großen Kurfürsten gang und gäbe. Regimenter wurden im sogenannten Kantonierungssystem an adlige Offiziere vergeben und dann auch nach diesen benannt. So kommt es, daß ein Regiment wie das Infanterieregiment Nummer 1 im Laufe der Zeit mit wechselnden Namen wie von Wartenslebensches Regiment und von Glasenappsches Regiment bezeichnet wird. Die Kommandanten der Regimenter bekamen jeweils einen territorialen Bereich der preußischen Lande zugewiesen, in denen sie für ihre Regimenter Rekrutierungen durchführen konnten. Über „ihre“ Soldaten hatten sie die absolute Gewalt. Sie konnten sie zur Arbeit auf ihren heimischen Gütern „beurlauben“ oder aber in der Stadt als Arbeitskräfte verleihen. Auch über das Geld, das sie zur Unterhaltung der Truppen erhielten, bestimmten sie willkürlich. Was also davon in Form von Verpflegung und Kleidung bei den Soldaten ankam, war Sache des Kommandanten. Daß Desertion und mangelnde Frömmigkeit unter den Soldaten weit verbreitet waren, muß da nicht verwundern. Siehe Duntze, Kriegsleute, 2004, Seite 12. |
↑191. | Walther, Die gute Hand Gottes, 1743, Seiten 111 f. |
↑192. | Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 615. |
↑193, ↑201. | Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seite 17. |
↑194. | Weigert, Im Namen Gottes?, 2004, Seiten 70 f. |
↑195. | Kündiger, Spurensuche und Fundstücke, 2004, Seite 21. |
↑196. | Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 13. |
↑197. | Weigert, Berliner Feldprediger, 2004, Seite 53. |
↑198. | Dubislaw Gneomar von Natzmer hatte 1715 den Schwarzen Adlerorden erhalten und war zum General der Kavallerie befördert worden. 1728 folgte die Beförderung zum Generalfeldmarschall. Siehe Dieter Weigert: Miles Perpetuus – 350 Jahre stehendes Heer in der Mark, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 29. |
↑199. | Weigert, Miles Perpetuus, 2004, Seite 29. |
↑200. | Küster, Altes und Neues Berlin, 1752, Seite 616. |
↑202. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 35. |
↑203. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 45 f. – Wilhelm Jakob Wippel schreibt, daß auch die Spendenbüchse (er nennt sie „Abendbüchse“) am Spandauer Tor, die jährlich rund zweihundert Taler eingebracht haben soll, „gänzlich aufhörte“. Es ist nicht ganz klar, ob Wippel hier die Sammelbüchse mit dem Torzoll verwechselt oder ob tatsächlich beide Einnahmequellen auf einen Schlag entfallen sind. Möglich ist angesichts der unterschiedlichen Angaben über die Höhe der jährlichen Einnahmen beides. Siehe Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seite 17. |
↑204, ↑241. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 43 f. |
↑206. | Patene sind flache, runde Schalen, die als liturgische Gefäße beim Abendmahl zum Einsatz kommen. |
↑207. | Bei einem Nodus handelt es sich um eine knaufartige Verdickung am Stiel eines Gefäßes. |
↑209. | Weigert, Berliner Feldprediger, 2004, Seite 54. |
↑213. | Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 44. |
↑214. | Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 44 f. |
↑215. | Österreichischer Erbfolgekrieg, Lexikon-Eintrag auf wissen.de, 2014 – 2020 Konradin Medien GmbH, Leinfelden-Echterdingen, abgerufen am 20. Mai 2021. |
↑216. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 45 f. |
↑217, ↑223. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 45. |
↑218. | Edgar von Ubisch: Eine Rüstung des Kurfürsten Joachim II. Hektor (1505-1571), In: Paul Seidel (Hrsg.): Hohenzollern-Jahrbuch – Forschungen und Abbildungen zur Geschichte der Hohenzollern in Brandenburg-Preußen, Jahrgang 3, Verlag von Giesecke & Devrient, Berlin & Leipzig, 1899, Seite 100. |
↑219. | Frank Zielsdorf: Militärische Erinnerungskulturen in Preußen im 18. Jahrhundert: Akteure – Medien – Dynamiken, V & R unipress GmbH, Göttingen, 2016, ISBN 978-3-8471-0496-4, Seite 201. |
↑220. | Andere Namen für diesen in Böhmen gelegenen Ort sind Tschaslau oder Caßlau. Sein heutiger Name ist Čáslav. |
↑221. | Dieser unweit von Czaslau gelegene Ort heißt heute Chotusice. |
↑222. | Endgültig abgeschlossen wird der Friedensvertrag erst im Juli in Berlin – siehe Schlesische Kriege, In: Meyers Konversationslexikon, 14. Band: Rüböl – Sodawasser, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version auf retrobibliothek.de, abgerufen am 20. Mai 2021. |
↑224, ↑238, ↑249, ↑250, ↑254. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 47. |
↑226. | Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 77 und 81. |
↑227. | Schlesische Kriege, 1885-1892, abgerufen am 20. Mai 2021. |
↑228. | Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seiten 82 f. |
↑229. | Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 83. Interessant in diesem Zusammenhang ist eine Anekdote, die in einem in der Zeitung „Neue Zeit“ am 5. November 1952 erschienenen Artikel zum Besten gegeben wird. Dort heißt es: „Viele Berliner Geistliche haben an der Garnisonkirche gewirkt. Einer von ihnen verwahrte sich im Jahre 1746 dagegen, daß die bei Hohenfriedberg, Soor und Kesseldorf [sic!] erbeuteten Feldzeichen und Fahnen als Trophäen in der Kirche aufgehängt wurden. ‚In diesem Hause wohnt der Geist des Friedens und der Versöhnung und nicht der menschlichen Zwietracht‘, sagte er zu dem entrüsteten Stadtkommandanten. Aber der mutige Pfarrer konnte seinen Willen nicht durchsetzen.“ – zitiert aus „Hier wohnt der Geist des Friedens“, Neue Zeit, Jahrgang 8, Ausgabe 259 vom 5. November 1952, Seite 6. Sehen wir einmal davon ab, daß diese Anekdote von keiner anderen Quelle bestätigt wird und der Artikel selbst auch keine nennt, so erscheint es doch sehr fraglich, ob ein Prediger an einer Militärkirche, bei dem es sich ja nur um den Garnisonprediger oder einen der Feldprediger der Regimente gehandelt haben kann, eine solche Aussage in diesem Zusammenhang wirklich getätigt haben würde. |
↑230. | Dr. Dieter Weigert: Ein verschwundenes Berliner Baudenkmal: Die Alte Garnisonkirche, auf der Website FOBI Lilienstern, abgerufen am 20. Juni 2020. |
↑231. | A. Heinze: Die Ruhestätten der Berliner Garnisonkirche, In: Illustrirte Berliner Wochenschrift Der Bär – Eine Chronik für’s Haus, Jahrgang 12, Ausgabe 19 vom 6. Februar 1886, Seite 232. |
↑232. | Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seite 174. |
↑234. | König, Biographisches Lexikon, Zweiter Teil, 1789, Seiten 169 f. |
↑236, ↑246. | Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 83. |
↑237. | König, Biographisches Lexikon, Zweiter Teil, 1789, Seiten 94 ff. Anton Balthasar König führt den Grafen in seinem Lexikon unter dem Namen Hans Christoph Friedrich Graf von Hack. |
↑239. | Weigert, Im Namen Gottes?, 2004, Seite 72. |
↑240. | Carl Freiherr von Ledebur: Tonkünstler-Lexicon Berlin’s von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart, Verlag von Ludwig Rauh, Berlin, 1861, Seite 508. |
↑242. | Anton Balthasar König: Biographisches Lexikon aller Helden und Militärpersonen, welche sich in Preußischen Diensten berühmt gemacht haben, Vierter Teil: Sel-Z, Arnold Wever, Berlin, 1791, Seiten 64 ff. |
↑243. | König, Biographisches Lexikon, Zweiter Teil, 1789, Seiten 94 ff. |
↑244. | König, Biographisches Lexikon, Zweiter Teil, 1789, Seiten 169 f. und 261 ff. |
↑245. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 46 f. |
↑247. | Die Rute ist eine alte deutsche Längenmaßeinheit. In verschiedenen deutschen Ländern war sie allerdings unterschiedlich definiert, so daß die Übertragung in die heute gebräuchlichen metrischen Einheiten nicht ganz einfach ist. In Preußen dürfte die sogenannte preußische Rute verwendet worden sein, deren Länge knapp 3,77 Meter betrug. |
↑248. | Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seiten 390 f. Lüdicke spricht immer nur von einem Haus. Allerdings geht aus seiner Darstellung hervor, daß in der Folgezeit das Grundstück immer an mehrere Parteien überging, woraus man schließen kann, daß es noch zwei Gebäude gab. Erst ab dem 18. September 1801 ist mit dem Erwerb durch den Kattunfabrikanten Carl Friederich Weber nur noch ein Besitzer ausgewiesen. Möglicherweise wurden also irgendwann die ursprünglich zwei Predigerhäuser zu einem vereint. Oder das zweite Gebäude wurde abgerissen. Wann das aber genau geschehen sein könnte, ist unklar. In der Folgezeit ist jedenfalls immer nur noch von einem Predigerhaus die Rede. |
↑252. | Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 13. |
↑253, ↑321. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 52. |
↑255, ↑267, ↑308. | Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seiten 390 f. |
↑256. | Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seite 394 und Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 48. Georg Goens und sich auf ihn beziehende Quellen geben als Datum des Verkaufs den 10. Oktober 1755 an, als neuen Besitzer einen Lederfabrikanten namens Schultze. Diese Angaben lassen sich allerdings nicht bestätigen. Reinhard Lüdicke führt in seinem Werk über die Berliner Stadtgrundstücke, für das er die Grundbücher ab dem Ende des 17. Jahrhunderts ausgewertet hat, die einzelnen Besitzer des Gebäudes genau auf, angefangen beim Wallmeister Salomon Kühnel, von dem die Garnisongemeinde das Gebäude 1722 einst erworben hatte. Auf seinen Angaben basiert unsere Darstellung. |
↑257. | Siebenjähriger Krieg, In: Meyers Konversationslexikon, 14. Band: Rüböl – Sodawasser, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version auf retrobibliothek.de, abgerufen am 23. Mai 2021. |
↑258. | Zielsdorf, Militärische Erinnerungskulturen, 2016, Seite 201. |
↑259. | König, Biographisches Lexikon, Zweiter Teil, 1789, Seiten 261 ff. |
↑260. | Weigert, Märker in den Grüften, 2004, Seiten 181 f. |
↑261. | Siebenjähriger Krieg, 1885-1892, abgerufen am 23. Mai 2021. |
↑262. | Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seiten 137 ff. Barbara Kündiger gibt allerdings an, daß das Bild für Kleist erst 1762 gemalt worden wäre, während das für Keith bereits 1761 entstand. Das widerspricht jedoch älteren Quellen wie beispielsweise Anton Balthasar König und Richard Borrmann – siehe Anton Balthasar König: Versuch einer Historischen Schilderung der Hauptveränderungen, der Religion, Sitten, Gewohnheiten, Künste, Wissenschaften [et]c. der Residenzstadt Berlin seit den ältesten Zeiten, bis zum Jahre 1786, Band 5 – Kurzgefaßte Regierungs- und Staatsgeschichte Friedrich des II. Königs von Preußen. Vom Jahr 1740 bis 1786, Buchhandlung des Königl. Preuß. Geh. Commerzien-Raths Joachim Pauli, Berlin, 1800, Seite 238 und Borrmann, Garnisonkirche, 1893, Seite 176. Was die Beauftragung der Bilder angeht, weist Kündiger darauf hin, daß den einschlägigen Quellen nur widersprüchliche Angaben darüber zu entnehmen sind, wer die Bilder in Auftrag gegeben hat. Einige Quellen geben an, daß Rode selbst sie gestiftet hat, andere behaupten, der Künstler habe die ersten drei auf königlichen Befehl hin gemalt. Wieder andere sehen Johann Wilhelm Ludwig Gleim als Auftraggeber zumindest für das Bild von Kleists, möglicherweise aber auch die von Winterfeld und Schwerin. Das Gleimhaus (Museum der deutschen Aufklärung) gibt auf seiner Website ebenfalls die These von Gleim als Auftraggeber des Bildes für von Kleist wieder, ergänzt jedoch, Rode selbst habe dieses dann im eigenen Auftrag um die anderen Bilder erweitert – siehe Beschreibung des Memorialbilds auf Ewald Christian von Kleist auf der Website des Gleimhauses bei museum-digital.de, abgerufen am 2. Juni 2021. |
↑263. | Zitiert aus Friedrich Nicolai: Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam und aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, Friedrich Nicolai, Berlin, 1769, Seite 334. |
↑265. | Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seiten 135 ff. |
↑266. | Zitiert nach Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seite 137. |
↑268. | Siebenjähriger Krieg, 1885-1892, abgerufen am 23. Mai 2021. Unter tatkräftiger Mitwirkung der Münzpächter Ephraim und Itzig werden so minderwertige Münzen geprägt, die das eigentlich vorgeschriebene Verhältnis zwischen dem Wert der Münze und der verwendeten Menge Edelmetalls nicht erfüllen. Siehe Münzfuß, In: Meyers Konversationslexikon, 11. Band: Luzula – Nathanael, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892 und Ephraimiten, In: Meyers Konversationslexikon, 5. Band: Distanzgeschäft – Faidherbe, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892, Online-Version beider Einträge auf retrobibliothek.de, abgerufen am 24. Mai 2021. |
↑269. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 49. |
↑270. | Zielsdorf, Militärische Erinnerungskulturen, 2016, Seite 202. |
↑271. | Friedrich Ehrentreich von Ramin ist seit dem Tode James Francis Edward Keiths der dritte Offizier in dieser Position. Seine Vorgänger waren Hans von Lehwald (von 1759 bis 1762) und Johann Dietrich von Hülsen (von 1763 bis 1767). Siehe König, Biographisches Lexikon, Dritter Teil, 1790, Seiten 259 ff. sowie König, Biographisches Lexikon, Zweiter Teil, 1789, Seiten 193 ff. und 377 ff. |
↑272. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 48. Goens spricht hier von „den drei Regimentspfarrern vom Alt-Woldekschen, Bornstedtschen und Thünaschen Regiment sowie dem Kadettenpfarrer“. Da Regimenter zu jener Zeit in Preußen stets nach ihren Kommandanten benannt wurden, lassen sich daraus die Regimentsnummern ableiten. Das Bornstedtsche Regiment entspricht dem Infanterieregiment Nummer 1, das Thünasche Regiment dem Infanterieregiment Nummer 23 und das Alt-Woldeksche Regiment dem Infanterieregiment Nummer 26. Es ist allerdings festzustellen, daß Goens die Bezeichnungen der Regimenter zeitlich nicht korrekt verwendet, denn er bezieht sie alle auf die 1760er Jahre, während die namensgebenden Offiziere Generalmajor Hans Ehrentreich von Bornstedt, Oberst August Wilhelm von Thüna und Generalmajor Hans Christoph von Woldeck alle erst 1778 als Kommandanten der jeweiligen Regimenter berufen wurden – siehe Die altpreußischen Regimenter Nr. 1 bis Nr. 20 und Die altpreußischen Regimenter Nr. 21 bis Nr. 40, Übersichten auf der Website preussenweb.de, abgerufen am 24. Mai 2021. |
↑273. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 48 f. Goens gibt den Amtsantritt des Gouverneurs von Ramin fälschlicherweise mit „zu Anfang der sechziger Jahre“ an. Tatsächlich ist von Ramin erst 1767 zum Gouverneur der Residenz berufen worden. Interessant ist auch, daß Goens in diesem Zusammenhang nochmals eine kurze Beschreibung des Siegels gibt, in der er nun noch eine Umschrift „non soli Cedit. 1783“ erwähnt. Das ist insofern etwas merkwürdig, als er in seinem Buch eine Abbildung des Siegels präsentiert, in der zwar der Wahlspruch, nicht aber diese Jahreszahl vorkommt. Auch wäre es doch etwas seltsam, wenn in den 1760er Jahren bereits ein Siegel mit der Jahreszahl 1783 ausgegeben worden wäre. Vermutlich ist diese Angabe also ein Fehler, über dessen Ursache sich allerdings nur spekulieren läßt. |
↑274. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 37 und 49. |
↑275. | Kündiger, Die neue Kirche, 2004, Seite 77. |
↑276. | Weigert, Märker in den Grüften, 2004, Seite 172. |
↑277. | Brecht, Die Garnison-Kirche, 1872, Seite 13. Ob hier tatsächlich der Erlös aus dem Verkauf des Predigerwitwenhauses maßgeblich zum Einsatz gekommen ist, wie von C. Brecht angegeben, kann angesichts des dazwischenliegenden Zeitraums – das Haus war bereits 1753, also mehr als ein Jahrzehnt zuvor, verkauft worden – allerdings nicht sicher festgestellt werden. |
↑279. | Zielsdorf, Militärische Erinnerungskulturen, 2016, Seiten 202 f. |
↑280. | Gemeint sind die Berlinische, die Cöllnische und die Friedrichswerdersche „Inspection“. In diese drei Bereiche sind die lutherischen Kirchen der Residenz zu jener Zeit eingeteilt – siehe Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, 1769, Seite 196. |
↑281. | Zitiert aus Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, 1769, Seite 197. Die aufgeführten Regimenter sind wieder die Infanterieregimenter Nummer 1, Nummer 23 und Nummer 26, benannt nach ihren Kommandanten, denen sie im Jahr 1769 unterstanden. Das Regiment von Koschembahr ist das Infanterieregiment Nummer 1, seit 1768 kommandiert von Oberst Ernst Julius von Koschembahr, das Regiment von Renzel ist das Infanterieregiment Nummer 23, seit 1766 kommandiert von Generalmajor Christoph Friedrich von Rentzel, und das Regiment von Steinkeller ist das Infanterieregiment Nummer 26, kommandiert seit 1764 von Oberst Anton Abraham von Steinkeller – siehe Die altpreußischen Regimenter Nr. 1 bis Nr. 20 und Die altpreußischen Regimenter Nr. 21 bis Nr. 40, Übersichten auf der Website preussenweb.de, abgerufen am 24. Mai 2021. |
↑282. | von Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlin’s, 1861, Seite 508. |
↑283. | Johann Friedrich Walther war zweimal verheiratet. Seine erste Ehefrau war in den 1720er Jahren Louysa Tugendreich Kühnelein, die Tochter eben jenes Salomon Kühnel, dem die Garnisongemeinde das Predigerwitwenhaus abgekauft hatte. Aus dieser Ehe ging ein Sohn, Gotthilf Friedrich Walther, hervor, der jedoch in jungen Jahren verstarb. In zweiter Ehe war Walther mit Dorothea Catharina Kühn, der Tochter des Königlich-preußischen Hofrats Johann Friedrich Kühn, dessen Haus nahe der Garnisonkirche gelegen war, verheiratet – siehe Georg Gottfried Küster (Hrsg.): Des Alten und Neuen Berlin Vierdte Abtheilung, Berlin, 1769, Seite 478. |
↑284. | Weigert, Im Namen Gottes?, 2004, Seite 72. Das Grab Walthers ist heute nicht mehr vorhanden. Die Sebastiankirche überstand den Zweiten Weltkrieg nicht, ihre Ruine wurde 1964 gesprengt. |
↑285. | Dieter Weigert: Garnisongemeinde und Garnisonschule, In: Barbara Kündiger & Dieter Weigert: Der Adler weicht der Sonne nicht – 300 Jahre Berliner Garnisonkirche, 1. Auflage 2004, Berlin Edition in der Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, ISBN 3-8148-0128-8, Seite 86. |
↑286. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 50. Goens lobt die Militärgeistlichen noch in einem dritten Punkt. Sie sollen sich auch stets darum bemüht haben, tüchtige Lehrer für den Unterricht zu gewinnen. Diese Feststellung soll hier nicht grundsätzlich in Frage gestellt werden, doch erscheint sie angesichts der Tatsache, daß stets ausschließlich Kantor, Küster und Organist an der Schule als Lehrer tätig waren, etwas übertrieben. Vielleicht möchte Goens in diesem Punkt die Militärgeistlichen angesichts der nun folgenden Veränderungen in ein möglichst positives Licht rücken gegenüber den für diese Veränderungen verantwortlichen Vertretern des Zeitalters der Aufklärung, für das Goens nicht viel übrig hat, weil es „für die Kirche nichts und für die Schule Alles that“, wie er es formuliert. |
↑287. | König, Biographisches Lexikon, Dritter Teil, 1790, Seiten 52 ff. |
↑288. | Friedrich Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, aller daselbst befindlicher Merkwürdigkeiten, und der umliegenden Gegend, Zweiter Band, 3. völlig umgearbeitete Auflage 1786, Friedrich Nicolai, Berlin, Seite 668. |
↑289. | Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seite 19. |
↑290, ↑292. | Weigert: Garnisongemeinde und Garnisonschule, 2004, Seite 86. |
↑291, ↑296. | Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seiten 19 f. |
↑293. | Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, Zweiter Band, 1786, Seite 669. Nicolai zufolge ist die „Garnisonkirchen- und Schulkommission“ bei ihrer Gründung folgendermaßen besetzt: Oberstwachtmeister von der Hagen vom Infanterieregiment Nummer 1 (Regiment von Bornstedt), Oberwachtmeister von Irwing vom Infanterieregiment Nummer 23 (Regiment von Thüna), Kriegsrat Traschel als Oberkirchenvorsteher, Feldprediger Georg Gottlieb Pappelbaum und Prediger Chemlin vom Kadettencorps. Pappelbaum wird später Archidiakon der Nikolaikirche Berlin – siehe Verzeichnis im Jahre 1825 in Berlin lebender Schriftsteller und ihrer Werke. Aus den von ihnen selbst entworfenen oder revidirten Artikeln zusammengestellt und zu einem milden Zwecke herausgegeben. Ferdinand Dümmler, Berlin, Januar 1826, Seite 195. |
↑294. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 50. |
↑295. | Zitiert aus Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, Zweiter Band, 1786, Seite 668. |
↑297. | Weigert: Garnisongemeinde und Garnisonschule, 2004, Seiten 91 f. |
↑298. | Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, Zweiter Band, 1786, Seite 669. |
↑299, ↑304, ↑307. | Weigert: Garnisongemeinde und Garnisonschule, 2004, Seite 87. |
↑300. | Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, Zweiter Band, 1786, Seite 670. |
↑301. | Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seite 20. |
↑302. | Nicolai, Beschreibung der Königlichen Residenzstädte Berlin und Potsdam, Zweiter Band, 1786, Seiten 669 f. |
↑303. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 51 f. |
↑305. | Zitiert aus Wippel, Kurzer Bericht, 1787, Seite 23. |
↑306. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 50 f. |
↑309. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 48. |
↑310. | Lüdicke, Berliner Stadtgrundstücke, Band 1, 1933, Seite 271. |
↑311. | In vielen Quellen wird sein Name auch von Zieten geschrieben. |
↑312. | König, Biographisches Lexikon, Vierter Teil, 1791, Seiten 309 ff. |
↑313. | Kündiger, Bildwelten und Klangbilder, 2004, Seiten 140 f. |
↑314. | Zitiert aus Theodor Fontane: Wustrau, In: Theodor Fontane: Sämtliche Werke, Bände 1–25, Band 15: Wanderungen durch die Mark Brandenburg, Die Grafschaft Ruppin, Nymphenburger Verlagshandlung, München, 1959–1975, Seiten 13 ff., Online-Version, abgerufen am 25. Mai 2021. |
↑315. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 54. |
↑316. | von Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlin’s, 1861, Seite 670. |
↑317. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 53. |
↑318. | Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 52. |
↑319, ↑320. | Zitiert nach Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 52. |
↑322, ↑323. | Zitiert aus Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seite 53. |
↑324. | Edmund Müller: Die alte und die neue Orgel der Garnisonkirche, In: Mittheilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, Jahrgang 1892, Heft 9/10, Seite 86. |
↑325. | Weigert: Garnisongemeinde und Garnisonschule, 2004, Seite 867. |
↑326. | von Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlin’s, 1861, Seite 55. |
↑327. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 52 f. Georg Goens bezeichnet ihn als „Compositeur à la Chapelle du Prince d’Orange“ (Komponist in der Kapelle des Prinzen von Oranien). Er überliefert folgendes Programm für dieses Orgelkonzert: „1. Einige Choräle. 2. Ein Flötenkonzert. 3. Liebster Jesu wir sind hier. 4. Hirtenwonne, welche sich freudig anfängt und während derselben wird man ein Gewitter hören, und zwischen dem Gewitter ein Trauerlied, zuletzt endigt es sich mit einer Triumpf-Musik. 5. Freu dich sehr, o meine Seele u.s.w. 6. Nachahmung einer Bataille, worinn man die Kanonen- und Gewehrschüsse, Marsch und Ankunft des Trompeters, das Wehklagen der Blessirten und das Geläute der Lärmglocken deutlich ausgedrückt hören wird. 7. Zum Abschluß ‚Nun danket alle Gott'“. |
↑328. | von Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlin’s, 1861, Seite 665. |
↑329. | Zitiert nach von Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlin’s, 1861, Seite 665. |
↑330. | von Ledebur, Tonkünstler-Lexicon Berlin’s, 1861, Seite 637. |
↑331. | Goens, Geschichte der Garnisonkirche, 1897, Seiten 54 f. |